Dungeon Siege 215.05.2005, Marcel Kleffmann
Dungeon Siege 2

Vorschau:

Knapp drei Jahre ist es her, da enterte Dungeon Siege die Action-Rollenspielwelt und schickte sich an, Diablo 2 vom Thron zu stoßen. Der Plan schlug fehl und das Kindchen von Gas Powered Games polarisierte die Massen. Einerseits waren die Spieler begeistert von der Grafik und dem hohen Actionanteil, während viele andere die Story vermissten oder den passiven Kampfstil an den Pranger stellten. Im Herbst folgt endlich Dungeon Siege 2 (ab 40,00€ bei kaufen) - wir konnten einen ausführlichen Blick auf die Preview-Version werfen.

Aber bitte mit Story

Ein Jahrtausend ist es her, da tobte im Lande Ehb eine Schlacht zwischen den guten Streitern von Azumai und den bösen

Der Kampf als Party gegen die bösen Heer-Scharen ist das zentrale Spiel-Element.
Schergen von Zaramoth. Der finale Kampf führte zu einem gewaltigen Kataklysmus, der die Welt spaltete und größtenteils vernichtete. Kaum ist das Millennium vorbei, schon erscheint der hinterhältige Valdis auf der Bildfläche und glaubt doch tatsächlich, er sei die Wiedergeburt von Zaramoth. Überwältigt von seiner übermächtigen Aura, schließt auch ihr euch dem bösen Herrscher an. Ähnlich wie beim D-Day landet ihr mit von Drachen getragenen Landungsbooten in einem Netz aus Schützengräben. Dort tobt bereits eine Schlacht, aber vor Ort ist immer noch genügend Zeit, um euch mit den wichtigsten Elementen im Spiel vertraut zu machen…

Ihr seid zunächst ein Kämpfer unter der Fuchtel von Valdis, bis ihr in Kriegsgefangenschaft der Dryaden geratet und euer bester Freund tragisch verstirbt. Von jetzt an wechselt ihr die Seite und wollt das Böse vernichten! Wie, was, eine Story in Dungeon Siege? Ja, tatsächlich. Der zweite Teil merzt diesen Schwachpunkt des Vorgängers aus und erzählt eine Hintergrundgeschichte, die sich von Quest zu Quest entfaltet. Zwar ist die Story linearer als eine Einbahnstrasse, aber dafür erzählen die NPCs nebenher nette Anekdoten und verraten das ein oder andere Detail über die Fantasy-Welt.

Recht gelungen ist auch, dass sich der Spieler erst unter seinen neuen Verbündeten beweisen muss - schließlich habt ihr für Geld der dunklen Seite der Macht gedient und Skeptiker gibt es immer. Aber die NPCs sind nicht nur zum Reden da, manchmal trefft ihr versprengte computergesteuerte Charaktere, die selbst ums Überleben kämpfen oder einfach in der Umgebung herumlaufen - so wirkt die Welt wesentlich belebter. An manchen Stellen ist das NPC-Verkehrsaufkommen dermaßen hoch, dass wir das Gefühl hatten, gerade ein Online-Rollenspiel vor der Nase zu haben.

In der Nahansicht werden die eckigen Charaktere sichtbar.
Wieder mit Prachtkulisse?

Während die Spielwelt im zweiten Teil mit deutlich mehr Story gesegnet wurde, stagniert die Präsentation der Umgebung: Dungeon Siege 2 scheint auf einer überarbeiteten Grafik-Engine des Vorgängers zu basieren, jedoch mit deutlich besseren Texturen und mehr Polygonen für die abwechslungsreichen Landschaften.

Mehr als eine aufpolierte Grafik-Kulisse solltet ihr allerdings nicht erwarten - vor allem in Bezug auf die Komplexität der Szenerie. Manche Landstriche sehen einfach kahl aus und könnten mehr Feinheiten vertragen. Ähnliches gilt für die Charakter-Modelle. Daher bleibt das optische Gesamtbild hinter den Erwartungen zurück, schließlich war die Kulisse ja einer der größten Pluspunkte des Vorgängers.

        

Wir waren Helden

Die Story-Elemente sowie die Interaktion mit den NPCs sind also auf Kosten der Grafik verbessert worden. Aber wie sieht es mit dem Rollenspiel-Anteil aus? Zu Beginn wählt ihr zwischen vier Rassen mit individuellen Vor- und Nachteilen. Menschen sind die typischen Allrounder, Elfen lieben Magie, Dryaden würden sogar ihre Großmutter für einen gescheiten Bogen

An die echten, aber seltsam künstlich wirkenden 3D-Explosionen müssen sich die Augen gewöhnen.
verkaufen und Halb-Riesen stehen immer in der ersten Reihe und knüppeln auf allen Gegnern herum. Trotzdem ist es prinzipiell egal, welche Klasse ihr wählt, denn die Entwicklung eures Charakters steuert ihr direkt im Gameplay. Schwingt ihr oft das Schwert, so steigt die Nahkampf-Fähigkeit an und mit der Zeit flitzen die Attribute wie Ausdauer und Kraft in die Höhe. Diese direkte Verbesserung könnt ihr nicht nur im Nahkampf betreiben, sondern ebenfalls mit Fernkampf, Naturzaubern und/oder der Kampfmagie. Je nach favorisiertem Stil werden so logischerweise andere Charakterwerte in die Höhe geschraubt.

Ein Baum voller Fähigkeiten

Pro besiegten Gegner bekommt ihr natürlich Erfahrungspunkte, die von Zeit zu Zeit zu einem Aufstieg führen. Danach dürft ihr euch Fähigkeiten in einem aus Diablo 2 importierten Fähigkeitenbaum auswählen und somit die Entwicklung eures Helden in eine bestimmte Bahn lenken. Dabei ist es euch vollkommen selbst überlassen, ob ihr zwischen den Fähigkeiten der einzelnen Kategorien hin und her springt oder ob ihr euch auf einen Abschnitt (z.B. Nahkampf mit extra starken Spezial-Attacken) konzentriert.

Mehr Action im Kampf

Wie schon bei Dungeon Siege seid ihr nicht alleine unterwegs, sondern könnt noch fünf weitere Personen mitnehmen, wobei ihr euch immer aussuchen dürft, welchen Charakter ihr nun selbst steuern möchtet. Außerdem könnt ihr festlegen, welche Waffen bzw. Zauber eure Mitstreiter im Kampf einsetzen sollen. Ferner könnt ihr gar die ganze Ausrüstung des halben Dutzend bestimmen - sogar das individuelle Verhalten der Mitstreiter kann mit aggressiv oder passiv festgelegt werden.

Ordentlich Abwechslung gibt es hinsichtlich der  Gegnertypen und der Umgebungen.
Apropos passiv: das Kampfsystem ist zugänglicher und interaktiver geworden. Während ihr beim ersten Teil zum Zugucken verdammt wart, dürft ihr jetzt alle Feinde selbst ins Jenseits klicken - so kommt mehr Action ins Spiel. Seid ihr aber alleine oder mit nur wenigen Gleichgesinnten unterwegs, krankt das Kampfsystem an immer wiederkehrender Langeweile - irgendwie fehlt der Funke, der beim Kampfsystem von Diablo 2 oder Sacred sofort übergesprungen ist.

Echte Stärken kann Dungeon Siege 2 erst bei den Gruppen-Kämpfen ausspielen, denn die individuelle Fokussierung der Charaktere und das Streben nach der perfekten Mischung aus Nahkämpfer, Heiler, Magier usw. sowie deren richtige Ausstattung mit den vielen Gegenständen macht wirklich Spaß. Hier tritt ebenfalls ein gewisser strategischer Aspekt in den Vordergrund, was die Koordination der Angriffe und die Unterstützung der Charaktere im Kampf betrifft. So ist beispielsweise ein Sechsertrupp aus Nahkämpfern wirklich schlagkräftig, aber wer heilt das Sextett und was macht man gegen viele Fernkämpfer?

   

Ausblick

Dungeon Siege 2 wird vermutlich nicht das Überhighlight für Action-Rollenspieler. Der zweite Teil ist allerdings eine konsequente Weiterentwicklung, basierend auf den Wünschen und Kritiken der Spieler. Es gibt eine durchaus nette Hintergrundgeschichte und auch die Interaktion mit den NPCs steht deutlicher im Vordergrund. Verbessert wurde ebenfalls das Kampfsystem: Mehr Action, mehr Handlungs-Möglichkeiten, mehr Interaktion und ein recht großes Arsenal an Fähigkeiten zeichnen die Schlachten aus, obwohl der Spielspaß-Funke eigentlich nur durch die Party überspringt. Die Solokämpfe sind belanglos und wenig fordernd. Technisch gesehen ist das Spiel recht gut geworden, ohne allerdings an die damalige optische Pracht heranzukommen. Ich bin gespannt, ob die Story über längere Zeit fesseln kann, ob die Missionen fordernd bleiben und was sich die Entwickler für den Mehrspieler-Modus ausdenken.

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