Transport Fever22.06.2016, Mathias Oertel
Transport Fever

Vorschau: Der Logistik-Simulator

Nicht alles lief bei Train Fever nach Plan: Bugs, Probleme und höchst überschaubare Warenketten machten den Start der modernen Variante von Spielen wie Transport Tycoon zu einem Vabanque-Spiel. Mittlerweile und mit Hilfe der Community wurde das Spiel kontinuierlich verbessert. Und damit der Nachfolger Transport Fever (ab 44,99€ bei kaufen) erst gar nicht in diese Bedrängnis kommt, wurde das Team mehr als verdoppelt. Wir haben einen Blick auf eine frühe Version geworfen.

Der Logistik-Simulator

Alles soll besser werden bei der Fortsetzung. Schon viele Entwickler haben dieses Vorhaben verfolgt. Doch das kleine in der Schweiz ansässige Team von Urban Games ist sich sicher, dass man diesen Worten Taten folgen lassen kann. Man habe viel aus dem holprigen Start von Train Fever gelernt. Und natürlich auch aus den Vorschlägen der Community bzw. dem reichhaltigen Arsenal an Modifizierungen, die bereits kurz nach Launch an den Start gingen und das Projekt nachhaltig aufwerteten. Und nicht zuletzt setzt man auch auf den Faktor eines größeren Teams, das für die Entwicklung von Transport Fever mit mittlerweile neun Logistikverrückten mehr als doppelt so stark besetzt ist wie noch beim Vorgänger.

Die Bewohner der Städte und Siedlungen haben Bedürfnisse, die man tunlichst mit Infrastruktur und entsprechenden Transport-Routen befriedigen sollte.
Im Kern bleibt allerdings alles beim Alten: Nach wie vor wird der Spieler vor die Aufgabe gestellt, über mehrere Jahrzehnte hinweg die logistischen Probleme einer Stadt zu lösen. Man muss Bedürfnisse analysieren und entsprechend mit Transportmitteln entweder für Passagiere oder Waren darauf reagieren, während man gleichzeitig auf seine Profitabilität achten muss. So, wie es andere Spiele von Transport Tycoon bis hin zu Cities in Motion vorgemacht haben. Noch immer gibt es wie im Vorgänger die Möglichkeit, auf die Stadtentwicklung Einfluss zu nehmen, so dass im Idealfall eine Wechselwirkung entsteht: Man sorgt mit seinen Routen für Wachstum, das wiederum dazu führt, dass mehr Passagiere oder Waren befördert werden müssen. Ebenfalls gleich bleibt, dass die Preise hauptsächlich basierend auf der zurückgelegten Strecke kalkuliert werden. Man überlegt zwar, ob man dem Spieler die Gelegenheit gibt, Preise manuell anzupassen, doch eine Entscheidung ist noch nicht gefallen und könnte unter Umständen bei der Modding-Community landen.

Stark erweitertes Konzept

Auch Schiffe und Flugzeuge können in Transport Fever verwendet werden.
Im Umfeld hat man jedoch nicht nur aus den Fehlern gelernt, die man bei Train Fever z.B. hinsichtlich Benutzerführung beim Erstellen von Strecken, Weichen für Schienenfahrzeuge oder Oberleitungen gemacht hat. Gleichzeitig hat man sich mit den stärksten Fansites in Verbindung gesetzt und in einen regen Kommunikationsaustausch begeben, wobei sehr angenehm ist, dass Urban Games nicht blind auf die Community-Wünsche eingeht, sondern genau überlegt, wie die Vorstellungen der Fans mit den eigenen unter einen Hut zu bringen sind, ohne dass die Identität des Spiels verloren geht. Für ein Team dieser Größe scheint dieser Austausch in jedem Fall sinnvoller als sich mit einer ganzen Horde von Early-Access-Spielern auseinandersetzen zu müssen. Denn abseits der Benutzerführung, die in der uns gezeigten Version noch auf Train Fever basierte, aber eine komplette Überarbeitung erfahren wird, wurde an allen Ecken und Enden geschraubt, verbessert und hinzugefügt.

Und in diesem Fall dürften sich die blanken Zahlen auch auf das Spielgefühl auswirken. Denn mittlerweile wurde der Fuhrpark nicht nur auf über 120 aufgestockt. Es finden sich auch Schiffe und Flugzeuge darunter (jeweils zehn bis 15, die genaue Zahl steht noch nicht fest), die das Wachstum als Logistikmagnat noch stärker anfeuern sollen. Es gibt mehr Optionen, wenn es um die Darstellung oder die Größe von Bahnhöfen geht. Man hat mit seinen erstellten Distributionswegen mehr Einfluss darauf, wie sich eine Stadt insgesamt oder einzelne Betriebe entwickeln, die in fünf Stufen wachsen und damit für noch mehr transportierbare Waren sorgen können. Apropos Waren: Die Zahl wurde ebenfalls aufgestockt, womit natürlich auch die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung einhergehen - gleichzeitig gibt es komplexere Warenketten. Und damit man bei all dem nicht den Überblick verliert, wurden auch die Einblendungen überarbeitet, die die Einzugsbereiche von Waren bzw. Passagieren markieren.

Einfacher ist besser

Je nach Vorgehensweise kann man die Stadtentwicklung beeinflussen.
Zu den Mankos, die vor allem in den ersten Wochen nach Veröffentlichung des ersten Teils störten, gehörte auch eine problematische Benutzerführung bei der Streckenlegung. Nicht nur Schienensysteme, auch der oftmals nachgelagerte Oberleitungsbau konnten zu einem Frustfaktor werden. Damit ist in Transport Fever Schluss: Man kann mit den überarbeiteten Werkzeugen nicht nur komfortabler Scheinen verlegen, diese kreuzen lassen und so unkompliziert komplexe Gleissysteme entwerfen. Zahlreiche intelligente Automatismen sorgen u.a. dafür, dass man Zugtrassen unproblematisch parallel zu Straßen verlaufen lassen kann. Und selbst ein Bahnhofs-Ausbau von z.B. einem auf drei oder mehr Gleise stellt einen nicht vor eine unlösbare Aufgabe. Das Team von Urban Games hat sich vorgenommen, die komplette Benutzerführung zu überarbeiten und zu vereinfachen, ohne Tiefgang oder Komplexität einbüßen zu müssen. Und nach derzeitigem Stand scheint dies Vorhaben zu gelingen - wie auch der Plan, mit weniger Bugs an den Start zu gehen und dafür mehr Komfort zu bieten.

Die neuen Fahrzeuge wurden ebenso detailliert gestaltet wie die Züge.
Visuell bot schon Train Fever einiges. Und der Nachfolger zeigt sich natürlich auch in dieser Hinsicht verbessert. Die über 120 Fahrzeuge wurden ihren echten Modellen sehr lebensnah nachempfunden, im Falle der Schiffe gibt der visuelle Zustand mit sich nach und nach einschleichendem Rost einen Hinweis auf das Alter. Busse zeigen nicht nur eine detaillierte Innenraum-Modellierung, sondern geben durch die dynamische Anzahl der hinter den Scheiben klar zu sehenden Passagieren ein Indiz für die Auslastung auf der Strecke. Wenn man weit aus der Karte hinauszoomt (oder aus dieser Zoomstufe wieder zurückkehrt), kann es zwar passieren, dass es zum Texturploppen kommt, doch zum einen kann man das angesichts der schieren Kartengröße durchaus verschmerzen. Zum anderen hat man noch genug Zeit, hier den Optimierungsstift anzusetzen. Gespannt bin ich übrigens auch, wie sich die Kampagne letztlich darstellt, die einen u.a. in die Pionierzeit des Wilden Westens führt. Hier lernt man nicht nur die Grundzüge für das offene Spiel, sondern muss als kommender Transport-Magnat beweisen, dass man sein Konto ebenso im Griff hat wie die Bedürfnisse der Bevölkerung im Mittleren Westen der USA. Und nachdem bereits der Vorgänger eine treue Modding-Community hinter sich versammeln konnte, ist es eine zwangsläufige Entscheidung, dass man auch für Transport Fever Modifkiationen von Beginn an unterstützt - wer will, kann sogar per Steam Workshop ganz einfach dafür sorgen, dass er ständig mit neuen Inhalten versorgt wird oder seine Kreationen zur Verfügung stellen.

Ausblick

Train Fever wurde etwas zu früh veröffentlicht und war  ein ungeschliffener Edelstein als - Glanz und Facetten kamen erst später mit Patches und Community-Unterstützung hinzu. Diesen Fehler möchte Urban Games bei Transport Fever auf keinen Fall ein zweites Mal machen. Dementsprechend gab man bei der Präsentation kein genaues Datum bekannt, sondern sprach nur grob von Herbst. Doch das mittlerweile auf neun Mitarbeiter angewachsene Team hinter der schick anzuschauenden Logistiksimulation scheint alles im Griff zu haben. Die Inhalte wurden im Vergleich zum Vorgänger aufgestockt: Es gibt mehr Waren, komplexere Kreisläufe und mehr Fahrzeuge, um sein Transport-Imperium aufzubauen. Die Benutzerführung wird komplett überarbeitet und mit sinnvollen Automatismen wie paralleler Streckenbau zu bestehenden Straßen versehen, so dass man beim Ausbau der Infrastruktur nicht von Frust gepiesackt wird. Hat Transport Fever vielleicht sogar das Zeug dazu, den einschlägigen Klassikern von Chris Sawyer den Rang abzulaufen? Durchaus, doch dazu müssen noch entscheidende Fragen u.a. bei der Steuerung, den logischen Zusammenhängen von Bedürfnis-Befriedigung und Stadtentwicklung oder der Kampagne beantwortet werden. Doch die technische Grundlage ist gelegt. Und das Team ist hinsichtlich der Kommunikation mit der Community ebenfalls auf einem guten Weg.

Einschätzung: gut

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