Nibiru - Der Bote der Götter18.01.2005, Jörg Luibl
Nibiru - Der Bote der Götter

Vorschau:

Black Mirror wurde von uns zum Adventure des Jahres 2004 gekürt. Das tschechische Team von Unknown identity vereinte morbides Krimi-Flair mit klassischen Point&Click-Tugenden. Kein Wunder, dass wir uns voller Vorfreude auf den zweiten Streich der Tschechen gestürzt haben: Viel Spaß mit dem Video-Stream und der Vorschau zu Nibiru!

Anno 1998

Ist Nibiru der Nachfolger zu Black Mirror ? Nein, es handelt sich um ein eigenständiges Spiel. In Prag, Pilsen und Ostrava hat man seine Geheimnisse schon vor sieben Jahren gelüftet. Das Abenteuer rund um den Archäologen Martin Holan erschien bereits 1998 in tschechischer Sprache unter dem Namen Posel Bohu . Damals weckte es wohlige Erinnerungen an die Indiana Jones-Spiele von Lucas Arts. Heute weckt es wohlige Erinnerungen an die knisternde Spannung von Black Mirror. Wer Adventures mag, sollte diese interessante Neuauflage im Auge behalten.

Black Mirror in schöner?

Für den deutschen Markt wurde das Remake grafisch und akustisch kräftig aufgepeppt - mit der VGA-Grafik von Posel Bohu hat das nichts mehr zu tun. Ihr werdet Martin durch insgesamt 75 Locations steuern, die alle mit liebevoll gezeichneten Umgebungen punkten. Im Vergleich zu Black Mirror hat

Archäologe Martin Holan im Gespräch mit seinem Onkel: Was hat es mit der Nazi-Mine auf sich?
man z.B. die Auflösung auf 1024x768 erhöht und die Animationen verbessert. Zwar bewegen sich die Charaktere immer noch ein wenig steif, aber längst nicht mehr so hölzern. Technische Spielereien gibt`s leider nicht: Schade ist z.B., dass man die Items im Inventar immer noch nicht als 3D-Modelle im Zoom oder in der Drehung betrachten kann, sondern mit einer kleinen Beschreibung abgespeist wird.

Zum Release im März wird es eine professionelle deutsche Sprachausgabe geben, die wir leider noch nicht beurteilen konnten. Die frühe Preview-Fassung erhielt lediglich die Textzeilen. Aber falls dtp hier ähnlich engagierte Sprecher für die insg. 35 Charaktere verpflichtet wie bei Black Mirror (vgl. News ), dürfte akustisch nichts schief gehen. Zumal die geschickt platzierten Sounds schon jetzt für Spannung sorgen: Man steht vor einer Tür, klopft an und plötzlich löscht jemand das Licht - begleitet von einer tief dröhnenden Klangeinspielung im Stil guter alter Edgar Wallace-Filme. Gerade diese alarmierenden Momente sind es, die schon Black Mirror so ausgezeichnet haben und die auch in Nibiru für Nervenkitzel sorgen.

Nazis, die Sumerer & ein Mythos

Dazu trägt auch die interessante Story bei, die auf einen Archäologie-Krimi mit düsterem Mystery-Einschlag hoffen lässt: Martin bekommt während seiner Archivarbeit am PC plötzlich einen Anruf von seinem Onkel. Der berichtet ihm von der Entdeckung einer deutschen Mine aus dem Jahr 1945, irgendwo in Westböhmen. Angeblich wurde dort ein Kriegsprojekt der Nazis forciert, das die Technologie einer hoch entwickelten Rasse nutzen sollte, um den Endsieg zu sichern. Das Ganze scheint an einen sumerischen Mythos zu erinnern. Unsinn? Oder ist da was dran?

Diese Fragen stellt sich Martin, als er in der gemütlichen Bibliothek bei tickender Wanduhr mit seinem Onkel spricht - selbst ein angesehener Professor. Dieser rät ihm, dass er eine Informantin auf der Prager Karlsbrücke treffen soll, die ihm Genaueres sagen könne. Doch als er am Abend über die rauschende Moldau schlendert, fehlt von ihr jede Spur. Ein Straßenmaler erzählt, dass sie aus Angst vor jemandem geflüchtet sei…

              

Noch fehlen zwar einige Zwischensequenzen und Übergänge, aber schon der Preview-Einstieg weckt schnell die detektivische Neugier. Man will natürlich wissen, was es mit der Mine und dem Mythos um den seltsamen Planeten Nibiru auf sich hat. Das Team von Unknown identity hat sich diesmal zur Recherche nicht an das Werk von E.A. Poe, sondern an die astrologischen Thesen des Zechariah Sitchin gehalten. Damit bietet das Adventure genug Ansatzpunkte, um über Google & Co selbst etwas in der Welt der Vserschwörungsthesen zu wühlen.

Klassische Rätselkost

Über sechs Kapitel mit etwa 30 Stunden Spielzeit soll die aufklärende Odyssee des Martin Holan andauern. Ähnlich wie in Black Mirror wird die Story zwar streng linear erzählt, aber zwischendurch

Die Informantin will ihre Tür nicht öffnen. Also muss Martin eine alternative Route finden. Vgl. auch:

4P|Stream: Preview-Gameplay (Laufzeit: 5:18 Min.)kann der Protagonist sterben - eine morbide Aussicht, die dem investigativen Treiben eine zusätzliche Prise Nervenkitzel verleihen dürfte. Aber bevor das eigene Leben auf dem Spiel steht, muss man erstmal über kleine Rätsel zur Informantin gelangen.

Hier zeigt sich Nibiru von der klassischen Seite, die ähnliche Vor- und Nachteile wie Black Mirror bietet: Untersucht ihr z.B. ein Schwarzes Brett, werdet ihr einen Hinweis vielleicht nicht beim ersten Mal finden, sondern erst dann, wenn ihr später zurückkommt, weil eine Tür irgendwo nicht aufgeht. Statt frei zu erforschen und Items zu sammeln, leiten euch also die Rätsel von Gegenstand zu Gegenstand. Der Vorteil ist, dass man selten überflüssige oder scheinbar sinnlose Dinge mit sich herumträgt. Der Nachteil ist, dass man an der engen Leine geführt wird und zwischen bekannten Orten hin- und herläuft.

Zu Beginn geht es um einfache und offensichtliche Probleme, wie z.B. den Zugang zu einem Apartment über den Dachboden zu finden. In der dunklen Kammer angekommen heißt es dann: Lichtschalter an, Seil und Tuch aufnehmen, das Fenster freimachen. Das geht wiederum nur, wenn man den Schrank zum Einsturz bringt. Und wer die Scheibe einschlägt, sollte sich zunächst das Tuch um die Faust wickeln. Danach kann man sich bequem abseilen, dargestellt in einer kleinen Zwischensequenz. 

Diese einfachen Kombinationen werden später von komplexeren Kopfnüssen ergänzt. Hier muss Nibiru allerdings erstens noch zeigen, ob es an die Klasse von Black Mirror rankommt, und zweitens, ob es die unnötigen Frustmomente beseitigt. Wünschenswert wären z.B. ein Tagebuch, innere Monologe oder wenigstens deutlichere Hinweise bei der Item- & Rätselbeschreibung, damit man nicht wie der Ochs im Walde in skurrilen Sackgassen versauert. Aber noch hat das Team bis zum März Zeit, das Abenteuer reifen zu lassen. Und bisher schmeckt es bereits verdammt gut.  

Ausblick

Es hat mich wieder gepackt: Ich will endlich in diese verdammte Mine! Es ist schon seltsam: Obwohl Nibiru weder optisch noch spielerisch neue Wege geht, hatte mich die Adventure-Lust bereits nach einer Stunde fest im Griff - und das, obwohl weder alle Zwischensequenzen noch die deutsche Sprachausgabe in der frühen Fassung enthalten sind. Das tschechische Team von Unknown identity kann einfach nahtlos an das anknüpfen, was Black Mirror so stark gemacht hat: die knisternde Atmosphäre, die mysteriöse Ausgangssituation, die guten Rätsel. Zwar bleibt alles erzählerisch streng linear, die Itemsuche läuft über die enge Leine und auch das Inventar wirkt im besten Fall nostalgisch, aber Nibiru hat dieses gewisse Etwas. Nach meinen ersten Spielstunden zu urteilen, ist hier ein richtig gutes Adventure im Anmarsch. Und bis zum März muss ich mich erst mal durch die astrologischen Thesen des Zechariah Sitchin googeln...

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