F.E.A.R.29.08.2005, Paul Kautz
F.E.A.R.

Vorschau:

Gewöhnliche Shooter gibt es am PC wie Bits in der CPU, Psycho-Ballereien sind eher selten gesät. F.E.A.R. (ab 1,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) vom Traditionsentwickler Monolith (NOLF-Serie, Tron 2.0) springt mit überraschend guter Technik und vielen coolen Ideen in die Bresche – Gefahr für Doom 3 & Co?

Fiese Psycho-Kinder

Kannibalen, die sich genüsslich an ihren Opfern weiden? Kleine Mädchen, welche allein Kraft ihres Willens menschliche Körper zerfetzen? Was wie die Phantasie eines japanischen Psychoschocker-Regisseurs klingt, ist in Wahrheit F.E.A.R. Das steht zwar für »First Encounter Assault Recon«, aber auch gleichzeitig dafür, dass der Spieler hier Angst bekommen soll. Dabei geht es nicht um monotone Schrecksekunden à la Doom 3, sondern vielmehr um subtilen Horror wie in Eternal Darkness: Ihr seht im Augenwinkel vorbei huschende Schatten, hinter geriffeltem Glas wandernde Gestalten, bekommt unerwartet erschreckende Bilder eingeblendet und habt Visionen. So betretet ihr z.B. einen blutigen Raum voller zermalmter Skelette, der auf einmal wieder in die heile Realität überblendet. Ein Albtraum? Ein Blick in die Zukunft? F.E.A.R. spielt geschickt mit diesem Unwissen, und will sich als erster Psycho-Shooter von gewöhnlichen Ballereien absetzen.

So gut wie echt

Die Story, so weit sie in den vier bislang spielbaren Levels nachvollziehbar war, dreht sich um den mysteriösen Kannibalen Paxton Fettel, der nur auf der Spitze eines gigantischen, sich um Gen-Experimente drehenden Eisbergs sitzt. Ihr übernehmt die Rolle eines jungen

Ein solches Bild spricht Bände. Aber was macht die kleine Lady im Hintergrund inmitten des Infernos?
Soldaten der F.E.A.R.-Einheit, dessen Aufgabe es ist, Paxton zu finden und zu erledigen. Dazu ballert und schleicht ihr euch durch Räume voller gegnerischer Soldaten, Elektro-Ninjas und dicker Zwischengegner. Denn in seinem Kern ist auch F.E.A.R. ein Ego-Shooter reinsten Wassers: Ihr dürft drei Waffen plus einige Granaten tragen und in spektakulär inszenierten Gefechten das heiße Blei sprechen lassen: heftige Schusswechsel tauchen die Räume in aufstiebenden Staub und wabernden Rauch, glühende Funken fliegen in weitem Bogen von zerberstenden Wandteilen, dicke Explosionen erschüttern den Bildschirm. Wer lieber auf der ruhigen Schiene fährt, kann mit dem nötigen Schleich-Geschick den Feinden von hinten einen Nackenknackser verpassen, was aufgrund der großartigen KI generell keine üble Idee ist.

Eure Widersacher reagieren in Echtzeit auf eure Aktionen: Sie bleiben bei Beschuss nicht einfach stehen, sondern wechseln intelligent ihre Position, versuchen euch von mehreren Seiten in die Mangel zu nehmen und sprechen sich im Team ab. Kleinere Script-Aktionen verleihen den Gefechten zusätzliche Glaubwürdigkeit; wenn etwa ein Soldat unter einem umgestürzten Regel hindurchkriecht oder statt die Treppe zu nehmen über eine Brüstung springt, um einem Kollegen zu helfen. Außerdem achten die Soldaten auf verräterische Schatten oder Geräusche – und das solltet ihr besser auch! Um dem vorzeitigen Exitus vorzubeugen, dürft ihr Medi-Packs horten und nach Belieben einsetzen. Außerdem dient ein Viertel eurer Lebensenergie als Rettungsanker: Sofern ihr nicht erwischt werdet, füllen sich 25% immer automatisch auf – angesichts der beeindruckenden Treffergenauigkeit der Gegner sollte man sich in solchen Situationen aber besser auf die Suche nach einer heilsamen Injektion begeben.

Von allem das Beste?

Ähnlich wie Half-Life 2 setzt auch F.E.A.R. auf eine große, glaubwürdig inszenierte Welt aus einem Guss. Um unnötige Ladezeiten zu vermeiden, werden deshalb gleich zum Start kräftig Daten geschaufelt – was den Vorteil hat, dass man danach den Ladenbalken nur selten zu sehen bekommt. Optisch erwartet euch eine Mischung aus Doom 3 (tolle Licht- und Schatteneffekte), Half-Life 2 (realistisches Szenario, durchgängige Levels) und Chronicles of Riddick (plastische Figuren, modellierte Beine beim Protagonisten, Kampfattacken). Das in der amerikanischen Version tankwagenweise spritzende Blut wird für die deutsche

Schlechte Idee: Diese beiden Kameraden rennen genau auf den Lauf unseres Gewehrs zu.
Variante etwas zurückgeschraubt; außerdem wird es hierzulande laut Publisher Vivendi keine zerlegbaren Körper geben.

Zeitlupe für alle

Um dem Zeitgeist gerecht zu werden und dem Spiel eine Extraportion Coolness zu verleihen, gibt es auch in F.E.A.R. eine spektakuläre Zeitlupenfunktion: Die ladet ihr mit gelungenen Kampfaktionen auf und könnt sie in besonders kniffligen Situationen für einige Sekunden zünden. Auf einmal tönt alles bodenlos tief, Kugeln verzerren mit wilden Effekten die Luft, das Sichtfeld wabert und färbt sich leicht rot – eine fetzige Sache, die angesichts immer wieder angreifender Feindhorden als sparsam einzusetzender Lebensretter dient.

Übrigens beherrschen auch einige Gegner diesen Trick, so dass ihr euch nicht wundern müsst, wenn euch ein fett gepanzerter Raketenwerferfetischist nicht nur mit reichlich Sprengstoff, sondern auch mit verlangsamter Zeit begrüßt! In solchen Momenten kommt dem Sound spezielle Bedeutung zu: In der Zeitlupe werden alle Geräusche nicht wie üblich einfach auf Tiefe heruntergerechnet, stattdessen gibt es für diese Situation eine eigene Soundbank, um Klangverlust zu vermeiden – natürlich in Dolby Surround.     

Ausblick

Die Coolness von F.E.A.R. lässt sich schon vom integrierten Benchmark ableiten: Da wird ein kompletter kleiner Echtzeit-Film erzählt, während das Spiel den PC einem Performance-Test unterzieht! Monolith hat sich die spielerische Konkurrenz ebenso genau angesehen wie fiese Psycho-Schocker der Marke »The Ring« oder »Yu-On«. Das bisherige Ergebnis ist verdammt lecker, bietet zehn Mal mehr und viel besser verpackten Horror als Doom 3, dazu die tolle Grafik von Half-Life 2 und die großartige KI von Far Cry. Hoffentlich bekommen die Entwickler die Story gut hin; die spielbare Version bot keinen logischen Handlungsfaden – und ein Spiel, das derart auf Nervenkitzel setzt, braucht eine zum Mitbibbern einladende Geschichte so dringend wie ein Vampir das Blut. Meine Prognose? F.E.A.R. wird der Konkurrenz das Fürchten lehren!

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