ANNO 170122.07.2006, Marcel Kleffmann
ANNO 1701

Vorschau:

Evolution statt Revolution: Unter dieser Prämisse entwickeln Related Designs und Sunflowers das Aufbaustrategie-Schwergewicht ANNO 1701 (ab 7,99€ bei kaufen). In enger Zusammenarbeit mit der Anno-Community wurden die Schwachstellen der Vorgänger analysiert und weitgehend ausgemerzt. Welche Neuerungen und Veränderungen euch im Oktober 2006 erwarten, konnten wir bei einem Entwickler-Besuch in Erfahrung bringen.

ANNO 1701 beschränkt sich voll und ganz auf das Endlosspiel, das bei vielen Fan-Umfragen als wichtigstes Spielelement zum Vorschein kam. Eine storygeladene Kampagne fehlt völlig, stattdessen gibt es zehn kleine Szenarios. So strandet  beispielsweise euer Schiff auf einer Insel mit einem aktiven Vulkan und bevor der Lavaspucker ausbricht, müsst ihr einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf aufbauen und mit einem Schiff fliehen.

Unbekanntes Gebiet wird nicht mit "schwarzem Schatten" gekennzeichnet, sondern mit einer alten Seekarte verdeckt.
Kern ist also der Endlos-Modus, den ihr völlig frei konfigurieren könnt. Ähnlich Civilization bestimmt ihr die Weltgröße, legt Anzahl und Typen der Inseln fest, schaltet Gegner an oder aus und entscheidet euch für oder gegen fortgeschrittene Optionen (Naturkatastrophen, Pest, etc.). Anschließend wird die Inselwelt aus dem Pool von 150 vordefinierten Eiland-Vorlagen zusammengebastelt. Nein, ihr habt euch nicht verlesen! Die Inseln werden nicht zufällig generiert, sondern ein Zufallsgenerator verteilt die 150 per Hand erstellten Inseln auf der Seekarte. Bei diesem Vorgang bekommt jede Map einen Keycode, damit ihr die Karte erneut erstellen könnt, sofern sie euch gefällt.

Besiedlung der Neuen Welt

Sofern ihr es nicht anders eingestellt habt, beginnt ihr mit einem Schiff und erkundet die verdeckte Karte. Habt ihr eine Insel erspäht, wird sie automatisch aufgedeckt und Rohstoffvorkommen sowie Fruchtbarkeit bestimmt. Es ist nicht mehr nötig, einen Scout auf die Insel zu schicken. Die Besiedlung beginnt mit der Platzierung eures Kontors (mit automatischem Warentransfer vom Schiff ins Gebäude) sowie dem Bau von einfachen Produktionsstätten und Siedlerwohnungen. Zunächst ein Fischer oder ein Jäger für die Nahrungsproduktion, dann ein Holzfäller, der stetig für Baustoffe sorgt. Die meisten Gebäude haben ANNO-typisch einen gewissen Einzugsbereich. Wenn ihr ein Wohnhaus in der nahen Umgebung des Holzfällers baut, leidet logischerweise die Produktivität des Holzlieferanten. Daher solltet ihr eine Struktur für den Siedlungsaufbau ausknobeln. 

Upgrade der Bevölkerung

Eure Steuern zahlenden Bewohner der Neuen Welt haben natürlich allerlei Wünsche. Pioniere (die erste Stufe) verlangen Stoffe, Nahrung, Gemeinschaft und Glauben. Stoffe und Nahrung könnt ihr mit einfachen Werkstätten produzieren. Für Gemeinschaft ist ein Dorfzentrum nötig, in dessen Einflussbereich alle Wohnhäuser liegen müssen und für den Glauben hilft eine Kirche. Sind alle Wünsche erfüllt, können sich die Pioniere zur nächsten Form weiterentwickeln und zwar zu den Siedlern. Für dieses Upgrade benötigt ihr einen Batzen an Werkzeugen pro Wohnhaus. Solch aufgewertete Siedler zahlen mehr Steuern, verlangen aber dementsprechend nach aufwändigeren Waren und sozialen Gebäuden.  Insgesamt gibt es fünf Stufen der Einwohner (Pioniere, Siedler, Bürger, Kaufleute und Aristokraten), wobei Bürger beispielsweise stetig mit dem Rohstoff "Alkohol"

Im Gegensatz zu den Vorgängern reicht es völlig aus, wenn sich die Einflussradien der Markhäuser überschneiden. Einer rascheren Gebietserweiterung steht nichts mehr im Wege.
versorgt werden müssen, der in einer längeren Produktionskette hergestellt wird. Später müsst ihr sogar mehrere Inseln besiedeln, um die ganzen Bedürfnisse eurer Leute in den Griff zu bekommen. Dazu stellt ihr dann ein Handels- und Transportnetz auf die Beine und legt Schiffsrouten mit Hilfe der globalen Strategiekarte fest. Aber was bringen eigentlich aufgewertete Insel-Bewohner? Erstens mehr Steuereinnahmen und zweitens braucht ihr immer eine bestimmte Anzahl von höherstufigen Einwohnern, damit weitere fortgeschrittene Gebäude freigeschaltet werden.

Je größer eure Siedlung wird, desto mehr Nahrung brauchen die Einwohner. Irgendwann bewältigen Jäger und Fischer diese Nachfrage nicht mehr und ihr müsst zu einer Alternative greifen. Hier kommt der Bauernhof ins Spiel. Auf einem Feld wird Korn angebaut und geerntet. Der Sackträger bringt die Ernte zum weiterverarbeitenden Betrieb, der Mühle. Dort wird das Korn zu Mehl gemahlen und anschließend vom Bäcker zu Brot verarbeitet. Diese zusammenhängende Kette braucht nicht mit Straßen verbunden werden, sofern die Gebäude untereinander im Einflussbereich liegen. Lediglich die Bäckerei muss mit einer Straße versehen werden, damit die Brote im Lager landen. 

Zufrieden?

Wie ANNO 1503 und 1602 müsst ihr euch vorrangig um die Zufriedenheit eurer Einwohner kümmern, was in der Regel durch funktionierende und effektive Warenkreisläufe gelingt. Schafft ihr es nicht, den Wünschen der Bewohner nachzukommen, legen sie die Arbeit nieder oder verlassen gar die Stadt. Die Auswirkungen einer solchen Fehlwirtschaft könnt ihr direkt in der Spielwelt sehen - ihr braucht dazu keine Statistik durchzuforsten. Sind eure Leute verärgert, fliegen schwarze Raben über den Dorfplatz. Gleichermaßen ziehen Bettler und Krüppel durch die Stadt,

Infomodus: In der Welt tauchen animierte 3D-Symbole auf. Sie weisen auf besondere Ressourcen wie Minen und Lehmgruben hin. Sobald man den Mauszeiger über das Symbol hält, erscheint ein Tooltipp mit Informationen zu Art und Menge des Rohstoffvorkommens. Auch bei besonderen Ereignissen erscheinen diese Symbole. So ist der Spieler beispielsweise bei Betrieben sofort im Bilde, ob gerade Waren produziert werden, das interne Lager voll ist oder der Betrieb stillgelegt wurde.
während im Zentrum eine Demonstration stattfindet, die bei besonders schwerem Missstand ausartet und zu einem brandschatzenden Mob wird. Geht es euren Leuten hingegen gut, fliegen weiße Tauben durch die Gegend, spielen Kinder ausgelassen in der Siedlung und zwischen den Wohnhäusern hängen Wäscheleinen, die zusammen mit den Bäumen vom Wind beeinflusst werden. Macht ihr euch richtig gut, kommen von Zeit zu Zeit Ehrengäste (Gauklertruppe, Musikanten-Truppe, etc.) in die Stadt und beglücken eure Siedler. Durch dieses System wirken die Städte viel lebendiger als in den Vorgängern.

Ende der Sackgasse

Aber was passiert, wenn man sich beim Aufbau der Siedlung in der Anfangsphase verzettelt? Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie haarig die ersten Anno-Partien waren - besonders wenn die Werkzeuge ausgegangen sind, bevor man die Werkzeugproduktionskette in Gang gesetzt hatte. Vor allem in ANNO 1602 kam es deswegen zu vielen Sackgassen – doch damit ist jetzt Schluss: Bei gravierenden Fehlern zu Beginn der Partie greift euch die Königin mit einem Darlehen unter die Arme. Mit dem Gold könnt ihr dann Werkzeuge oder sonstige Waren beim freien Händler kaufen. Andererseits könnt ihr bei glücklicher Bevölkerung mit dem Auftauchen des Ehrengastes "Schmied" rechnen, der kostenlose Werkzeuge verteilt. Generell könnt ihr den Bewohnern sogar das Entwickeln auf die nächste Stufe untersagen, um Ressourcen zu sparen.

Eine andere Sackgasse vergangener Zeiten wird ebenfalls geschickt ausgekontert: Falls marodierende Piraten euer erstes Schiff versenken, ist die Königin so freundlich und schickt euch ein Neues. Dermaßen gönnerhaft ist eure Majestät allerdings nur in

Produktionskette Bier

1) Hopfenplantage -> benötigt freie Wiese und produziert Hopfen

2) Brauerei stellt aus Hopfen Alkohol [Bier] her

-Hopfen kann man in den gemäßigten nördlichen Klimazonen anbauen.

Produktionskette Rum

1) Zuckerrohrplantage -> benötigt freie Wiese und produziert Zuckerrohr

2) Brauerei stellt aus Zuckerrohr Alkohol [Rum] her

-Zuckerrohr kann ausschließlich in südlichen Gefilden angebaut werden.der Aufbauphase. Bei florierender Siedlung verlangt sie immer wieder Tributzahlungen. Wollt ihr dieses Gold nicht mehr entrichten, könnt ihr die Unabhängigkeit erklären, was zum Aufeinandertreffen mit der königlichen Flotte führt.

Gegner, Händler und Piraten

Neben der Königin und den Piraten (mit denen ihr euch ebenfalls verbünden könnt, wenn ihr sehr böse seid) gibt es zwölf verschiedene Gegner. Anstatt lediglich eine andere Farbe zu haben, unterscheiden sich die Feinde vom Aussehen, Aggressivität, Gestik (à la Civilization), Vorlieben und beim Lieblingsrohstoff. Es gibt harmlose Zeitgenossen mit denen ihr friedlich nebeneinander siedeln und handeln könnt und böse Fieslinge wie Igor, der seine gesamte Infrastruktur auf Militär auslegt und sehr erfreut ist, wenn ihr seine Ziele attackiert. Igor’s Lieblingsrohstoff ist übrigens Alkohol.

Wieder mit von der Partie sind die NPC-Völker Irokesen, Azteken, Inder und Asiaten.  Mit ihnen könnt ihr Handelsverträge abschließen, die euch die wichtigen Kolonialwaren einbringen. Diese Waren könnt ihr nicht eigenständig herstellen, werden aber regelmäßig von euren Aristokraten sowie der Königin verlangt. Läuft der Handel mit den Nebenparteien erfolgreich, entwickeln sich die computergesteuerten Völker weiter, verlassen

Alle Endprodukte werden beim Erzeuger gelagert, bis ein Marktkarren vom Kontor (oder später Marktplatz) sie dort abholt – für den "schnellst möglichen Abtransport" gibt es übrigens eine Sonderfunktion. Vorraussetzung hierfür ist eine Straßenanbindung, die nicht mehr direkt am Eingang des Gebäudes platziert werden muss.
jedoch keinesfalls die Heimatinsel. Kriege gegen diese Völker sind also nicht sinnvoll, da ihr eure Kolonialwaren-Quelle verliert und am Ende verflucht werdet. Wollt ihr trotzdem böse sein, könnt ihr die Völker vernichten und eine Allianz mit den Piraten schmieden, die auch alle vier Kolonialwaren auf Lager haben.

Last but not least schippert der freie Händler über das Meer (Basis in der Kartenmitte) und bietet euch Abwechslung in Form von über 100 (freiwilligen) Quests an. Diese Aufgaben (z.B. Schiffbrüchige retten, x Tonnen von Rohstoff y besorgen, etc.) werden allen Spielern zugänglich gemacht und der Erste, der die Mission abschließt bekommt eine sinnvolle Belohnung, was im fest integrierten Mehrspieler-Modus (mit bis zu vier Spielern) zu netten Wettstreiten führen kann. Die KI soll sich bei der Erfüllung dieser Missionen zurückhalten.

Forschung und Militär

Das rudimentäre Forschungssystem aus ANNO 1503 könnt ihr vergessen. 198 Jahre später müsst ihr Forschungsaufträge per Hand starten und je nachdem wie viele Einwohner sich im Einflussbereich eurer Schule bzw. der Universität befinden, wird Wissen schneller generiert und das Projekt früher erforscht. Die Auswahl der Technologien erfolgt aus einem Forschungsbaum, bei dem ihr euch an manchen Stellen für einen Weg entscheiden müsst, z.B. Offensiv- oder Defensiv-Bonus beim Militär. Generell ist das Forschungssystem umfangreicher als beim Vorgänger und offeriert sogar nicht-militärische Techniken.

Laut Produzent André Bernhardt ist ANNO 1701, "das erste Aufbaustrategiespiel mit Shooter-Grafik-Effekten" - Video: umfangreicher E3-Trailer (Laufzeit: 4:53 min)
 Treibt es der Gegner dennoch zu bunt, könnt ihr zu passiven Mitteln wie Sabotage, Bombenleger, Karren-Saboteure, Volksverhetzer, Revolutionsanstifter usw. greifen der startet einen militärischen Gegenschlag. Insgesamt sieben Truppentypen (Miliz, Mörser, Pikeniere, Dragoner, Grenadiere, Kavallerie, Haubitzen) könnt ihr in euren Kasernen oder Festungen rekrutieren, die alle in einem Truppenverband auftreten und nicht mehr einzeln die Ausbildungsstätte verlassen. Das Kampfsystem unterliegt dem Schere-Stein-Papier-Prinzip und ist daher leicht zu durchschauen. So ist die Reiterei beispielsweise sehr effektiv gegen die trägen Kanonen. Ähnlich simpel gehen die Seeschlachten von Statten.

Ausblick

ANNO 1701 sieht verdammt schön aus, was nicht nur auf die lebendige Spielwelt bezogen ist, die dank Edelgrafik zum Zuschauen einlädt. Hinter der Kulisse läuft ein komplexes und durchdachtes Wirtschaftssystem, das an den Schwachpunkten der Vorgänger ansetzt und u.a. die störenden Sackgassen in der Anfangsphase aus der Welt räumt sowie angemahnte Bedienungsmängel beseitigt. Für Ablenkung im Siedel-Alltag ist ebenfalls gesorgt: Ihr  könnt kleine Quests absolvieren, Technologien erforschen sowie übersichtliche diplomatische Schritte einleiten. Auch die Fokussierung auf den Endlosmodus und die Streichung der Kampagne ist eine gute Idee, um die vorhandenen Stärken der Aufbausimulation zu betonen. Zusätzlich entschädigt ein Mehrspieler-Modus für die Qualen vergangener Jahre, so dass sich alle ANNO-Fans (und nicht nur die) auf den Oktober freuen können!

Ersteindruck: sehr gut

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