Hellgate: London13.08.2005, Marcel Kleffmann
Hellgate: London

Vorschau:

"Diablo in 3D" - diesen Ruf hat Hellgate: London (ab 30,95€ bei kaufen) bei der E3 verpasst bekommen. Kein Wunder, denn die Flagship Studios bestehen fast vollständig aus Ex-Blizzard-Mitarbeitern rund um Design-Legende Bill Roper. Welche vertrauten Elemente Diablo-Fans in London wiederfinden und welche Überraschungen das Tor zur Hölle mit sich bringt, erfahrt ihr in der Vorschau.

Unheil verkündende Finsternis liegt über der Stadt. Düstere Wolken ziehen gemächlich über den verdunkelten Himmel und in den ehemals so belebten Straßen Londons ist es totenstill. Links und rechts befinden sich zerstörte Gebäude, Trümmer liegen auf der Straße, Lava-Krater im Asphalt sorgen für trübe Ausblicke und trotzdem lauft ihr weiter durch die Gassen. Plötzlich fängt es an, Feuerbälle zu regnen - ihr dreht euch um und seht zwei fies grinsende Dämonen. Kurz mit der Waffe gezuckt und schon ist Ruhe. Schade, die Feinde hatten nichts Sinnvolles im Gepäck, dann geht es halt weiter in die U-Bahn. Kaum seid ihr die Treppenstufen runter gestolpert, liegt ein gruseliges Zombie-Stöhnen in der Luft – uhuhuhu! Und da sind sie auch schon, eine Welle an Untoten, bestimmt mehr als ein Dutzend - na dann: Waffe raus und los…

Hölle, Hölle, Hölle

Dämonen in London – wie das? Im Untergrund hat sich ein Stargate in Richtung Hölle geöffnet und von dort kommen pausenlos finstere, Schwefel liebende 

Dämonen in London!
Gestalten in unsere Welt. Fortan überschwemmen Untote, Dämonen und sonstige Fieslinge die Stadt an der Themse. Diese dunkele Bedrohung haben die "Templer" vorhergesehen und einen Plan geschmiedet, um das Tor wieder zu schließen. Hierzu müssen gewisse Elemente zusammengesucht werden, die zufällig in den von Dämonen besetzten Teilen der Stadt liegen. Und ihr seid der Auserwählte! Nun heißt es Charakterklasse auswählen (z.B. ein Templer oder weitere bisher nicht angekündigte Vertreter) und ab nach London. Jede Klasse soll sich grundlegend von den Anderen unterscheiden und so bringt beispielsweise der Templer einzigartige Fähigkeiten mit sich, die erst dann aktiv werden, sobald sich Gegner in seiner Nähe befinden. Jeder Protagonist trumpft also mit individuellen Fähigkeiten, Stärken und Schwächen auf.

Ein Rollenspiel-Shooter?!

Ein Action-Rollenspiel à la Diablo in 3D umzusetzen ist sicherlich nicht einfach, aber die Flagship Studios haben sich der Aufgabe gestellt und sie gut erledigt. Die Steuerung des Charakters geht mit den typischen WASD-Tasten und der Maus elegant von der Hand. Zwar ist das Geschehen nicht mehr so übersichtlich wie aus der isometrischen Perspektive, dafür erzeugt die Ego-Sicht ein enormes Mittendrin-Gefühl und fängt die düstere Endzeit-Stimmung besser sein.

Tauchen schließlich die ersten Feinde auf, könnt ihr sie mit euren Fernwaffen aufs Korn nehmen. Tja und hier kommen die Rollenspiel-Anleihen zum Vorschein, denn ob ihr den Feind trefft, hängt nicht von euren Reflexen oder der Maus-Genauigkeit ab, sondern von den Charakter-Werten. Meist reicht es aus, in Richtung des Feindes zu schauen und abzudrücken – das Spiel berechnet währenddessen im Hintergrund ob ihr trefft oder verfehlt. Sämtliche Fernwaffen in Hellgate können daher mit magischen Bogenwaffen, Zaubersprüchen bzw. Zauberstäben verglichen werden, egal ob ihr Feuer oder Blitze auf den Feind loslassen möchtet. Sogar "Area-Effekte" könnt ihr mit einem Kettenblitz oder einer Schockwellenaura erzielen. Die Steuerung bleibt dabei einfach: Mit der linken Maustaste schließt ihr die 

Der Kettenblitz trifft zwei Feinde mit einem Schuss.
Waffe in der linken Hand ab und mit der rechten logischerweise die andere Knarre. Einfacher geht es wirklich nicht, somit dürften selbst Neulinge problemlos die Gegnerhorden lichten und lästiges Nachladen entfällt sowieso.

Im Nahkampf!

Fernwaffen sind nicht alles und zum Glück gibt es bei Hellgate auch richtige Nahkampf-Ausrüstung (Schwerter, Stäbe etc.). Da solche Duelle aus der Ego-Sicht schwer zu steuern wären, aktiviert sich automatisch eine Third-Person-Kamera, sobald ihr zum Schwert greift. Aus der Verfolgersicht könnt ihr es kinderleicht mit den Feinden aufnehmen und euch packende Duelle liefern - im Stil von FAKK². Eine einhändige Nahkampfwaffe kann sogar in Kombination mit einer Knarre aus der Third-Person-Sicht benutzt werden.

Weiteres Diablo-Metzel-Flair keimt durch die Items auf, die viele Gegner nach dem Ableben hinterlassen. Neben Gold ("futuristisches" Zahlungsmittel) hinterlassen die Feinde auch Waffen, Brustpanzer und Helme, die man entweder selbst benutzen oder gewinnbringend verkaufen kann. Das Inventarsystem ist in zwölf Slots für große Gegenstände und 24  Ablagemöglichkeiten für Kleinkram aufgeteilt. Solche Miniplätze sind z.B. für Skill-Pakete und Waffen-Upgrades, denn fast alle Schmerzspender können mit Modifikationen versehen werden, vergleichbar mit den gesockelten Waffen aus Diablo. Allerdings könnt ihr die Verbesserungen ständig ein- und ausbauen und somit viel Experimentieren, bis ihr ein durchschlagendes Ergebnis habt.     

Fähigkeiten ohne Skilltree

Einen aufeinander aufbauenden Skilltree sucht ihr vergebens, stattdessen verlieren die Feinde hin und wieder "Behälter mit Fähigkeiten" oder ihr geht zu einem Händler. An sich könnt ihr alles erlernen bzw. verbessern (z.B. Waffenspezialisierungen, etc.) was ihr möchtet, solange ihr ein gewisses Charakter-Level mitbringt. Vorbei ist die Zeit, in der ihr sinnlose Fertigkeiten erlernen musstet, nur um am Ende das ultimative Talent zu bekommen. Jedoch könnt ihr nicht alle Fähigkeiten erlernen, denn der Charakter-Wert "Konzentration" begrenzt

NPCs fungieren als Quest-Geber, Händler oder sogar als computergesteuerte Mitstreiter.
die maximale Anzahl der Skills. Apropos Attribute: Neben der Konzentration haben alle Protagonisten die Werte "Präzision" (Schaden, kritischer Treffer), "Ausdauer" (Gesundheit) und "Willenskraft". Bei jedem Level-Up könnt ihr insgesamt fünf Punkte in die eben vorgestellten Werte investieren und legt damit fest, wie sich euer Charakter entwickelt.

Im Laufe der Zeit wird euer Protagonist Widerstände gegen spezielle Schadenstypen (Feuer, Spectral, etc.) entwickeln und mit  Ausrüstungsgegenständen wie z.B. Rüstungen könnt ihr diese ausbauen. Lebensenergie verliert die Spielfigur übrigens erst, wenn der sich selbst regenerierende persönliche Schutzschild niedergerungen wurde, was bei den anstürmenden Monstermassen schnell passieren kann.

Single- und Multiplayer-Zufälle

Sowohl im Singleplayer- als auch im Mehrspieler-Modus (kooperativ), folgt ihr zunächst den Hauptquests, welche die Story fortführen. Abseits der Geschichte gibt es viele kleine Aufgaben zu erfüllen, die euch mit reichlich Ausrüstung oder Gold eindecken. Sogar kleine Missionen mit computergesteuerten Mitstreitern gilt es zu absolvieren.

Motivierend sind diese actiongeladenen Monsterjagden nicht nur wegen des chronischen Sammel- und Verbesserungsdrangs sowie des coolen Szenarios, sondern wegen des Zufallsprinzips: Der gesamte Level wird von einem Generator erstellt. Somit sieht jedes Areal bei erneuten Besuchen immer anders aus. Kleine Schlüsselelemente bleiben bei den Generierungen zwar gleich, z.B. Lager der Widerstandskämpfer, aber schon allein die Unterschiede im Level-Design und bei der Monster-Bevölkerung machen die Jagd nach Erfahrung und Items kurzweilig. Habt ihr das Spiel schließlich durchgespielt, stehen euch anschließend weitere, höhere Schwierigkeitsgrade zur Verfügung, um mehr Monster zu erledigen und der Sammelleidenschaft zu frönen, da die Level-Begrenzung ziemlich hoch angesetzt ist – ein Kuh-Level ist im Übrigen nicht geplant.

Abwechslung in London?

Trotz generierter Versatzstücke in den Abschnitten macht das postapokalyptische

Höllisches Material:

Hellgate-Screenshots London einen guten Eindruck. Mit viel Liebe zum  Detail haben die Entwickler ansehnliche Puzzle-Teile geschaffen, die vom Zufallsgenerator zu einem Level gemacht werden. Die fertigen Areale sehen bombastisch finster aus – passend zum Endzeit-Szenario. Da es in London keine typischen Eis-, Dschungel- und Wüsten-Landschaften gibt, bleibt die Frage im Raum stehen, ob die Stadt auf Dauer genügend Abwechslung bietet. Die Entwickler sind zuversichtlich und setzen auf unterschiedliche Baustile sowie  Tunnel- und Untergrundsysteme.

"Warum ausgerechnet London?", fragten wir die Entwickler bei einem Probespiel. Ganz einfach verriet uns der Lead Designer: "Die britische Hauptstadt besitzt nicht nur ein absolut ansprechendes Äußeres, auch die Geschichten rund um das "London Dungeon" sowie die geheimen Tunnelsysteme bieten die ideale Vorlage für solch ein höllisches Treiben."     

Ausblick

Hölle! Hölle! Hölle! Diablo in 3D – es funktioniert tatsächlich. Zunächst war ich skeptisch, ob ein Action-Rollenspiel in der dritten Dimension und zu alledem noch in einem leicht futuristischen Szenario in London funktionieren kann, aber die Flagship Studios haben mich eines Besseren belehrt. Die actionreiche Monster-Jagd durch stimmungsvoll düstere Gassen macht Spaß - vor allem weil die Sammel- und Verbesserungsleidenschaft nach dem ersten Level-Up umgehend aufkeimt. Und wer jetzt denkt, Hellgate wäre nur ein typischer "Ego-Shooter", der ist auf dem Holzweg, denn hinter den Schießereien verbergen sich waschechte Rollenspiel-Elemente, die über die tatsächlichen Kampf-Fähigkeiten entscheiden. Großartig ist ebenfalls die Verfolgerperspektive bei Nahkämpfen geworden. Garniert wird das Spiel durch ein motivierendes Zufallssystem, ständig wechselnde Quests und modifizierbare Waffen. Verpackt in eine ansprechende Kulisse und mit einem reichhaltigen Monsterpark ausgestattet, wird es schwierig werden, bis Ende 2006 auf die Fertigstellung zu warten. Aber trotz aller Güteklasse sollten die Entwickler noch am sterilen Interface arbeiten und natürlich sollte die Hintergrund-Story mehr Leben ins Spiel bringen, statt den Spieler nur von A nach B zu führen. Außerdem bleibt abzuwarten, welche Charakter-Klassen die Entwickler einbauen. Ich bin sehr gespannt!

Ersteindruck: sehr gut

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