Loki - Im Bannkreis der Götter04.04.2007, Mathias Oertel
Loki - Im Bannkreis der Götter

Vorschau:

Dieses Jahr erscheint ein Hack&Slay, pardon: Action-Rollenspiel nach dem anderen. Doch nur ein Titel hat unsere Aufmerksamkeit seit der allerersten Präsentation auf sich ziehen können: Loki. Je mehr wir aus den mythischen Welten zu sehen bekamen, umso größer wurde die Vorfreude. Zwei wesentliche Elemente fehlten noch: die Geschichte und das ausufernde Crafting-System. Bis jetzt! Wir haben uns mit der Amazone durch Hunderte von Monstern geprügelt, das Startgebiet nach Gegenständen durchstreift und die ersten Bosse kalt gemacht!

Ab in die Action

"Hier ist das Keyboard! Hier ist die Maus! Leg los!" Da muss man mich doch nicht zwei Mal bitten! Schon gar nicht, wenn es sich bei dem Spiel um Loki handelt - dem unserer Meinung nach größten Geheimtipp im Genre, den wir in den letzten Jahren beobachtet haben.

Allerdings war trotz aller Euphorie immer noch Skepsis angesagt. Denn auch wenn wir schon erste Schritte in der grafisch opulenten und zufällig generierten Welt von Loki sowie erste Erfahrungen mit der Kampfmechanik im Allgemeinen machen konnten (siehe dazu die letzte Vorschau), blieben zu viele Fragen offen. Kann die Story auf lange Sicht faszinieren? Wie sieht es mit dem Questsystem aus? Ist das Gegenstand-System ausbalanciert oder droht eine Item-Flut wie in Titan Quest?

Opulente Kulissen und feine Effekte in 196 Abschnitten: Loki kann sich sehen lassen.

Ich muss zugeben: Ich habe in den letzten Jahren schon zig Genre-Vertreter auf fast allen möglichen Systemen gesehen und gespielt. Und das einzige Mal, in dem ich ebenso nervös war und mit einem gespannt flauen Gefühl in der Magengegend vor dem Bildschirm saß, war seinerzeit bei Baldurs Gate Dark: Alliance auf der PS2 sowie in jüngerer Vergangenheit beim kurzen Anspielen von Hellgate: London auf dem X06-Event. Wobei dieser Vergleich unfair ist. Wo Hellgate eine düstere Moderne zeichnet und insgesamt eher an einen Shooter als ein klassisches Action-RPG erinnernt, bedient Loki eher konventionelle Elemente und setzt damit die Tradition von Diablo 2 fort, dem Urahn moderner Hack&Slay-Kunst.   

Und auch wenn es einige Titel wie z.B. Titan Quest oder mit Einschränkungen auch Silverfall gab, die mir in den letzten Jahren und Monaten immer wieder über längere Abschnitte die Zeit versüßt haben, gab es doch keinen, bei dem der Funke auf Anhieb so übersprang, wie es bei den gut vier Stunden der Fall war, die ich mit der martialischen Amazone zubringen durfte.

Woran lag es? An der einfachen Kampfmechanik? Die befindet sich auf Genre-Standards (mit Linksklick physischer Angriff, mit Rechtsklick Spezialattacke oder Magie), wobei derzeit häufiges Klicken die "Wutleiste" schneller auffüllt, als es der Standardangriff gewährleisten würde. Doch dies ist nach Entwicklerangaben ein kleiner Bug, der in der Endfassung nicht mehr vorhanden sein soll. Dann wird die Schlaggeschwindigkeit nur über die entsprechenden Waffenwerte festgelegt; die Wutleiste, die besondere Aktionen ermöglicht, wird dann nur noch bei erfolgreichen Treffern aufgefüllt.

Dieser Bug könnte jedoch auch zu einem erweiterten Kampfsystem führen. Man könnte z.B. das "Wut"-Schnellklicken im Spiel lassen und zusätzlich noch eine Art "Ausdauer-Leiste" einführen, die bei den Schnellangriffen abnimmt und sich durch Ausruhen wieder auffüllt. So würde es zu kleinen taktischen Einschlägen kommen, die das ansonsten bereits gut funktionierende Kampfsystem weiter aufwerten würden.

Masse und Klasse

Dass wir es geschafft haben, in gut vier Stunden nur etwa ein halbes Dutzend der insgesamt 196 (!) vorgesehenen, größtenteils zufällig generierten Abschnitte zu durchstreifen, hat mehrere Gründe. Zum einen wurden wir immer wieder von der schieren Größe der Abschnitte überrascht. Und da man von Loki belohnt wird, wenn man sich auch außerhalb der vorgegeben Aufgabe umsieht, vergeht die Zeit sehr schnell. Denn nicht nur, dass die Gegner in etwas entfernter gelegenen

Ein ungleicher Kampf? Egal, aus welcher Mythologie euer Held kommt, werdet ihr irgendwann im Laufe der Kampagne auch gegen Conquistadores kämpfen.

Bereichen des Areals interessante Gegenstände beim Ableben zu hinterlassen scheinen, finden sich überall Kisten mit Gold und/oder Runen sowie vor allem in späteren Bereichen Rohstoffvorkommen, die für das Erstellen eigener Waffen und Rüstungen vonnöten sind.

Nicht zu vergessen die Kämpfe und das obligatorische Aufrüsten der eigenen Figur, die natürlich auch einiges an Zeit rauben. Und auch dabei überrascht das Team von Crimson Cow mit einem ausgefeilten Balancing: So werdet ihr mit einem einzigen Wölfchen, einer mickrigen Spinne und später selbst mit einem selbst heilenden Basilisken kaum Probleme haben. Doch wenn ein ganzes Rudel Wölfe, eine Spinnenhorde oder ein Dutzend Basilisken auf euch zukommt, sieht die Sache schon anders aus. Vergleichsweise vorsichtig müsst ihr euch dabei vorpirschen, da die Agressionszone der insgesamt gut 200 Gegner in allen mythologischen Reichen extrem unterschiedlich sein kann.

Allerdings ist das Kampfsystem trotz aller Vorzüge derzeit noch etwas zu sensibel: Zwar kann man seine Figur durch Tastendruck an eine Position festsetzen, so dass man bei einem "Danebenklick" statt eines Angriffes trotzdem nicht irgendwo hinläuft. Doch derzeit ist das Anklicken des neuen Gegners und damit z.B. auch das möglicherweise notwendige Wechseln des angepeilten Schlagempfängers (weil sich unter Umständen ein Zwischenboss ins Kampfgeschehen einschaltet), etwas zu pixelgenau. Etwas mehr Toleranz würde in der Endfassung Wunder wirken - zumal das Problem dem Team bekannt ist.

       

Für Zwischen- und Endbosse, die euch im Normalfall nicht nur hinsichtlich Körpergröße, sondern auch in Bezug auf Gesundheit übertreffen, sind wiederum ganz besondere Taktiken angesagt.

Nehmen wir z.B. den Kampf gegen die Medusa: Die Schlangenmutter beschwört nicht nur immer wieder kleinere Artgenossen, mit denen ihr euch herumstreiten müsst, sondern teleportiert sich in dem dunklen Raum immer wieder hin und her - nur die düster glühenden Augen geben einen Anhaltspunkt, wo sie sich befindet.

Bevor ihr die olle Natter nun angehen könnt, müsst ihr erst einmal für Licht sorgen. Und das fällt nur dann in die Höhle, wenn

Keine Angst vor großen Tieren: Mit der richtigen Taktik lässt sich auch der härteste Gegner besiegen...
ihr die Säulen zerstört, die das Dach stützen. Dann hört zwar das elende Teleportieren auf, dafür allerdings beginnt die Geschundene plötzlich, mit vernichtenden Strahlen aus ihren Augen zu schießen. Klasse inszeniert, fordernd, spannend! Und das ist verdammt noch mal nur der erste richtige Boss!

Sparsam und effektiv

Hinsichtlich Erzählstruktur gibt man sich sehr sparsam - allerdings im positiven Sinne. Ihr erfahrt sowohl über Texte als auch über gute deutsche Sprachausgabe den Hintergrund für eure Aufgaben, die allerdings bislang nicht über "Finde-und-Zerstöre" hinausgingen. Doch vielleicht hat Crimson Cow hier noch einige Asse in der Hinterhand, um die Struktur etwas aufzuwerten. Mit dem Mix der verschiedenen Mythologien ist genügend Stoff vorhanden, so dass ich hier noch Hoffnung habe. Zumal die Ansätze mit der umfangreichen Hintergrundgeschichte jedes einzelnen Archetypus' (griechische Amazone, nordischer Barbar, ägyptischer Kampfmagier, aztekische Schamanin) die Neugier wecken. Andererseits geht es bei Hack&Slays im Kern doch um nichts anderes als Action - und dieses Bedürfnis stillt Loki auf ganzer Linie. Und das nicht quietschbunt-vergnügt, sondern düster-bedrohlich. 

Ähnliches gilt für das Gegenstand-System: Über die Qualitäten des intuitiven und benutzerfreundlichen Inventar-, Sortierungs- und Verkaufssystems haben wir ja schon in der letzten Vorschau geschwärmt. Mittlerweile funktioniert auch das automatische Einsammeln der Gegenstände (in verschiedenen Varianten), wobei der Radius in der finalen Version durchaus etwas größer sein könnte.

Viel angenehmer jedoch ist die Ausschüttungs-Ratio. Im Gegensatz zu Titan Quest oder auch Silverfall freut man sich bei Loki über nahezu jeden Gegenstand, der fallen gelassen wird. So bekommen nicht nur normale Items eine stärkere Bedeutung, sondern vor allem die seltenen und raren Waffen sowie Rüstungen.

So habe ich mich nicht nur höllisch über die seltene Keule gefreut, die mir nach gut zwei Stunden vor die Füße fiel, sondern sie dank ihrer Supersonderfähigkeiten auch gleich bis zum viel zu frühen Ende meiner Spielesession verwendet.

Nahezu alle Waffen und Rüstungsteile lassen sich auseinander nehmen, neu zusammen setzen und mit besonderen Eigenschaften versehen.
Selbst ist der Schmied

Doch auch Gegenstände, mit denen ihr im Normalfall nichts anfangen könnt, haben ihren nicht zu knappen Wert in Loki. Zum einen könnt ihr sie an einem Altar gegen Gunstpunkte der allgegenwärtigen Götter opfern, die eurer Gottes-Erfahrung gut geschrieben werden. Diese ist nötig, um Spezialfähigkeiten zu akquirieren und aufzuwerten. Allerdings sind die Götter sehr wählerisch und nehmen Opfergaben erst ab dem Gegenstands-Status "selten" an - und das kann schon richtig weh tun... Zum anderen könnt ihr sie bei einem Schmied wieder verwerten lassen. Das bedeutet, dass ihr z.B. die Axt in Kopf und Stiel aufsplitten könnt, die jeweils ihre eigenen Werte haben. Wenn ihr nun noch weitere Einzelteile im Inventar habt, die ihr lieber verbunden sehen möchtet, wird der Schmied sie für euch zusammensetzen - gegen einen kleinen Obulus versteht sich.

Oder aber ihr lasst den Gegenstand verwerten, so dass ihr unter dem Strich den Hauptrohstoff erhaltet. Diesen Rohstoff könnt ihr wiederum einsetzen, um einen anderen Gegenstand (sei er nun "original" oder von euch zusammengesetzt) weiter zu veredeln und mit weiteren neuen Eigenschaften zu versehen. Je seltener ein Rohstoff ist, umso interessanter sind natürlich auch die Auswirkungen. Wenn ihr z.B. das extrem rare Drakonit in eine Rüstung einsetzt, bekommt ihr einen Gesundheitsbonus von 200. Alleine mit den Experimenten, die das Crafting-System möglich macht, kann man Stunden verbringen - und so ganz nebenbei seine eigenen "Unique"-Items erschaffen. Doch selbst diese dürften neben den superseltenen epischen Rüstungssets verblassen, die mit extrem cooler Farbgebung sowie feinen Partikeleffekten nicht nur in Mehrspieler-Partien zum perfekten Angeben geeignet sind.   

Ausblick

Ich war wirklich gespannt, ob Crimson Cow die guten Eindrücke bestätigen würde, die ich bislang von Loki hatte. Mittlerweile kann ich es kaum noch erwarten, endlich durch das finale Abenteuer zu streifen. Die düstere, erwachsene Atmosphäre begeistert nach wie vor, das Kampfsystem wirkt durchdacht und das Gegenstands-, Inventar- und Craftingsysten sind sowohl beispielhaft als auch sehr benutzerfreundlich. Die kleineren Unstimmigkeiten, die uns in der gespielten Version auffielen, so z.B. Probleme beim Aufbau der zufällig generierten Gebiete oder auch die Feinsteuerungsmankos sind dem Team bekannt und sollen bis zum Release ausgemerzt werden. Hinsichtlich der Geschichte sind wir zwar nicht viel schlauer als zuvor, doch die Ansätze, die wir in unserer umfangreichen Spielesession ausmachen konnten, scheinen interessant. Zudem ist das Balancing bereits jetzt überzeugend, das Spiel vom Schwierigkeitsgrad her genau auf dem richtigen Weg und grafisch mit seiner komplett dreh- und zoombaren Welt eine klare Kampfansage an die zukünftige Konkurrenz. Loki ist und bleibt der Geheimtipp für die legitime Nachfolge der Blizzardschen Teufelsjagd. Jetzt muss nur noch der Release-Termin finalisiert werden, damit ich Urlaub einreichen kann.

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