Dracula: Origin30.04.2008, Bodo Naser
Dracula: Origin

Vorschau:

Knoblauch, Kreuz, Spiegel und Holzpflock - das sind die Mittel, mit denen ihr ab Juni einen prominenten Vampir jagen dürft. Darüber hinaus braucht ihr auch noch Grips, denn Dracula: Origin (ab 1,51€ bei kaufen) ist ein waschechtes Adventure. Die Macher der Sherlock Holmes-Reihe entführen euch erneut ins viktorianische Zeitalter, wo ihr dem Fürst der Untoten das blutige Handwerk legen sollt.

Blutsauger auf dem Vormarsch

Neben Werwölfen und Zombies haben sich Vampire einen festen Platz in der modernen Popkultur erobert und geistern immer mal wieder durch Bücher, Filme oder Spiele. Man denke nur an den Roman Brennen Muss Salem von Stephen King, Christopher Lee als Graf Dracula mit seinen spitzen Eckzähnen oder das Pen& Paper-Rollenspiel Vampire The Masquerade.

Die gute Mina ist in Gefahr. Der Fürst der Vampire hat entdeckt, dass sie seiner toten Geliebten ähnlich sieht.
Auf dem Computer handelt es sich nicht selten  um eher actionorientierte Spiele, bei denen ihr fast regelmäßig einen Genozid unter den lichtscheuen Gesellen anrichten müsst. Die klassischen Gegenmittel wie Kreuze, Weihwasser oder Sonnenlicht kommen dabei eher selten zum Einsatz. Auch Adventures mit Blutsaugern sind eher rar gesät, aber nicht unmöglich wie A Vamypre Story zeigt, das aber eher witzig sein soll. Ganz anders beim vorliegenden Spiel, das den Mythos vom untoten Grafen ernst nimmt und viel finsterer daher kommen wird.

Vampir made in England

Der Urahn aller modernen Vampirgestalten ist sicher Dracula, der blutdürstige Fürst aus dem exotisch klingenden Transsilvanien, dem der Brite Bram Stoker 1897 im gleichnamigen Gruselroman untotes Leben einhauchte. Die schauerliche Geschichte erzählt von einem Grafen, der aus Osteuropa nach England kommt, um dort sein Unwesen zu treiben. Aufgeschreckt wurde der Vampir von einem gewissen Jonathan Harker, der beinahe in Draculas Schloss umkommt. Als der Graf in London angekommen ist, findet er Gefallen an Harkers Verlobter Mina. Deren Freundin Lucy leidet an einer seltsamen Krankheit, da sie immer mehr an Kraft verliert. Fast so als würde ihr jemand den Lebenssaft entziehen. Der erfahrene Vampirjäger Van Helsing soll sie behandeln, der natürlich sofort weiß, was die Einstichlöcher an Lucys Hals zu bedeuten haben. Van Helsing macht sich auf die Jagd nach dem Untoten.

Story im Spiel

Soweit die Kurzfassung des Originals, woran sich die Story von Dracula: Origin grob orientieren wird. Es wird ein wenig so sein, als hätte man Orte und Personen in einen Sack getan und ein wenig geschüttelt, so dass alles ein bisschen durcheinander geriet. Das Setting aber bleibt ziemlich dasselbe. Dracula wird jung, ein Heißsporn und schön sein, was insbesondere die weiblichen Spieler begrüßen dürften. Er ist davon besessen, seine einstige Geliebte wieder zum Leben zu erwecken. Dafür benötigt er für ein Ritual den Körper von Mina, die der Verstorbenen zum Verwechseln ähnlich sieht. Die ist die Verlobte von Harker, der im Spiel ein Schüler von Van Helsing ist und in Transsilvanien ums Leben kommt. Der Kreis schließt sich, als sich der berühmte Vampirjäger auf die Hatz nach Dracula macht. Er muss verhindern, dass der sein blutiges Ritual durchführen kann.

Finsterer als Sherlock

Am Anfang wird alles einmal mehr im London des ausgehenden 19. Jahrhunderst spielen, wo sich eine Reihe von seltsamen Mordfällen ereignet hat. Das erinnert natürlich sofort an die andere Serie von Frogwares - Sherlock Holmes. Anders als bei

In der City of London geschehen seltsame Morde. Gibt es ein Muster? Wer steckt dahinter?  
Sherlock Holmes werdet ihr euch aber nicht nur in Salons der besseren Gesellschaft herumtreiben, sondern auch gruselige Friedhöfe, verlassene Häuser und ein von Geistern heimgesuchtes Kloster erforschen. Dort wird dann alles betont finster sein, was Gothic-Anhänger freuen dürfte. Die 2D-Hintergründe, vor denen die insgesamt an 40 3D-Akteure ihr Schauspiel geben, sind detailreich gezeichnet, wenn sie auch noch etwas mehr Bewegung vertragen könnten. Derzeit wirkt alles noch etwas statisch und unbelebt, auch wenn die englischen Originalstimmen für Akzente sorgen. Am unbewegten Eindruck vermögen auch die leidlich gruseligen Renderfilme bislang kaum was zu ändern.

Zum Glück wird der Van Helsing im Spiel nichts mit der gleichnamigen Filmfigur zu tun habe, da er ohne Hektik eher betulich an den Fall herangeht. Als Professor im mittleren Alter will er natürlich alles genau wissen und treibt sich lieber in Archiven rum, als den Abenteurer zu mimen. Fast erinnert es an Sherlock Holmes wie er Zeugen vernimmt, Spuren einsammelt und miteinander kombiniert. Vom Charisma her kann er leider nicht mit dem exzentrischen Meisterdetektiv mithalten, da ihm dafür einfach das Format fehlt. Bleibt zu hoffen, dass er im Lauf des Adventures, das euch auch nach Wien, Ägypten und die Karpaten führen wird, noch an Statur gewinnen kann.

Klassische Rätsel

So klassisch wie das Setting ist, so klassisch werden auch die Rätsel sein. Wer schon Sherlock Holmes gespielt hat, wird in etwa wissen, was ihn erwartet. 

Wer raten will, muss kratzen. Auf dem finsteren Friedhof gibt es einige klassische Rätsel zu lösen.
Obwohl Van Helsing anders als der britische Detektiv in 3rd-Person-Perspektive mit Point&Click-Steuerung gespielt wird, werden es ganz ähnliche Aufgaben sein, die Grips erfordern. Da ihr ja auf der Suche nach einem Mörder seid, werdet ihr ständig Spuren einsammeln, die euch weiterbringen. Zu Beginn sind das Zeitungsausschnitte aus der Times, aus denen ihr Schlüsse auf den Aufenthaltsort des Täters ziehen müsst. Ist wirklich Dracula für die blutigen Untaten verantwortlich? Wieso wurde den Opfern ihr Blut entzogen?

Einmal werdet ihr auch eine Zahlenkombination eingeben müssen, damit ihr in den Schuppen des Londoner Dialekt sprechenden Totengräbers reinkommt. Hinweise darauf findet ihr auf einem verwitterten Grabstein, von dem ihr erst einmal das Moos abkratzen dürft. Für Frogwares ziemlich typisch und bisweilen nervig, gibt es immer noch einen Kniff dazu, dass ihr nämlich noch zusätzlich was machen müsst. Es reicht nicht einfach, nur die Zahlen einzugeben, ihr müsst auch noch den Knopf am Schloss drücken. Sonst kommt ihr nicht weiter. Auflockerung verspricht man sich da von den speziellen Vampiraufgaben, die aber in der Preview-Version noch nicht zu sehen waren. Werdet ihr Dracula im Spiegel entlarven können?

               

Ausblick

Bislang merkt man Dracula: Origin auf Schritt und Tritt an, dass es von den Sherlock Holmes-Machern stammt. Das viktorianische Szenario, die waschechten Londoner Typen und die kombinationsbetonten Rätsel wirken vertraut. In einigen Szenen ist man fast versucht, Dr. Watson zu kontaktieren… Fast scheint es so, als würden die Entwickler Sherlock Holmes einfach durch Van Helsing austauschen wollen. Leider ist das nur ein bedingter Ersatz, da der farblose Vampirjäger bislang keine echte Konkurrenz für den Charismatiker darstellt. Ob die Person des Dracula diese Lücke schließen könnte, muss sich erst noch im Verlauf der Story zeigen. Bislang fehlt es dem Point&Click-Adventure auch noch an der nötigen Gruselatmosphäre, da ein paar schauerliche Schauplätze allein nicht reichen. Auch etwas mehr Schwung könnte es vertragen, da alles recht unbewegt wirkt. Bei Holmes passte dieser steife Grundton, aber der Vampirfürst steht eben auch für sexuelle Verführung und Tod, wovon bislang fast nichts zu spüren ist. Dennoch sind wir gespannt, wie der Kampf zwischen Licht und Schatten im fertigen Spiel ausgehen wird.


Ersteindruck: befriedigend

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