Go!Explore04.07.2008, Mathias Oertel
Go!Explore

Special:

Zugegeben: Es wirkt etwas merkwürdig, wenn man als Autofahrer nicht auf ein Tomtom, Garmin, Navman und wie die GPS-Navigationsgeräte sonst noch alle heißen, sondern auf eine PSP schaut. Doch lohnt es sich wirklich, das Geld für ein PSP-Upgrade auszugeben oder sollte man die gut 150 Euro, die das Komplett-Paket kostet, in ein normales Navi investieren?

Dreierlei Maß

Für GPS-Interessierte bietet Sony das Go! Explore-Paket in drei Preiskategorien an: Die Grundversion beinhaltet den GPS-Empfänger sowie die Navigationssoftware samt DACH-Karten (Deutschland, Österreich, Schweiz) und schlägt mit etwa 120 Euro zu Buche. Für gut 30 Euro mehr gibt es das, nennen wir es mal "Autopaket", das zusätzlich noch die Windschutzscheiben-Halterung sowie ein PSP-Ladegerät für den Zigarettenanzünder vereint. Und für satte 300 Euro gibt es die Komplettversorgung, die zusätzlich zu allem oben genannten noch eine schicke PSP mit ins Bündel wirft.

Mit etwa 150 Euro befindet sich das Pack mit Hardware, Software und Fahrzeug-Befestigung in der Preisklasse "normaler" Navi-System.
Doch hier haben wir schon das erste Problem: Für mich ist es nicht ersichtlich, wieso Sony die Navigation nutzt, um neue Kundengruppen für seine PSP zu gewinnen. Ja: Die PSP ist das erste Navi, mit dem man auch effektiv spielen kann. Aber: Für 300 Euro bekommt man mittlerweile auch zahlreiche andere multifunktionale GPS-Systeme, die für die Zielgruppe interessanter sein dürften als eine Spielkonsole.

Auch das Basis-Pack mit Empfänger und Software ist nach unserer Einschätzung nur eingeschränkt zu empfehlen, da sich GPS-Systeme vorrangig an Autofahrer richten. Zwar kann man Go! Explore auch wunderbar als Fahrrad- oder Per Pedes-Navigation einsetzen, doch um alle Funktionen sinnvoll auszuschöpfen, ist der Einsatz im Auto natürlich maßgeblich. Der lässt sich allerdings nur vernünftig mit dem Car-Pack realisieren, in dem Befestigung und Stromversorgung integriert sind. Natürlich kann man auch nachträglich entweder Original- oder Dritthersteller-Hardware kaufen, um für den Fahrzeug-Betrieb aufzurüsten, doch da die Preisersparnis in diesem Fall eher marginal ist, steht unsere Entscheidung fest: Wenn überhaupt, dann die Variante mit Hardware, Software sowie Befestigung.

Profis am Werk

Um den Erfolg als Navigationssystem sicherzustellen, hat Sony mit zwei Spezialisten zusammen gearbeitet: Die Karten kommen von Tele Atlas, also der Firma, die nahezu alle gängigen Navi-Anbieter ausstattet. Die Software wiederum basiert auf der von Nav N Go im April für Windows Mobile-Plattformen veröffentlichten "iGO My way 8 3D-Navigation".

Doch bevor wir uns durch die umfangreichen Optionen wühlen und z.B. Flexibilität der Routenfindung oder Berechnungsdauer und -Genauigkeit unter die Lupe nehmen, heißt es erst einmal, alles vernünftig zu befestigen und die GPS-Ortung zu starten.

Dabei zeigt sich der Saugnapf, der die PSP-Halterung an der Windschutzscheibe festhält, als ebenso stabil und haftend wie man es von der Konkurrenz kennt.

Im Übrigen lässt sich die Tragschale sowohl für die Slim-Version als auch für die "alte" Variante der PSP verwenden. Bei Letzterer müssen nur die Abstandhalter entfernt werden, was sehr einfach vonstatten geht. Aber: Schmeißt die "Spacer" bloß nicht weg. Es ist ja nicht auszuschließen, dass man später auf eine Slim umrüstet, die ansonsten immer etwas zu viel Spielraum hätte...

Bei der Erstverwendung muss nach Aussage der spärlichen Anleitung (die vollständige Version gibt es am PC als PDF-Download...) die Position des GPS-Empfängers bestimmt werden, was zwischen fünf und 15 Minuten dauern kann. Und die Anleitung hat wahrlich nicht übertrieben. Wir mussten etwas mehr als zehn Minuten warten, bis alles austariert war. Beim

In der 3D-Ansicht lassen sich sogar Sehenswürdigkeiten gut erkennen. So lohnt sich die PSP-Navigation auch für Stadtrundgänge.
nachfolgenden Ausschalten und folgender Wiederinbetriebnahme als auch beim Ab- und Anmontieren des erfreulich kleinen GPS-Empfängers ist die Wartezeit zwar nicht so lang. Doch mit dem Hochfahren des Systems und der notwendigen Justierung auf die Satelliten wurden wir dennoch ungleich länger aufgehalten als es z.B. bei dem gut zwei Jahre alten Tomtom 700 der Fall ist.

Alles drin

Obwohl die Menüsteuerung im Gegensatz zu üblichen Systemen nicht auf Touchscreen-Kontrolle zurückgreifen kann, findet man sich schnell zurecht und auch die Adresseingabe für die Routenfindung ist dank intelligenter Vervollständigung, optionaler Postleitzahleingabe problemlos erledigt.

Die Geschwindigkeit, die Go! Explore beim Start und der GPS-Justierung im Vergleich zu den "normalen" Navi-Systemen einbüßt, holt es bei der Berechnung der Strecke, die natürlich nach mehreren Richtlinien (Autobahnen ja/nein, kürzeste Strecke, schnellste Route usw.) erledigt werden kann, wieder raus.

Der Streckenvorschlag, der auch nachträglich noch mit weiteren Wegpunkten usw. versehen werden kann, wird sehr schnell ausgeliefert und hat sich sowohl bei städtischen Kurzstrecken als auch längeren Etappen mit Autobahnwechseln etc. als sehr akkurat erwiesen.

Bemerkenswert ist auch die Flexibilität, mit der Go! Explore auf spontane Streckenänderungen seitens des Fahrers reagiert. Sowohl die Auswahl der alternativen Route als auch der Zeitaufwand, den das System dafür benötigt, ließ bis auf wenige Ausnahmen, in denen das PSP-GPS partout nicht erkennen wollte, dass wir uns jetzt in einer kleinen Seitenstraße oder auf einem ausgedehnten Parkplatz befanden, keine Zweifel an der Fähigkeit aufkommen. Allerdings hat es -und diese Eigenschaft teilt es mit Standard-Navis- doch ein, zwei Kreuzungen mehr benötigt, bis es sich vollkommen auf eine neue Route eingestellt hat und nicht versuchte, uns zur Umkehr zu bewegen. Selbstverständlich kann man auch Routen manuell über Wegpunkte erstellen und diese unkompliziert bei Bedarf modifizieren.

   

Viel dran

Bis hierhin bietet Go! Explore nicht mehr oder weniger als Navman-, Tomtom- oder Garminsysteme in einer ähnlichen Preisklasse (bis ca. 150 Euro). Interessant wird es jedoch bei der Streckendarstellung sowie den zusätzlichen Anzeigeoptionen.

Zusätzliche Karten (hier: GB/Irland) können zu passablen Preisen im PlayStation Store für PC heruntergeladen und auf die PSP gepackt werden.
Davon weniger interessant und bereits nach einiger Zeit nervig, ist die Geschwindigkeitskontrolle. Diese reagiert zwar erstaunlicherweise auch auf stadtinterne Veränderungen (50 oder 60 Km/h), doch das "Achtung, Sie fahren schneller als erlaubt" habe ich schnell abgestellt. Zumal die PDF-Anleitung den Hinweis gibt, dass man sich auf die wahlweise angezeigte Reisegeschwindigkeit nicht verlassen solle. Überhaupt ist die Lautstärke eines der größten Mankos. Hat man gleichzeitig das Radio an und unterhält sich ggf. mit seinem Beifahrer kann es durchaus passieren, dass man die (wahlweise männlichen oder weiblichen, klingen beide angenehm) Ansagen sowie den "Gong", der diesen Ansagen vorausgeht, überhört - selbst auf voller Lautstärke. Hier sind handelsübliche Navi-Systeme zuverlässiger und ganz einfach lauter.

Verlassen (zumindest zu einem erfreulich hohen Prozentsatz) kann man sich aber auf die optionale und vielfältig filterbare Anzeige an interessanten Orten. Dies beginnt bei Tankstellen (im Auto ja nicht so ganz unwichtig) und Ärzten oder Apotheken, geht weiter bei kulturellen Einrichtungen sowie Einkaufsmöglichkeiten und hört erst bei Vergnügungsparks und Kfz-Händlern und -Werkstätten wieder auf.

Dabei sind die Ergebnisse zumeist überzeugend und die Auswahl ist auch unter Zuhilfenahme der Gelben Seiten nachvollziehbar. Dass allerdings z.B. bei "Vergnügungspark" im Detail eine elendig lange Liste an Spielhallen (ihr wisst schon: die üblichen Dingel-Dongel-Geldgewinn-Automaten-Etablissements mit Zutritt ab 18) wartet, während Einrichtungen wie Hansapark oder Heidepark in

Pro/Kontra

+ leistungsfähiges Navigationssystem

+ drei Varianten, drei Preise (pur, Autopack, Gesamtpack mit PSP)

+ zusätzliches Kartenmaterial zum Download (zwischen 19,99 und 39,99)

+ schicke 3D-Ansicht

+ akkurat nachgebildete Sehenswürdigkeiten

+ übersichtliche Benutzerführung

+ flexible Streckenanpassung bei Routenänderungen

+haufenweise vorinstallierte "interessante Orte" (Ärzte, Tankstellen, Kaufhäuser, Theater&)

+ solide Hardware zur Befestigung

+ sowohl mit Slim-PSP als auch mit dem alten Modell verwendbar

+ wichtige (System-)Daten können auf Memorystick gespeichert werden

+ umfangreiche Optionen

+ multilingual

 

- beim Start/Hochfahren längere Wartezeit für GPS-Justierung als bei Standalone-Navis

- nur das Autopack bietet ein vernünftiges Preis-/Leistungsverhältnis

- 2D-Ansicht nicht drehbar

- selbst bei voller Lautstärke im Auto unter Umständen zu leise

- gelegentlich merkwürdige Auswahl der "interessanten Orte"

- gelegentlich fehlerhafte Erkennung von parallelen Seitenstraßen

- noch kein Kartenmaterial außerhalb WesteuropasNorddeutschland vernachlässigt werden, ist merk- und fragwürdig...

Auch für Fußgänger interessant?

Dennoch ist das "Orte"-Feature gelungen und macht die PSP mit Go! Explore auch für Stadterkundungen per Pedes oder Fahrrad interessant. Vor allem, wenn ihr wie im zu Grunde liegenden iGo My Way die Karte nicht nur als 2D-Ansicht genießt, die allerdings nicht drehbar ist, sondern in die eindrucksvolle dritte Dimension schaltet. Wieso eindrucksvoll? Ganz einfach: Hier könnt ihr als zusätzliche Verschönerung bzw. weitere Navigationshilfe Häuser einblenden lassen, die im Falle Hamburgs tatsächlich einen weiteren Anhaltspunkt geben, wo ihr seid. Selbst kleine Schrebergartensiedlungen wurden modelliert, wobei viele der Gebäude natürlich Standardmodelle verwenden, deren Texturen euch immer wieder begegnen werden. Aber es gibt auch imposantere Modelle von besonderen Sehenswürdigekeiten wie z.B. dem Michel in Hamburg oder den Landungsbrücken. Natürlich finden sich auch entsprechende interessante Punkte in anderen Städten wie München, Frankfurt, Stuttgart, Berlin usw.

Nachschub

Nutzt man das Angebot, die wesentlichen Daten auf dem Memory Stick zu speichern, wird die UMD nur noch zum Start benötigt, wodurch sich der Stromverbrauch massiv senkt. Standardauslieferung hierzulande ist mit dem Kartenmaterial Deutschland, Österreich und Schweiz. Und zumindest für das europäische Ausland gibt es seit kurzem im PlayStation Store für PC zusätzliche Karten. Die schlagen für bestimmte Gebiete (z.B. Benelux oder Großbritannien/Irland) mit je 19,99 Euro zu Buche. Das Gesamtpaket Westeuropa gibt es für 39,99 Euro, benötigt aber mehr als 1,6 GB auf einem Memorystick Duo. Hier muss man also evtl. auch noch nachrüsten.

Ausblick

Eines vorweg: Wer sich überlegt, das Megapack mit Software, GPS-Empfänger, Fahrzeughalterung UND PSP-System zu kaufen, nur um ein Navigationssystem zu haben, sollte die 300 Euro lieber für ein hochklassiges Standalone-Navi ausgeben oder sich vielleicht sogar eines der zahlreichen günstigeren Produkte holen. Denn wer sich von vornherein im Klaren ist, dass er mit der PSP nicht spielen wird, ist hier fehl am Platze.

Wer allerdings schon eine tragbare Sony-Konsole hat (egal ob slim oder das alte dicke Modell) und bereits mit dem Gedanken gespielt hat, sich ein leistungsfähiges Navi-System für das Auto zu holen, bekommt mit Go! Explore in der Version mit Saugnapf und Stromversorgung eine gute Alternative zu Tomtom & Co. Bis auf die in der Startphase längere "Aufwärm- und Justierungszeit" sowie die unter Umständen nicht ausreichende Lautstärke liegen Fähigkeiten, Routenberechnung und Serviceumfang mindestens auf Par mit den spezialisierten Standalone-Systemen. Die 3D-Darstellung mit optionalen Häusermodellen, intelligentem Kamera-Zoom und deutlich zu identifizierenden Sehenswürdigkeiten hebt die Software allerdings von der Konkurrenz ab und macht einiges her - selbst wenn man dieses Merkmal mit dem für Windows Mobile-Systeme erhältliche iGo My Way teilt.  

 
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