Dynasty Warriors: Strikeforce12.05.2009, Jens Bischoff
Dynasty Warriors: Strikeforce

Im Test:

"Oh Gott, nicht schon wieder ein neuer Warriors-Ableger und dann auch noch auf PSP, wo sich Koei bisher am wenigsten um Qualität bemüht hat...", war mein erster Gedanke bei der Ankündigung von Dynasty Warriors: Strikeforce (ab 9,00€ bei kaufen). Aber vielleicht ist der Titel ja gar keine lieblose Fließbandabzocke, sondern vielmehr eine Wiedergutmachung oder gar ein kreativer Neubeginn? Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt...

Vom Metzger zum Feldherren

Mit Strikeforce zeigt sich Koei so kreativ wie schon lange nicht mehr.

Video: Von den zahlreichen Neuerungen werden einige im jüngsten Trailer kurz vorgestellt.Anstatt die abgestandene Metzelsuppe zum x-ten Mal aufzukochen, etwas nachzusalzen und lediglich in einen neuen Teller zu gießen, hat man endlich den Mut gehabt, mal völlig andere Zutaten zu verwenden. Das Grundrezept ist zwar noch immer dasselbe, aber der Geschmack angenehm frisch und würzig.

Die offensichtlichste Neuerung ist wohl die, dass man sich nicht einfach von Schlacht zu Schlacht hangelt, sondern auch über ein begehbares Hauptquartier verfügt, in das man immer wieder zurückkehrt. Schon vor dem ersten Kampf macht man hier Station und erfährt, dass man dort nicht nur neue Haupt- und Nebenmissionen annimmt, sondern auch Forschung und Tauschhandel betreiben, diverse Ausrüstungsgegenstände anfertigen und lagern sowie neue Fertigkeiten erlernen kann. Später kann man hier sogar zwischen Befehlshabern wechseln, Einrichtungen und deren Angebot ausbauen oder optionale Spezialeinsätze bestreiten.

Neues Spielgefühl

Auch auf dem Schlachtfeld hat sich einiges getan: Statt großer flacher Einöden mit tumben Gegnermassen, erwarten einen mehrere kompakte Teilabschnitte mit teils enormen Höhenunterschieden und überschaubaren, aber ernst zu nehmenden Feindverbänden. Mag sein, dass der Grund für Levelsplitting und Gegnerverminderung technischer Natur war, aber aus dieser vermeintlichen Not wurde definitiv eine Tugend, denn die Kämpfe sind wesentlich dynamischer und abwechslungsreicher. Auch das Tempo wurde gesteigert und sorgt zusammen mit der deutlich erweiterten Bewegungsfreiheit für ein wesentlich spritzigeres Spielgefühl.

Darüber hinaus kann man nun auch jederzeit zwischen zwei Waffen wechseln, um gegnerische Schwachstellen besser auszunutzen. Mit einem Bogen als Zweitwaffe weht fast schon die Eleganz und Dynamik eines Devil May Cry über die Schlachtfelder.

Das neue Kampfsystem ist deutlich akrobatischer, dynamischer und spannender.
Kämpfe in luftiger Höhe sind jedenfalls keine Seltenheit, da auch der Feind wesentlich aggressiver und akrobatischer zu Werke geht. Man kann seine Sprung-, Gleit- und Schwebefähigkeiten sogar ausbauen, was nicht nur bei Duellen mit neuerdings überdimensionalen Bossgegnern von Vorteil ist, sondern auch Zutritt zu neuen Bereichen eröffnet, wo mitunter wertvolle Kleinode ihrer Entdeckung harren.

Im Gegensatz zu früheren Teilen lohnt es sich wirklich, jede Ecke zu erkunden und Kisten zu zertrümmern, da diese neben Energie keine vorübergehenden Power-Ups mehr enthalten, sondern häufig mit seltenen Rohstoffen oder Schriftrollen für Bonusaufträge gefüllt sind. Wer fleißig Materialien sammelt, kann damit im Hauptquartier neue Waffen schmieden, Fertigkeiten lernen oder Einrichtungen ausbauen, um noch bessere Ausrüstungsgegenstände oder Spezialkräfte zu erhalten. Das Ganze ist jedenfalls ungemein motivierend und facettenreich. So gibt es nicht nur zahlreiche Waffengattungen und -modelle, die man mit individuellen Effekten und verschiedenen Merkmalen versehen kann, sondern auch so genannte Ki-Kräfte, die Armen und Beinen inne wohnen und den Protagonisten je nach Vorliebe höher springen, länger gleiten, schneller zuschlagen, Wunden regenerieren, Spezialangriffe ausführen lassen und vieles mehr.     

Teamwork erwünscht

Die Möglichkeiten zur Individualisierung sind jedenfalls enorm und entscheiden später auch immer öfter über Erfolg oder Misserfolg von Einsätzen und Bonuszielen. Der nicht veränderbare Schwierigkeitsgrad hat es zum Teil ganz schön in sich und nötigt selbst erfahrene Spieler zu exzessivem Aufleveln und langwierigen Rohstoffjagden.

Die neuen Hauptquartiere dienen auch als Lobbys für kooperative Teameinsätze via WiFi.
Allerdings gibt es auch die Möglichkeit direkt aus dem Pausemenü via WiFi mit bis zu drei Freunden gemeinsam in die Schlacht zu ziehen. Hier ist die Spielbalance dann wesentlich ausgeglichener. Auch der Spielspaß profitiert natürlich vom Teamdasein, sofern es nicht an potentiellen Mitspielern mit eigener Strikeforce-UMD mangelt. Einen Online-Modus gibt es nämlich leider nicht, so dass Partien mit Fremden oder weiter entfernt lebenden Kollegen nur eingeschränkt und über Umwege möglich sind. Die halbgaren Klonkriege aus Warriors Orochi lässt Strikeforce aber jedenfalls meilenweit hinter sich.

Eine grundlegende Änderung im Hinblick auf die anderen Warriors-Titel hat auch der Musou-Modus erfahren. Statt die gesammelte Wut in flächendeckenden Spezialangriffen zu entladen, verwandelt man sich in Strikeforce in eine optisch imposante Kampfmaschine, deren Wutende mit entsprechender Spielweise sehr lange hinausgezögert werden kann. Darüber hinaus hat man aber trotzdem auch die Möglichkeit, seine Restwut in einer verheerenden Spezialattacke restlos zu verbrennen. In Verbindung mit dem Einsatz passender Ki-Kräfte und mitgeführten Items erhalten die Kämpfe sogar eine gewisse taktische Tiefe. Zudem ist man dadurch nicht mehr von zufällig gefundenen Heilungen abhängig, da man nun vom persönlich geschnürten Inventar zehren kann.

Da geht noch mehr!

Apropos zehren: Die Ladezeiten vor jeder Schlacht sind sehr lang. Wer auf seinem Memory Stick aber noch 300 MB Platz hat, kann diese mit einer Teilinstallation des Spiels jedoch enorm verkürzen. Bei der Präsentation der Rahmenhandlung hätte man sich hingegen eher längere und vor allem aufwändigere Spielpausen gewünscht. Üppige Render-Sequenzen wie das Intro sind selten, meist wird die pathetische Story in belanglosen Video-Collagen mit englischer Sprachausgabe und deutschen Untertiteln, teils sogar nur in Textform vorangetrieben. Während des Spielgeschehens wird ebenfalls nur selten gesprochen und der Soundtrack ist mit seinem chaotischen Mix aus fernöstlichen Klängen und synthetischen E-Gitarren einmal mehr nah an der akustischen Schmerzgrenze.

Grafisch präsentiert sich Strikeforce solide, leidet aber wie eh und je unter geringer Sichtweite, überschaubarer Gegnervielfalt und matschiger Texturen. Die Schauplätze an sich sind zwar architektonisch attraktiver geworden, wiederholen sich aber leider ständig.

Riesige Bossgegner wie Lu Bus Schoßkätzchen Bi Xie sorgen für feurige Abwechslung.
Auch die Kampagnen der drei verschiedenen Königreiche Wu, Shu und Wei unterscheiden sich kaum voneinander. Die Charakterriege kann sich hingegen sehen lassen. Bereits zum Auftakt, kann man aus zirka einem Dutzend Helden bei jeder Fraktion wählen. Inzwischen lässt sich auch die Kameraführung invertieren, die Justierung via Steuerkreuz ist aber nach wie vor alles andere als handlich und die Zielerfassung ist auch noch immer nicht optimal.

Ansonsten ist die Bedienung aber sehr handlich, das neue Kombosystem eine willkommene Abwechslung und die flexiblere Waffenwahl eine echte Bereicherung. Man hat nach wie vor je eine Taste für Sturm- und Standardattacken, eine zum Springen und eine zum schnellen Wechsel zwischen Haupt- und Zweitwaffe. Mit der linken Schultertaste visiert man einen bestimmten Gegner an, wodurch man automatisch blockt und sich in Relation zu ihm bewegt. Und mit der rechten Schultertaste setzt man zu schnellen Dashs an, um sich aus der Gefahrenzone zu begeben oder im Sprung klaffende Abgründe zu überwinden. Auswahl und Einsatz von Gegenständen aus dem Inventar sowie Spezialangriffe und Verwandlungen sind durch einfache Kombinationen möglich. Trotzdem ist man natürlich die meiste Zeit mit dem Bearbeiten der beiden Angriffstasten beschäftigt, auch wenn die Gegner in Strikeforce deutlich aggressiver und agiler auftreten und der Einsatz bestimmter Waffen teils entscheidende Vorteile bringt. Dynasty Warriors eben, wie man es kennt - und endlich auch wieder liebt.   

Fazit

Wie man sich doch täuschen kann! Eigentlich hatte ich bei Dynasty Warriors: Strikeforce wirklich Schlimmes befürchtet, hinterließ doch schon das ohnehin nur mäßige Warriors Orochi auf Sonys Handheld den mit Abstand schlechtesten Eindruck. Doch bei Strikeforce hat Koei nicht nur versucht, die Limitierungen der PSP in den Griff zu bekommen, sondern auch spielerisch neue Ideen verwirklicht, die der längst im Mittelmaß versunkenen Reihe endlich neues Leben einhauchen. Allzu hohe technische und spielerische Ansprüche darf man zwar nach wie vor nicht stellen, aber die meisten Veränderungen sorgen für deutlich mehr Spaß! Die Gegner sind zwar weniger zahlreich, aber dafür nicht nur apathisches Kanonenfutter, die Spielabschnitte sind geschrumpft, bestehen aber nicht länger aus völlig flachen Einöden, dank wachsenden Hauptquartiers, zahlreicher Rohstoffe sowie flexibler Skill- und Waffenwahl hat man endlich auch zwischen den Schlachten etwas zu tun. Und der kooperative Mehrspielermodus ist wesentlich mehr als nur ein belangloses Gimmick. Leider gibt es aber auch einige ärgerliche Schattenseiten: Die Story und ihre Präsentation sind ein Witz, die verschiedenen Kampagnen nahezu identisch, die Schauplätze immer wieder dieselben und die Spielbalance für Solisten völlig unausgewogen. Auch sonst wirken einige Elemente noch nicht ganz ausgereift. Aber Strikeforce ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, dessen mutige Neuansätze hoffentlich auch die anderen Warriors-Serien, die seit Jahren auf der Stelle treten, beflügeln.

Pro

erfrischendes Leveldesign
wachsendes Hauptquartier
kurzweiliger Metzelmarathon
facettenreiches Waffenarsenal
gelungene Rollenspielelemente
kooperativer Mehrspielermodus (WiFi)
motivierendes Skill- & Crafting-System

Kontra

dürftiger Story-Rahmen
technische Beschränkungen
unausgewogenes Einzelspielererlebnis
sich ständig wiederholende Schauplätze
kaum Missionsunterschiede bei den Fraktionen

Wertung

PSP

Überraschend kreative Metzelorgie, die dem seit Jahren stagnierenden Franchise endlich wieder neues Leben einhaucht.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.