Lord of Arcana08.02.2011, Benjamin Schmädig
Lord of Arcana

Im Test:

Was ist eigentlich »Videospielen«? In seiner einfachsten Form bezeichnet der Begriff eine Tätigkeit sich wiederholender Eingaben über einen Controller. Auf diese Art löst man eine Reihe digitaler Aktionen aus und um die Siegbedingung des Regelwerks zu erfüllen, müssen die richtigen Eingaben zur richtigen Zeit ausgeführt werden. Diese Aktionen und darauf folgende Reaktionen werden dabei in digitaler Form auf einem Bildschirm veranschaulicht - ganz einfach. Und so gesehen ist Lord of Arcana (ab 26,58€ bei kaufen) das perfekte Videospiel. Mehr aber auch nicht!

Koloss gegen Zecke

Monster Hunter Freedom - was für ein Koloss! In Japan beschert die Serie ihrem Publisher Millionen und Abermillionen Yen, im Rest der Welt hat sie immerhin einen Kreis treuer Fans um sich geschart. Kein Wunder, dass Square Enix neidisch auf den Nachbarn schaut und sich besser spät als nie einen Konkurrenten schustern lässt. »Lässt«, weil Lord of Arcana nicht im eigenen Haus entstand, sondern bei Access Games - jenem Entwickler, der schon mit Deadly Premonition ein höchst eigenwilliges Verständnis modernen Spieldesigns offenbarte: Deadly Premonition war mit Schubladen cleverer Ideen gefüllt und ersponn wunderbar verquere Charaktere, nur technisch schossen die Entwickler aus der untersten Kanone.

Auf PSP sieht die Sache ganz anders aus; schon mit Ace Combat: Joint Assault bewiesen die Entwickler nämlich, dass sie die Technik des Handhelds zumindest im Griff haben. Spätestens mit Lord of Arcana legen sie allerdings auch eine Einfalt an den Tag, die sich gewaschen hat! Eine so chronische Abwesenheit von Kreativität, so viel Unverständnis für die einfachsten Unterhaltungswerte - sowohl inhaltlich als auch spielerisch - hat sich EA in seinen schlechtesten Jahren nicht erlaubt.

Der Witz ist: Per Definition macht Access Games eigentlich nichts falsch. Da ist eine Charaktererstellung, die mit unterschiedlichen Geschlechtern und Gesichtern einen Monster Hunter-Einstieg verheißt. Ähnlich wie im großen Vorbild wählt man zudem aus fünf Waffengattungen einen Typ, dessen Mischung aus Beweglichkeit, Angriffsstärke und magischer Macht am bequemsten scheint. Wer sich für ein Schwert entscheidet, darf außerdem einen Schild tragen - wer zu Axt oder Lanze greift, muss feindlichen Attacken aktiv ausweichen. Denn nicht zuletzt ist da schließlich die Mär vom Tellerwäscher zum Level-Millionär: Als Unbekannte/r betritt man ein Fantasyreich, in dem es vor monströsen Unholden nur so wimmelt. Wer alle besiegt, wird zum Lord of Arcana.

Der kleine Monsterjäger

Monster Hunter ist die actionreiche Simulation eines Jägerdaseins inmitten unwirtlicher Landstriche voller Dinosaurier-ähnlicher Lebewesen. Man bastelt Fallen, mischt Heiltränke, schnitzt aus den Knochen erlegter Tiere Waffen, sammelt Kräuter, Käfer und baut Mineralien ab. Etliche Aufgaben warten auf den Jäger oder die Jägerin, einen Stufenaufstieg wie im Rollenspiel gibt es nicht.

... uns auch nicht.
Erst, wenn man sich nach langer Jagd, Suche oder Ernte eine mächtige Ausrüstung geschaffen hat und das notwendige Wissen über den Lebensraum und die Eigenheiten der Tiere verfügt, kann man es mit den ganz großen Monstern aufnehmen.

In Lord of Arcana klatscht man (buchstäblich) so lange die immer gleichen Monster auf den Boden, bis man genug Erfahrungspunkte gesammelt hat, um es mit dem nächsten großen Monster aufzunehmen. Aus gesammelten Rohstoffen entsteht neue Ausrüstung.

Moderne Action

Der Rest ist eine breiige Masse nicht enden wollender Einförmigkeit, die den anfangs aufkeimenden Spielwitz Stück für Stück, Stunde um Stunde zermürbt. Es ist zwar ein Ansporn, neue Waffen schmieden zu lassen oder alte zu verbessern, indem man Überreste von Gegnern, Wasser, Steine und Kristalle zum Verarbeiten sammelt. Wenn man bestimmte Werkstoffe erst aus Naturalien herstellen muss, glitzert sogar so etwas wie eine glaubwürdige Welt durch. Die bleibt allerdings hinter einer Fassade aus schrecklich einfältigen, einförmigen Levelwänden versteckt. Noch dazu klickt man hier an bunten Lichtsäulen nach Rohstoffen, anstatt unter Grasbüscheln nach Rohstoffen zu graben oder mit der Spitzaxt an Felswänden zu arbeiten.

Auch die gesichtslosen Skelette, Drachen oder der Mythologie entliehen Unholde kreuchen stets vorhersehbar am Platz. Gekämpft wird erst, wenn man sie berührt - in einem separaten kreisrunden Areal. Dann bekommt man es z.B. mit einer Riesenschildkröte zu tun, die wie eine düsengetriebene Flipperkugel zwischen den unsichtbaren Arealgrenzen hin und her poltert. Was für ein gigantischer Unfug!

Angelsächsischen Literaturexperten sollte der Kerl in Weiß bekannt vorkommen: Grendel heißt dieses Bossmonster.
Aber die drögen, meist völlig banalen Zwei-Knopfdruck-Kämpfe verlieren ohnehin schneller an Reiz als man sich »Kombo« sagen hört. Mitunter kann man nicht einmal auf den Gefechtsverlauf reagieren, weil man Kombinationen schon zu Beginn des Angriffs eingeben muss und nicht abbrechen darf. Müßig, sperrig, undurchdacht: So sieht moderne Fantasy-Action à la Square Enix aus!

Da hilft es nicht viel, dass man jeden Auftrag alleine oder mit bis zu drei Mitstreitern erledigen darf. Je nach Anzahl der Abenteurer befinden sich dann mehr Monster in der Fantasywelt, die ähnlich wie in Monster Hunter aus einzelnen, durch Ladepausen getrennten Gebieten besteht. Es hilft auch nicht, dass Dialogschnipsel so etwas wie eine Handlung vorgaukeln, denn die Geschichte könnte nicht belangloser im Hintergrund siechen. Und es hilft schon gar nicht, dass das Zuhause ein winziger Marktplatz ist, der seinen pragmatischen Daseinsgrund allerdings perfekt erfüllt: Dort verbessert oder wechselt man die Ausrüstung, kauft oder verkauft Rohstoffe und wird daraufhin unmittelbar zum nächsten Auftrag versetzt. Damit man in den immer gleichen Korridoren dieser gesichtslosen Fantasy-Einbahnstraße die immer gleichen Billigmonster auf die immer gleiche Weise den Boden klatschen möge...     

Fazit

Lord of Arcana bringt die Definition des Action-Rollenspiels auf den Punkt: Leveln, leveln, leveln und wenn man umfällt: weiter leveln! Nach abgeschlossenen Episoden warten neue Waffen, mit dem Stufenaufstieg fallen neue Monster. So zieht man los, sammelt Erfahrung, erledigt die immer gleichen Aufträge - immer und immer in diesem Rhythmus. Und über diesen Rhythmus vergessen die Entwickler glatt, dass eine funktionierende Spielmechanik noch lange kein Spiel macht. Sie vergessen das Erschaffen einer plastischen virtuellen Welt. Schon äußerlich ist ihr Fantasyreich eine technisch brauchbare, gestalterisch erschreckend einfältige Fassade. Auch hat sich irgendwer eine Geschichte ausgedacht - die aber von niemandem erzählt wird. Und so motivierend das Prinzip »Level Up!« sein mag: hier wird es wie ein alter Kaugummi tu Tode zerkaut. Fast jeder Kampf beginnt und endet mit unspektakulärer Knopfdruck-Langeweile. Entwicklung findet nur in den Statistiken der Charakterentwicklung statt. Vorbildlich: Das Spiel funktioniert! Durchgefallen: Niemand will auf diesem rostigen Gerüst spielen. Zusammen macht das Vier minus - per Definition gerade so bestanden.

Pro

schnelle Charakterentwicklung
unabhängige Entwicklung von Figur, Waffen, Zaubern
fast alle Aufträge für Solisten und Gruppen
unterschiedliche Waffen & Kampfstile

Kontra

eintöniges Abspulen immergleicher Kämpfe
völlig nebensächliche »Erzählung«
starre, veraltete Kampfmechanik
Heimatdorf besteht aus einem schnöden Marktplatz
langweilige Aufträge
kleine, detailarme, dröge Landschaftsschläuche
einfallslose Monsterwelt
in keiner Hinsicht so umfangreich wie Monster Hunter

Wertung

PSP

Dieses eintönige Action-Rollenspiel kann dem großen Vorbild Monster Hunter Freedom nicht das Wasser reichen.

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