Pursuit Force28.11.2005, Benjamin Schmädig
Pursuit Force

Im Test:

Ihr meint auch, die PSP taugt nur als PS2-Recycling-Maschine und hat neben Neuauflagen nur Wiederholungen bekannter Ideen zu bieten? Dann spitzt die Ohren, denn jetzt kommt die Pursuit Force (ab 19,95€ bei kaufen): Ohne Gnade räumt die Spezialeinheit der Polizei in Capital City die fünf größten Gangsterbanden aus dem Weg und lässt Erinnerungen an den Klassiker Chase HQ aufkommen. Weht der frische Wind in Richtung Platin?

Ist es zu stark, bist du zu schwach

Ebenso gnadenlos wie ihr als namenloser Cop das Gesindel von den Straßen der imaginären Hauptstadt fegt, so kompromisslos auch das Spiel: Die Story wird nur kurz und knackig präsentiert, im Vordergrund steht ganz klar die Action. Ihr habt nichts weiter zu tun, als die Verbrecher auf strikt vorgegebenen Bahnen dingfest zu machen. Vereinzelte Abkürzungen innerhalb der Levels sind die Krönung der Handlungsfreiheit und selbst das täuscht: Obwohl ihr mitunter vor einer Abzweigung den Weg wählen könnt, gibt es eigentlich nur die Alternative, den Gangstern so schnell wie möglich auf die Pelle zu rücken. Alles andere wird mit Game Over bestraft. Klingt nach heftigen Anforderungen an das eigene Können? Im Gegenteil: Pursuit Force ist weder schwer noch unfair - es ist schlicht und ergreifend eine Kriegserklärung an Profizocker!

Ihr denkt, dem seid ihr gewachsen und wollt es wissen? Gute Entscheidung! Denn jede Minute ist es wert. Auch jene, die ihr mit den Wiederholungen der beinharten

Explosive Action und das coolste Feature seit Max Paynes Zeitlupengeballer: Der Held steigt einfach auf die Wagen der Verbrecher um.
Missionen im letzten Drittel des Spiels verbringt. Ich konnte mich jedenfalls nie von der PSP verabschieden, selbst dann nicht, als mir regelmäßig nicht jugendfreie Flüche über die Lippen kamen. Es liegt einfach daran, dass die Inszenierung der heißen Verfolgungsjagden so exzellent gelungen ist, dass sie wie eine Adrenalinspritze für Actionfans wirkt.

In und auf dem Auto unterwegs

30 Aufträge warten auf euch, in denen es euer einziges Ziel ist, sämtliche Übeltäter zur Strecke zu bringen. Um das zu erreichen, startet ihr meist in eurem eigenen Wagen, Boot oder Motorrad. Ihr dürft übrigens wählen, welche Mission ihr angeht, was dem hohen Anspruch etwas vom salzigen Beigeschmack nimmt. Bei Feindkontakt ballert ihr einfach so lange auf die Gegner, bis eine Explosion von deren Ableben kündet. Schneller geht es, wenn ihr nah an die Unholde ran fahrt und kurzerhand das Gefährt wechselt. Das ist neu, denn wann konntet ihr schon von der Motorhaube aus ballern, während ihr hinter Grill oder Heckspoiler in Deckung geht und der Fahrer versucht, euch abzuschütteln?

Die Steuerung unterstützt die Enterversuche zum Glück einwandfrei und lässt euch problemlos schießen, Schutz suchen oder wieder auf das Auto klettern, wenn der Protagonist nur noch seitwärts mitgeschleppt wird. Habt ihr alle Verbrecher erledigt, übernehmt ihr den Wagen samt der Waffe des Fahrers und weiter gehts. Abdrücken werdet ihr die Hähne eurer Dienstpistole sowie jene von Schrotflinten und MGs, wechseln dürft ihr zwischen den Schießeisen allerdings nicht: Mehr als eine Bleispritze kann der Held nicht tragen.

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft

Es geht aber nicht nur auf vier Rädern zur Sache, ihr bedient auch die Minigun eines Hubschraubers und nehmt Stützpunkte zu Fuß aus. Für gewöhnlich wechselt das Gameplay dabei innerhalb einer Mission, wenn z.B. ein Konvoi von Bösewichtern unschädlich gemacht werden soll, so dass ihr ins Hauptquartier einmarschieren und eine Geisel befreien könnt, welche anschließend in einer heißen Verfolgungsjagd in Sicherheit gebracht werden muss. Lässig auch die Szene, als Mr. Freund und Helfer kurz bevor sein

Auch die Übeltäter springen zwischen den Autos hin und her.
Vehikel mit Karacho in eine Straßensperre einschlägt, vom fahrenden Auto in den Helikopter steigt.

Während die Bedienung der Minigun jedoch flott von der Hand geht und sich die Boote zwar träge aber störungsfrei steuern lassen, braucht es ein wenig Übung, um geschickt per pedes unterwegs zu sein: Da Zielen und Laufen über Digikreuz bzw. Analognippel ablaufen, geht das Anvisieren der zahlreichen Feinde etwas hakelig von der Hand. Die Zielerfassung verhindert aber ernst zu nehmende Kontrollprobleme. Auch solltet ihr nicht das flotte Gameplay eines Action-Adventures erwarten. Ihr könnt euch zwar ducken, ansonsten gilt es aber nur, möglichst schnell auf die Widersacher zuzulaufen und sie aus der Welt zu schaffen.         

Spannung auf jedem Meter

Wie gesagt: Pursuit Force ist ein geradlinig inszeniertes Feuerwerk, das von Tiefgang nicht die Bohne hält. Zum Glück! Denn jede Ablenkung vom Geschehen hätte das Gefühl zerstört, Teil des Drehbuch eines guten

Einer der Schurken hat sich an den Dienstwagen gekrallt, dank geschicktem Lenken surft er aber hier schon über den Asphalt. 
Actionfilms zu sein. Über mangelnde Abwechslung braucht ihr trotzdem nicht klagen, denn die Entwickler haben es geschafft, in jeder Mission Details zu verstecken, die entweder neue Lösungswege fordern oder euren taktischen Spielraum vorsichtig erweitern. Da müsst ihr z.B. einmal einen Bus abfangen, der beim Unterschreiten einer bestimmten Geschwindigkeit explodieren würde. Ja, "Speed" habe ich geliebt und endlich darf ich selbst Jack Traven sein! Der Clou: Ihr müsst auch tatsächlich erst sämtliche Passagiere von Bord bringen, bevor ihr das Gefährt verlassen dürft. Ein anderer Auftrag erfordert es, zwischen Booten und LKWs hin und her zu springen, auf denen man dann erst mal von hinten bis zur Fahrerkabine balanciert. Im nächsten Level durfte ich dann den Boss einer Verbrecherbande unschädlich machen, der stilecht aus dem Schiebedach seines Luxusschlittens ballerte.

Die abwechslungsreiche Unterhaltung spiegelt sich auch in der schicken Kulisse wider, wenn ihr mal durch den Wald rast, mal die Wasserwege des Hafens durchpflügt oder auf den Highways von Capital City Gas gebt. Wasserfälle, Regenspritzer und satte Explosionen reizen die PSP voll aus – fordern aber auch mehr, als die Chips zulassen. Denn leider verlangsamt sich das Geschehen immer wieder zugunsten einer flüssigen Darstellung. Genauer gesagt kommt ihr kaum einen Kilometer weit, ohne nicht verschieden starke Einbrüche der Geschwindigkeit zu erleben. Schade, hier hätte ich gerne auf Details am Streckenrand zugunsten eines flotten Ablaufs verzichtet.

Hart aber gerecht

Eins solltet ihr bei all der Aufregung aber nie vergessen: Ihr seid die rechte Hand des Staates und der will seine Bürger in Sicherheit wissen. Wer die Zivilbevölkerung von der Straße rammt oder sein Magazin in die Flitzer anderer Verkehrsteilnehmer entleert, bekommt deshalb Abzüge in der B-Note. Das heißt für euch: Leiden Unschuldige unter eurem Draufgängertum, verringert sich der Gerechtigkeitsbalken. Ist er aber gefüllt, sorgen Treffer für mehr Schaden und ihr könnt im späteren Verlauf euer Alter Ego bzw. dessen Fortbewegungsmittel per Knopfdruck heilen. Nur mit dem Motorrad dürft ihr ohne schlechtes Gewissen den Verkehrsrowdie zum Besten geben. Warum das so ist, bleibt ein Fall für "XY Ungelöst".

Das alles klingt nach einer netten Spielerei? Nicht ganz, denn spätere Missionen lassen sich ohne dieses Feature nicht mehr lösen. Habt ihr eine Geisel an Bord, könnt ihr nämlich nicht einfach den Untersatz wechseln, wenn der Motor Flammen spuckt. Was Pursuit Force so schwer macht, ist die Tatsache, dass ihr ohne richtige Taktik und präzises Timing nicht vorankommt. Von einer freien Welt halten die Entwickler bei Bigbig Studios offenbar wenig, stattdessen folgt ihr streng vorgegebenen Pfaden und müsst herausfinden, welche Vorgehensweise zum Erfolg führt. Kaum eine Mission lässt sich beim ersten Mal lösen, da erst beim zweiten oder dritten Versuch deutlich wird, wie sich die Gegner verhalten, wo es darauf ankommt, mit gefülltem Gerechtigkeitsbalken zu ballern und auf welchen Verbrecherwagen ihr in Zeitlupe springen solltet. Richtig gehört: Wenn ihr mit voller Anzeige das Gefährt wechselt, könnt ihr bei verlangsamten Ablauf schon in der Luft die Kugeln fliegen lassen! Schon richtig, den Max Payne-Effekt kennt

Auch im Regen fegt ihr den Abschaum von den Straßen Capital Citys.
inzwischen jedes Kind. Das ruft allerdings nur penible Nörgler auf den Plan, alle anderen erfreuen sich an dem coolen Effekt.

Gegen die Zeit

Habt ihr das Prinzip verstanden und die ersten Missionen erfüllt, werdet ihr feststellen, dass der schweigsame Protagonist zum einen weitere Fähigkeiten (u.a. den Sprung in Zeitlupe) erlernt und euch zum anderen Aufträge abseits der Handlung angeboten werden, in denen ihr die Seite wechselt und als Gesetzloser die Straße unsicher macht. Hier handelt es sich um einfache Rennen, die witziger Weise von einer amüsanten Story umrahmt werden. Da seid ihr z.B. in einem Konvoi mit Trucks unterwegs und müsst versuchen, als erster der Bösewichter im Stützpunkt anzukommen. Außerdem gibt es Zeitrennen, welche fast schon das Flair eines Outrun 2 versprühen: Ihr bekommt eine Dame auf den Beifahrersitz platziert, die euch anspornt oder jammert, wenn ihr für Lackschaden sorgt. Das Mädel scheint in der Schule allerdings nicht aufgepasst zu haben. Oder habe ich bei "Drei – Eins – Zwei – Los!" den Gag nur nicht verstanden?

Abgesehen von diesem Schnitzer und einem weiteren Bug, der euch Sprachausgabe oder Musik manchmal einfach vorenthält, kann auch die restliche Akustik auf ganzer Linie überzeugen: Für besonders viel Spaß sorgt der eigene Boss, der eine klischeehafte Überzeichnung der hysterischen Sesselpupser aus dem Actionkino der 80er Jahre darstellt und euch spüren lässt, was für eine unbedeutende Marionette ihr für ihn seid. Ein Beispiel: "Eigentlich würde ich für so eine unbedeutende Fracht nicht das Leben meiner Polizisten riskieren. Aber für sie mache ich eine Ausnahme." Der treibende Soundtrack von Richard Jacques tut sein Übriges und steht den Arbeiten eines Hans Zimmer in nichts nach.    

Fazit

Zugegeben: Man kann in den Bugs oder der hohen Anforderung durchaus Kritikpunkte sehen. Trotzdem sitze ich stundenlang an der gleichen Mission und versuche es immer wieder aufs Neue, denn ich kann der Faszination des astrein inszenierten Blockbusters einfach nicht widerstehen. Die rasanten Verfolgungsjagden, welche sich immer wieder von einer anderen Seite zeigen, eine äußerst coole und sogar witzige Präsentation sowie das genial simple Arcadeflair machen aus dem Spiel mehr als die Summe seiner Zutaten. Und genau deshalb hat sich Pursuit Force den Award verdient. Für mich ganz klar das aktuelle Actionhighlight auf der PSP!

Pro

abwechslungsreiche Missionen
genial einfaches Prinzip
Umsteigen zwischen Fahrzeugen
schicke Grafik
satter Sound
überzeugende Sprachausgabe
hollywoodreifer Soundtrack
wunderbar klischeehafter Chef
niedrige Lernkurve
Konzentration aufs Wesentliche

Kontra

nur ein (beinharter) Schwierigkeitsgrad
regelmäßig verlangsamte Grafik
Aussetzer bei Musik und Sound
merkt sich Einstellung für analoges Lenken nicht

Wertung

PSP

Linearer Actionkracher, der sich aufs Wesentliche konzentriert und mit rasantem Gameplay begeistert.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.