Astonishia Story25.06.2006, Benjamin Schmädig
Astonishia Story

Im Test:

Schon vor mehr als zehn Jahren brachte Sonnori das erste Astonishia Story (ab 23,99€ bei kaufen) für PC heraus und schon damals hatten die Koreaner nicht die Revolution geplant: Die einfache Geschichte ist nur Mittel zum Zweck, um euch mit kurzweiligen Kämpfen in die Welt fernöstlicher Rollenspiele einzuführen. Liegt die Würze im Detail oder reicht das einfache Konzept, um an die PSP zu fesseln?

Ärger mit Frauen

Es beginnt ganz unverfänglich: Ritter Lloyd will zusammen mit seinem Hauptmann einen königlichen Schatz in Sicherheit bringen, als ruchlose Banditen unter einem gewissen Francis über den Transport herfallen, um den Stab von Cainan an sich zu reißen. Eurem Boss bleiben noch die tragischen letzten Worte – dann seid ihr alleine unterwegs. Ehrensache, dass Lloyd den fiesen Mord rächen und den Schatz zurück erobern will. Natürlich war dies aber kein gewöhnlicher Diebstahl. Natürlich ist Francis kein plumper Wegelagerer. Natürlich ist der Stab nicht nur ein Accessoir. Schema F, Artikel fünf, Absatz drei Strich A. Die PSP-Konvertierung basiert auf einer Umsetzung für GameParks GP32 und hält an der bewährten Grundlage fest. Ihr stapft mal allein, mal mit Mitstreitern durch ein Abenteuer, das euch ohne verzweigte Handlungsstränge oder Aufträge abseits des roten Fadens von A nach B nach C führt.

Erzählt wird der Verlauf in drögen Textfenstern. Witzig wird es nur in Momenten, die sich um die Romanze zwischen Lloyd und seiner Gefährtin Ylenne drehen. Was habe ich gelacht, als der heroische Ritter aus Versehen in das Badezimmer der Lady platzt, wo die Dame ein heißes Bad genießt. Prompt erscheint ein großes rotes Herz über seinem Kopf. Ylenne selbst findet sein Eindringen aber nicht halb so komisch und wirft ihm einen Eimer Wasser entgegen. Lloyd bleibt trotzdem stehen und das zickige Fräulein findet schließlich eine riesige Axt in der Wanne... 

Mit dem "Pyra Storm"-Zauber setzt ihr gleich einem ganzen Pack von Gegnern ordentlich zu.
Solche Szenen frischen das Geschehen immer wieder auf. Unbegreiflich ist mir nur, warum sich Ubisoft nicht den Minimalaufwand einer Übersetzung leistet. Wer kein Englisch versteht, bekommt vom Skript nichts mit.

Witzlose Belehrung

Weniger amüsant sind die nett gedachten Anspielungen auf Raubkopierer. Zugegeben: Wenn skurrile Typen über den Sinn und Zweck von Kopierschutz lehren, ist das hier so fehl am Platz, dass es schon wieder Spaß macht. Mein Verständnis ist allerdings am Ende, wenn der Held ein paar Raubkopien kaufen will – politische Unkorrektheit lebe hoch! Daraufhin verliert die Party aber einen Großteil ihrer Gesundheit und mir stinkt der erhobene Zeigefinger zum Himmel!

Ebenso frisch, aber weniger einfallsreich zeigen sich die Kämpfe gegen Monster und Banditen. Dabei verzichtet Sonnori meist auf zufällig auftauchende Widersacher: Seid ihr auf der Weltkarte unterwegs, stiefeln die Bösewichter sichtbar über das Land und ihr könnt einen Bogen um sie schlagen. Nur in Wäldern und Höhlen trefft ihr unverhofft auf spärlich verteilte Gegner. Zwischendurch entwickelt ihr eure Helden leider nicht selbst weiter. Beim Stufenaufstieg erhöhen sich ihre Werte – das war's.       

Rucksackteiler im Rundenduell

Warum ich die Auseinandersetzungen als frisch bezeichne? Weil ihr euch frei bewegen dürft und sämtliche Aktionen flott von der Hand gehen. Runde für Runde zieht ihr einen Charakter über das in Kästchen aufgeteilte Feld. Anschließend schwingt ihr Schwert sowie Zauberstab, Tränke zum Auffüllen von Gesundheit und Magieometer stärken die Kampfkraft. Fernwaffen kommen auch zum Einsatz, allerdings gibt es sie nur in Form von Wegwerfgegenständen wie Messern oder Wurfäxten. Vermisst habe ich lediglich eine Übersicht, auf der weiter entfernte Feinde zu sehen sind. Schwierigkeiten bekommt ihr dadurch aber nicht, denn die Bösewichter sind leicht zu besiegen und kennen Heiltränke nur vom Hörensagen. Besonders gewitzt ist es zudem nicht, wenn sie schwer verletzt das Weite suchen – nur um zwei Züge später im selben Zustand zurückzukehren. Die Krönung der Einfältigkeit: Versperrt irgendwo zwischen euch und dem Fiesling eine Figur den Weg, bleibt er so lange auf seinem Platz stehen bis er freie Bahn hat.

Alle Charaktere teilen sich übrigens ein und denselben Rucksack. Umständliche Kombos sind tabu und die meisten Unholde vertreibt ihr ohne nennenswerte Anstrengung. Zudem scheffeln die Helden so schnell Kohle, dass ihr eure Taschen beim  örtlichen Händler getrost mit Medizin vollstopfen könnt. Ich frage mich nur, weshalb die 2D-Animationen vor jedem Einsatz

Die schönen Städte sind der Höhepunkt des zweidimensionalen Abenteuers.
erst geladen werden muss. Ist der Speicher des High-End-Handhelds wirklich zu klein, um die Daten schon vorher zu lesen? So groß können sie nicht sein, denn beim Wechseln der Ortschaft vergeht kaum Wartezeit.

So alt – so schön!

Versteht mich nicht falsch: Ich mag den naiven Charme von zwei Dimensionen. Zwar seht ihr nicht, was eure Helden an Waffen und Rüstung am Leibe tragen, dafür strotzen die farbenprächtigen Städte vor liebevollen Details wie Schmetterlingen, Springbrunnen oder im Wind wiegenden Blumenbeeten. Schöner als auf dem breiten Bildschirm sahen altmodische Fantasy-Szenarien selten aus! Außerdem reagieren manche Bewohner mürrisch, wenn ich ihre Häuser nach Gegenständen abgrase. Konsequenzen hat das jedoch nicht.

Schön, dass auch die Musik das unschuldige Flair einfängt. Die Melodien erinnern an Zeiten als "Orchester" noch ein Fremdwort war, als man sich von wenigen synthetischen Klängen verzaubern ließ. Schade, dass die restliche Akustik nur zweckmäßig ist und die Entwickler ihre Geschichte nicht in bewegten Bildern erzählen. Stattdessen lest ihr euch durch trockene Gespräche. Gerade nach der fantastischen Einführung war ich auf weitere Anime-Einspielungen gespannt.     

Fazit

Wenn ihr euch davon überzeugen wollt, dass Nostalgie in zwei Dimensionen auch heute noch begeistern kann, dann legt euch SquareEnix' Final Fantasy-Auflagen für den DS zu. Dort erzählen durchdachte Handlungsfäden und ein umfangreiches Kampfsystem bewegende Geschichten. Sonnoris Eintrag wirkt dagegen wie der tausendste Beitrag zum Thema Fußball-WM im "Kleinniemandsdörfer Anzeiger". Versteht mich nicht falsch: Astonishia Story macht vieles richtig. Es macht allerdings erzählerisch so wenig richtig gut, dass jeder Hauch von Eigenständigkeit an ihm vorüber zieht. Die Wendungen der Geschichte sind vorhersehbar, die Gegner keine Herausforderung, die Helden profillose Skizzen. Aber wisst ihr was? Mir hat es trotz dieser Schwächen Spaß gemacht! Witzige Einlagen lockern das Geschehen auf, das aktive Kämpfen ist kurzweilig und an den wunderschönen Städten und Dörfern kann ich mich nicht satt sehen. Das alles ist mir Grund genug, um mit Astonishia Story die Mittagspausen zu verbringen.

Pro

verträumte Melodien
schön gezeichnete Dörfer und Städte
aktive taktische Kämpfe
witzige Szenen
unkomplizierter Ablauf

Kontra

Geschichte vom Reißbrett
uninteressante Helden
Kämpfe sind zu einfach
keine deutschen Texte
keine aktive Charakterentwicklung
schwache, unintelligente Gegner
keine Aufgaben abseits der Handlung

Wertung

PSP

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