Star Trek: Tactical Assault25.12.2006, Benjamin Schmädig
Star Trek: Tactical Assault

Im Test:

Star Trek ist tot - es lebe Star Trek! Das hat sich Ubisoft wohl gedacht, als man das bekannte Science Fiction-Universum ausgrub. Denn wo sich Rick Berman und (bis "Voyager") auch Michael Piller so sehr im Leerlauf der Ideenlosigkeit verfitzten, dass die "Enterprise" nach nur vier Staffeln schon am Ende ihrer Reise war, will Ubisoft der Serie neues Leben einhauchen. Schön, dass sie mit Tactical Assault den Defibrillator auch auf PSP und DS einsetzen. Wird die Mission ein Erfolg oder ist taktischer Rückzug angesagt?

Trekkie-Alarm?

Falls ihr euch über die Klatsche im Bezug auf "Enterprise" wundert: Ich laufe zwar nicht im cardassianischen Aufzug über Conventions, bin aber nach wie vor Star Trek-Anhänger. Selbst als solcher muss man sich aber eingestehen, dass die TV-Serien im Laufe der Jahre stetig abgebaut haben. Ganz anders sieht die Sache in Bezug auf ihre interaktiven Ableger aus: Auf der einen Seite stolpern Star Trek-Titel seit jeher durch sämtliche Wertungskategorien,

Unten links seht ihr, dass die vorderen und hinteren Torpedos einsatzbereit sind. Die Phaser an den Seiten müssen erst nachladen.
auf der anderen Seite gab es echte Höhepunkte. Das grausige Shattered Union verdränge ich z.B. gerne aus meinem Gedächtnis - in Bridge Commander war ich allerdings mit Leib und Seele kommandierender Offizier meines eigenen Raumschiffs.

Und genau das erwartet euch zumindest thematisch in Tactical Assault. Ihr übernehmt die Kontrolle über ein anfangs kleines Schiff und erlebt als frisch gebackener Captain Streitigkeiten zwischen Klingonen, Romulanern sowie den Menschen zu einer Zeit vor dem sechsten Kinofilm. Die Klingonen sind gerade dabei, in Verhandlungen mit der Föderation zu treten, um die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Rassen zu beenden. Dieser Frieden steht allerdings auf der Kippe, als ihr erlebt, wie getarnte Schiffe von Klingonen und Romulanern eure eigenen Leute angreifen. Was braut sich in den Weiten des Alls bloß zusammen?

Namenlose unendliche Weiten

Super: Die Atmosphäre der ersten ausgestrahlten Star Trek-Ära fängt Quicksilver fast ohne Einbußen ein! Phaser zischen durchs Vakuum, Photonentorpedos jagen auf ihr Ziel zu, ein Bird of Prey enttarnt sich vor eurer Nase, Roter Alarm wird vom zweimaligem Kreischen der Sirenen begleitet und das LCARS-Menü piept beim Bestätigen - alles im O-Ton der "Original Series". Abstriche müsst ihr lediglich auf dem DS machen, der ein weniger originalgetreues Universum zeichnet. Auf PSP sind den Entwicklern hingegen auch die Schiffe gelungen, denn Raumstationen, Fregatten, Zerstörer oder Kreuzer sehen wie ihre realen Gegenstücke aus. Richtige Bezeichnungen wie Constitution oder Excelsior fehlen allerdings, ebenso bekannte Schiffe. Nicht einmal der Name Enterprise spielt eine Rolle. Die USS Excelsior selbst ist das einzige vertraute "Gesicht" im Flugpark. Die Charaktere trifft das gleiche Schicksal.

So seid ihr ein unbekannter Captain und übernehmt im Laufe eurer Karriere das Kommando über immer größere Raumschiffe. Im Gegensatz zu den beiden parallel entwickelten Star Trek-Titeln Encounters  und Legacy  bleibt ihr allerdings in der Ära der Originalserie. Nur Kapitäne mit PS2-, PC- sowie Xbox 360-Lizenz erleben Geschichten aus Enterprise, der Next Generation, Deep Space Nine sowie Voyager.

Zum Glück stehen die Schilde noch auf grün - Photonentorpedo im Anflug!2
Damit eure Besatzungsmitglieder neue Fähigkeiten erlernen, könnt ihr Erfahrungspunkte verteilen, denn zu Beginn beherrscht eure Mannschaft weder die schnelle Flucht noch verursacht sie viel Schaden im Kampf. Später kann euer Schiff mehr Schaden einstecken oder verbraucht weniger Hilfsenergie beim Aufladen der Schilde.

Eindimensionaler Weltraum

Ihr solltet dabei gut überlegen, welche Fähigkeiten ihr steigert, denn Tactical Assault fordert den ganzen Offizier. Kurz gesagt: Es ist hackeschwer! Schon die ersten Aufträge musste ich mehrfach beginnen, weil selbst zwei Gegner eine harte Nuss sind. Mit drei Gegnern in ähnlich starken Schiffen könnt ihr es kaum aufnehmen. Nur wenn euch ein weiteres Schiff der Föderation unterstützt, habt ihr eine Chance. Ein Jammer, dass ihr den Verbündeten keine Befehle erteilen dürft. Um gezielt denselben Feind zu attackieren, könnt ihr deshalb nur sehen, welchen Feind eure Verstärkung angreift und diesen als Ziel wählen. Das ist jedoch einfacher gesagt als getan, wenn euer Blickwinkel stets auf den gewählten Feind gerichtet ist. Ihr könnt euch zwar jederzeit und nur auf PSP mit dem Analognippel umsehen, müsst dann aber den Finger vom Steuerkreuz nehmen - was ich allerdings niemandem empfehlen möchte.       

Die auf einer Ebene des nur scheinbar dreidimensionalen Weltraums ausgetragenen Auseinandersetzungen fordern nämlich eure ganze Aufmerksamkeit - schon allein deshalb, weil ein einzelner Photonentorpedo eure Schilde durchbrechen könnte. Davor schützen euch zwar sechs rund ums Schiff verteilte Stück, doch ist nur einer davon im roten Bereich, gehen alle weiteren Treffer auf diese Stelle bis zur Außenhülle durch und können Waffen oder Antrieb beschädigen. Somit seid ihr ständig damit beschäftigt, euren Zerstörer oder Kreuzer im Verhältnis zum Gegner auszurichten und entweder noch vorhandene Schilde zwischen ihn und eure Außenhülle zu bringen oder so zu fliegen, dass ihr ihn an bereits aufgeweichten Schilden trefft. Wer mit seinem DS im Kapitänssessel Platz nimmt, darf sein Schiff übrigens wahlweise per Touchpad kommandieren,

Hier sieht die Lage schon schlechter aus: Während die Schilde des Gegners noch halten, zehrt der eigene Kreuzer bereits von der Hilfsenergie
was selbst im Gefecht erstaunlich problemlos von der Hand geht! Noch einmal zurück zur Kameraführung: Was mich wurmt ist, dass ich wegen der automatischen Ausrichtung auch nicht unbedingt sehe, wenn meine Fregatte auf eine Raumstation oder einen Asteroiden zusteuert. Sobald das einmal passiert, verlieren die Schilde allerdings gehörig an Integrität und ein harter Kampf wird zum Kobayashi Maru .

"Engage!" statt "Energie!"

Weil eure Waffen nach einem Schuss Zeit zum Aufladen benötigen und weil die großen Pötte nur angenehm träge die Richtung ändern, wird Tactical Assault seinem Namen tatsächlich gerecht. Von einem flotten Ballerspiel ist es im Vergleich zu Encounters auf PS2 zum Glück weit entfernt. Ihr könnt zudem eure Hilfsenergie nutzen, um die Schilde wiederherzustellen oder besonders starke Schüsse abzufeuern. Ich vermisse jedoch weitere Möglichkeiten über die beschriebenen Gefechte hinaus. Mitunter könnt ihr zwar den Fortgang einer Mission beeinflussen, um z.B. weniger Gegner anzulocken, indem ihr während eines Dialogs die richtige Antwort gebt oder einer Warp-Signatur folgt statt zur nächsten Raumstation zu fliegen. Was ihr macht, hängt aber davon ab, was die Entwickler im Kopf hatten: Warp-Ziele tauchen nur in den Momenten auf, für die sie vorgesehen sind. Ähnliches gilt für das Scannen von Systemen sowie Funksprüche.

Spielerisch macht es auch keinen Unterschied, welchen Alarm ihr wann auslöst - immerhin reagieren einige eurer Verbündeten aber mit unterschiedlichen Kommentare darauf, ob ihr schon mit geladenen Waffen in einen neuen Sektor fliegt oder erst bei Feindkontakt Roten Alarm auslöst. Der Gelbe Alarm hat es hingegen nur der Vollständigkeit halber ins Spiel geschafft. Und auch wenn eure Wahl meist keinen Einfluss auf den Ablauf hat: Es ist toll an, dass ich je nach Lust und Laune z.B. erst einmal das System scannen kann und von meiner Crew eine kurze Beschreibung erhalte, welche die Autoren der Serie kaum besser geschrieben hätten. Das gilt auch für die Dialoge zwischen Freund und Feind. Einen dicken Rüffel erhält Ubisoft dafür, dass es weder Sprachausgabe noch eine deutsche Übersetzung gibt.

Romulaner im WiFi-Äther

Wären die Missionen doch nur nicht so geradlinig und würden sie nicht stets in kriegerischen Auseinandersetzungen enden - Tactical Assault hätte das

Auch als Klingone dürft ihr in die Schlacht ziehen.
Zeug zu einer großartigen Star Trek-Episode! Zumal die Komponisten Jason Graves und Rod Abernethy (beide Blazing Angels und Rayman Raving Rabbids) trotz fehlender Original-Musik einen packenden Soundtrack geschrieben haben, der an die Star Trek-Werke von Jerry Goldsmith erinnert. Besonders der Einsatz des Chors flößt den unendlichen Weiten Leben ein. DS-Kommandanten müssen auf den Titel leider verzichten.

Ihr dürft die Geschichte übrigens auch aus Sicht der Klingonen erleben, die ihre Schilde zwar nicht aufladen, dafür aber das Schiff tarnen können. Allerdings müsst ihr erst die Kampagne der Föderation beenden. Schade, denn nach missglückten Missionen steigt der Frust, wenn ihr nichts anderes tun könnt, als euch so lange durch einen Auftrag zu beißen, bis er dann doch gelingt. Wollt ihr schon eher für das kriegerische Volk fliegen, bleiben euch nur die einzelnen Gefechte oder das über WiFi ausgetragene Duell mit einem Kumpel. In beiden Varianten stehen euch immerhin auch Schiffe der Romulaner, Gorn sowie Orioner zur Verfügung - sobald ihr sie in der Kampagne freigespielt habt.         

Fazit

Ich bin hin und her gerissen: Auf der einen Seite verbreitet Tactical Assault fantastische Star Trek-Atmosphäre und zeigt - trotzt niedrigerem Wiedererkennungswert für DS-Kapitäne - ein unspektakuläres aber schönes Universum. Auf der anderen Seite verlieren sich die tollen Ansätze in den immer gleichen, teilweise frustrierend schwierigen Gefechten gegen ein, zwei oder drei Widersacher. Da ist z.B. die taktische Herausforderung in den Kämpfen, in denen ich nur wenig Handlungsspielraum habe. Da wären die originalgetreuen Dialoge, das Scannen, das Auslösen des Roten Alarms sowie das Warpen zum nächsten Wegpunkt, die in ein allzu geradliniges Spiel gepresst werden. Da gibt es auch eine für Fans interessante Geschichte, die so knapp und trocken erzählt wird, dass sie für Neulinge nicht einmal schmückendes Beiwerk ist. Da wäre nicht zuletzt eine Steuerung, die Fehler provoziert, obwohl sich die Raumschiffe unter meinem Kommando so schön schwerfällig wie ihre Vorbilder anfühlen. Und da ist eine Lizenz, die ohne Originalsoundtrack oder bekannte Schiffsnamen sowie Charaktere auskommt. Unterm Strich steht somit ein Spiel, das sich mit viel gutem Willen an Anhänger der Serie richtet, aber nicht mehr bietet als sehr happige Weltraumschlachten. Ich will mehr davon! Denn eine verzweigte Missionsstruktur, eine spannende Story sowie weitere Schiffe unter meinem Kommando könnten aus dem durchdachten Fundament eine große Weltraumoper machen - selbst ohne teure Lizenz. In Tactical Assault müsst ihr euch leider mit einer kurzen Arie begnügen.

Pro

originalgetreue Star Trek-Atmosphäre
sorgfältig geschriebene Dialoge
glaubwürdige träge Steuerung
wenige, dafür tolle Kompositionen
kurze Ladezeiten
schöne Schiffsmodelle
fünf Völker in Mehrspieler-Duellen
Entscheidungen können Missionen beeinflussen

Kontra

wenig Handlungs-Möglichkeiten
keine Befehle an verbündete Schiffe
keine Originalmusik
keine bekannten Charaktere oder Schiffe
nur zwei Parteien in Kampagne
Klingonen-Kampagne nicht sofort wählbar
sehr hoher Schwierigkeitsgrad
unglückliche Kameraführung
kaum Abwechslung in Missionen
Story nur für ST-Kenner interessant
komplett in Englisch
anders als auf PS2, PC & 360 nur eine Periode (TOS)
Entscheidungen beeinflussen nur selten das Geschehen

Wertung

PSP

NDS

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