Gottlieb Pinball Classics30.04.2006, Paul Kautz
Gottlieb Pinball Classics

Im Test:

Wer vor den 80er Jahren in eine Spielhalle ging, tat das nicht, um die Space Invaders abzuwehren oder virtuellen Kämpfern den Scheitel zu bügeln, sondern um sich die Kugel zu geben - oder eher sehr viele davon, denn Flipper-Automaten beherrschten seinerzeit die »Arkaden«. Einer der zuverlässigsten und besten Tisch-Lieferanten war der Hersteller Gottlieb – und dem mittlerweile nicht mehr existenten Unternehmen wird mit der PSP-Pinball Collection ein würdiges Denkmal gesetzt.

Kein Auto, rollt aber trotzdem!

System 3, ein Name, der nicht nur unter C64- und Amiga-Veteranen nach wie vor einen prächtigen Klang hat – Namen wie »Last Ninja« oder »International Karate« lösen bei einer gewissen Zielgruppe nach wie vor einen Sabberreflex aus. Ähnliches passiert Flipper-Liebhabern, sobald das Wort »Gottlieb« den Raum betritt. Das muss sich doch kombinieren lassen! Das Resultat dieser Überlegung liegt jetzt in den Läden, nennt sich »Gottlieb Pinball

Optischer Leckerbissen: Die Digi-Flipper ähneln ihren Analog-Pendants auf den Bumper.
Classics« und ist so ziemlich all das, was den Pinballoholiker nachts wach hält. Den und euch erwarten zehn Flipper aus 16 Jahren Firmengeschichte, von »Genie« und »Black Hole« über »El Dorado«, »Big Shot« und »Victory« bis zu »Central Park«. Dazu gibt es mit »Goin' Nuts« noch eine absolute Rarität zu spielen, schließlich kam dieser Multiball-Automat nie in die Spielhallen – lediglich acht Prototypen wurden produziert!

Bevor ihr allerdings in den Flipperhimmel eintauchen dürft, wird die Hornhautschicht auf euren Daumen ordentlich wachsen: anfangs sind gerade mal drei Maschinen zugänglich, alle anderen müssen über ein recht hartes Credits-System freigespielt werden – aber auch wenn sie freigeschaltet sind, kostet die Benutzung teilweise noch virtuelle Münzen. Die verdient ihr euch in der »Gottlieb Challenge«, quasi der Karriere des Spiels. Hier müsst ihr auf jedem Tisch bestimmte, Punkte bringende Aufgaben schaffen und mit denen dann die weiteren Spielfelder freikaufen. Interessanter- oder ärgerlicherweise, das ist eine Frage der Perspektive, sind auch so grundlegende Dinge wie das Tilten (also das simulierte An-die-Seite-Hauen) des Tisches nicht von Anfang an verfügbar. Wollt ihr erstmal üben, solltet ihr einen Ausflug ins Trainingslager wagen, außerdem könnt ihr euch etwas über die Entstehungsgeschichte des Tisches sowie eingescannte Zeitungsanzeigen der damaligen Zeit zu Gemüte führen.

Spielhalle 1.0

Auf Wunsch könnt ihr auch hochkant spielen - dadurch gibt's mehr vom Flipperfeld zu sehen.
System 3s Entwicklungscredo lässt sich recht leicht nachvollziehen: »Realistische Flipper!«. Und so sind die auf Hochglanz polierten Münzgräber so glaubwürdig dargestellt, wie das an der PSP möglich ist. Jede Rollbahn, jeder Bumper, jedes Designelement ist genau da, wo es auch am Original war, die Ballphysik ist über alle Zweifel erhaben – im Gegensatz zur Kugel selbst, die einfach nicht chromig genug, sondern etwas zu matt aussieht. Stören euch die realistischen Tischreflexionen, könnt ihr sie abstellen, darüber hinaus stehen euch viele Kameraperspektiven zur Verfügung, von einer weiten Totalen des ganzen Tisches bis zu einer rasch mitscrollenden Nahaufnahme. Außerdem könnt ihr die PSP um 90° drehen und vertikal spielen, womit ihr nach oben und unten mehr vom Spielfeld zu sehen bekommt. Weitere lobende Worte findet der kritische Redakteur für die perfekt nachgeahmte Soundkulisse, allerdings sollte darauf geachtet werden, dass »perfekt nachgeahmt« nicht »perfekter Ohrenschmaus« bedeutet - sondern lediglich, dass hier die PSP genauso gut oder schlecht dröhnt wie die echten Automaten! Im Einzelfall gibt es halt wirklich nur ein Ratterratterratter plus das Klackern der Flipper. Diese steuert ihr komfortabel mit den beiden Schultertasten, dem Analogstick kommen gleich mehrere Bedeutungen zu: Zum einen schickt ihr damit die Kugel ins Spiel, zum anderen könnt ihr in alle Richtungen gegen den Tisch hauen, um einen klemmenden Ball zu befreien oder seinen Lauf zu beeinflussen. Aber Vorsicht: Zu oft gepocht und ihr tiltet ihn – keine Steuerung mehr möglich, der Ball ist verloren.

Auch in der Spielhalle ist das Flippervergnügen immer dann am größten, wenn man sich mit oder gegen einen Freund eine Highscorejagd liefert. System 3 macht es euch besonders leicht, braucht ihr doch für eine zünftige Kugelei nur eine UMD, Gamesharing sei Dank – die Deathmatch-Highscorejagd läuft dann parallel ab. Allerdings lassen sich nicht alle Tische übertragen, dafür kann der Empfänger auf dem just erhaltenen solange herumdaddeln, bis er die PSP neu startet oder keine Lust mehr hat – ein netter Zug! Ihr könnt ein Turnier für bis zu vier Spieler ausrichten (kabellos oder hintereinander an einer PSP), leider gibt es keine kooperative Zockmöglichkeit.   

Fazit

Wir lieben Flipper, Flipper, den Freund aller Zoooocker! Die Pinball Classics bringen das Gottlieb-Erbe so gut auf die PSP, wie es technisch möglich ist. Zwar gefällt mir die Kugel immer noch nicht so richtig (ich habe schon in der Vorschau am eher Filzäußeren herumgemosert), der Rest dafür umso mehr: Tischauswahl, Realismus, Bedienung, Mehrspielerunterstützung – alles vorbildlich. Allerdings finde ich die harsche Beschränkung auf drei Startflipper etwas zu restriktiv, vor allem angesichts der Tatsache, dass die zum Freispielen der weiteren benötigten Aufgaben teils enorm knifflig zu lösen sind. Für Gelegenheitskullerer mögen die Pinball Classics also schon etwas zuviel des Guten sein – für den Flipper-Kenner aber genau richtig!

Pro

detaillierte, realistisch nachgebildete Tische
tolle Ballphysik
viele freispielbare Flipper
einfache Bedienung
guter Gamesharing-Modus
herausfordernde Tischziele
interessante Hintergrundinformationen
allerlei Kameraperspektiven
kurze Ladezeiten

Kontra

nur wenige Tische zu Beginn
Tilten muss freigespielt werden
ausschließlich Hot Seat-Mehrspielermodus
kniffliges Aufgabensystem

Wertung

PSP

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