Tekken: Dark Resurrection11.09.2006, Paul Kautz
Tekken: Dark Resurrection

Im Test:

Jaja, die PSP – das ist doch dieses Recycling-Handheld, das gelegentlich mal neben einer Eigenentwicklung auch ein Stück Gebrauchtfutter in schlechterer Qualität von der PS2 rübergeworfen bekommt, richtig? Falsch! So falsch, falscher geht’s nicht! Denn obgleich Tekken: Dark Resurrection (ab 12,05€ bei kaufen) auf Tekken 5 basiert, das uns auf der PS2 zum Juchzen brachte, ist es doch zu weiten Teilen ein eigenständiges, aus den Spielhallen stammendes Game. Und was für eins!

Beauty in my hands

Es herrscht Krieg da draußen! Nein, wir meinen jetzt nicht Irak, Afghanistan oder ähnliche Echtwelt-Gemetzel, sondern eine Fortführung der Traditionen Amiga gegen Atari, SNES gegen Mega Drive oder Coke gegen Pepsi. Beat-em-Up vs. Beat-em-Up, mano-a-mano, keine Gnade, kein zweiter Preis. Oder übertreiben wir ein wenig? Haben sich Tekken-, Virtua Fighter- und Dead or Alive-Fangruppen am Ende gar doch lieb? Sei es, wie es sei,

Hach... Tekken Dark Resurrection sieht einfach super aus!
letzten Endes gibt es gegenwärtig ohnehin nur einen lachenden Dritten: Tekken. Denn von den anderen Serien gibt es bislang keine PSP-Umsetzung, und ohnehin definiert Dark Resurrection derart hohe Standard, dass künftige Beat-em-Ups enormen Erwartungen standhalten müssen.

Huch, habe ich jetzt schon den ganzen Test gespoilert? Tut mir leid, aber nach all den schlechten Erfahrungen mit mäßigen Portierungen und den vergeblichen Hoffnungen auf ein brauchbares mobiles 3D-Prügelspiel (Tekken Advance auf dem GBA war zwar nett, aber mehr auch nicht) ist das Ergebnis einfach eine Sensation. Fangen wir mit der Kulisse an: Mochtet ihr Tekken 5 ? Die ausgezeichnet modellierten Figuren, die perfekten, ruckel- und störungsfreien Animationen? Die unglaublich liebevollen, vor Details platzenden Levels, einer abwechslungsreicher als der andere? Die coolen Effekte? Die flotten Bewegungen mit 60 fps? Ja? Herzlichen Glückwunsch, all das habt ihr jetzt auch auf der PSP! Natürlich sind die Texturen schwächer als bei den großen Fassungen - das sieht man im Grunde aber nur in den Zwischensequenzen. Natürlich erzeugt der nachziehende PSP-Screen einen leichten Blur-Effekt - aber man

Lili ist einer der beiden Neuzugänge - und sie teilt mächtig aus!
gewöhnt sich daran. Außerdem ist die Feuer-Animation im Fight-Menü mal so richtig hässlich. Aber sonst? Keine Ruckler, erschreckend kurze Ladezeiten - in aller Kürze eines der verdammt wenigen PSP-Spiele, das nicht nach schneller Konvertierung, sondern unglaublich gut aussieht!

Eine ruhige Kugel im Fight Club

Bereits Tekken 5 bot drei Neuzugänge im Haudruff-Kader, Dark Resurrection ergänzt diese Reihen um zwei weitere Recken: Lili und Dragunov. Erstere ist ein reiches Mädchen, das die Freude am Verprügeln anderer Menschen entdeckt hat - sie nutzt eine elegante Mischung aus anmutigen Bewegungen und mörderischen Kicks. Dragunov hingegen trägt den Spitznamen »White Angel of Death« nicht nur aufgrund seiner blutleeren Hautfarbe: Er ist knallhartes und ausgesprochen schweigsames Mitglied eines russischen Militär-Spezialteams und kämpft einen sehr harten, gradlinigen Stil, der ein wenig an eine Mischung aus Ninja Raven und einem Grizzly erinnert. Ein neues altes Gesicht ist darüber hinaus Armor King, der Tekken-Kennern aber schon aus früheren Teilen vertraut sein sollte. Insgesamt pusten die 2 ½ Neulinge das Klopper-Sortiment auf lässige 34 Fighter auf - eine Zahl, bei der für jeden etwas dabei sein sollte: Tae-Kwon-Do, Jeet-Kune-Do, Capoeira, Vale Tudo, Boxen, Judo, Karate, Muyai-Thai - außerdem tummeln sich mit Känguruh Roger (samt Roger Jr. im Beutel) und Bär Kuma (bzw. sein Pendant Panda) auch noch einige tierische Fighter im Programm.

Tekken Bowling! Das beste Minigame aller Zeiten ist wieder da!
Mit diesen Kämpfern (es gibt keine freizuspielen, alle sind von vornherein verfügbar) steht ihr vor der Qual der Wahl: Wollt ihr deren Geschichte im Story-Modus verfolgen? Ein schnelles Match im Arcade-Modus hinlegen? Vielleicht eine komplette Meisterschaft im Tekken Dojo absolvieren? Per WLAN gegen einen Freund antreten? Oder eine entspannte Partie Bowling spielen? Wie, Bowling? Jaa, Tekken Bowling, das seit Tekken Tag Tournament so schmerzhaft vermisst wurde, ist endlich wieder da! Zwar ohne Dr. Boskonovich, aber immer noch genauso locker und spaßig spielbar wie damals - dieses Mal auch per WLAN, anderenfalls muss die PSP weitergereicht werden. Der Story-Modus entspricht im Großen und Ganzen dem PS2-Vorbild - mit den gleichen Vor- und Abspännen, den gleichen Story-Battles, der gleichen schwankenden Qualität der End-Videos und der gleichen Hohlheit der Geschichten. Auch wenn sie im Vergleich zu den Dead or Alive-Machwerken reinster Lyrikhonig sind. Eines hat sich jedoch verändert: Endgegner Jinpachi Mishima. Der hat nicht nur ein Facelifting verpasst bekommen (feurig statt düster), sondern wurde spielerisch auch leicht entschärft. Dadurch ist er nicht mehr ganz so frustrierend unberechenbar wie vorher, nervig bleibt er trotzdem.

Apropos Facelifting: Die Levels wurden komplett überarbeitet! Ein großer Teil der Areale ist bekannt, sieht aber anders aus: Der brennende Innenhof brennt nicht, sondern steht in voller Blüte, der Eingang zur Drachenhöhle ist jetzt der Eingang zur Tigerhöhle, das Partyboot ist das Gleiche geblieben - nur spielt das Geschehen jetzt nachts, genau wie die arktische Szenerie mit den putzigen Pinguinen. Und aus der nächtlichen Pusteblumenwiese ist jetzt eine sommerliche Grünfläche geworden. Dazu gibt es einige neue Areale, die wie üblich teilweise zerstörbar sind: eine vom fahlen Mondlicht schummrig durchflutete Waldlichtung, eine recht langweilige nebellastige Sumpflandschaft, ein staubiges Industriegebiet, in dem ein bedrohlich wirkender Hubschrauber seine Runden dreht und (Highlight!) ein Herzchen-Knuddeldiwuddel-Zimmer in beängstigendem Schweinchenrosa. Wie bei Tekken 5 ist ein Teil der Arenen räumlich limitiert (wie in Tekken 4 ), ein Teil wieder unendlich weit (wie bei den Tekkens davor).        

Krokodil auf die Schulter!

Der Arcade-Modus ist wie beim PS2-Schwager der Modus, der die meiste Zeit frisst - nicht, weil er so lang ist, sondern weil es so viel freizuspielen gibt! Im Laufe der Zeit steigt ihr im Rang auf bzw. ab, wenn ihr schlecht spielt. Und mit jeder gewonnen Schlacht kassiert ihr Geld, Geld, Geld. Das könnt ihr investieren, um eure Lieblingscharaktere mit mehr oder weniger abgefahrenen Extras auszustaffieren. Neben einer beachtlichen Anzahl von Standardkram wie verschiedene Farben für Klamotten oder Haare, Sonnenbrillen, Masken, Kleidungsstücke oder frische Frisuren gibt es auch ausgefallenere Sachen: einen Katamari-Prinz für Lili, ein Umschnall-Krokodil für Eddy, eine E-Gitarre für 

Ihr könnt eure Fighter nach allen Regeln der Kunst neu einkleiden - von seriös bis hochgradig albern.
Hwoarang, Regenbogen-Cornrows für Raven, Taucherflossen für Roger Jr., ein Mr. T-Outfit für Marduk, ein auf den Rücken geschnalltes Dartbrett für Lee Chaolan oder einen gemütlichen Umhängepappkarton für Bryan - außerdem erwarten euch noch Auren in mehreren Stufen, die den Kämpfer mit Energiefeldern umhüllen. Zwar ist die Anzahl der möglichen Extras pro Figur recht begrenzt und kann sich nicht mal ansatzweise mit Virtua Fighter 4 messen, dafür kosten die Goodies ziemlich viel Geld. Das gibt es nicht nur im Arcade-Modus zu verdienen, auch jede andere Spielvariante bringt euch Zaster.

Der spielbare Neuling ist der Dojo-Modus: Hier wandert ihr von Tempel zu Tempel, in denen immer mehr Gegner auf euch warten, die ihr in Turnieren schlagen müsst. Zwischendurch gibt es auch Herausforderungen (z.B. drei Siege in 140 Sekunden), aber schlussendlich sind die Dojos nicht sehr viel mehr als ein aufgebohrter Arcade-Modus mit Turnier-System. Spaßig, aber nicht spektakulär. Bleibt schließlich noch der Netzwerkmodus: Vorweg die schlechte Nachricht: Online-Gaming gibt's leider nicht - ihr könnt lediglich gespeicherte  »Ghosts«, die den Kampfstil der Spieler so gut wie möglich imitieren, hin- und herladen und damit gegen virtuelle menschliche Gegner antreten.

Die Levels wurden optisch generalüberholt - und ganz neue gibt es auch.
Das Endergebnis entspricht aber einem Kampf gegen die KI. Also WLAN-Schalter an und live einen anwesenden Feind verprügelt! Ihr könnt entweder ein Standard-Match, einen Teamkampf (maximal acht gegen acht) oder eine flotte Runde Tekken Bowling austragen, alles funktioniert wunderbar - mit einer Ausnahme: gelegentlich scheint die Verbindung aus nicht nachvollziehbaren Gründen zu hängen, dann ruckelt's. Außerdem gibt's keine Pause, wenn also das Klo ruft, solltet ihr besser schnell gewinnen. Darüber hinaus dürft ihr auch Einzelmatches via Gamesharing austragen, das hat in unserer Testversion allerdings nicht funktioniert.

Das ist schräg!

Dankbarerweise hat sich Namco dieses Mal gespart, ein minderwertiges Bonusgame beizulegen - kein »Devil Within« weit und breit. Stattdessen warten noch diverse Sondermodi, in denen ihr nicht nur eure Skill verfeinern, sondern natürlich auch mehr Geld verdienen könnt: In »Gold Rush« müsst ihr eine Zeit lang überleben, während jeder eurer Treffer Extrageld aufs Konto schaufelt, in »Command Attack« müsst ihr so schnell wie möglich eingeblendete Kombos ausführen. Und natürlich könnt ihr euch im »Theater Modus« alle bisher freigespielten Filme 

Alt gegen Neu gegen Alt: die 34 Kämpfer bieten etwas für jeden Martial-Arts-Geschmack.
ansehen oder, falls ihr keine Lust auf den Story-Modus habt, sie auch für teures Geld einfach freikaufen. Hier wartet auch die Jukebox, in der ein Tanzbär die Hüften zur Musik schwingt - und ihr die großartigen Kompositionen, die zum größten Teil neu, teilweise aber auch aus Tekken 4&5 geremixt sind, anhören dürft. Gelegentlich werden die orchestralen bis rockigen Stücke sogar mit Operngesang veredelt, gute Kopfhörer sind also eigentlich Pflicht.

Die Steuerung folgt dem gewohnten Tekken-Schema, nach dem jeder der vier Hauptbuttons für je einen Arm und ein Bein steht - flüssige Kombos sind damit wunderbar möglich und reine Lernsache. Allerdings hat die PSP ein ganz anderes Problem: das schwammige Digipad! Standardaktionen funktionieren ganz wunderbar, sobald allerdings schräge Richtungsangaben ins Spiel kommen, wird's knifflig - die gelingen auch nach viel Übung nicht immer. Im Zweifelsfall bleibt nur das schnelle Umgreifen zum Analognippel, mit dem schräge Befehle ein Klacks sind, aber schnelle Bewegungen (Vorstoß oder seitliches Ausweichen) kaum zu machen sind. Keine Lösung ist also ideal, die Digitalsteuerung allerdings das kleinere Übel.      

Fazit

Ich spreche jetzt mal das größte Lob aus, das ich derzeit an ein PSP-Game vergeben kann: Dark Resurrection sieht fast so gut aus und spielt sich fast genauso großartig wie Tekken 5! Die Figuren, die Animationen, die fantastischen Levels - und das alles auf einem Handheld! Irre! Aber es spielt sich nur »fast« so gut? Ja, und das liegt an der PSP: Das schwammige Digipad hat Schwierigkeiten mit diagonalen Richtungsangaben, die man hier ständig braucht, das nötige Druckverständnis erfordert viel Gewöhnung. Außerdem finde ich es bedauerlich, dass auch dieses Mal die Chance vergeben wurde, einen richtigen Online-Modus zu integrieren - das Ghost-Herumschubsen ist nur mäßig unterhaltsam. Aber sonst? Von der brillanten Technik mal abgesehen (gerade in Sachen Ladezeiten sieht z.B. das vergleichbare WWE SmackDown! Vs. Raw 2006 sooo 1980 aus!) punktet Dark Resurrection auch spielerisch in jeder Hinsicht: eine perfekt ausbalancierte Kämpferschar, in der für jeden Martial Arts-Geschmack was dabei sein dürfte, ein großartiger Arcade-Modus, der witzige Tekken-Dojo und natürlich das beste Minigame aller Zeiten: Tekken Bowling! Ein klares Muss für jeden PSPler, der sich auch nur ansatzweise für Beat-em-Ups interessiert. Und eine weit geöffnete Tür, durch die hoffentlich auch irgendwann ein gleichwertig perfekt umgesetztes Soul Calibur 3 schreiten wird!

Pro

Hammer-Grafik
tolle Animationen
Tekken Bowling!
umfangreiche Kämpfer-Auswahl
eingängige Steuerung
perfektes Kombo-System
ausgeklügelter Arcade-Modus
ausführliches Tutorial
gute Übungsmodi
großartige Musik
abwechslungsreiches Leveldesign
Original-Sprachausgabe
teilweise fantastische Renderfilme
motivierende Personalisierungsmöglichkeiten
herausfordernder Schwierigkeitsgrad
kurze Ladezeiten
einfacher WLAN-Mehrspielermodus
Gamesharing (funktionierte im Test nicht)

Kontra

weder Digi
noch Analogsteuerung optimal
leicht irritierend nachziehendes Display
im Detail schwache Texturen
nervtötender Endgegner
schwankende Qualität der Rendervideos
schwankende Animationsqualität zwischen alten und neuen Figuren
kein Online-Modus

Wertung

PSP

Das beste Beat-em-Up für die PSP - technisch und spielerisch ein Meisterwerk!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.