Final Fantasy Anniversary Edition25.02.2008, Paul Kautz
Final Fantasy Anniversary Edition

Im Test:

Final Fantasy. Hach, Final Fantasy. Wie viele Stunden meines Lebens hast du mir schon geraubt? Wie oft hast du mich in einem Dungeon schmoren lassen, der länger und härter war als äh... die chinesische Mauer? Wie oft habe ich über deine Zufallskämpfe geflucht, wie oft habe ich Loblieder auf deine Atmosphäre angestimmt? Und wie oft habe ich schon deine ersten beiden Teile gespielt? Antwort auf alle Fragen (mit Ausnahme der ersten): Ziemlich oft.

Kenne ich schon.

Final Fantasy 1 und 2: Die Anfänge, die Wurzeln, die Trendsetter. 21 bzw. 20 Jahre alt. Und mittlerweile auf so ziemlich jeder Plattform zu finden, die etwas mit Einsen und Nullen anfangen kann. Zuletzt (2004, um präzise zu sein) gab's beide Games als handliches Paket namens »Dawn of Souls« für den GBA: Grafisch generalüberholt, spielerisch feingeschliffen, ins Deutsche übersetzt und insgesamt erweitert war das Doppelpack ideal, um in die Final Fantasy-Materie reinzuschnuppern.

Technisch wurden die beiden Spiele dezent generalüberholt: Alles wurde hochauflösend neu gepinselt, der Stil aber beibehalten. Das Ergebnis sieht modern, aber gleichzeitig auch veraltet aus.

Das lässt sich über die Anniversary Edition nur bedingt sagen: Das Problem geht schon damit los, dass ihr für beide Spiele separat berappen müsst. Statt beide auf eine UMD zu packen, entschied man sich bei Square-Enix für den Raubritterweg - nicht nett. Ganz besonders angesichts der Tatsache, dass die technischen Verbesserungen für beide identisch sind. Die aus der Vogelperspektive gezeigte 2D-Grafik präsentiert sich in einem runderneuerten Hi-Res-Gewand: Figuren und Hintergründe sind knackescharf und schön bunt, bleiben aber dem Original treu - das bedeutet, dass alle Animationen aus zwei Phasen bestehen und dass sich Gegner überhaupt nicht bewegen. Schöne Effekte vor und während der Kämpfe sorgen für etwas Augenfreude, vorbeiziehende Wolken werfen Schatten auf die Oberwelt, alles ist optimal an den 16:9-Bildschirm der PSP angepasst, gut gemachte Renderfilme stimmen auf die Spiele ein - die kennt man allerdings schon von der PlayStation-Compilation »Final Fantasy Origins«.

Ja, das auch.

Tatsächlich ist die Grafik im Wesentlichen die einzige Neuerung der Spiele. Okay, es gibt noch eine kurzlebige Galerie, einen neuen Dungeon (FF1) sowie eine frische Sidequest (FF2), beides nur für erfahrene Spieler sinnvoll, sowie eine generelle Senkung des Schwierigkeitsgrades, was die einst sehr schweren Abenteuer auch Einsteigern nahe bringt. Alle anderen Verbesserungen kennt man bereits aus den früheren Remakes: Ein Problem des frühen FF war, dass die Kämpfer auf das Ziel fixiert blieben, das zu Rundenbeginn anvisiert war.

Final Fantasy 2 bietet zwar eine etwas gehaltvollere Story, aber dafür auch ein fragwürdiges Levelsystem.
Wurde das eliminiert, bevor der entsprechende Kämpfer am Zug war, schlug er ins Leere - sehr lästig. Mittlerweile wird automatisch der nächstbeste Gegner angewählt, so auch auf der PSP. Die Monsterfibel, die einige Infos über bislang getroffene Feinde enthält, ist ein interessantes Nachschlagewerk, die Quicksave-Funktion ist sehr praktisch - neuerdings dürft ihr auch innerhalb von Dungeons speichern, nicht nur in Städten und auf der Oberwelt. Und nicht zuletzt ist der neu eingespielte Soundtrack ein angenehmer Ohrenschmeichler.

Wie gesagt - kennt man alles schon. Freunde der germanischen Zunge werden allerdings das eine oder andere Fragezeichen über ihrem Kopf kreiseln sehen, denn die deutsche Übersetzung der GBA-Fassung gehört mysteriöserweise der Vergangenheit an; die PSP-Abenteuer finden entweder Englisch oder Japanisch statt. Und natürlich sollte man keine Komfortfunktionen moderner RPGs erwarten: So gibt es nach wie vor kein Questlog; wird eine längere Spielpause eingelegt, ist es hinterher kaum noch möglich nachzuvollziehen, was man gerade wo tut. Auf der anderen Seite ist gerade dies dem Oldschool-Erlebnis dienlich, schließlich könnt ihr wie in den guten alten Pixeltagen selbst nebenher mitschreiben. Wenn ihr das tut, wird die Kladde schnell voll: Beide Games bieten mit etwa 20-30 Stunden Spieldauer bemerkenswert viel fürs Geld, wobei der größte Teil dieser Zeit mit Zufallskämpfen verbracht wird: Ihr könnt kaum zehn Spielmeter zurücklegen, ohne dass ihr in ein Scharmützel geratet - ziemlich nervend!

Teamkiller? Nein, ich levele!

Erzählerisch und spielerisch sind beide natürlich ein klarer Fall für Puristen: Während die Geschichte des ersten Teils mit »Vier Helden suchen vier Kristalle, um die Welt zu retten« zusammengefasst werden kann, bietet Nummer zwei etwas mehr Gehalt sowie profiliertere Figuren. Dafür leidet dieser Teil an einem zwar auf dem Papier innovativen, aber in der Praxis etwas bizarren Levelsystem, das darauf basiert, dass jeder kassierte Schaden der Erfahrung zugute kommt. Prinzipiell eine prima Sache, die jedoch darin endete, dass man, um sinnvoll aufzuleveln, ständig seine eigene Truppe angreifen musste. Das ist auf der PSP aufgrund des etwas runtergekurbelten Schwierigkeitsgrades nicht mehr ganz so zwingend nötig, völlig unvermeidlich ist es aber immer noch nicht.    

Fazit

Zuerst einmal: Gier ist keine Tugend! Okay, beide Spiele kosten jeweils nur 30 Euro, dennoch wäre es nicht nur sparsamer, sondern vielmehr verdammt sinnvoll gewesen, beide zusammen auf eine UMD zu pressen. Warum? Zum einen hat das schon vor gut drei Jahren bei Dawn of Souls wunderbar geklappt, zum anderen gleichen sich die Spiele zumindest technisch wie ein Oldschool-Japan-RPG dem anderen (was übrigens auch der Grund dafür ist, dass wir beide zu einem Test zusammengefasst haben). Das wirft auch direkt die Frage nach der Existenzberechtigung der PSP-Spiele auf: Natürlich sollte jeder RPG-Freund mal in die Anfänge der berühmten Saga reingeschnuppert haben, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass das schon mehr als ein Mal passiert ist. Beide sind zurecht Klassiker, die dezenten, aber stilvollen Verbesserungen sorgen für einen angenehmen Spielgenuss. Der Umfang ist bemerkenswert, die generelle Senkung des Schwierigkeitsgrades ein freundliches Zugeständnis an Neulinge im Genre. Wie allerdings ein zeitgemäßes Remake auszusehen hat, hat erst vor kurzem Final Fantasy III gezeigt - den Anniversary Editions hängt ein unschöner »Jetzt nochmal schnell abgreifen, bevor's keiner mehr haben will«-Beigeschmack an.

Pro

atmosphärischer Oldschool-Ausflug
einfache Steuerung
rundum verbesserte Präsentation
beachtlicher Umfang

Kontra

spielerisch, erzählerisch & technisch veraltet
simples Gamedesign
nervende Zufallskämpfe
fragwürdiges Levelsystem in FF2

Wertung

PSP

Das kann Square-Enix aber besser: Die beiden FF-Remakes sehen nett aus, treten spielerisch aber seit Jahrzehnten auf der Stelle.

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