Yakuza: Black Panther17.02.2011, Benjamin Schmädig
Yakuza: Black Panther

Vorschau:

Das Neonlicht der gleißenden Reklametafeln verschwimmt im Häusermeer. Der Bildschirm ist in grünes Licht getaucht, in Zeitlupe fällt sein Gegner. Vor wenigen Sekunden lag Tatsuya fast am Boden, dann machte er dem Kampf mit einem harten Tritt ein Ende. Segas brutales Gangsterepos geht in die sechste Runde - wir machen mit einer Importversion Kurzurlaub in Japan.

Was der Bauer nicht kennt...

Roher Fisch hat es längst in alle Munde geschafft - ein anderer Japanexport tut sich hingegen schwer: Während die Yakuza-Serie im Land der aufgehenden Sonne seit Jahren als Erfolgsgeschichte gefeiert wird, frisst der hiesige Bauer nun mal nicht, was er nicht kennt. Denn Yakuza ist anders. Yakuza ist keine meilenbreite Rockstar-Spielwiese, auf der man ohne Pferdestärken kein Land sieht. Yakuza ist gerade mal der Stadtteil Kamurocho, den man bequem zu Fuß erkundet. Anstatt unterwegs zu sein, trifft man an jeder Ecke auf das bunte Leben.

Dabei erwies sich die Serie spätestens seit dem Sprung von PS2 auf PS3 als ausgesprochen experimentierfreudig, denn in der ersten Episode der damaligen "Next Generation", Yakuza: Kenzan! spielten ähnliche Figuren mit ähnlichen Namen plötzlich in der feudalen Frühzeit auf. Mindestens ebenso befremdlich: in dem kommenden PS3-Abenteuer Yakuza of the End wird das zumindest im Kern realistische Kamurocho doch tatsächlich von Zombies überrannt - ein Wink in Richtung des westlichen Massenmarktes? Im Vergleich haben PSP-Besitzer jedenfalls Glück gehabt,dass statt Serien-Altstar Kiryu Kazuma lediglich der junge Haudegen Ukyo Tatsuya die Hauptrolle übernimmt. Das ist nämlich schon das weiteste Ausscheren vom vertrauten Gegenwarts-Szenario.

Die Comic-Mafia

Neuer Held, neue Plattform: Yakuza erscheint zum ersten Mal auf einem Handheld.
Plattformgerecht wird Tatsuyas Geschichte in bewegten Comicschnipseln erzählt. Der kostensparende Stil hält Sega allerdings nicht davon ab, sehr ausführliche und aufwändig synchronisierte Szenen einzuspielen. "synchronisiert steht dabei für ausschließlich japanische Sprachaufnahmen mit japanischen Untertiteln. Denn das PSP-Yakuza erschien bislang nur in Fernost und eine Veröffentlichung in Europa oder Nordamerika steht in den Sternen. Es bleibt zu befürchten, dass dieser Ableger genau wie Kenzan! hierzulande nie erscheinen wird. Selbst der Name "Yakuza: Black Panther ist lediglich die recht freie Übersetzung des Originals "Kurohyo: Ryu ga Gotoku Shinsho.

Ob westliche Spieler also je erleben werden, wie Tatsuya im jugendlichen Übereifer einen Yakuza-Boss tötet und so in den Strudel des japanischen Großstadtdschungels gerät? Schließlich bezeichnet "Yakuza eine Gruppe organisierter Krimineller, wenn man will also eine Art Mafia - und  Kamurocho ist ein nahrhafter Boden für die Yakuza. Zugegeben. Es ist praktisch unmöglich, der Handlung ohne ernstzunehmende Japanischkenntnissen zu folgen, ein endgültiges Urteil über den PSP-Ableger können wir uns deshalb nicht erlauben. Klar wird aber, dass Tatsuya nicht nur um seine Reputation bemüht ist; er muss sich auch mit etlichen Banden und Kleinganoven herumschlagen, die das Vergnügungsviertel bei Tag und bei Nacht unsicher machen.

Die besten Yakuza-Kämpfe

Schon immer stand der rohe Faustkampf im Mittelpunkt einer Yakuza-Episode - die schwarze Raubkatze macht da keine Ausnahme. Mehr noch: Der PSP-Ableger stellt die Prügeleien auf offener Straße viel deutlicher in den Vordergrund als jeder seiner Vorgänger. Und er trumpft mit den bislang besten Kämpfen aller Yakuza-Titel auf! Dabei finden wie auf PS2 alle Schlägereien in Arealen statt, die von der Spielewelt getrennt existieren. Ein körniger Filter lässt die Bilder der dunklen Straßen, Hinterhöfe oder Parkplätze schmutziger erscheinen als sie es ohnehin sind Auch die Figuren wirken in ihren dunklen Aufzügen bedrohlicher als ihre bunten Gegenstücke auf Konsolen - schon die Gestaltung ist überzeugender als auf den leistungsstärkeren Plattformen.

In den kleinen Arenen kann man sich auf Knopfdruck zwar wie gewohnt frei bewegen - für gewöhnlich steht Tatsuya dem aktuellen Gegner allerdings so direkt gegenüber wie er es z.B. in Tekken tun würde. Per Tastendruck wechselt man das Ziel dann nach Belieben. Ebenfalls vergleichbar mit Tekken oder Street Fighter gibt es Tasten für Fausthiebe oder Tritte sowie zum Festhalten, Ausweichen und Blocken. Die Richtungseingabe bestimmt, ob man beim Angriff Kopf, Körper oder Unterleib anvisiert. Weil Black Panther die Treffer kaum überzeichnet, schwere Treffer aber umso deftiger in Szene setzt, wirkt der Schlagabtausch dabei gewohnt intensiv.

Lass die Fäuste sprechen!

Gewöhnlich sind die Yakuza-Duelle aber keineswegs; schließlich beherrschen selbst einfachste Betrunkene, die in einem schwachen Moment ausgerechnet Handkante Tatsuya herausfordern, irgendeine Kampfkunst. Tatsuya selbst darf sogar zwischen verschiedenen Stilen (Boxen, Karate, Muay Thai und anderen) wählen. Im Gegensatz zur Serientradition lernt der Youngster nämlich nicht nur ständig neue Techniken, sondern entscheidet sich vor jedem Kampf für einen Stil - seine Wahl hängt davon ab, welchen er bereits gelernt hat und wie vertraut er mit ihm ist. Denn neben seiner allgemeinen Erfahrungsstufe steigert er mit jedem Sieg auch die Schlagkraft der eingesetzten Kampfkunst.

Weil Tatsuya nach ein paar Schlägen oder Sprints aus der Puste kommt, muss man Acht geben: Gönnt man ihm keine Verschnaufpausen, steht er bald wenige Sekunden lang erschöpft da, in denen er sich nicht verteidigen kann. Mt einem gut platzierten Konter fängt Tatsuya zudem jeden Angriff buchstäblich ab und setzt einen wirkungsvollen Treffer. Ärgerlich ist nur das viel zu häufige Tastenhämmern, um ihn aus einem Haltegriff zu befreien oder schnell wieder aufstehen zu lassen. Ein in solchen Momenten sinnvolles und spannendes Reaktionsspiel muss man cleverer lösen. Dafür kann Tatsuya nach manchen Kämpfen wählen: Will er mit einem abschließenden Schlag zusätzliche Erfahrungspunkte einsacken, zieht er dem Besiegten Geld aus der Tasche oder rekrutiert er den Kerl gar für das eigene Team?

Rauer Mannschaftssport

Das eigene Team? Ja, das eigene Mehrspieler-Team. Denn bis zu vier Gangster dürfen sich im lokalen WiFi-Netz prügeln. Dann treten eigenes erstellte Kämpfer im Teamduell oder im Kampf Jeder gegen Jeden an. Die rekrutierten Charaktere kommen in einer dritten Variante ins Spiel, wenn zwei Streithähne ein Team aus jeweils fünf Schlägern in den Kampf schicken. Es gewinnt das Team, das zuerst drei Runden für sich entscheidet. Eine vielversprechende Erweiterung des Yakuza-Kampfes! Die wir mit nur einem Importspiel leider noch nicht selbst erfahren konnten.

Kamurocho sieht auch auf PSP hervorragend aus. Der Stadtteil ist in dieser Form zwar frei erfunden, orientiert sich allerdings sehr stark an dem Kabukicho-Viertel Tokios.
Wie gewohnt darf man übrigens auch in Black Panther Pylonen, Bierflaschen oder Pflastersteine greifen und damit auf die Widersacher losgehen. Allerdings findet Tatsuya nicht nur bedeutend weniger Gegenstände als Kiryu, sie zerbrechen auch nach wenigen Treffern und er kann sie nicht dauerhaft ausrüsten. Nicht zuletzt dadurch gewinnen die dreckigen Handgemenge mehr Gewicht als in jedem anderen Spiel der Serie.

Die Straßen von Kamurocho

Und was tut der Raufbold, wenn er sich nicht mit Rüpeln und Rabauken schlägt? Ähnlich wie Vetter Kazuma vertreibt er sich die Zeit beim Bowlen, Indoor-Baseball, Glücksspiel, Karaoke, im Massagestudio sowie an der Seite junger Damen beim Besuch eines Cabaret Clubs. Oder aber er erledigt zahlreiche kleine Aufgaben, die natürlich meistens in einer Schlägerei enden. Weil sämtliche Verbesserungen seiner Fähigkeiten ebenso Geld kosten wie lebensrettende Drinks oder ein Besuch im Restaurant, verdient er sich außerdem ein stattliches Taschengeld, indem er Burger sortiert, Eistüten baut, Reis kocht oder dafür sorgt, dass die Gemüter der Besucher eines Striplokals nicht überkochen.

Weil sich im PSP-Ableger alles um den Kampf dreht, kommt die Spielwiese diesmal allerdings viel zu kurz weg. Auf Konsole entdeckt man Kamurocho auch nach 50 Stunden noch für sich - auf PSP verliert man schon nach zehn langsam die Lust. Es liegt u.a. daran, dass es neben Stofftiergreifern keine Spielautomaten, kein Angeln und kein japanisches Schach gibt. Zwar wird das Geschehen wie auf PS3 von Verfolgungsjagden aufgelockert. Auf dem Handheld sind das allerdings reine Checkpunkt-Läufe und keine packenden Höhepunkte. Das Schlimmste ist jedoch: Von Ausnahmen wie Bowling oder dem Glücksspiel abgesehen, bestehen die meisten Minispiele aus banalen Reaktions- oder Geschwindigkeitstests. Selbst für ein Karaoke-Lied muss man lediglich so schnell wie möglich den Kreisknopf malträtieren - für einen Yakuza-Ableger ist das erbärmlich.

Ausblick

Katzen jagen, Halbstarke zurechtweisen, bei Smile Burger jobben: Yakuza ist das echte Spieleleben - so knallhart inszeniert und sympathisch überdreht wie es eben geht. Doch ausgerechnet das typische Entdecken kleiner Geschichten sowie das Meistern etlicher Minispiele kommen in der Handheld-Episode scheinbar viel zu kurz. Die Minispiele gleichen sich zu sehr und nur Ausnahmen wie das Bowlen oder das Flirten mit Hostessen sind auf Dauer unterhaltsam. Es bleibt zu befürchten, dass Black Panther das erste Yakuza ist, in dem das großartige Kamurocho irgendwann zur reinen Fassade verkommt. Im Vordergrund stehen dafür mehr als sonst die Schlägereien zwischen den Yakuza und anderen Ganoven. Mit Schwergewichten wie Virtua Fighter kann der PSP-Ableger natürlich nicht mithalten - er zeigt aber brachiale Kampfsport-Duelle in dreckigen Kulissen. Taktische Feinheiten machen die Prügeleien fordernd und der körnige Filter ist visuell interessant. Erstmals sind sogar Mehrspieler-Duelle möglich. Yakuza gelingt auf dem Handheld vielleicht nicht der große Wurf - ein gelungenes Intermezzo wird es aber allemal.

Ersteindruck: gut

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.