Wer hat noch nicht, wer will noch mal?
Nicht alle Gegner sind so schießfreudig: Manche verwandeln sich kurzerhand in Pazifisten und geben keinen einzigen Schuss mehr ab.
Wer sich momentan nach einer Vita-Umsetzung seiner Lieblingsserie umschaut, wird unweigerlich an einen Rummelplatz erinnert. Trotz viel Geschrei und großer Versprechungen landet oft nur ein Abklatsch in der Tüte, mit groben Einschnitten oder sogar fehlerverseucht. COD: Black Ops Declassified markiert einen traurigen Höhepunkt: Statt einer vollwertigen Kampagne gibt es nur zehn fade, sehr kurze Missionen, in denen man sich unter Zeitdruck durch Unmengen von Feinden ballert. Viel gravierender ist aber der Fehler-Overkill: Meine Gegner rennen völlig wirr durch die Kulisse, die Online-Matches leiden unter massiven Lags und Verbindungsabbrüchen. Gelegentlich hängt sich sogar das Betriebssystem der Vita auf.
Entweder hat Activision ein unfertiges Spiel veröffentlicht, oder etwas anderes muss bei der Entwicklung gewaltig schief gelaufen sein. Statt eigene Teams wie Infinity Ward, Treyarch oder Sledgehammer Games zu beauftragen, wurde die Entwicklung an Nihilistic abgegeben. Erst im Juni lieferten die Kalifornier das enttäuschende
Resistance: Burning Skies ab. Mittlerweile wurden im Unternehmen einige Stellen gestrichen und das Team konzentriert sich unter dem neuen Namen nStigate auf mobile Spiele und Download-Titel.
Los, los, los!
Der Zeitdruck macht sich schon beim Umfang bemerkbar. Der Story-Modus beschränkt sich auf zehn jeweils wenige Minuten kurze Missionen, welche die Geschichte zwischen den beiden Black Ops-Titeln beleuchten. In einem hektisch geschnittenen Intro stöbert Spezialagent Ryan Jackson in den Akten über den Panama-Konflikt und stößt dabei auf die Geheimoperationen von Frank Woods und Alex Mason. Kurz danach schlüpfe ich abwechselnd in die Rolle der beiden Agenten. Doch ob ich nun Geiseln aus einem Lagerhaus in Südvietnam befreie, den Abschuss einer Interkontinentalrakete verhindere, die Flucht eines Agenten beschütze oder mich durch die Katakomben Ostberlins schleiche: Es geht fast immer nur darum, unter Zeitdruck das Ziel zu erreichen und schrecklich debile Gegnermassen zu erlegen.
Und mit debil meine ich richtig, richtig dämlich. Sogar dämlicher als die Pappkameraden in den Trainingsmissionen, denn die rennen wenigstens nicht wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durch die Kulisse. Ein Beispiel: Als in Ost-Berlin mein Informant von einem Scharfschützen erlegt wurde, schnappe ich mir den fallen gelassenen Microfilm und versuche, durch das Tunnelsystem in den Westen zu flüchten. Ein Rudel von NVA-Soldaten will mich daran hindern und ballert aus allen Rohren auf meine Deckung. Selbst wenn ich mich hinter einer schmalen Wand verstecke, stellt sich die komplette Meute brav dahinter auf und feuert Magazin um Magazin ins Mauerwerk, statt mich auch
Mit Nathan Drakes Traumkulissen kann Black Ops: Declassified nicht konkurrieren, trotzdem wiken die Schauplätze stimmig.
nur ansatzweise von der Seite anzugreifen. Schade, mit einer ordentlichen KI hätte der Trip durchs verschneite Ostberlin des kalten Krieges richtig stimmungsvoll werden können. Die Gemäuer sind zwar weit von einem Detailüberfluss eines Uncharted entfernt, sehen mit ihren Brunnen, dem Kopfsteinpflaster und verwinkelten Gängen aber urig aus.
Nicht überlebensfähig
Meine russischen und vietnamesischen Widersacher leiden sogar unter noch gröberen Aussetzern als ihre ostdeutschen Kollegen. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, Wände mit Blei vollzupumpen, rennen sie wie kopflose Hühner durch den Raum: raus aus der Deckung an mir vorbei und dann immer schön gegen die Wand. Im alternativen Überlebensmodus werden russische Soldaten sogar zu Pazifisten. Selbst wenn ich direkt vor ihrer Nase herumspaziere, feuern sie keinen einzigen Schuss ab. Erst wenn ich sie hingerichtet habe, kreuzt die nächste Gegnerwelle auf.