TxK12.02.2014, Jan Wöbbeking
TxK

Im Test:

Endlich bringt Jeff Minter wieder die Retina zum Flattern: Der Tempest-Nachfolger TxK (ab 6,99€ bei kaufen) bietet ein derart schnelles Explosionschaos, dass selbst Resogun-Profis sich warm anziehen müssen. Der Vektor-Shooter erscheint vorerst exklusiv für die Vita.

Furiose Rückkehr in den Tunnel

Endlich ist Tempest ist zurück! Llamasofts Weltraum-Shooter Space Giraffe baute mit seinen Tunnel-Levels zwar auch auf dem Spielhallenvorbild auf. Viele Fans wurden aber trotzdem nicht richtig warm damit – dazu war der Spielablauf und das Effektchaos offenbar zu überdreht und experimentell. TxK für Vita gibt sich traditioneller: Im Grunde ist fast alles wie im guten alten Tempest 2000 (hier geht’s zum Rückblick) – allerdings mit Änderungen im Detail, einem neuen Design und weltweiten Bestenlisten.

Das Prinzip ist das gleiche wie beim Klassiker von 1981: Am vorderen Ende einer Drahtgitter-Röhre huscht mein Schiffchen über den Rand nach links und rechts. Aus der Tiefe des Alls rauschen geometrische Figuren, leuchtende Farbkleckse, Minotaurenköpfe und ähnlich ungewöhnliche Gegner durch den Tunnel. Zerlege ich sie nicht rechtzeitig mit meiner Kanone, erreichen sie meine Seite und marschieren bedrohlich nah neben mir umher. Eine unbedachte Berührung und sie ziehen mich ins Nirvana, was mich ein Leben

Kamikaze-Büffel voraus: Die Minotaurenköpfe schleudern nach dem Abschuss ihre Hörner auf den Spieler.
kostet. Auch ein KI-Satellit hilft wieder gelegentlich beim Ballern.

Gleißende Linien statt Effekt-Chaos

Während Tempest 2000 das All in einen Partikelregen tauchte, orientiert sich TxK visuell eher an den gleißend hellen und scharfen Vektorlinien des Automaten. In den Achtzigern gab es neben gewöhnlichen Röhrenmonitoren spezielle Vektor-Bildschirme: Sie zeichneten nicht Zeile für Zeile auf die Mattscheibe, bis das ganze Bild stand - sondern projizierten lediglich einfarbige Linien auf den Schirm. Das ermöglichte natürlich keine aufwändigen Grafiken, sah aber ähnlich cool und futuristisch aus wie eine Lasershow. Auch der neue Look ist schmuck: Die dicken Linien passen prima zum leuchtstarken OLED-Screen der ersten PS Vita – auch wenn mir das Effektchaos von Tempest 2000 und Space Giraffe einen Deut besser gefallen haben.

Einige Gitter sind gekrümmt oder drehen sich wild im Kreis.

Ihr solltet euch aber nicht von den aufgeräumt wirkenden Screenshots täuschen lassen: Spätestens ab dem 20. von 100 Levels wird TxK teuflisch schnell. Hier mal ein Beispiel der Gedanken, welche innerhalb nur einer Sekunde durchs Unterbewusstsein huschen: „Ah, rechts ist Extra erschienen. Zum Einsammeln ist es noch zu weit weg, also grase ich noch die vier Standard-Gegner links ab. Nur nicht zu weit nach links – dort lädt ein fieses gelbes Schiff gerade seine tödlichen Laser auf. Zum Glück habe ich das gerade noch an den kleinen bunten Blitzen erkannt. Jetzt aber nichts wie nach rechts, damit ich das Extra noch erwische. Jawoll, ich hab dich! Prima, es ist die Sprungfähigkeit! Jetzt kann ich das Grüppchen lästiger Viecher erledigen, die dort gerade über mein Ende der Röhre spazieren. Ich drücke zum Absprung R, schwebe kurz über dem Rand und: Treffer!“ Noch mal zur Erinnerung: All das passiert wohlgemerkt innerhalb von nur einer Sekunde.

Hardcore! Und zwar to the bone!

Wer das Spiel stundenlang zockt, sollte seinen Synapsen also ab und zu eine Pause gönnen. Die Vektorlinien können sich zwar nicht mehr in die Netzhaut brennen wie beim alten Automaten, trotzdem haben mir nach ein paar Stunden ganz schön die Augen geflirrt. Immerhin etwas Entspannung gibt es in den Bonus-Abschnitten und den kleinen Hyperspace-Sprüngen, welche neuerdings zwischen allen Levels starten und Bonuspunkte einbringen. Einfach stillhalten und entspannt durch die Kreise rauschen.

Wer in der all der Hektik zu viel bekommt, sollte nicht verzweifeln. In dem walisischen Highspeed-Shooter kommt man am besten mit einer typischen britischen Tugend weiter: Man darf sich einfach nicht aus der Ruhe bringen lassen. Selbst wenn neben einem Herden von geometrischen Viecher umherstampfen und fette Blitze über das wild rotierende Gitter zucken, sollte man das so behandeln, als sei es das normalste von der

Respectabull: Zwischendurch fliegen wieder alberne Sprüche und anfeuernde Kommentare durchs Bild.
Welt. Einfach lachend über den Abgrund tänzeln - Augen auf und durch!

Määääh!

Wer die Eigenheiten der Gegner und Extras richtig einschätzt, kommt bedeutend weiter. Auch bei mir war nach ein paar verzweifelten Fehlversuchen irgendwann der Knoten geplatzt. Wenn die aufdringlichen Gegner z.B. meine Seite erreichen, gibt es je nach Situation eine Reihe adäquater Gegenmittel: Ich kann mich zum Beispiel direkt neben ein Exemplar stellen und es ins Verderben trippeln lassen – das funktioniert aber nur, wenn gerade die richtige meiner zwei Kanonen schießt. Falls es nicht geklappt hat und das Biest mich bereits ergriffen hat, bleibt immer noch der mächtige Blitzangriff: So lange der Schaf-Alarm blökt, kann ich den Angreifer noch wegbrutzeln. Dann ist allerdings auch

Ein Blick auf eine Bonusrunde.
meine Punkte verdoppelnde Smartbombe aufgebraucht, welche mir an anderer Stelle des Levels mehr Punkte eingebracht hätte. Es ist ein ständiges Planen, Reagieren und Abschätzen, das irgendwann unterbewusst abläuft. Obwohl es nur wenige Extras im Spiel gibt, sind sie gut aufeinander abgestimmt. Zur Not steigt man beim nächsten Spiel einfach an einer automatisch gespeicherten Stelle ein, bei der man letztes Mal besonders gut war.

Ein wenig schade ist natürlich, dass sich im Vergleich zu Tempest 2000 an der Spielmechanik nur wenig geändert hat. Etwas mehr frischer Wind hätte nicht geschadet: Wie wäre es z.B. mit einfachen Befehlen für die KI-Drohne wie in Crimson Dragon? Ich vermute, nach einigen Verrissen der ungewöhnlichen Spielmechanik von Space Giraffe

Der Automat von 1981 hatte noch einen Vektor-Bildschirm eingebaut, der gleißende Linien auf die Mattscheibe zeichnete. Die Original-Version ist diesmal leider nicht enthalten.
wollte Minter den Spielablauf bewusst klassisch halten – für all die Kritiker, welche einfach nur ein neues Tempest forderten.

Space is everything!

Zu den Neuerungen gehören auch kleine Touch- und Neigungs-Funktionen wie das Auslösen der Smartbombe per Fingerdruck. Sie sind zwar witzlos, lassen sich zum Glück aber recht einfach ignorieren und stören nur selten. Die Entwickler hätten trotzdem eine Option zum Ausstellen einbauen sollen, denn ab und zu wird die Steuerung ein wenig durch den Neigungssensor der Vita beeinflusst. Die drei Spielmodi unterscheiden sich kaum: Pure und Survival lassen sich nur in Level 1 starten, Classic speichert den Fortschritt bei neuen Höchstleistungen automatisch.

Auch beim Soundtrack bleibt Llamasoft altmodisch, was sich aber als echter Segen erweist: Die Breakbeat-Stücke sind die coolsten, welche mir seit Langem in einem Videospiel untergekommen sind: Mal treibend, mal entspannt melodiös, mal mit einem hypnotisch gefilterten Acid-Synthesizer unterlegt, aber immer sehr verspielt und abwechslungsreich. Mein Favorit ist der Titeltrack You like it von Garreth Noyce alias Korruptor: Er erinnert mit seiner dominanten Lead-Orgel an englische Rave-Klassiker der frühen Neunziger. Sehr schön auch, dass in den Credits ein Sound-Menü versteckt ist, in dem man sich alle 18 elektronischen Perlen in Ruhe anhören kann.

Fazit

Was für ein Rausch: Was bei TxK innerhalb von Sekundenbruchteilen über den Bildschirm blitzt, spottet manchmal jeder Beschreibung. Zu Beginn ist es ganz schön knifflig, den unerbittlichen Ansturm aus dem Weltraumtunnel zu überleben. Doch je besser ich mich auf die Eigenheiten der schräg designten Gegner und Extras einstellte, desto besser kam ich den Flow. Wenn man die Ruhe bewahrt und sich intuitiv taktisch klug durch Chaos mogelt, fühlt sich das einfach klasse an. Auch der an frühe Rave-Klassiker erinnernde Breakbeat-Soundtrack hat mich zu immer neuen Höchstleistungen angestachelt. Die einzige Kehrseite ist der fehlende Mut zu Neuerungen. Im Vergleich zu Tempest 2000 von vor 20 Jahren haben sich nur Details geändert, daher reicht es auch nicht ganz für eine Gold-Wertung. Resogun zeigt, wie es besser geht: Housemarque versteht es besser, einen Klassiker mit neuen Ideen aufzufrischen und trotzdem die Seele des Originals zu bewahren. Wer Lust auf Action alter Schule hat, wird hier dennoch richtig gut unterhalten!

Pro

zeitlos fesselndes Prinzip
blitzschneller, sehr kniffliger Adrenalinrausch
hübsch glühendes Vektor-Design
wunderbar verspielte und melodiöse Hardcore-Breaks
Soundtrack lässt sich komplett im Menü anhören
psychopathische Retro-Soundeffekte
geschickter Einsatz von Extras und Besonderheiten ist überlebensnotwendig

Kontra

nur kleine Neuerungen gegenüber den Vorgängern
Neueinsteiger werden etwas überfordert
wenige Modi
witzlose, aber zum Glück leicht ignorierbare Bewegungssteuerung

Wertung

PS_Vita

Furiose, knackige und blitzschnelle Arcade-Action alter Schule.

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