Im Test:
Vom Schurken zum Helden
In Kessen III schlüpft ihr in die Rolle von Onimusha-Bösewicht Nobunaga Oda, der, bevor er bei Capcom als nicht tot zu kriegender Zombie-Despot anheuerte, bei Koei noch als smarter Held mit edlen Zielen unter Vertrag war. So beginnt das Spiel im zerrütteten Japan des 16. Jahrhunderts, das Nobunaga mit jugendlichem Idealismus und Tatendrang zu einen versucht.
Die Handlung basiert dabei teilweise auf historischen Gegebenheiten, die mit jeder Menge Mystik, Intrigenspiel und Pathos in eine kitschige, fast sogar komödiantische Heldensuppe mit über zwei Stunden Filmmaterial verkocht wurden. Eine spannende Story mit charismatischen Kriegsherren und tragischen Einzelschicksalen sieht anders aus.Auf sie mit Gebrüll: Der junge Nobunaga Oda schickt seine Truppen in den Kampf.
Stattdessen wirken die Protagonisten völlig überzogen, teils fast lächerlich und der pathetischen Rahmenhandlung fehlt es aufgrund der relativ frei wählbaren Schlachtfolgen deutlich an Intensität und Brisanz. Hinzu kommen teils völlig alberne Dialoge, Animationen und Synchronsprecher, welche die Helden vor allem in den Ingame-Sequenzen schnell zu Witzfiguren verkommen lassen - ganz gleich, ob ihr euch für englische oder japanische Sprecher entscheidet. Eine deutsche Synchro hat man sich im Vergleich zum Vorgänger gespart, während die deutschen Untertitel etwas lieblos wirken und teils sogar komplett fehlen, was angesichts der hervorragenden Lokalisierung des Vorgängers mehr als verwundert.
Mitten drin oder nur dabei?
Ansonsten wirkt die Soundkulisse routiniert. Die vorwiegend orchestralen Klänge fügen sich meist harmonisch ins Surround-Gedöns schreiender Soldaten, trampelnder Hufe und klirrender Klingen ein, so dass ihr euch akustisch mitten im Kampfgetümmel wägt. Grafisch wirken die Massenschlachten hingegen trotz diverser Zoomstufen etwas zu nüchtern und steril um ein überzeugendes Mittendrin-Gefühl zu erzeugen. Selbst die von Dynasty Warriors inspirierten Wutattacken, bei denen ihr eure berittenen Offiziere direkt durch die feindlichen Reihen treiben könnt, wirken eher verhalten und unspektakulär. Dafür glänzt die stets flüssig laufende und PAL-Balken-freie Grafik-Engine mit zahlenmäßig abgespeckten, aber angenehm detaillierten Einheiten, abwechslungsreichem Terrain wie Wäldern,
Sümpfen, Flussläufen oder Sandbänken, aus denen man strategische Vorteile ziehen kann. Auch die Höhenunterschiede spielen bei der Angriffsplanung erstmals eine eine wichtige Rolle.Lohnendes Teamwork: Koordiniert ihr eure Attacken mit Verbündeten, richtet ihr mehr Schaden an.
Planung und Ausführung
Generell ist der Schlachtverlauf in drei Phasen eingeteilt: Zunächst erfolgt die Planung, in der ihr eure Offiziere und Bataillone mit neuer Ausrüstung versorgt, frische Truppen rekrutiert und aus einem dynamischen Angebot an freiwilligen Scharmützeln, storybezogenen Gefechten und Entscheidungsschlachten den nächsten Kampfschauplatz wählt. Danach haltet ihr Kriegsrat, wo ihr die teilnehmenden Truppen und deren Ausgangspositionen bestimmt sowie Marschrouten und Kampfausrichtungen festlegt. Leider könnt ihr eure Bataillone dabei nur an vorgesehenen Stellungen positionieren und nur einzelne Wegpunkte bestimmen, was Zangen-, Rücken oder Flankenangriffe etwas mühselig macht. Unmöglich sind solche Finessen aber nicht, da ihr während der dritten Phase, also der Schlacht selbst, das Spiel jederzeit pausieren und auf die Schlachtkarte zugreifen dürft, um neue Befehle zu erteilen oder alte zu revidieren.
Strategisches Leichtgewicht
Der taktische Spielraum ist aber dennoch recht bescheiden. Eigentlich geht es in erster Linie darum, die für die jeweilige Schacht die optimalen Truppen auszuwählen, euch den Weg zum feindlichen Kommandanten bzw. Missionsziel zu bahnen und die im Kampf verfügbaren Fertigkeiten im richtigen Moment auszuführen.
Die Steuerung ist dabei sehr direkt und intuitiv. Während ihr das jeweils ausgewählte Bataillon mit dem linken Analog-Stick unmittelbar über das Schlachtfeld scheucht, könnt ihr mit den Schultertasten die Einheiten wechseln, in Formation bringen oder Verbundangriffe ausführen lassen. Mit den vier Aktionstasten initiiert ihr hingegen normale Angriffe, Sturmangriffe, vorübergehende Rückzüge sowie spezielle Truppen- und Offiziersfähigkeiten, mit denen ihr die eigenen Truppen stärkt, die gegnerischen schwächt, sie mit verheerenden Spezialattacken und Zaubersprüchen beharkt oder in den so genannten Wüten-Modus wechselt.Action pur: Bei Wutattacken metzelt ihr euch wie in Dynasty Warriors durch die Gegnerhorden.
Spürt meinen Zorn!
Entscheidet ihr euch, den anführenden Offizier in Rage zu versetzen, wechselt ihr direkt in den Körper des jeweiligen Kommandanten, der dann wild metzelnd durch die gegnerischen Reihen sprengt und in bester Dynasty Warriors-Manier alles umsäbelt, was ihm in die Quere kommt. Das Ganze ist zwar zeitlich beschränkt, macht aber kurzzeitig durchaus Laune, da ihr währenddessen nicht nur massenhaft Gegner plätten und spektakuläre Spezialattacken ausführen, sondern auch zusätzliche Gefolgsleute, Goldschätze und Erfahrungspunkte einheimsen könnt. Auf Dauer spielt sich das mitunter auch etwas hakelige Gemetzel jedoch recht monoton,
so dass man sich auf weniger zeitraubende, dafür aber nicht weniger effektive Truppenfähigkeiten oder kostenlose Verbundangriffe konzentriert.Taktische Pause: Auf der Schlachtkarte könnt ihr jederzeit neue Marschrouten festlegen.
Keine Kollateralschäden
Doch Vorsicht: Wenn ihr einer Bogenschützennachhut den Feuerbefehl erteilt, können auch eigene Soldaten getroffen werden. Zwar werden diese dabei im Gegensatz zum Gegner nicht verletzt, aber trotzdem kurzzeitig zurückgeworfen, wodurch sie zu leichten Zielen werden. Zum Glück könnt ihr euch jedoch rechtzeitig in Verteidigungsstellung bringen, um solche Rückschläge zu vermeiden und gleichzeitig ein besseres Ranking am Ende der Schlacht zu erhalten, was euch neben mehr Erfahrungspunkten und Gold auch immer wieder seltene Gegenstände als Kriegsbeute beschert. Wer mit dem Ergebnis unzufrieden ist, kann die Schlachten auch so oft wiederholen, bis er alle der über 450 Ausrüstungsgegenstände erbeutet hat. Dazu seid ihr aber nicht nur gezwungen so oft wie möglich mit der Bestnote abzuschließen, sondern die ganze Kampagne auch mehrmals durchzuspielen,
da ihr euch gelegentlich für eine von zwei Schlachten entscheiden müsst und auch nur so das letzte der insgesamt 13 Kapitel freischaltet.Freund oder Feind? - Bei größeren Scharmützeln verliert ihr schon mal die Übersicht.
Über 70 Kriegsschauplätze
Der unveränderbare Schwierigkeitsgrad gibt sich jedoch die meiste Zeit recht moderat und eure Fortschritte lassen sich jederzeit, auch während des Kampfes, abspeichern. Wer Spielstände von Samurai Warriors oder Samurai Warriors: Xtreme Legends auf seiner Memory Card schlummern hat, kann sogar ein paar Bonuscharaktere freischalten. Der Umfang kann sich mit über 70 verfügbaren Schlachten durchaus sehen lassen, auch wenn die Schlachtfelder deutlich kleiner ausfielen als im Vorgänger und die Aufträge wesentlich schneller zum Abschluss zu bringen sind. Das liegt auch daran, dass die Truppen in ihrer Größe geschrumpft sind und in kürzerer Zeit mehr Schaden anrichten. Trotzdem leidet hin und wieder die Übersicht, was zum einen an der nicht zoombaren Übersichtkarte und zum anderen an der bockigen Kameraführung liegt. Ein weiterer Kritikpunkt ist die nicht immer überzeugende KI, durch die ihr in brenzligen Situation immer wieder gezwungen seid, an mehreren Fronten selbst einzugreifen. Allerdings verhalten sich auch eure Gegner nicht immer intelligent. Die Möglichkeit, gegen einen menschlichen Kontrahenten anzutreten, gibt es leider nicht.
Fazit
Kessen war noch nie ein strategisches Schwergewicht, hatte die Gratwanderung zwischen Taktik (Romance of the Three Kingdoms) und Action (Dynasty Warriors) aber bisher immer recht gut hinbekommen. Der dritte Teil schmeckt jedoch eindeutig zu sehr nach Dynasty Warriors. Zwar ist die Handhabung sehr intuitiv und einsteigerfreundlich, aber auf Dauer wird einfach zu wenig Substanz serviert. Das heißt nicht, dass Kessen III ein schlechtes Spiel ist, aber als Hobbystratege und Fan der Serie hatte man einfach mehr taktische Würze erwartet. So liegt die Hauptmotivation eher im Ausrüsten und Aufleveln der Truppen als im Schlachtverlauf selbst, der kaum variiert und in erster Linie durch geschickte Verbund- und Spezialangriffe begeistert. Die wütenden Einzelaktionen eurer Offiziere werden hingegen schnell langweilig und bringen kaum Vorteile. Gelungen ist dafür die Einbindung des Terrains, das erstmals auch Höhenunterschiede bietet, während die dynamische Missionsstruktur nicht nur dem Wiederspielwert zugute kommt. Am Umfang gibt es aber auch so nichts auszusetzen und dank komfortablem Speichersystem seid ihr auch vor frustrierenden Neustarts gefeit. Lediglich die bockige Kameraführung und nicht immer überzeugende KI sorgen hin und wieder für Ärgernis. Schade auch, dass die Lokalisierung dieses Mal nur auf Sparflamme kocht, auch wenn Story und Dialoge vor Pathos und Peinlichkeiten nur so triefen. Wer auf unkomplizierte Action-Strategie mit Rollenspielelementen steht, wird aber trotzdem seine Freude haben.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
Leicht zugängliche Taktik-Action-Schlachtplatte mit mehr Pathos als Tiefgang.
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