SNK Arcade Classics Vol. 121.10.2008, Paul Kautz
SNK Arcade Classics Vol. 1

Im Test:

Na, das war aber auch mal wieder an der Zeit: Nachdem vor ein paar Jahren scheinbar die große Retro-Collection-Welle losflutete (man denke in diesem Zusammenhang besonders an die famosen Capcom Classics Collections sowie Segas Mega Drive Collection), flaute sie auch wieder genauso schnell ab - und das, obwohl es noch mehr als genug Nachholbedarf für die junge Generation gibt. Ein Bildungsdefekt, der von SNK messerscharf erkannt wurde.

Die portable Elite

Hach, die Neo Geo. Kann sich noch einer an diese schwarze Elite-Konsole erinnern? Wobei das Wort »Konsole« eigentlich fast fehl am Platze ist, schließlich war SNKs Neo Geo nicht weniger als die ultimative Arcade-Maschine für Zuhause: Die Games sahen hier genauso aus wie in den Arkaden, sie spielten sich genauso, sie klangen genauso. Und waren auch fast genauso teuer wie die großen Automaten: Im Schnitt kosteten die Games 400 DM, für Ausnahmetitel wie das seltene Viewpoint waren 

Die Neo Geo war vor allem für ihre vielen, qualitativ hochwertigen 2D-Prügler berühmt - wie Art of Fighting, The King of Fighters, World Heroes, Samurai Shodowns oder das hier gezeigte Fatal Fury.
auch schon 1000 Mark und mehr zu berappen! Und da regt man sich heute über 60 Euro-Titel auf...

Den Preisen zum Trotz entspringt die Neo Geo den frühen 90er Jahre, also einer Zeit, in der 3D-Grafik bestenfalls aus einer Hand voll krümelig texturierter Polygone bestand. Und so war auch SNKs Wunderkasten eine reine 2D-Konsole, wie auch Mega Drive und SNES - nur mit weitaus mehr Zunder im Ofen, was detailreiche Animationen und jede Menge Pixeleffekte möglich machte. Was scheinbar besonders gut für Prügelspiele war, eine der Hauptdomänen der Neo Geo - nicht umsonst gibt es hier fast ein Dutzend Spiele der King of Fighters-Reihe. Heute, in den aufgeklärten Tagen der Concorde-schnellen 3D-Beschleuniger, bedeutet 2D hauptsächlich »leicht emulierbar«, was Retro-Freunde freut, denn dadurch sind Kollektionen wie diese machbar.

Neo-Geologen ans Werk!

Im Großen und Ganzen sind die Versionen für PSP und PS2 identisch, zumindest was den Inhalt betrifft: Hier wie da tummeln sich 16 Games von 1990 bis 1997 auf den Disks, die erstaunlich repräsentativ für das Neo Geo-Sortiment stehen: Shooter-Freunde bekommen Last Resort und Metal Slug, Sportler erfreuen sich an Baseball Stars 2, Neo Turf Masters (Golf) und Super Sidekicks 3 (Fußball), Plattformer hopsen durch die Welten von Magician Lord und Top Hunter. Das größte Kuchenstück dürfen sich aber logischerweise die Fans von Prügelspielen einverleiben: Art of Fighting, Fatal Fury, Samurai Shodown oder das erst freizuspielende World Heroes gehören auch heute noch zu den Highlights der Pixel-Beat-em-Ups!

      

Die Spieleauswahl ist sehr gelungen: Prügler, Plattform-Action (hier: Metal Slug), Sportspiele...
 Potenzielle Flops sind erstaunlicherweise nicht an Bord, alle Spiele sind mindestens solide. Allerdings vermisst man einige Konsolen-Highlights: Wo steckt das begehrte Viewpoint? Wo sind Alpha Mission 2, Wing Jammers oder Nam 1975? Außerdem fällt auf, dass sich kein einziges Rennspiel auf den Scheiben eingefunden hat. Zu allen Spielen gibt es individuelle Optionen wie variable Schwierigkeitsgrade oder verstellbare Tastenbelegung. Außerdem wird bei den meisten Games beim Game Over ein automatischer Speicherpunkt geschrieben, so dass ihr beim nächsten Start nicht wieder von ganz vorne anfangen müsst - freies Speichern ist allerdings nicht gestattet. Die allermeisten Spiele sind außerdem zu zweit spielbar, wobei man im Falle der PSP eine eigene UMD braucht. Aber dazu gleich mehr.

Ruckel-di-zuckel

Wie schon bei den Capcom-Sammlungen gibt es auch hier ein sehr interessantes Bonus-System. Zu jedem Spiel erwarten euch bestimmte Aufgaben: Spielt es auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durch, erreicht einen bestimmten Level, sprengt die Highscore-Liste oder führt ein besonders Manöver aus. Wie bei den 360-Achievements erhaltet ihr damit einen Erfolg, der sich direkt auf die Boni auswirkt. Denn damit schaltet ihr Artworks, Musikstücke, Tastenkombinationen (für Prügelspiele) oder Videos frei - und World Heroes, für das ihr zehn beliebige Erfolge sammeln müsst. Was zu tun ist, könnt ihr entweder vor Spielbeginn oder jederzeit im Spiel nachlesen - so bleiben keine Fragen offen. Die gibt's höchstens zur Herkunft der Spiele: Innerhalb der Sammlung gibt es leider keinerlei Hintergrundinfos, auch das Handbuch beschränkt sich auf ein paar dürre Zeilen zu jedem Game - sehr schade.

...selbst die Shooter-Fraktion wird mit Last Resort ganz hervorragend bedient. Allerdings lässt die technische Qualität der Emulation besonders auf der PSP teilweise zu wünschen übrig.
Beiden Versionen ist gemein, dass derselbe Neo Geo-Emulator zum Zuge kommt, der schon die Metal Slug Anthology befeuerte. Der leistet ganz solide Arbeit, wobei er nicht für moderne Verhältnisse optimiert ist: Wo das Original-Spiel ruckelte, ruckelt auch die emulierte Variante, bei den Prüglern wird das Spielerlebnis teilweise spürbar langsamer, außerdem gibt's an allen Ecken und Enden Grafikfehler wie flackernde Schatten und überlagernde Sprites. Die PS2-Fassung ist alles in allem allerdings sehr solide: Die Ladezeiten sind erfreulich flott, außerdem könnt ihr, sofern euer Fernseher das zulässt, zwischen PAL und NTSC umschalten, womit der dicke Balken am unteren Bildschirmrand der Vergangenheit angehört. Allerdings stottert der Sound im Video, das vor dem Hauptmenü läuft, unerklärlich heftig.

Das ist allerdings angesichts der PSP-Version ein nichtiges Problem: Hier beginnen die Gemeinheiten mit den Ladezeiten. Die sind ja generell ein PSP-Problem, und es gibt zugegebenermaßen schlimmere Kandidaten für die Handheld-Warteliste. Dass allerdings zwischen dem Starten der UMD und dem endlich auftauchenden Hauptmenü fast zwei Minuten vergehen, ist für eine Sammlung von 2D-Spielen einfach nicht akzeptabel! Die Prügler steuern sich mit dem schwammigen Digipad wenig präzise, außerdem kommt hier noch das Problem hinzu, das bereits die Metal Slug Anthology plagte: Ruckeln. Teilweise (wie bei Shock Troopers) ist es schon im Einzelspielermodus deutlich spürbar, bei den Multiplayerausflügen gehen die Frames teilweise in den einstelligen Bereich. Dass ihr die Grafik in drei Optionen (Originalgröße, 4:3 Fullscreen, 16:9 Fullscreen) verstellen könnt, hilft da leider auch nichts.    

Fazit

Beschränkt man sich auf die reine Mathematik, dann bieten die SNK Arcade Classics mehr Spiel fürs Geld als alle anderen Sammlungen zusammen: 16 Spiele, die seinerzeit 400 Mark und aufwärts kosteten, für gerade mal 20 Euro? Her damit! Im Falle der PS2-Fassung ist dieser Reflex auch absolut angebracht: Bis auf gelegentlich auf die Bremse tretende Beat-em-Ups geht sie technisch absolut in Ordnung, dank des präzisen Digipads steuern sich alle Spiele vorzüglich, und für den Multiplayermodus braucht ihr nur ein zweites Pad (nebst willigem Kumpel, der auch 2D-Action mag). Die PSP-Variante zu empfehlen fällt dagegen ungleich schwerer: Aus irgendeinem Grund ist sie zehn Euro teurer, sie lädt sich dumm und dämlich, sie ruckelt besonders im Mehrspielermodus teilweise wie die Hölle - und der funktioniert nur mit zwei UMDs. Die reine Spieleauswahl ist in beiden Varianten dieselbe und verdammt gut, das clevere Bonussystem sorgt nochmal für einen Extraschub Motivation. Und nicht zu vergessen ist das Neo Geo bis heute eine der Hochburgen professionellen Engrishs. Besonders Fans klassischer Beat-em-Ups kommen an dieser Sammlung kaum vorbei.

Pro

sehr gute Spielauswahl
motivierendes Bonus-System
solide Emulation

Kontra

<P>
verdammt lange Ladezeiten (PSP)
unpräzise Fighter-Steuerung (PSP)
übles Ruckeln im Mehrspielermodus (PSP)
teilweise träge Beat-em-Ups (PS2)</P>

Wertung

PSP

Auch auf der PSP erfreuen Spieleauswahl und Bonussystem das Retro-Herz – aber elend lange Ladezeiten sowie technische Unzulänglichkeiten schrecken ab!

PlayStation2

Tolle Spieleauswahl, einfache Steuerung, solide Emulation, cleveres Bonussystem - auf der PS2 blüht die Retro-Sammlung richtig auf!

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