Shaun Palmer's Pro Snowboarder31.01.2002, Jens Bischoff
Shaun Palmer's Pro Snowboarder

Im Test:

Mit Mat Hoffman´s Pro BMX und der Tony-Hawk-Serie gehört Activision zu den Spitzenanbietern im Trendsportbereich. Was bisher allerdings noch fehlte, war eine entsprechende Snowboard-Sim. Mit Shaun Palmer`s Pro Snowboarder will man diesen Missstand nun beseitigen und mit zugkräftigem Namen sowie bewährtem Gameplay auch im Schnee der Konkurrenz auf- und davonfahren. Ob dies geglückt ist oder man krampfhaft probiert hat, Tony Hawk auf ein virtuelles Snowboard zu schnallen, erfahrt Ihr in unserem Test...

Bekannte Namen

Dass man den sechsfachen X-Games-Champion Shaun Palmer für Pro Snowboarder gewinnen konnte, klingt schon einmal sehr vielversprechend und auch das restliche Fahrerfeld kann mit bekannten Namen wie Ross Powers, Tara Dakides oder Andrew Neilson aufwarten. Selbst hinter dem eher unbekannt klingenden japanischen Entwicklerstudio Dear Soft verbergen sich keine Geringeren als die ehemaligen Cool-Boarders-Schöpfer UEP Systems.

Insgesamt habt Ihr jedenfalls die Wahl zwischen zehn männlichen und weiblichen Profi-Boardern sowie zwei versteckten Bonusfahrern, bevor es auf eine der acht Pisten geht. Die winterlichen Locations reichen dabei von Shaun`s kalifornischer Wahlheimat Tahoe über Colorado-Nobelskizirkus Aspen bis hin zum Mount Hood in Oregon. Alpine Hochlagen außerhalb der Vereingten Staaten sucht Ihr hingegen vergebens.

Abwechslungsreiche Locations

Aber auch so haben die präparierten Pisten und Naturhänge einiges zu bieten. Die weitläufigen Strecken besitzen nämlich nicht nur unzählige Interaktionsmöglichkeiten, sondern auch sehr unterschiedliche Umgebungen und Witterungsverhältnisse. Mal fahrt Ihr im Tiefschnee malerischen Sonnuntergängen entgegen, dann trefft Ihr im dichten Schneegestöber auf scheue Tiere, macht Halfpipes, Skihütten und Liftanlagen unsicher, missachtet verführerische Absperrungen oder brettert mitten in der Nacht durch Casinos und Spielhallen.

Über mangelnde Abwechslung oder langweilige Schauplätze kann man sich jedenfalls nicht beklagen. Richtung Tal gibt es eine Menge Fahrtrouten und Trickmöglichkeiten zu entdecken, wobei manche sogar erst erreichbar werden, wenn Ihr einen Wagen ins Rollen, ein Tor zum Öffnen, einen Kran zum Drehen oder einen Baum zum Umstürzen gebracht habt. Solltet Ihr einmal eine falsche Abfahrt erwischt oder eine punkteträchtige Schanze verpasst haben, bringen Euch speziell gekennzeichnete Sessellifte, Gondelbahnen, Schneemobile und andere fahrbare Untersätze in Sekundenschnelle wieder ein Stück bergauf.

Magere Spielmodi

Im Gegensatz zu den abwechslungsreichen Pisten, hat man bei den Spielmodi eher gespart. Solisten haben lediglich die Wahl zwischen einem Karriere- und Freeride-Modus. Während man beim Freeride auf bereits freigespielte Strecken nach Herzenslust die Hänge erkunden darf, müssen im Karrieremodus heikle Aufgaben erfüllt und bonusträchtige Sponsoren gefunden werden. Spezielle Halfpipe-Turniere, Abfahrtsrennen gegen CPU-Konkurrenten oder andere Wettbewerbe gibt es nicht.

Dafür könnt Ihr aber einen eigenen Boarder kreieren, mit dem Ihr wie in einem Rollenspiel für erfüllte Aufgaben im Karrieremodus Erfahrungspunkte kassiert, mit denen Ihr nach und nach Eure Fähigkeiten verbessern könnt. Neue Sponsoren bringen wiederum zusätzliche Boards, Outfits und Strecken mit neuen Herausforderungen mit sich. Diese zu meistern ist aber meist alles andere als einfach, denn neben perfekter Streckenkenntnis, solltet Ihr auch punkteträchtige Trick-Kombos inklusive Signature-Moves und schwierige Landungen fehlerfrei beherrschen - für Grobmotoriker und Ungeduldige ein hoffnungsloses, für Joypad-Akrobaten ein motivierendes, aber auf jeden Fall ein äußerst nervenaufreibendes Unterfangen mit hohem Frustpotenzial.

Habt Ihr gerade einen willigen Mitspieler zur Hand, könnt Ihr aber auch zu zweit die Pisten unsicher machen. Hierzu habt Ihr die Wahl zwischen Freestyle, Palmer X, Push und Loser. Während beim Freestyle der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt, geht es bei Palmer X darum, als erster im Ziel anzukommen. Bei Push hingegen könnt Ihr durch hohe Trickwertungen den Bildschirmausschnitt Eures Kontrahenten immer kleiner werden lassen und umgekehrt. All diese Varianten werden via vertikalem oder horizontalem Splitscreen ausgetragen. Bei Loser seid Ihr allerdings abwechselnd unterwegs. An speziellen Streckenpunkten müssen beide Spieler unter Zeitdruck zeigen, was sie drauf haben - der mit der schlechteren Punktzahl kassiert einen Buchstaben, bis ein frei wählbares Wort komplett und der Spieler damit draußen ist. Mehr als zwei Rivalen dürfen an diesen Wettkämpfen allerdings nicht teilnehmen - äußerst schade.

Solide Technik

Tony-Hawk-Veteranen dürften mit dem Gameplay trotz ungewohnter Umgebung schnell zurecht kommen. Die zahlreichen Grabs, Flips, Spins, Slides, Reverts, Manuals und Handplants lassen sich auch ohne Rollen am Brett vorbildlich ausführen. Selbst das Balance-Meter für Grinds und Manuals wurde nahezu unverändert vom großen Vorbild übernommen. Das Fahrgefühl wurde natürlich an die neuen Gegebenheiten angepasst und überzeugt auf ganzer Linie. Lediglich das beim Freeride zuschaltbare Tutorial fällt mit seinen sporadisch eingeblendeten Hilfstexten eher mager aus - ein eigenständiger Trainingsmodus wäre sicher weitaus motivierender und praktischer gewesen.

Auch optisch macht Pro Snowboarder eine recht gute Figur. Manche Objekte sind zwar nicht sehr detailliert und gelegentlich gibt es Clipping-Fehler sowie minimales Pop-Up zu beanstanden, aber stets flüssige Grafik, gute Weitsicht, authentische Motion-Capturing-Animationen und hübsche Licht- und Schatteneffekte bügeln diese Mankos schnell wieder aus. Zudem darf man seine Leistungen in einem abspeicherbaren Replay nochmals aus anderen Blickwinkeln betrachten - selbst Kameramann spielen ist aber leider nicht möglich.

Dafür darf man sich eine eigene Playlist mit Songs von Spineshank, Static X, Alien Ant Farm, Orange 9mm, Papa Roach, Shootyz Groove, Insolence, Stereomud, Powerman 5000, Godhead, Pantera und Supersuckers zusammenstellen. Da Musik aber bekanntlich Geschmackssache ist, wird man den Soundtrack entweder lieben oder hassen, zum Geschehen passt er allerdings ganz gut. Auch die Sound-FX sind stimmig, wenn auch spielbedingt etwas rar. Sprachausgabe erklingt fast noch seltener und nur auf Englisch - die Texte wurden hingegen größtenteils eingedeutscht. Besondere Sprachkenntnisse braucht man allerdings keine, grundlegende Kenntnisse des Boarder-Vokabulars sind bei manchen Aufgabenstellungen jedoch hilfreich.

Pro:

  • reale Profiboarder
  • speicherbare Replays
  • stimmige Soundkulisse
  • gelungene Animationen
  • hervorragendes Gameplay
  • umfangreiches Trickrepertoire
  • abwechslungsreiche Locations
  • viele Interaktionsmöglichkeiten
  • Kontra:

  • magerer Editor
  • wenig Spielmodi
  • schwaches Tutorial
  • kein 4-Spieler-Modus
  • sehr hoher Schwierigkeitsgrad
  • Vergleichbar mit:

    SSX, SSX Tricky, ESPN Winter X-Games Snowboarding, ESPN X-Games Skateboarding, Tony Hawk`s Pro Skater 3, AirBlade

    Fazit

    Im Grunde hat Activision auch bei Shaun Palmer`s Pro Snowboarder die geschätzten Tugenden der Tony-Hawk-Serie erfolgreich in ein neues Genre transplantiert. Vor allem beim Gameplay fühlen sich Hawkster-Veteranen trotz alpinen Geländes sofort heimisch, was angesichts der bewährten und beliebten Vorlage keine Kritik sein soll. Das überzeugende Fahrgefühl beweist jedenfalls, dass die erfolgreiche Formel auch hier funktioniert. Was den Spielumfang betrifft, kann es Shaun mit Tony allerdings nicht aufnehmen - gerade einmal zwei Spielmodi, keinerlei CPU-Konkurrenten und vier Wettkämpfe gegen lediglich einen weiteren menschlichen Teilnehmer sind alles andere als zeitgemäß. Streckendesign und Trickrepertoire geben hingegen kaum Grund zu Kritik und auch die technische Umsetzung ist recht gut gelungen, wenn auch nicht außergewöhnlich spektakulär. Größter Kritikpunkt ist aber der teils extrem hoch angesetzte Schwierigkeitsgrad, der nicht nur die Nerven von Gelegenheitsspielern oft auf eine harte Probe stellt. Ausdauernde Trendsportler sollten sich davon allerdings nicht abschrecken lassen und dem virtuellen Shaun Palmer eine Chance geben.

    Wertung

    PlayStation2

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    Kommentare

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