Midnight Club II12.05.2003, Mathias Oertel
Midnight Club II

Im Test:

Arcade-Racer sind auf der PS2 mit Spielen wie NfS Hot Pursuit 2 und Burnout 2 gut vertreten. Doch dabei gerät ein Start-Titel fast in Vergessenheit: Midnight Club von Rockstar. Das für lange Zeit beste Arcade-PS-Protz konnte mit rasend schnellen illegalen Straßenrennen in akribisch nachgebauten Metropolen zahlreiche Fans hinter sich vereinen. Und jetzt, zwei Jahre später, rückt der Nachfolger ins Rampenlicht und präsentiert sich als weitaus mehr als eine blasse Neuauflage. Auf was sich Genre-Fans mit Midnight Club II (ab 9,99€ bei kaufen) freuen können, erfahrt Ihr im Test.

Größer, schneller, weiter

Auf den ersten Blick sind die Unterschiede von Midnight Club II zum Vorgänger gar nicht so groß. Denn im Kern geht es immer noch darum, in illegalen Checkpoint-Rennen (illegal ist offensichtlich eine Spezialität von Rockstar Games) als Erster über die Ziellinie zu gehen.

Doch am ganzen Drumherum wurde gefeilt und geschraubt. Und dabei haben die Entwickler auch über den Tellerrand der eigenen Ideen geschaut und überprüft, mit welchen Mitteln die Konkurrenz Erfolg hatte - ohne jedoch Eigenständigkeit zu verlieren.

So gibt es beispielsweise immer noch realen Metropolen nachgebildete Großstädte, in denen die nächtlichen Rasereien stattfinden. Die sind nicht nur insgesamt größer als ihre Vorläufer, sondern haben neben Los Angeles und Paris mit Tokyo eine Stadt mehr als die Raser in Midnight Club.

In den Städten warten diverse illustre Gestalten auf Euch, die Ihr in bester Tokyo Highway Battle-Manier anblinken und so zum Rennen auffordern könnt. Während Ihr anfangs wenig Probleme haben solltet, den abgesteckten Kursen zu folgen, werden die Checkpointrennen mit zunehmenden Spielverlauf immer anspruchsvoller.

Daher solltet Ihr die Möglichkeit nutzen, eventuell einfach nur mal eine Spritztour durch die Stadt zu machen und gegebenenfalls nach Abkürzungen Ausschau zu halten. Denn die Rennen laufen nicht immer linear ab. Zwar passiert es auch, dass es im Prinzip nur einen Weg gibt, der am schnellsten zum Ziel führt und den auch die CPU-Fahrer wählen. Doch häufig seid Ihr und Eure Ortskenntnis gefragt, wenn es darum geht, so schnell wie möglich zum nächsten Checkpoint zu kommen.

Denn bei Midnight Club II reicht es nicht, sich einfach an einen Wagen dranzuhängen und ihn evtl. kurz vor dem Ziel mit dem Turbo zu überholen. Dafür sorgt die exzellent reagierende KI, die hin und wieder sogar den Sprung zur Verrücktheit macht. Bei jedem der "freien" Rennen fahren die Gegner anders und obwohl sie Euch bis zum Letzten fordern, machen sie auch Fehler, fahren unnötige Umwege oder versuchen, Euch in einen Unfall zu verwickeln, der massiv Zeit kosten kann. Genau so stelle ich mir eine KI vor: fordernd, aber nicht frustrierend; unberechenbar, aber stets fair.

Alles neu

Im Laufe des Spieles gesellen sich immer mehr Features und auch Gefahren zu dem Rennvergnügen, so dass die Motivation ständig auf einem hohen Niveau gehalten wird. Mit dem ersten Fahrzeug habt Ihr gerade mal eine Standard-Rennsemmel und keine zusätzlichen Features außer einem begrenzten Turbo-Boost, der geschickt eingesetzt über Sieg und Niederlage entscheidet.

Im weiteren Spielverlauf erhaltet Ihr die Möglichkeit, beispielsweise bei den ausufernden Sprüngen per Gewichtsverlagerung das Fahrzeug wieder so auszurichten, dass Ihr nach der Landung mit einem minimalen Geschwindigkeitsverlust weiterfahren könnt.

Weitere Features, die Ihr nach und nach bekommt, sind beispielsweise die Möglichkeit, aus dem Windschatten heraus einen Sonderturbo zu starten oder am Start per Burnout die ersten Meter vorzulegen.

Im Laufe des Spieles könnt Ihr Euren Fuhrpark auf satte 28 Modelle aufstocken, die sich alle unterschiedlich fahren und zeigen, dass unter dem Arcade-Gerüst eine kleine, aber feine Fahrphysik schlummert.

Besonders bei den Motorrädern wird dies deutlich. Denn hier kann man durch Gewichtsverlagerung beispielsweise einen immensen Geschwindigkeitsschub aus der Maschine kitzeln, der allerdings zu Lasten der Steuerung geht.

Doch hat man sich einmal an das nicht ganz einfache Motorradfahren gewöhnt, möchte man am liebsten gar nicht mehr absteigen und die Konkurrenz mit kreischendem Gummi ins Nirgendwo fahren.

Neben der KI sorgt das ausgefeilte Strecken- und Stadtdesign für hohe Anforderungen an Euer Gedächtnis und Eure Fahrfähigkeiten. Während Los Angeles weitestgehend lineare Wege anbietet, sind Paris und Tokyo vollgestopft mit Abkürzungen und waghalsigen Sprüngen, die erst einmal entdeckt, das Rennen schnell für Euch entscheiden können.

Und nicht zuletzt legt es die aggressiv agierende Polizei darauf an, Euer Rennen zu beenden - sei es nun durch den Versuch, Euch von der Straße zu drängen oder durch clever aufgestellte Straßensperren.

Klasse Editor

Kennt Ihr alle Kurse in den Karriere- oder Arcade-Modi in- und auswendig, braucht Ihr Midnight Club 2 noch lange nicht ins Regal zu stellen. Denn mit dem integrierten Editor ist es ein Leichtes, innerhalb weniger Minuten einen neuen Kurs aus dem Hut zu zaubern. Auf einer Karte der jeweiligen Stadt könnt Ihr spielend einfach Kontrollpunkte festlegen und sofort loslegen.

Wer einen Freund zu Besuch hat, kann ihn per Splitscreen zu Duellen herausfordern, wobei dies jedoch nicht das Ende der Mehrspieler-Fahnenstange ist.

Sobald in Deutschland der Breitbandadapter erhältlich ist, könnt Ihr diese Kurse und natürlich auch die im Spiel integrierten Strecken auch mit bis zu acht Spielern online spielen.

Aber ihr müsst Euch nicht mit Rundkursen zufrieden geben. Wer es etwas härter mag, spielt beispielsweise eine Capture-The-Flag-Variante.

Doch egal, für welchen Modus Ihr Euch entscheidet: Ihr könnt überall mit einem Haufen Optionen dafür sorgen, dass alle Spaß an den heißen Rennen haben.

Durch sowohl Editor als auch die gut umgesetzten Multiplayer-Möglichkeiten wird die Langlebigkeit des Titels massiv erhöht und sorgt dafür, dass man Midnight Club 2 immer wieder aus dem Schrank holt.

Schnell, schneller, Midnight Club II

Bereits mit den ersten Rennen in schwach motorisierten Fahrzeugen wird angedeutet, dass die Grafik-Engine zu großen Taten in der Lage ist. Und hat man irgendwann ein PS-Monster unter dem Hintern und schaltet den Boost zu, traut man seinen Augen nicht. Denn was der Grafikmotor hier an Leistung und Geschwindigkeit auf den Bildschirm bringt, ist derzeit absolute Spitze und lässt selbst Burnout 2 hinter sich.

Auch die Umsetzung der drei Städte inklusive landschaftlicher Merkmale an sich ist sehr gut gelungen. Dichter Verkehr, überfüllte Highways und Passanten, die sich nicht davor scheuen, Euch vor die Motorhaube zu laufen, vermitteln den Eindruck einer lebendigen Metropole.

Schöne Partikel- und Wettereffekte locken ebenfalls immer wieder zum Hinsehen.

Leider kann man dies von den verwendeten Texturen nicht immer behaupten. Insgesamt zwar durchweg besser als im Vorgänger, wirken die Tapeten sowohl auf den Autos als auch in der Umgebung etwas platt und steril. Doch angesichts des phänomenalen Geschwindigkeitsrauschs, der sich vor Euren Augen abspielt, nimmt man diese kleinen Abstriche gern in Kauf.

Denn letzten Endes ist mir der Kompromiss von Texturschwäche zu Gunsten von Speed weitaus lieber als die umgekehrte Lösung.

Gut, aber nicht exzellent

Mit GTA Vice City hat Rockstar Games bewiesen, wie wichtig die Musikuntermalung für ein Spiel ist und so ganz nebenbei den Standard für Soundtracks auf ein Niveau gelegt, das so schnell nicht wieder eingeholt werden dürfte.

Die Musikauswahl in Midnight Club II ist zwar nicht schlecht und unterscheidet sich von Stadt zu Stadt, doch die Auswahl an HipHop- und Techno-Tracks bleibt etwas hinter den Erwartungen zurück.

An der Sprachausgabe hingegen gibt es wenig auszusetzen. Von Fußgängern, die Euch beschimpfen über die Polizeifunksprüche bis hin zu Anfeuerung und Verspottung durch die gegnerischen Fahrer sind die Samples durchweg sauber und abwechslungsreich.

Was den Rest der Soundkulisse betrifft, können sowohl die Motoren als auch die Umgebungsgeräusche ein hohes Niveau zu erreichen, jedoch ohne irgendwelche Glanzpunkte setzen zu können.

Fazit

Was die Angel Studios, pardon: Rockstar San Diego, hier abgeliefert haben, kann sich absolut dem Kampf mit den jetzigen Genre-Größen stellen. Einfach zu bedienen und mit einem moderaten Schwierigkeitsgrad sowie einer phänomenalen Geschwindigkeit ausgestattet, dürften Rennspiel-Fans an Midnight Club 2 kaum vorbeikommen. Obwohl die Missionen immer nur aus Checkpoint-Rennen bestehen, wird man durch die verschiedenen Städte stets aufs Neue gefordert. Und die exzellente und total unberechenbare, teils sogar verrückte KI tut ihr Übriges. Man kann nie sicher sein, welchen Weg die Fahrer wählen und ob sie nicht doch mit Euch auf Kollisionskurs gehen. Kleinere Mängel in den verwendeten Texturen nimmt man genau so schweigend zu Kenntnis wie die angesichts von Verwöhnspielen wie GTA Vice City gewöhnungsbedürftige Musikauswahl. Und wer genug von den mitgelieferten Strecken hat, kann sich mit dem Editor spielend einfach neue Kurse bauen und die dann sogar online zum Einsatz bringen. Unter dem Strich einer der momentan besten Arcade-Racer und definitiv ein Spiel, das den Adrenalinspiegel gewaltig nach oben schnellen lässt.

Pro

<li>28 Fahrzeuge inkl. Motorräder(!)</li><li>rasend schnelle und flüssige Grafik</li><li>im positiven Sinne unberechenbare KI</li><li>anspruchsvolle Checkpoint-Rennen</li><li>zahlreiche Gimmicks</li><li>drei schön nachgebildete Städte</li><li>sehr gute Steuerung</li><li>gelungener Mix aus Arcade mit einer Spur Simulation</li><li>Schadensmodell</li><li>Multiplayer für bis zu acht Spieler online</li><li>Strecken-Editor</li>

Kontra

<li>teilweise schwache Texturen</li><li>Musikuntermalung könnte besser sein</li>

Wertung

PlayStation2

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