Castlevania17.02.2004, Mathias Oertel
Castlevania

Im Test:

Vampiren wird nicht mit Kruzifix und Holzpflöcken ein Ende bereitet, sondern mit Peitsche und Magie – zumindest in Konamis Castlevania (ab 67,00€ bei kaufen)-Serie, die seit NES-Zeiten mit wenigen Ausnahmen (Stichwort: N64) für gepflegte Action-Adventure-Kost sorgt. Komplett dreidimensional versucht das Team des PSone-Hits Castlevania – Symphony of the Night nun auch auf der PS2 für Unterhaltung zu sorgen. Geht das Konzept auf oder zehrt man nur noch vom Ruhm der alten Zeit?

Erblast

Die Belmont-Familie scheint unter einem äußerst ungünstigen Schicksalsstern geboren zu sein. Anders lässt es sich wohl kaum erklären, dass nahezu sämtliche Nachfahren der Belmonts dazu verdammt sind, zu Vampirjägern zu werden. Doch das hat auch seine guten Seiten - zumindest für uns Spieler. Denn ohne die sagenumwobene Vampirjägerfamile wider Willen gäbe es auch keine Castlevania-Abenteuer.

Der Fluch der Belmonts macht auch vor Leon nicht halt!

Vom Standpunkt der Geschichte aus bietet allerdings auch die Blutsaugerhatz auf der PS2 keine großen Überraschungen. Allerdings ist lobenswert zu erwähnen, dass die übliche Story durch leichte Hintergrundinformationen ergänzt wird, die auch im Hinblick auf die Geschichte der Serie einiges erklären. So erfahrt ihr z.B., wieso ihr überall magische Waffen finden könnt und warum den Vampiren und ihrer Gefolgschaft mit der berühmten Castlevania-Peitsche der Garaus gemacht werden kann. Doch letzten Endes hat Castlevania nie von einer epischen Story gelebt, sondern eher auf einen ausgefeilten und motivierenden Mix aus Action und Sprungeinlagen gesetzt.

Schatten der Vergangenheit

Und genau diese Mischung erwartet euch auch im ersten Castlevania-Spiel auf der PS2. Da zudem noch das gleiche Team am Werk war, das für das meiner Meinung nach fantastische Symphony of the Night auf der PSone verantwortlich zeichnet, sollte eigentlich nicht viel schief gehen können, oder?

Obwohl das Spiel in einem schicken 3D-Look gehalten ist, hat man sich bemüht, nahezu alles zu integrieren, was Spieler an den zweidimensionalen Vorgängern schätzen. Und dass dieses Vorhaben nicht immer gelingen muss, haben die eher durchwachsenen Vampirjagden auf dem N64 mehr als deutlich bewiesen. Doch hier hat man fast alles richtig gemacht: Wie gehabt erforscht ihr Raum für Raum eines von Vampiren, Zombies, Skeletten und sonstigen Monstern überfluteten Gemäuers. Und wie man es von der Serie kennt, könnt ihr mit eurer Peitsche schnell für ein Absinken der Gegnerpopulation sorgen.

Die Karte, die magischen Waffen usw. kommen einem ebenfalls eigentümlich vertraut vor. Und hier haben wir schon eine der Stärken von Castlevania ausgemacht: Trotz Dreidimensionalität spielt sich die Jagd auf den Scharfzahn und seine Schergen nahezu wie die 2D-Castlevanias. Denn jeder Raum hat seine festen Kameraperspektiven – Möglichkeiten zur manuellen Justierung gibt es keine.

Feuer frei! Fast jeder Raum wimmelt von Gegnern, denen ihr mit Peitsche und Magie den Garaus machen könnt.

Da die Ansicht aber in den meisten Fällen optimal ist, vermisst man dieses Feature spätestens nach einigen Minuten nicht mehr – zumal das zweidimensionale Feeling dadurch noch verstärkt wird. 

Spielerische Evolution

Doch so vertraut alles auch wirkt, gibt es ein paar Änderungen, die sich vor allem im Bereich der Charakterentwicklung festmachen lassen. Bauten die bisherigen Spiele auf ein leichtes RPG-System mit Erfahrungspunkten, die später einen Levelaufstieg der Hauptfigur bewirkten, hat man auf der PS2 darauf verzichtet.

Harte Bosskämpfe stehen ebenfalls auf dem Programm - genau so, wie man es von der Vamirjäger-Serie kennt!

Stattdessen bekommt ihr im Laufe der Zeit (meist nach einer bestimmten Anzahl erledigter Gegner oder nach dem Sieg über einen bestimmten Feind) neue Kombo-Möglichkeiten für die Peitsche. Und um eure Gesundheits- und Magieleisten zu verstärken, müsst ihr bestimmte Items finden, die in den weiträumigen Hallen versteckt sind.

Castlevania-Puristen mag der Wegfall der RPG-Anteile sicherlich stören, doch unter dem Strich kommt diese Entscheidung einer ausgeglicheneren Spielbalance zugute. Denn wo ihr z.B. auf dem GBA endlos immer wieder durch die gleichen Abschnitte wandert, um Erfahrungspunkte zu sammeln und schließlich den nächsten Level zu schaffen, könnt ihr euch hier auf die Vampirjagd an sich konzentrieren. Denn die Freischaltung der entsprechenden Kombos wurde gut auf die Anforderungen des cleveren, aber auch weitestgehend vorhersehbaren Level- und Gegnerdesigns abgestimmt.

Bosskämpfe gibt es natürlich auch immer noch – und diese sind hart und spannend wie eh und je, so dass selbst Castlevania-Profis viele der Endgegner nicht im ersten Anlauf schaffen sollten. __NEWCOL__Denn die Strategie des Bosses zu erkennen, ist die eine Sache; entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen, etwas völlig Anderes. Doch trotz aller Härte bleiben ausnahmslos alle Kämpfe stets fair und dank der gut reagierenden Steuerung immer unter Kontrolle.

Kleine Schönheitsfehler

Leider kann man dies von den Sprungsequenzen nicht immer sagen. Denn obwohl die Hüpfeinlagen nur etwa zehn bis 15 Prozent des Spieles ausmachen, sind sie zu 80 Prozent für den aufkommenden Frust verantwortlich. Dies hat mehrere Gründe:

Zum einen ist die Kollisionsabfrage bei den Sprüngen äußerst penibel und im direkten Zusammenhang gibt euch die voreingestellte Kamera nicht immer den besten Blickwinkel. Zu allem Überfluss gibt es im späteren Verlauf immer wieder Sequenzen, die nur mit einer Kombo aus Sprung und Peitsche zu schaffen sind. Doch bevor sich Leon Belmont wie weiland Indiana Jones über Abgründe schwingen kann, ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Denn ihr müsst den Moment für den Peitscheneinsatz nahezu millimetergenau planen, was in bestimmten Situationen mit Zeitlimit in unnötigen Stress ausartet.

Verheerende Kombos, aufwändiger Magieeinsatz: die Kämpfe sind spannend und actionreich wie eh und je. Nur die Sprungsequenzen können nicht immer überzeugen!

Ein weiterer Punkt, der bei manchen etwas auf den Spielspaß drücken könnte, sind gewisse Leerlaufphasen. Ab und an kommt es einem vor, dass man durch gähnend leere Gänge geschickt wird, um die Spielzeit künstlich nach oben zu schrauben. Angesichts einer Spieldauer von 15 bis 20 Stunden sicherlich legitim, aber trotzdem unnötig.

Und auch ein immer wieder aufkommendes Gefühl der Orientierungslosigkeit, das nur durch einen Blick auf die gute Karte aufgelöst werden kann und der festen Kameraperspektive anzukreiden ist, sorgt hin und wieder für Missstimmung.

Doch selbst diese kleinen Mankos können nicht verhindern, dass Castlevania unter dem Strich ansprechend verpackte und im besten Sinne klassische Unterhaltung ist.

Denn im kämpferischen Umfeld stimmt eigentlich alles: Eine angenehme Steuerung, zahlreiche Spezialorbs mit Sonderattacken und Magieeinsatz sorgen für viel Spaß. Allerdings bleibt zu hoffen, dass die Entwickler für den nächsten Teil aus den Schwächen lernen. Denn von der Qualität eines Symphony of the Night ist man noch etwas entfernt.

Feine Lichteffekte und stimmungsvolle Umgebungen hebeln Castlevania locker auf eine Stufe mit Spielen wie Devil May Cry und Rygar.

Klasse 3D-Kulisse

Von der grafischen Seite überzeugt Castlevania fast auf ganzer Linie. Am ehesten vergleichbar mit Spielen wie Devil May Cry und Rygar kann das Abenteuer von Leon Belmont locker mit diesen Titeln mithalten und liegt in einigen Punkten sogar weit vorne. __NEWCOL__Feine Lichteffekte, gute Animationen und eine im Großen und Ganzen gelungene und atmosphärische Umgebung lassen einen sogar darüber hinweg sehen, dass sich manche Texturen etwas zu häufig wiederholen und hin und wieder etwas verwaschen wirken.

In der Enzyklopädie könnt ihr die verschiedenen Monstertypen nochmals Revue passieren lassen.

Ein optionaler 60 Hz-Modus lässt PAL-Balken der Vergangenheit angehören und die Spielgeschwindigkeit bleibt trotz aller Action und opulenter Lichtspielereien stets angenehm konstant. Wenn die oben angesprochenen Kameraprobleme nicht wären, hätte die Grafikwertung durchaus höher ausfallen können.

Pompöser Soundtrack

So erschreckend normal (wenngleich auf einem hohen Niveau produziert) die Soundeffekte sind, so grandios ist die musikalische Untermalung, die mit zum Besten gehört, was sich Spielekomponisten in den letzten Jahren haben einfallen lassen: Orchestrale Klänge, sphärische Melodien und treibende Rhythmen geben sich die akustische Klinke in die Hand und sorgen für eine fantastische Atmosphäre.

Da es sowieso nur wenig Sprachausgabe gibt, wird es die meisten kaum stören, dass die nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Es erschallt also der deutsch untertitelte und sehr gut gesprochene englische O-Ton.

Fazit

Als Castlevania-Fan (besonders Symphony of the Night hat es mir angetan) bin ich hin- und hergerissen. Denn im Kern sind alle wesentlichen Elemente der Klassiker vorhanden: Unkomplizierte und spannende Kämpfe, eine stimmige Grafik, einer der besten Soundtracks seit Jahren und fordernde Sprungeinlagen lassen sofort ein angenehm bekanntes Spielgefühl entstehen. Doch vor allem der letzte Punkt birgt einige Tücken: Denn so ausgereift wie in den zweidimensionalen Vampirjagden ist das Sprung- und Kollisionsabfragesystem bei weitem nicht. Immer wieder kommt es zu unnötigen Frustmomenten, die am Spielspaß nagen. Zudem werden hartgesottene Castlevania-Fans das lieb gewonnene RPG-System vermissen, das hier durch automatisch hinzu kommende Kombos sowie Gesundheits- und Magieboosts ersetzt wurde. Allerdings wird so wiederum eine ausgefeiltere Spielbalance ermöglicht und das gnadenlose Überpowern der Hauptfigur verhindert. Zusätzlich hat Konami das Kunststück vollbrachtt, trotz dreidimensionaler Grafik nahezu 2D-Feeling zu entfachen! Und damit ist man den eher misslungenen N64-Auftritten meilenweit voraus. Trotz aller kleinen Mankos kann man Castlevania auf der PS2 also durchaus als gelungenen Nachfolger der Kultserie bezeichnen – auch wenn noch ein gutes Stück bis zur Klasse eines Symphony of the Night fehlt.

Pro

<P>
2D-Feeling trotz 3D-Grafik
spannende und fordernde Kämpfe
viele Secrets
gelungene Inventarverwaltung
gute Spielbalance
ansprechende Gegnerauswahl
feine Soundkulisse
umfangreiches Kombosystem
60 Hz-Modus
stimmungsvolle Grafik
feine Lichteffekte</P>

Kontra

unglückliche Sprungsteuerung
ungenaue Kollisionsabfrage
keine RPG-Elemente mehr
einige Räume mit Leerlauf
nur englische Sprachausgabe

Wertung

PlayStation2

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