Spy Hunter 225.03.2004, Jens Bischoff
Spy Hunter 2

Im Test:

Mit der Neuauflage von Spy Hunter gelang Midway 2001 ein beachtlicher Überraschungserfolg, der dem mittlerweile zwanzig Jahre alten Arcade-Klassiker ein zeitgemäßes Comeback bescherte. Inzwischen steht mit Spy Hunter 2 (ab 9,94€ bei kaufen) die längst überfällige Fortsetzung am Start. Ob diese den Erfolg nochmals toppen kann, erfahrt ihr im Test.

Neues Team, neues Glück?

Zunächst verwundert es, dass Midway für die Fortsetzung ein neues Entwicklerstudio beauftragt hat, obwohl die Jungs von Paradigm doch eigentlich tadellose Arbeit geleistet hatten. Na ja, wenigstens scheint man mit den Angel Studios einen geeigneten Ersatz gefunden zu haben. Pech für die Spieler nur, dass die Smuggler‘s-Run- und Midnight-Club-Macher während der Entwicklung von einem Konkurrenten aufgekauft wurden und sichtlich wenig Engagement in den Feinschliff von Spy Hunter 2 investiert haben.

Auf zwei Rädern durch die Alpen: Sind die Schäden am Fahrzeug zu groß, verwandelt es sich in ein flottes Motorrad.

Minimalistische Präsentation

So wirkt bereits die Präsentation ungewöhnlich schmuck- und lieblos. Zwar ist das Render-Intro noch ein echter Hingucker, aber im weiteren Spielverlauf gibt es bis auf jeweils eine läppische Zwischen- und Endsequenz keinerlei weitere Videos mehr zu sehen und die kurzen Missionsauftakte in Spielgrafik beschränken sich aufs Nötigste. Selbst die Briefings bestehen nur aus Ladepausen überbrückenden Textblöcken, die gegen Ende auch mal komplett auf Französisch erscheinen; dennoch ist die deutsche Übersetzung ganz passabel und die Synchro ordentlich. Schade nur, dass nicht alle Sprachsamples eingedeutscht wurden und das Bonusmaterial mit Interviews, Artworks und Tonaufnahmen englisch ist.

Trügerische Idylle: In den Sümpfen Louisianas wimmelt es von minenlegenden Propellerbooten.
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Geteiltes Leid, doppeltes Leid!

Komplett sparen können hätten sich die Entwickler übrigens das lächerliche Mehrspielerangebot: So ist die "Spionjagd" nichts weiter als ein müdes Splitscreen-Deathmatch zwischen zwei Spielern in einer von vier langweiligen Arenen ohne CPU-Rivalen oder sonstige Besonderheiten, während der kooperative Story-Modus, bei dem ein Spieler lenkt und der andere schießt, aufgrund der überempfindlichen Fadenkreuzsteuerung nahezu unspielbar und auch sonst recht witzlos ist.

Starterlaubnis entzogen: Um dieses Flugzeug am Abheben zu hindern, müsst ihr die Triebwerke lahm legen.

Anspruchsloser Weltenretter gesucht

Doch auch der Story-Modus für Solisten hat den Namen eigentlich nicht verdient. Die Handlung beschränkt sich nämlich auf lose miteinander verknüpfte Aufgabenstellungen und gelegentliche Funksprüche. Vielleicht ist das aber auch gut so, denn dass die Verbrecherbande Nostra mal wieder die Welt beherrschen will und nur IES-Agent Alec Sects sie mit seinem futuristischen Allzweckflitzer, dem Interceptor G-8155, aufhalten kann, klingt alles andere als gehaltvoll oder originell. Selbst Alecs neuer attraktiver Sidekick Vanessa Duvelle führt eher ein Schattendasein und gibt sich damit zufrieden, in den seltenen Videosequenzen ihren Ausschnitt zu zeigen und im Spiel immer wieder die Opferrolle zu übernehmen.

Feuer frei! - Während euer Bolide repariert wird, verteidigt ihr vom Geschützturm aus die mobile Werkstatt gegen Angreifer.

Anpassungsfähige Allzweckwaffe

Am unverwüstlichen Spielprinzip hat sich eigentlich wenig geändert: Ihr rast nach wie vor unter Zeitdruck sowohl zu Land als auch zu Wasser durch die Gegend und pulverisiert feindliche Stellungen und Vehikel aller Art - fette Bossgegner inklusive. Dazu vertraut ihr auf diverse Waffensysteme und eure Anpassungsfähigkeit. Euer Bolide kann sich nämlich in Sekundenschnelle von einem Sportwagen in ein Schnellboot oder von einem Motorrad in einen Jetski verwandeln. Neuerdings beherrscht der Interceptor auch die Verwandlung in einen geländetüchtigen Offroader oder ein tiefschneetaugliches Schneemobil. Das ist auch praktisch, denn in Russland, New Orleans, Kambodscha, den Schweizer Alpen und der Antarktis gibt es jede Menge vereistes und unwegsames Gelände. Allerdings sind die insgesamt 18 Missionen viel zu kurz und nur aufgrund des teils recht herben Schwierigkeitsgrads nicht schon nach einer Stunde abgefrühstückt...

Blick nach hinten: Auch lästige Verfolger könnt ihr mit Zielsuchraketen eindecken.

Orientierungsprobleme

Zudem ist das Leveldesign ziemlich öde und unübersichtlich. Oft weiß man gar nicht, wo man eigentlich lang muss oder erkennt Versatzstücke aus früheren Missionen wieder; und auch eurem erweiterten HUD mangelt es teils an Übersichtlichkeit. Wenigstens findet man auf seinen Irrfahrten immer wieder nützliche Abkürzungen oder versteckte Power-Ups, um der feindlichen Übermacht, die auch vor Luftangriffen nicht zurückschreckt, zu trotzen. Dabei ist es um die Intelligenz des Gegners eher bescheiden bestellt: Da rasen Fahrzeuge in ihre eigenen Bodenminen, bleiben völlig unvermittelt stehen oder rammen sich gegenseitig von der Straße. Ihre Zielgenauigkeit ist allerdings erschreckend hoch und euer Fahrzeug schon nach wenigen Treffern schrottreif. Da es auch keinerlei Rücksetzpunkte gibt, hilft meist nur stures Auswendig lernen von Angriffswellen, Formationen, Streckenverzweigungen und Power-Up-Positionen, um nicht ständig ins Hintertreffen zu geraten.__NEWCOL__

Mangelnder Komfort

Leider müsst ihr auch auf eine Streckenkarte oder gegnerische Energiebalken verzichten, könnt mit dem bloßen Auge weiter sehen als euer Radarschirm und habt nur einen eingeschränkt funktionsfähigen Rückspiegel zur Verfügung. Doch wenigstens habt ihr euer Vehikel dank spritziger Arcade-Steuerung die meiste Zeit perfekt im Griff, werdet von einer meist sauber und großzügig arbeitenden Zielhilfe unterstützt und könnt Boxenstopps in mobilen Garagen hinlegen. Neuerdings könnt ihr euch während Reparaturen und Transporten sogar hinter ein Geschütz klemmen und herannahende Feindfahrzeuge abfangen. Auch eure Bewaffnung und Ausrüstung könnt ihr vor jeder Missionen nach eigenen Vorlieben aus einem üppigen Pool an freischaltbaren Frontgeschützen, Raketensystemen, Schilden, Panzerungen und Heckwaffen auswählen und montieren, wodurch umständliche Waffenwechsel während des Fahrens sogar komplett entfallen.

Lahmes Duell: Die Mehrspielermodi sind eher was zum Abgewöhnen...

Technischer Stillstand

Technisch scheint Spy Hunter 2 auf dem Stand des drei Jahre alten Vorgängers stehen geblieben zu sein. Zwar ist das Spieltempo recht hoch und das Spielgeschehen bleibt meist flüssig, aber die Texturen sind matschig, die Farben blass und die Effekte bis auf wenige Ausnahmen unspektakulär. Zudem muss man sich mit deutlichem Pop-Up und hässlichen Landschaften abfinden. Der Interceptor sieht hingegen ganz ordentlich aus und glänzt mit hübschen Echtzeit-Transformationen. Auch die Soundkulisse passt: Die FX sind ordentlich und erklingen in Dolby Surround, während der eher unauffällige Soundtrack zwischen rockigen und elektronischen Klängen munter hin und her wechselt und dabei nur noch selten das klassische Peter-Gunn-Thema aufschnappt.

Ein Gegner weniger: Die Explosionen sehen teils gar nicht mal so übel aus.

Fazit

Schade, schade, schade. Obwohl Spy Hunter 2 am bewährten Spielprinzip des Vorgängers stoisch festhält, ist es meilenweit davon entfernt, dessen Überraschungserfolg zu wiederholen. Das liegt vor allem daran, dass sich der Titel technisch kaum weiter- und spielerisch teilweise sogar zurückentwickelt hat. Zwar stimmen Spieltempo und Action-Gehalt, aber die Präsentation wirkt äußerst lieblos und die Spielbalance völlig daneben: Das Leveldesign ist öde und unübersichtlich, das Gegnerverhalten teils geradezu peinlich und der Schwierigkeitsgrad immer wieder zum Haare raufen. Wem stures Trial & Error und chaotisches Zielsuchen nichts ausmacht, wird sich hingegen eher über den geringen Umfang oder die lächerlichen Mehrspielermodi ärgern. Zugute halten muss man dem sichtlich uninspirierten Titel allerdings das nach wie vor coole Verwandlungs-Feature, das hektisch-rasante Gameplay sowie das zumindest auf Land gelungene Arcade-Fahrverhalten. Doch das alles bot auch schon der wesentlich ausgereiftere Vorgänger...

Pro

flottes Gameplay
praktische Zielhilfe
wandlungsfähiger Bolide
solide Arcade-Steuerung
unverwüstliches Spielprinzip

Kontra

laue Story
dürftige KI
geringer Umfang
veraltete Technik
lieblose Präsentation
mangelnde Übersicht
witzlose Mehrspielermodi
unausgewogener Schwierigkeitsgrad

Wertung

PlayStation2

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