Tekken 528.06.2005, Paul Kautz
Tekken 5

Im Test:

Zehn Jahre digitales Haudrauf - ist Tekken mittlerweile wirklich so alt? Obwohl der Name anderes behauptet, geht der der 3D-Klassiker mittlerweile in die sechste Runde. Konnte Namco endlich den besten Prügler aller Zeiten schaffen? Oder ist die Seelenschwert schwingende bzw. tot oder lebendig wirkende Konkurrenz mittlerweile uneinholbar?

Allstar-Kommando

Die Tekken-Serie hatte es in den letzten Jahren nicht leicht: Auf der PSone war sie die Vorzeige-Prügelreihe ohne nennenswerte Konkurrenz - bis kurz vor dem Ende der PlayStation-Ära mit »Soul Blade« ein ebenbürtiger Rivale aus gleichem

Klassik-Duell: Law und Nina treffen mittlerweile zum sechsten Mal aufeinander.
Hause auf der Matte und die Eisenfaust auf einmal mit dem Rücken zur Wand stand. Auf der PS2 gewann der Neuling dann mit Soul Calibur 2 schnell die Oberhand, Tekken konnte mit dem Launchtitel »Tekken Tag Tournament« und dem zwar guten, aber sehr routiniert abgespulten Tekken 4 nicht mehr punkten. Zweieinhalb Jahre sind vergangen, die Entwickler wollten ihre Hausaufgaben machen, und mit Tekken 5 (ab 39,99€ bei kaufen) spielerisch an die Glanzzeit eines Tekken 3 anknüpfen. So viel können wir schon vorweg nehmen: Das ist zum größten Teil auch gelungen!

Als Best-Of-Tekken präsentiert der fünfte Teil eine Allstar-Kämpferliga aus allen Teilen, wobei vier Figuren neu sind: Azuka Kazama hat einen ähnlichen Kampfstil wie Jun Kazama (zuletzt gesehen in Tekken Tag Tournament) und legt mörderische Kombos an den Tag. Ninja Raven ist ein schweinecooler Blade-Verschnitt mit blitzschnellen Kicks und Kenpo-Mönch Feng Wei schließlich hat hammerharte Fäuste. Der vierte im Bunde ist nicht spielbar, nimmt aber eine tragende Rolle ein: Endgegner Jinpachi Mishima. Der Rest des 32 Krieger umfassenden Kaders besteht aus Altstars wie Ganryu, Devil Jin oder Baek Doo-San, selbst Känguruh Roger (samt boxendem Anhang im Beutel) hat 

Der schlagkräftige Mönch Feng Wei ist einer der neuen Charaktere.
es wieder ins Spiel geschafft. Dazu gesellen sich noch die üblichen Verdächtigen von Jin Kazama über Christie Monteiro (bzw. Eddy Gordo) und Hwoarang bis zu den verfeindeten Schwestern Nina und Anna Williams. Und selbstverständlich ist auch Zottelfrisur Heihachi Mishima wieder vertreten - trotz der seinen Tod proklamierenden Intro-Aussage. Anfangs dürft ihr nur mit 20 Kämpfern antreten, der Rest wird freigespielt.

Ordentlich was aufs Auge!

Tekken 5 bietet bei den Spielmodi keine Überraschungen: Ihr könnt gegen einen Freund antreten oder zum Üben einem einstellbaren Computergegner die Polygonnase plätten. Die Story wird für jede Figur wie gehabt von Manga-Bildern eingeleitet, die von englischer Sprachausgabe begleitet werden und einen kurzen Überblick über die Kampfmotivation der jeweiligen Figur vermitteln. Neun Kämpfe später trefft ihr auf erwähnten Jinpachi Mishima - und ärgert euch schwarz. Denn er ist der erste Tekken-Endgegner, der dem unschönen Muster anderer Prügelspielserien folgt, nach dem der Endgegner um einiges schwerer sein 

Die Levels glänzen mit Abwechslungsreichtum und tollen Lichteffekten.
muss als der Rest der Feinde. Das wäre ja prinzipiell kein Problem, wenn er einigermaßen berechenbar agieren würde - aber mal haut ihr den alten Sack problemlos aus den Latschen, mal hohnlacht er einem auch nach dem zehnten Versuch ins Gesicht. Ein Keil im sonst so flüssigen Tekken, nicht mal True Ogre aus dem dritten Teil war derart belastend.

Der Story-Modus dient sowieso in erster Linie dem Freispielen neuer Figuren, dem Verdienen von Geld und dem Füllen des etwas umständlich bedienbaren Tekken-Kinos. Denn nach wie vor erwarten euch am Ende jeder Story-Runde technisch teilweise grandiose, und zumeist auch sehr witzig gestaltete Renderfilme - im Falle von Xiaoyu gibt es traditionsgemäß einen ziemlich bizarreren Anime-Kurzfilm. Leider ist die Qualität nicht gleich bleibend,

Zum Test empfehlen wir:

Gameplay-Video 3während z.B. die von Lee, Anna oder Nina witzig und fantastisch animiert sind, kommen andere, wie die von Julia oder Raven sowohl  humoristisch als auch qualitativ sehr bieder daher. Teilweise sind die Filme sogar richtig zynisch - Kazuya, Heihachi oder Brian Fury sind dafür gute Beispiele.                   

Des Kämpfers neue Kleider

Die wichtigste Spielvariante ist der Arcade-Modus: Namco hat sich die Virtua Fighter-Konkurrenz genau angesehen und den Einen-Gegner-nach-dem-anderen-Modus von Grund auf umgemöbelt. Jeder Kämpfer (auch der eigene) hat einen speziellen Namen

Auch auf einer Raumstation geht die Prügelpost ab.
sowie einen Rang. Durch normale Kämpfe und so genannte »Ranking Matches« steigt ihr immer weiter auf, woraufhin natürlich auch die Feinde schwerer werden - während Widersacher im 6. Kyu Lachnummern sind, macht euch eine »Gottheit« das Prüglerleben schwer. Nach jedem Kampf dürft ihr euch den nächsten Gegner unter drei Kandidaten aussuchen, außerdem gibt es aller paar Runden ein »Tekken Roulette« - mit dem ihr euer verdientes Geld bis zu verzehnfachen dürft.

Was fängt ein Eisenfäustler mit Geld an? Hier kommt die zweite Parallele zu Virtua Fighter 4 ins Spiel: Mit dem verdienten Schotter dürft ihr eure Kämpfer komplett umgestalten. Das fängt bei neuen Klamotten an, geht über frische Farben für die Kostüme weiter und hört erst bei etlichem Zierwerk auf: So gibt es Samba-Rasseln und schmückende Pfauenfedern für Christie, eine E-Gitarre für Hwoarang, eine Jackie-Chan-Frisur für Lei, einen Heiligenschein für Jin, einen Schnorchel fürs Känguruh oder eine Augenklappe für Paul - die Vielfalt dieser Personalisierung bekommt man besonders gut im Arcade-Modus zu sehen, in dem man gegen immer anders gekleidete Feinde ins Feld zieht. Diese Gimmicks kosten

Ihr könnt euren Kämpfer komplett neu einkleiden.
unterschiedlich viel Geld, aber ausgehend davon, dass z.B. ein Bonuskostüm 500.000 Münzen kostet, ein durchschnittlicher Arcade-Kampf aber lediglich 1.000 einbringt, seid ihr sehr lange mit dem Spiel beschäftigt, wenn ihr wirklich alles aus ihm pressen wollt - der Langzeitmotivation sehr zuträglich!

Gespielte Geschichte

In Sachen Design geht Tekken 5 nach schlechten Erfahrungen mit Tekken 4 zwei Schritte zurück zu Tekken 3 bzw. Tekken Tag Tournament: D.b., dass es keine Höhenunterschiede mehr gibt (alles findet auf einer Ebene statt), keine Seitentausch-Möglichkeit und keine Tagfights - außerdem bestehen die Levels jetzt aus einer Mischung aus geschlossenen Arenen und bewährten Endlos-Feldern. Auch an der Spielbalance wurde erneut gefeilt: Mächtigen Figuren wie Christie Monteiro oder Lee Chaolan wurde etwas der Zahn gezogen, schwächeren wie Steve Fox ein Extrazacken Haudruff verliehen. Außerdem gibt es einige neue, einige wiedergewonnene und auch einige weggelassene Moves, an die sich Tekken-Veteranen erst gewöhnen müssen.

Devil Within ist ein sehr laues Spiel im Spiel.
Die erfreuen sich dagegen an den neuen Abwehr-Moves, mit denen man auch Konter kontern kann. Darüber hinaus hat Namco die Geschwindigkeit nochmals angezogen: Tekken 5 spielt sich nochmal schneller als der Vorgänger und rückt damit langsam in Dead or Alive-Regionen.

Nach dem schwachen »Tekken Force«-Bonusgame des vierten Teils wollte Namco den Spielern wohl etwas Besonderes zumuten - herausgekommen ist »Devil Within«, ein Solo-Abenteuer von Jin Kazama, in dem er mehr über sich und seine Vergangenheit erfährt, und das erschreckend an Nina Williams Spin-Off Death by Degrees erinnert, auch qualitativ. Ihr lauft mit Jin mit im Vergleich zum Hauptprogramm komplett veränderter Steuerung durch immergleiche Gänge und vermöbelt immergleiche Gegner mit wenigen immergleichen Kombos. Ein langweiliges Spielprinzip, schlechte Kameraführung und generelle Spaßfreiheit prädestinieren Devil Within zum »Mal kurz zocken, danach nie wieder eines Blickes würdigen«-Spiel, zumal man hier ein Minigame (»Starblade«, ein antiker Weltraumshooter von Namco) sowie Devil Jin als Bonusfigur fürs Hauptspiel freischalten kann.            

Viel interessanter ist da der mit »Arcade-Geschichte« etwas unauffällig versteckte Punkt im Hauptmenü: Von hier aus habt ihr Zugriff

Schockschwerenot: Tekken 1 bedarf mittlerweile erheblicher grafischer Gewöhnung.
auf die voll spielbare Arcade-Versionen von Tekken 1, 2 und 3 - die allerdings im Falle der ersten beiden Titel mehr historischen als spielerischen Wert haben. Leider wars das auch schon in Sachen Bonusgames - kein »Tekken Ball«, kein »Tekken Bowling« oder sonstiges weit und breit.

Kein Kleckern weit und breit!

Optisch war die Tekken-Serie schon immer ein Wegweiser im Prügelgenre - und das ist es auch heute. Das fängt schon bei den für PS2-Verhältnisse unglaublichen Levels an: Ihr kämpft u.a. auf einer lauschigen, vom fahlen Mondlicht erleuchteten Blütenwiese, in einer schummrigen Piratenhöhle mit herumspringenden Münzen, in einem brutzelnd brennenden Dorf, bei dem das Hitzeflimmern das Bild leicht verzerrt - und sogar auf einer Raumstation, bei der die Erde im Hintergrund majestätisch ihre Kreise zieht. Der Untergrund ist leicht zerstörbar, was aber etwas inkonsequent umgesetzt wurde: die zerstörte Textur wird nach wenigen Sekunden wieder durch eine heile ersetzt, was nicht nur merkwürdig

Während im Vordergrund die Fäuste fliegen, watscheln im Hintergrund Pinguine zuckersüß animiert durch die Landschaft.
aussieht, sondern auch vollkommen unnötig ist. Doch darauf achten nur Meckerköppe wie 4Players-Redakteure, denn alleine beim Anblick der Kampffiguren ist alles andere vergessen: Derartige Qualität erwartet man von der Xbox, aber nicht von einer mittlerweile über fünf Jahre alten Konsole wie der PS2! Dank Motion Capturing perfekt animiert, mit jeder Menge realistisch mitwippender Details versehen, liebevoll gestaltet und voll bewegt - achtet besonders auf die Mimik der Kämpfer! Selbst Namcos Inhouse-Konkurrenz Soul Calibur 2 kann da nicht mithalten, von anderen Vertretern wie der DoA-Reihe ganz zu schweigen. Allerdings bemerkt man gerade in den Echtzeit-Zwischensequenzen, in denen die Kamera sehr nahe an die Recken heranzoomt, die teilweise Verwendung von niedrig aufgelösten Texturen oder etwas eckige Körperformen - aber viel mehr kann man aus diesem System wohl nicht mehr rausholen. Außerdem hinken ältere Kaliber wie Nina, Baek oder Kazuya animationstechnisch dem jüngeren Kader hinterher - da wurden offensichtlich Bewegungen aus früheren Teilen recycelt.

Auch außerhalb des Kampfgebietes ist wieder einiges los: johlende Massen und von der Decke baumelnde Autos im »Fight Club«, herumwatschelnde und -schlitternde Pinguine am Südpol, winkende Badegäste auf der Urlaubsyacht - für Atmosphäre

Ihr kämpft u.a. auf einem Luxuskreuzer voller feierwütigem Partyvolk.
ist immer gesorgt. Technikfreaks erfreuen sich an den praktisch nicht vorhandenen Ladezeiten, der jederzeit ohne Ruckler, Tearing oder sonstige Störungen auskommenden Optik und der Unterstützung von 60Hz sowie 16:9-Darstellung.

Auch akustisch setzt das Spiel nach dem durchwachsenen Vergnügen des Vorgängers wieder Maßstäbe: Euch klingt durch die Bank hervorragende Musik entgegen, so manches Stück (wie die Begleitung im Mondschein-Level) gehört eigentlich in die Charts statt in ein Spiel - auch hier geht Tekken einige Schritte zurück zu den atmosphärischen Tracks des zweiten und dritten Teils, weg vom Techno-Gehämmer des vierten. Die Soundeffekte sind größtenteils altbekannt und leider immer noch lediglich in Mono bzw. Stereo. Dafür gibt es an der Sprachausgabe nichts zu mäkeln: Abgesehen von (teilweise) deutschen Untertiteln wurde alles originalgetreu belassen, alle Figuren sprechen bzw. röcheln in ihrem Idiom - englisch, japanisch, chinesisch, koreanisch, bärig, känguruhig&             

Fazit

Liebe Namco-Entwickler, liebe Sony-Publisher: Was genau hat jetzt an der deutschen Version vier Monate gedauert? Die Übersetzung der paar Textzeilen? Das Rausprogrammieren des Progressive Scan-Modus'? Wir hätten diese Perle bereits seit fast einem halben Jahr zocken können! So skeptisch ich noch bei der Preview-Version war, so überzeugt bin ich jetzt nach vielen, vielen Spielstunden mit der endgültigen Fassung: Tekken 5 hat meinem bisherigen Liebling Soul Calibur 2 respektlos den Rang abgelaufen! Allein der clever angelegte Arcade-Modus sorgt für monatelange Motivation, das Freispielen aller Kostüme und Bonus-Klamotten dauert noch mal so lang. Okay, auf »Devil Within« hätte ich verzichten können, aber einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht in die Faust - immerhin hat Namco der Versuchung widerstanden, dieses trübe Stück Software als separates Spin-Off auf den Markt zu werfen. Tekken 5 macht als Prügelspiel fast alles richtig, der allgemein angehobene Schwierigkeitsgrad kommt mir sehr entgegen, der gelungene Humor weht wie eine frische Brise durch die Serie. Außerdem entfernt sich das Game dank verfeinerter Steuerung immer mehr vom früheren »Button Masher«-Status - hier ist mit blödem Gekloppe nicht mehr viel zu holen. Allerdings finde ich es sehr schade, dass es immer noch keinen Online-Modus gibt - gerade in Verbindung mit den personalisierten Kämpfern hätte hier ein wertvoller Beitrag zur PS2-Prügelkultur geleistet werden können. Wie auch immer: Tekken 5 hat hervorragend vorgelegt - mal sehen, ob Soul Calibur 3 in einigen Monaten mithalten kann.

Pro

superbe Optik
fantastische Animationen
umfangreiche Kämpfer-Auswahl
eingängige Steuerung
perfektes Kombo-System
ausgeklügelter Arcade-Modus
gute Übungsmodi
großartige Musik
abwechslungsreiches Leveldesign
Original-Sprachausgabe
teilweise fantastische Renderfilme
motivierende Personalisierungsmöglichkeiten
herausfordernder Schwierigkeitsgrad
kurze Ladezeiten
Widescreen- und 60Hz-Unterstützung
beiliegende Arcade-Versionen von Tekken 1-3

Kontra

langweiliger »Devil Within«-Modus
nervtötender Endgegner
schwankende Qualität der Rendervideos
schwankende Animationsqualität zwischen alten und neuen Figuren
kein Online-Modus
kein Surround-Sound

Wertung

PlayStation2

Der neue alte König - ein spielbarer Prügel-Genuss.

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