Drakengard 221.04.2006, Jens Bischoff
Drakengard 2

Im Test:

Dass feurige Luftkämpfe und schnörkellose Hack‘n‘Slay-Action durchaus miteinander harmonieren können, hat Surreal Softwares Drakan schon vor sieben Jahren bewiesen. Square Enix‘ Versuch dieses Konzept mit Drakengard alias Drag-on Dragoon zu kopieren, fand jedoch nur wenige Anhänger. Trotzdem ließen sich die Japaner nicht beirren und produzierten eine Fortsetzung, die es dank Ubisoft erneut bis nach Europa geschafft hat. Grund zum Jubeln?

Gleiche Welt, neuer Held

Drakengard 2 (ab 199,95€ bei kaufen) spielt 18 Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers und versetzt euch in die Rolle des frisch gebackenen Siegelritters Nowe,

Enttäuschende Aufmachung: Die Präsentation der Storysequenzen lässt teils enorm zu wünschen übrig.
 der zusammen mit seiner Jugendfreundin Eris und Lindwurm Legna in einem zerrütteten Fantasyreich für Recht und Ordnung kämpft - zumindest glaubt er das. Nach einigen zweifelhaften Einsätzen gegen aufständische Rebellen wird Nowe jedoch skeptisch und beginnt die Absichten des skrupellosen Siegelordens zu hinterfragen - mit schwerwiegenden Konsequenzen...

In insgesamt zwölf Kapiteln erwarten euch mehr oder weniger überraschende Enthüllungen, Schicksalsschläge und Wendungen. Allerdings bleibt die Handlung an sich meist viel zu vorhersehbar und klischeehaft als dass sie euch wirklich in den Bann ziehen könnte. Auch der Held wirkt im Vergleich zu seinem Vorgänger viel zu blass und brav, als dass man sich für sein Schicksal interessieren würde. Schuld daran sind zum Teil die oft völlig albernen Dialoge, mit denen Handlung und Charaktere präsentiert werden. Ein Lapsus, den man von Square Enix eigentlich gar nicht gewohnt ist.

Todessüchtige Klonkrieger

Lediglich die gewohnt eindrucksvollen, aber meist recht kurzen Rendersequenzen versprühen gelegentlich einen Hauch Dramatik, bevor dieser von statisch plumpem Kasperltheater in Spielgrafik wieder erstickt wird. Das Spielgeschehen selbst ist leider auch keine Offenbarung: Auf den tristen Schlachtfeldern entpuppen sich feindliche Bedrohungen nämlich meist als traurige Ansammlungen selten dämlicher und noch hässlicherer Klonmassen, die unaufhaltsam auf eure pausenlos tanzende Klinge zuströmen.

Hack'n'Slay für Anspruchslose: Die meiste Zeit metzelt ihr euch durch Polygone gewordenen Stumpfsinn.
 Okay, nicht ganz - manchmal springen sie auch lemmingartig in tödliche Abgründe und ihr könnt eine Buttonmashing-Pause einlegen.

Es gibt sogar vereinzelte Geschicklichkeitseinlagen, bei denen ihr euer Sprungtalent unter Beweis stellen müsst, was aufgrund der hakeligen Steuerung und bockigen Kamera jedoch nur eine unnötige Zerreißprobe darstellt. Eure Nerven werden jedoch auch anderweitig oft hart auf die Probe gestellt und zwar weil es während eurer Einsätze keinerlei Rücksetzpunkte gibt. Wer sich zwanzig Minuten durch schier endlose Gegnermassen metzelt und dann an einem überraschenden Zwischengegner oder einfach nur an der vor allem in engen Gewölben katastrophalen Kameraführung scheitert, weiß trotz nicht verlustig gehender Erfahrungspunkte, wovon ich rede...         

Auf in die Lüfte

Zum Glück könnt ihr dem monotonen Dauergeschnetzel hin und wieder ein Schnippchen schlagen

Tanzende Klinge: Je nach Charakter und ausgerüsteter Waffe lasst ihr unterschiedliche Combos vom Stapel.
und euch auf dem Rücken eures herbei gerufenen Drachenbegleiters in die Lüfte erheben. Aber auch hier ist stupides Tastenhämmern Trumpf. Wenigstens geht das Dezimieren der hirnlosen Gegnermassen mit Feuerbällen weitaus schneller vonstatten als mit Schwerthieben. Auf die speziellen Luftkampfmissionen gegen peinlich animierte Fledermäuse oder öde Schwebewürfelformationen, denen ein Panzer Dragoon mit nur einem Flügelschlag jegliche Existenzberechtigung raubt, hätte man jedoch gerne verzichtet.

Auch die Möglichkeit zwischen insgesamt vier individuell bewaffneten Charakteren zu wechseln, deren Einsatz im Vergleich zum Vorgänger nicht mehr zeitlich begrenzt ist, bringt nur wenig Abwechslung. Das Aufleveln der Spielfiguren und ihrer Waffen kann zwar durchaus motivieren, aber auch knapp 70 freispielbare Schwerter, Stäbe, Speere und Äxte mit individuellen Angriffszaubern und -combos 

Abgehoben: Auf Legnas Rücken speit ihr Feuerbälle auf epileptische Flattermänner und andere Peinlichkeiten.
können nicht über die Monotonie und Primitivität der Kämpfe an sich hinwegtäuschen. Selbst wer für das x-te Dynasty Warriors noch vorbehaltlos das Portemonnaie zückt, sollte sich die Anschaffung von Drakengard 2 zweimal überlegen.

Vertane Chance

Eigentlich wäre das unkomplizierte Kampfsystem für den kleinen Metzelhunger zwischendurch durchaus geeignet gewesen. Die Kombos sind simpel, das Move-Repertoire überschaubar und das Blocksystem idiotensicher. Die miese Kamera und eine fehlende Zielfixierung dürften aber auch den anspruchslosesten Tastenhämmerer bald vergraulen. Auch Gegner-, Level- und Missionsdesign gewinnen keinen Blumentopf - von der geradezu vorsintflutlichen grafischen Präsentation ganz abgesehen.

Was hier an pixeligem Texturmatsch, grassierender Polygonarmut und hölzernen Mageranimationen auf den Spieler losgelassen wird,

Überraschung: Angesichts fehlender Rücksetzpunkte können Bossfights schnell zur Frustprobe werden.
 wäre schon zu PSone-Zeiten eine Zumutung gewesen. Und auch wenn die Umgebungen nahezu nebelfrei sind, ploppen die Gegner oft erst so spät ins Bild, dass man feindliche Truppenstärken eigentlich nur mithilfe der eingeblendeten Minikarte halbwegs abschätzen kann. Ärgerlich nur, dass man diese oft erst mitten im Einsatz erhält und sich bis dahin nur mittels eines Radars orientieren kann, dessen Reichweite die Sichtweite nur knapp übertrifft.

Die akustische Seite präsentiert sich nur unwesentlich besser: Die Sound-FX klingen teils antiquiert, die englische Sprachausgabe reicht von solide bis peinlich und die musikalische Untermalung ist mit ihrem Mix aus Klassik und chaotischem Synthie-Gedöns gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Die deutsche Lokalisierung ist hingegen bis auf wenige Ausnahmen recht brauchbar, was angesichts der gehaltlosen Dialogen aber genauso wenig bringt wie die breit gefächerten Einstellmöglichkeiten bezüglich der so oder so unbrauchbaren Kameraführung...      

Fazit

Drakengard war schon kein Überflieger, aber der Nachfolger stürzt trotz zahlreicher Detailverbesserungen sang- und klanglos ins untere Action-Mittelmaß ab. Angefangen von der schwachen Dramaturgie, über die bis auf kurze Renderfilmchen vorsintflutliche Präsentation bis hin zum hoffnungslos monotonen Spielablauf schmeckt einfach alles nach fadem Einheitsbrei aus dem Fantasyaction-Schnellkochtopf. Da kann der Preis noch so günstig, der Umfang noch so üppig und das Waffenarsenal noch so gewaltig sein - es schmeckt einfach nicht. Schade um die angenehmen RPG-Elemente wie immer stärker werdende Helden, Waffen, Zauber und Kombos. Doch was hilft es, wenn jede aufkeimende Jagd- und Sammelmotivation von grenzdebilen Widersachern, hakeliger Steuerung und einer geradezu haarsträubenden Kameraführung erstickt wird? Wer unbedingt Hack‘n‘Slay und Flugaction in einem Spiel vereint haben will, ist mit den betagten Drakan-Abenteuern nach wie vor besser beraten. Ansonsten bleiben tastenhämmernde Massenmeuchler bei Dynasty Warriors & Co., während schießwütige Drachenreiter den Panzer Dragoon satteln.

Pro

reduzierter Preis
ordentlicher Umfang
vier spielbare Charaktere
hübsche Rendersequenzen
motivierende RPG-Elemente
umfangreiches Waffenarsenal

Kontra

unterirdische KI
hakelige Steuerung
vorsintflutliche Grafik
eintöniger Spielablauf
katastrophale Kameraführung
alberne Dialoge & Animationen
frustbereitendes Speichersystem
monotones Level
& Gegnerdesign
gewöhnungsbedürftiger Soundtrack

Wertung

PlayStation2

Unappetitlicher Mix aus belangloser Flugaction und dröger Massenmetzelei.

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