Crime Life: Gang Wars14.12.2005, Jens Bischoff
Crime Life: Gang Wars

Im Test:

Nachdem fast alle großen Publisher mindestens ein GTA-inspiriertes Verbrecherspiel anbieten, versucht nun auch Konami einen auf Großstadt-Gangster zu machen. Allerdings gab es wohl keine bekannten Filmlizenzen, US-Metropolen oder Rap-Größen mehr, die nicht anderswo unter Vertrag stehen. Selbst Eminem zog es vor, lieber eine Nebenrolle in 50 Cent: Bulletproof zu spielen als den Helden in Crime Life: Gang Wars (ab 27,81€ bei kaufen) zu mimen. Das hielt Konami nicht davon ab, den Rest der D12-Crew unter Vertrag zu nehmen und ein Trauerspiel jenseits jeden guten Geschmacks zu veranstalten, bei dem das schlimmste Verbrechen das Spiel an sich ist...

Hänschen klein ging allein...

Klein Tre möchte gerne ein großer böser Gangster werden, schlurft dahin,

Polygonsparkurs -  "Yo, ich bin so cool mit meinem eckigen Hut, ich brauch nicht mal einen Daumen."
wo die vermeintlich schweren Jungs abhängen und macht wortlos einen auf dicke Hose. Doch irgendwie nimmt ihn keiner ernst - vielleicht liegt‘s an seiner aufgesetzten Gehbehinderung oder daran, dass er stumm ist. Selbst nachdem er den Prügelknaben der Outlawz-Gang verdroschen hat, will außer seinem Cousin und Fürsprecher Darryl niemand etwas mit ihm zu tun haben. Doch klein Tre gibt nicht auf, randaliert ein wenig im Villenviertel von Grand Central City, klaut ein paar Designer-Klamotten, mischt herum lungernde Headhunterz- oder KYC-Ganoven auf und ist sich auch nicht zu schade, den Laufburschen für den örtlichen Frisör zu spielen.

Mein Arzt heißt Dr. Burger King

Nebenher prügelt er Kleingeld aus Parkuhren und Telefonzellen, übersprüht Graffitis rivalisierender Banden, säuft sich in Bars, obwohl er keinen Alkohol verträgt, Mut an oder frisst sich im Fast Food-Restaurant um die Ecke gesund - wer braucht schon einen Arzt, wenn man Schussverletzungen und Blessuren auch mit fettigen Pommes und Burgern kurieren kann... Hin und wieder zerdeppert er aus Frust, nicht selbst Auto fahren zu können, auch mal vorbeifahrende PKWs oder murkst friedliche Passanten ab, um an seiner primitiven Schlagtechnik zu feilen. Übertreibt ihr es, bekommt ihr es zwar mit den Cops und später auch speziellen Sondereinsatz-Kommandos zu tun,

Ganoven-Schaschlik: Mit der Machete spießt ihr rivalisiernde Gang-Mitglieder im Dutzend auf.
 aber die hängt ihr in der Regel recht leicht wieder ab oder legt sie einfach flach - sehr realistisch...

Zu blöd zum Treppensteigen

So prügelt und ballert ihr euch gelangweilt durch die Straßen der fiktiven Großstadt, führt mehr oder weniger plumpe Aufträge aus und klettert von albernen Story-Fetzen begleitet in der Beliebtheitsskala der Outlawz langsam nach oben, wodurch ihr auf euren Steifzügen von immer mehr Homies begleitet werdet, denen ihr sogar eine Hand voll Befehle wie "Greift an!", "Haltet euch zurück!" oder "Helft mir!" erteilen könnt. Leider könnt ihr ihnen jedoch nicht sagen, wie sie eine zuvor erklommene Treppe wieder hinab kommen, wenn sie mal wieder in irgendwelchen Hinterhöfen verhängen und zu blöd sind, euch zu folgen... Na ja, wenigstens sind sie unsterblich und trotten euch sogar noch mit völlig entleerter Lebensenergie brav bis zum nächsten Energie spendenden Junk Food-Tempel hinterher.          

Sprung ins Verderben

Doch egal, was ihr gerade tut, uninspirierte Massenkeilereien,

Alkohol ist auch keine Lösung: im Schutz von Verwischeffekten kotzt ihr euch so richtig aus...
 in denen ihr mit Fäusten oder sich abnutzenden Schlag-,  Stich und Schusswaffen reihenweise phlegmatische Gegner umnietet, ihnen herum stehende Mülltonnen oder Verkehrshütchen an den Kopf schmeißt und abschließend zu geschmacklosen Finishing-Moves ansetzt bei denen ihr u. a. am Boden liegenden Widersachern die Rübe zu Brei hüpft, stehen an der Tagesordnung. Wer Konsole und Spiel auf Englisch stellt, bekommt das ganze sogar noch mit reichlich Blut serviert... Doch nicht nur die Inszenierung der Bandegemetzel ist abstoßend auch das sich dahinter versteckende Kampfsystem ist an Primitivität kaum zu unterbieten - von der lahmen KI, trägen Steuerung und ungenauen Kollisionsabfrage ganz zu schweigen. Versucht lieber erst gar nicht, euch während eines Kampfes nach umher liegenden Schlagstöcken, Klappmessern oder Pistolen zu bücken, ihr werdet verzweifeln...

Letzter Ausweg Alkohol

Zudem sieht Crime Life alles andere als gut aus:

Versteckter Inselbonus: Blut gibt's nur, wenn ihr Konsole und Spiel auf Englisch stellt.
Die Charaktermodelle stammen aus der Klonfabrik für Polygonsparer, die epileptisch anmutenden Animationen kommen nicht über Hampelmann-Niveau hinaus und die Texturen wurden bis zur Unkenntlichkeit weichgespült, was besonders dann auffällt, wenn die lausige Kamera mal wieder hinter irgendwelchen Mauern oder Büschen verschwindet, die jeden Blick auf das traurige Kampfgetümmel verwehren - Transparenzfunktion was ist das...? Dass die ganze Pixelsuppe dann auch noch trotz 60Hz-Modus regelmäßig ins Ruckeln gerät und mit ewig langen Ladezeiten ins PS2-RAM geschöpft werden muss, lässt einen nur noch ungläubig den Kopf schütteln. Am besten ihr betrinkt euch in einer der Bars, um das grafische Elend nur noch verschwommen wahrnehmen zu müssen, wodurch ihr euch im übrigen auch all des rein gewürgten Fast Foods wieder entledigen könnt. Fangt ihr im Suff dann auch noch eine Schlägerei an, bekommt ihr vom Kampftrinker eurer Gang manchmal sogar einen Fuffi extra.

Schuster, bleib bei deinen Leisten

Die Soundkulisse gibt sich trotz Pro Logic II-Kodierung ähnlich armselig:

Guten Appetit: Seid ihr kurz vorm Abnibbeln machen euch fette Pommes und Burger wieder fit...
 Verrauschte Samples und Mager-FX geben sich ein nervtötendes Stelldichein, das nur noch durch die miserable englische Sprachausgabe übertroffen wird, bei der sich selbst die Jungs von D12 nicht zu schade waren, einen auf grotesken Möchtegern-Gangster zu machen. Wenigstens hat die HipHop-Posse aus Detroit dafür gesorgt, dass Crime Life einen interessanten Soundtrack spendiert bekam, bei dem sogar zahlreiche deutsche Acts wie Dek the Raw, Mnemonik, Ryu sowie diverse Vertreter des Roxta-Labels mit von der Partie sind. D12 hat hingegen nur einen Song beigesteuert. Fans kommen aber trotzdem nicht zu kurz und dürfen durch das Sprayen an speziellen Spots oder Meistern bestimmter Herausforderungen reichlich Bonusmaterial in Form von Fotos, Artworks und Interviews freispielen. Zudem haben die Rapper um Eminem bestimmten Spielfiguren Aussehen und Stimme verliehen, was aufgrund der eher bescheidenen Synchronsprecherqualitäten aber wirklich nur Hardcore-Fans freuen dürfte...        

Fazit

Ja, Crime Life ist wirklich kriminell. Allerdings weniger aufgrund seiner übertrieben brutalen Gewaltszenen, sondern weil das Spiel selbst so grottenschlecht ist, dass man es eigentlich als Verbrechen werten muss, so einen Murks überhaupt zu veröffentlichen. Es mag ja löblich sein, wenn man unfähige Spieldesigner von der Straße holt und ihnen eine Aufgabe gibt, aber doch nicht um mit den Ergebnissen dieser Beschäftigungstherapie ahnungslose Käufer in den Wahnsinn zu treiben... Eventuell könnte der Titel aber durchaus einen erzieherischen Wert haben, denn wenn jemand glaubt, dass sich das Leben auf der Straße so abspielt wie in Crime Life, dann will man doch alles tun, um nicht so zu enden. Wie verführerisch ist es schon, seinen Unterhalt durch das Abklappern von Parkuhren und Telefonzellen zu verdienen, kein Auto fahren zu können, nur hirnamputierte Freunde zu haben, Stammgast der örtlichen Fast Food-Kette zu sein, mit irgendwelchen Clowns im Frisörsalon um die Ecke abzuhängen, nach jedem Kneipenbesuch in der Gegend herum zu reihern und grenzdebilen Pausenhofschlägern ins Gesicht zu hüpfen? Keep it real, Konami...

Pro

60Hz-Modus
günstiger Preis
stimmiger Soundtrack

Kontra

dürftige KI
seichte Story
instabile Bildrate
lange Ladezeiten
miese Animationen
hakelige Steuerung
primitives Gameplay
monotoner Spielverlauf
haarige Kameraführung
plumpes Charakterdesign
unflexibles Speichersystem
ungenaue Kollisionsabfrage
geschmacklose Gewaltdarstellung

Wertung

PlayStation2

Grottiges und geschmackloses Gangster-Abenteuer im Stil von The Warriors.

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