Soulcalibur 323.11.2005, Mathias Oertel
Soulcalibur 3

Im Test:

Kilik, Ivy, Maxi, Cervantes – bei Erwähnung dieser Namen läuft Beat’em Up-Gourmets das Wasser im Munde zusammen: Soul Calibur wird kredenzt. Mittlerweile zum dritten Mal ruft Namco zu den Waffen und möchte mit grafisch pompösen Duellen sowie ausgefeilter Kampfmechanik die bereits hervorragenden Vorgänger in den Schatten stellen. Kann man ein Kultspiel überhaupt noch verbessern?

Verbesserte Kampfmechanik

Egal, ob in einem der Solo-Modi oder bei einem Mehrspieler-Duell: man merkt sofort, dass Namco mit filigranen Werkzeugen die bereits hervorragende Steuerung weiter verbessert hat.

Akrobatik, Dramatik, gnadenlose Action: Soul Calibur 3 gehört zu den Prügel-Highlights dieses Jahres.
Dabei finden Veteranen bei wiederkehrenden Kämpfern sowohl bekannte Kombos vor als auch neue Varianten. Doch eines haben alle gemeinsam: Sie lassen sich (gutes Timing vorausgesetzt) punktgenau abrufen.

Und auch das taktische Wechselspiel aus Angriff und Verteidigung ist nach wie vor allererste Sahne und sollte Standard für Prügler werden: Im Zentrum stehen klug eingesetzte Aktiv-Blocks, bei denen die Waffe des Gegners aus dem Weg gestoßen wird und sich die Chance für einen Konter eröffnet. Hinzu kommen die normalen Blocks im Wechsel mit gut gesetzten Angriffen. In keinem anderen Prügler findet sich ein derart dynamisches Spielgefühl.

Dazu gesellt sich eine grandiose Spielbarkeit: Anfänger haben sofort das Gefühl, alles im Griff zu haben – zumindest, bis sie einem menschlichen Kontrahenten begegnen, der einige Kombos beherrscht. Denn spätestens dann wird klar, dass SC 3 eine weitere Tradition mit seinen Vorgängern teilt: Button-Mashen ist out, Kontrolle ist in!

Wer nur blind auf den Knöpfen herum drückt, wird zweifellos einige gut platzierte Zufallstreffer landen. Doch wer sich die Zeit nimmt und einige Kombos verinnerlicht und zudem weiß, wie man effektiv Blocks platziert, wird jeden Dauerdrücker von der Platte putzen.

Drei neue und haufenweise alte Freunde

Natürlich bietet Namco wieder eine breit gestreute Kämpferriege auf, bei der allerdings nur drei neue Recken zu finden sind. Und so imposant sich der Sensen schwingende Zasalamel, die mit einem Schirm und darin versteckten Messer bewaffnete Setsuka und die einen tödlichen Klingenring tragende Tira auch spielen, erreichen sie insgesamt nicht den Reiz der Wiederkehrer und bleiben als Persönlichkeiten vergleichsweise blass. Natürlich ist es schwer, neben Figuren wie Cervantes, Rafael, Kilik, Ivy, Seung Mina und wie sie alle heißen, zu bestehen. Doch gerade deswegen hätte man von Seiten Namcos etwas mehr Sorgfalt walten lassen müssen, um die neuen Figuren nicht nur zu Mitläufern, sondern zu gleichwertigen Fan-Favoriten zu machen.

Aufwändige Effekte und viel Liebe beim Hintergrunddesign kennzeichen die Optik.
Ersatz für Waffenmeister

Eine hervorragende Kampfmechanik und die bunte Mischung alter und neuer Kämpfer kann allerdings über eines nicht hinweg trösten: dass Namco den allseits beliebten Weapon Master-Modus als Langzeitmotivatorüber Bord geworfen hat. Denn die neuen Modi entfachen bei weitem nicht den Spielspaß auf lange Sicht, den der abwechslungsreiche Waffenmeister in SC 2 zelebriert hat. War man dort Dutzende von Stunden beschäftigt und sah sich verschiedensten Siegbedingungen und Handicaps gegenüber, sind die Einzelspieler-Modi in Teil 3 hauptsächlich Variationen von Standardkost.

Nehmen wir z.B. den Story-Modus: Für jeden der insgesamt über 20 Charaktere könnt ihr die Beweggründe für die Suche nach der ultimativen Waffe Soul Edge erfahren, während ihr sie über eine Landkarte steuert, die schmerzhafte Erinnerungen an den Weapon Master-Modus vergangener Zeiten hervorruft. Zwischensequenzen in Spielgrafik lockern das Geschehen genau so auf wie eingestreute Quicktime-Reactions oder die Multiple Choice-Wege, die euch auf einem anderen Pfad ans Ziel lotsen.

Insofern wären eigentlich hervorragende Voraussetzungen für ein langlebiges Spielerlebnis gegeben. Und anfänglich spielt man auch gerne eine Story nach der anderen, um zu erfahren, was die Figuren antreibt, um sich wieder einmal den tödlichen Kämpfen zu stellen – und natürlich, um haufenweise Gimmicks, Goodies und Geheimnisse freizuspielen. Eben so, wie man es von Namco gewöhnt ist.

      

Doch schon bald kehrt Ernüchterung ein: Nicht nur, dass die Storys insgesamt kein schlüssiges Gesamtbild des Konfliktes zwischen den Figuren zeichnen; sie ähneln sich auch viel zu sehr, um auf Dauer bei der Stange (oder auch dem Schwert, Dolch usw.) zu halten.

Die neuen Charaktere sind eindrucksvoll, erreichen aber nicht die charismatische Ausstrahlung der bekannten Figuren.
Denn spätestens wenn ich zum zehnten Mal die gleiche Storysequenz (natürlich mit jeweils einer anderen Figur) sehe und danach die in keiner Form variierende Quicktime-Reaction fast schon mit geschlossenen Augen bewältige, kommt der erste Anflug von Langeweile auf.

Soul Calibur-Fans werden sich trotzdem geduldig durch die kleinen und viel zu kurzen (jeweils etwa 20 Minuten bis eine halbe Stunde) aller Figuren schlagen – allerdings nur, um auch den letzten freispielbaren Charakter auf die Memory-Karte zu bannen.

Taktik inklusive?

Ein ähnliches Bild zeichnet der ebenfalls neue "Chronicles of the Sword"-Modus: Anfänglich hochinteressant legt sich die Euphorie recht schnell. Denn was bei der als Festungs-Eroberung mit Echtzeit-Kämpfen anfänglich den interessanten Eindruck von Spielen wie Wrath Unleashed macht, entpuppt sich schnell als Augenwischerei.

Die Kämpfe sind so gut und intensiv wie in allen anderen Modi, da hier natürlich die gleiche Mechanik greift. Doch das Bewegen der Figuren auf der Übersichtskarte ist auf Dauer ein ewig gleicher Trott, der durch die wahrlich nicht intelligent zu nennenden Entscheidungen der Gegner nicht verbessert wird. Auch die marginalen Rollenspiel-Elemente (die Figuren erlangen Erfahrung und steigen im Level) helfen nicht mehr viel.

Neben schönen Effekten gibt es natürlich auch weibliche Reize zu bestaunen.
Zwei positive Punkte gibt es jedoch auch hier: Zum einen lassen sich wieder haufenweise freispielbare Sachen entdecken. Und zum anderen ist der Chroniken-Modus einer der wenigen Modi, in denen selbst erstellte Figuren eingesetzt werden können.

Wie? Selbst erstellte Figuren? Richtig! Erstmals in der Geschichte der Serie könnt ihr nicht nur die Farbgebung der bekannten Charaktere ändern, sondern in einem ausreichend bestückten Editor eigene Figuren erstellen. Allerdings könnt ihr dabei nur auf vier Archetypen zurückgreifen, die allerdings trotzdem genügend Möglichkeiten offenbaren, so dass auch Helden anderer bekannter Videospiel-Serien wie z.B. Squares Final Fantasy gebaut werden können.

Umso bedauerlicher ist es, dass man diese Figuren nicht in der Geschichte einsetzen kann. Zumal ja auch jetzt schon einige Figuren auf die gleichen Zwischensequenzen bauen…

Auch die anderen Solo-Spielmodi wie Turniere, die nur ein verzweifelter Versuch sind, den Arcade-Modus aus Tekken 5 zu replizieren, sind wenig mehr als ein kurzer Zeitvertreib.

"Aufs Maul"

Seitdem SC 3 in der Redaktion eingetrudelt ist, vergeht kaum ein Tag, an dem wir uns nicht gegenseitig vermöbeln – natürlich rein virtuell. Denn wie schon in den Vorgängern kommt die Stärke der ausgefeilten Kampfmechaniken erst bei Duellen Mann-gegen-Mann zum Tragen. Kombo jagt Kombo, Abwehrmanöver geben sich ein Stelldichein und spätestens beim Stand von 4:4 steigt der Adrenalinspiegel in einen Bereich jenseits der Vorstellungskraft. Ein gutes Figurenbalancing, das auch die selbst erstellten Charaktere mit einschließt, die

Wie kein anderer Prügler schafft SC 3 die Symbiose aus Taktik und Action gepaart mit feiner Steuerung. 
punktgenaue Steuerung – einfach alles passt wunderbar ins Beat’em Up-Mosaik und macht SC 3 zum besten Multiplayer-Prügler, den ihr derzeit kriegen könnt. Wenn es jetzt auch noch einen Online-Modus geben würde, wäre SC3 nahezu perfekt.

Technisch am Ende

Sah der Vorgänger bereits gut aus, kommt man bei SC 3 aus dem Staunen nicht mehr heraus: Was die Grafikabteilung von Namco hier an Effekten, Animationen usw. abfackelt, ist Next-Gen-würdig und treibt die ehrwürdige PS2 an ihre Leistungsgrenze – was sich auch in sporadischen Slowdowns bei besonders aufwändigen Kombos äußert.

Doch da diese minimalen Verlangsamungen den Spielfluss nicht stören, kann man sich voll und ganz der famosen Kulisse hingeben.

Zu jedem Zeitpunkt saubere Animationen, ein bekannt gutes Charakter- und Textur-Design sowie eine durchgestylte Präsentation machen das Zuschauen zu einem wahren Vergnügen.

Besonders erfreulich ist jedoch, dass die Grafiker den Kulissen ebensoviel Sorgfalt zukommen ließen wie den Protagonisten. Man findet keine Kampfstage, in der nicht mit Details geprotzt wird. Man sieht keine Arena, in der es nicht irgendetwas zu bestaunen gibt.

Akustisch zeigt man sich ebenfalls auf einem bekannt hohen Niveau. Doch da die Vorgänger bereits auf eine gute Mischung aus stimmungsvoller Musik, sporadischer Sprachausgabe und dem Klirren von aufeinander treffenden Waffen bauten, wird hier nicht der Aha-Effekt erreicht, den die Grafik so eindrucksvoll auslöst.     

Fazit

Mein Gott, was hätte Soul Calibur 3 für ein Spielerlebnis werden können. Die bereits hervorragende Kampfmechanik der Vorgänger wurde verfeinert und verbessert, so dass mittlerweile keine Wünsche mehr offen bleiben: Anfänger kommen schnell zu ersten Erfolgserlebnissen, Fortgeschrittene und Profis feilen an ihren Kombos und Kontern, die inzwischen noch leichter von der Hand gehen. Und damit nehmen ausufernde Mehrspieler-Duelle kein Ende. Angeheizt durch die fulminante Optik jagt ein Match das andere, bis schließlich die halbe Nacht vorbei ist. Für Einzelspieler gibt es gemessen am üblichen Namco-Standard eine kleine Enttäuschung: Der Weapon Master-Modus ist weggefallen und die Ersatzmodi schaffen es nur ansatzweise, eine ähnliche Motivation aufzubauen, da sie alle an kleineren oder größeren Mankos leiden – obwohl es haufenweise Gimmicks und Goodies freizuspielen gibt. So ist es nur dem Multiplayer-Modus zu verdanken, der leider ohne Online-Spiel auskommen muss, dass Soul Calibur 3 überhaupt einen Award bekommt. Solo wären die Schwert suchenden Abenteurer an Gold gescheitert.

Pro

hervorragende Kampfmechanik
wunderschöne Hintergründe
fantastische Animationen
grandiose Lichteffekte
haufenweise Goodies freizuspielen
drei neue Kämpfer
viele alte Bekannte
eigene Figuren erstellbar
Mehrspieler-Spaß ohne Ende
gute Musikuntermalung

Kontra

kein Online-Spiel
Einzelspieler-Modi unbefriedigend
ab und an leichte Slowdowns
eigene Figuren nicht in allen Modi einsetzbar

Wertung

PlayStation2

Für Mehrspieler-Action der Prügler schlechthin, im Einzelspieler-Modus "nur" gut!

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