The Fast and the Furious: Tokyo Drift29.04.2007, Jan Wöbbeking
The Fast and the Furious: Tokyo Drift

Im Test:

In Japan herrscht ewige Dunkelheit. Den Eindruck erwecken zumindest die im Land des Lächelns so beliebten Rennspiele der Shutokou Battle-Reihe von Genki, hierzulande unter den Namen Tokio Highway Challenge und Import Tuner Challenge bekannt. Eben weil die Zocker Nippons so auf das Genre abfahren, bringt Bandai Namco mit The fast and the Furious jetzt sein eigenes nächtliches Straßenrennen auf die PS2.

Jagd durch Tokio

Ihr dürft nicht nur den Tokioter Highway entlang rasen, sondern auch über die Serpentinen der angrenzenden Gebirgsregion schliddern. Und das Ganze sogar mit der Lizenz des Tuning-Blockbusters The Fast and the Furious. Den aktuellen Teil mit dem Untertitel Tokio Drift habe ich zwar noch nicht gesehen, aber wenn der Film das hält, was der Trailer verspricht, dreht sich auch dort einiges ums stilvolle Schliddern. 

Gib Gummi! Zündet gleich am Start den Nitro, um euch vor eure Konkurrenz zu setzen.
Doch dazu später mehr, denn bevor ihr euch an unterschiedlichen Drift-Technikern versucht, müsst ihr eure Fahrkünste erst einmal auf dem Wangan beweisen. Wan-was? So nennt sich das Autobahnnetz, das sich mit seinen langen Geraden durch die glitzernde Mega-City zieht. Trefft ihr auf einen potentiellen Gegner, blinkt ihr kurz auf und zeigt ihm dann die Auspuffrohre. Sobald der Abstand zwischen euch auf 200 Meter angewachsen ist, habt ihr gewonnen und streicht zur Belohnung ein nettes Sümmchen ein.

Auf den Parkplätzen am Rande der Autobahn warten weitere Freizeitraser darauf, ihr Portmonee zu erleichtern. Bei diesen Wettbewerben geht es entweder darum, als Erster das Ziel zu erreichen oder die Tacho-Nadel am weitesten in Richtung Anschlag zu bewegen. Doch egal, wofür ihr euch entscheidet: Es geht immer nur gegen einen einzigen Konkurrenten auf die Straße. Habt ihr einen ausgewählt, werdet ihr direkt an die Startlinie gebeamt.  Nun ja, nicht direkt, denn ihr müsst eine ganze Weile den Ladebildschirm bewundern. Dank der kurzen Rennen und der langen Lade- und Speicherzeiten verbringt ihr übrigens das halbe Spiel in irgendwelchen Menüs. Die Auto-Save-Option lässt sich allerdings abschalten.

Need for Speed?

Bling bling: die leuchtenden Hochhausfassaden und die glitzernde Straße wirken stimmungsvoll, bieten aber wenig Details und Abwechslung.
Aber zurück zu unterhaltsameren Elementen des Spiels, zurück an die Startlinie: Ist der Countdown bei Null angelangt, presst ihr den frei konfigurierbaren Gasknopf so doll es geht in den Controller und gebt Gummi. Am besten löst ihr zum Start auch gleich den Nitro aus, um euch sofort vor euren Gegner zu setzen und genießt das grandiose Geschwindigkeitsgefühl. Die glitzernde Großstadt saust dank virtuellen Tunnelblick blitzschnell an euch vorbei und sowohl eure Sicht als auch der Controller beginnen zu vibrieren. Die Umgebung spiegelt sich dank einem erstaunlich flüssigen Environment-Mapping auf dem Lack wieder. Das realistische Röhren der Motoren tut sein Übriges dazu, dass man sich mitten ins Rennen versetzt fühlt. Dank der flotten Musik aus Genres wie Drum'n'Bass und J-Rock wird der Adrenalinpegel noch erhöht. Leider erinnern die nicht gerade seltenen Ruckler euch daran, dass ihr vor einer Konsole sitzt. Auch die kargen Hintergründe sorgen nicht gerade für Begeisterungsstürme. Mehr als unscharf texturierte Hochhäuser bekommt ihr nicht zu Gesicht. Und die Fahrzeuge sind auch lange nicht so detailliert modelliert wie in einem Gran Turismo.        

Tunen für Profis?

Habt ihr genug Cash in der Tasche, ist es Zeit, den Autohäusern und Tuning-Schuppen einen Besuch abzustatten. Neben Reiskochern wie dem RX-8 von Mazda und dem Nissan Skyline GT-R V-Spec II gibt es diverse Modelle von Mitsubishi, Saleen, Shelby, Subaru,

Einen Tunnelblick genießt ihr bei The Fast and the Furious nicht nur unter der Erde.
Toyota, Lexus und Scion zu erwerben. Außerdem warten eine Viper und andere Ami-Schlitten von Dodge, Ford und General Motors auf euch. Bis auf die in Zweikämpfen gewonnenen Wagen der Racing-Gang-Bosse könnt ihr sämtliche Vehikel in mehreren Kategorien wie Motor, Vergaser, Bremsen, Differential aufrüsten. Bis ins kleinste Detail abstimmen wie in Import Tuner Challenge lassen sich die Boliden aber nicht. Andererseits könnt ihr euren Liebling aber mit Vinyls, Bodykits, Stickern und anderen Details verschönern.

Habt ihr einige Zeit auf Tokios Autobahnen verbracht, geht es ab in die Berge, wo euch Driftmeister Daijiro Yoshihara erwartet. In gebrochenem Englisch erklärt er euch die Feinheiten der einzelnen Drift-Techniken. Mal bringt ihr den Wagen in der Kurve durch die Handbremse zum Ausbrechen, mal durch Treten der Kupplung oder einfach durch geschickte Gewichtsverlagerung. Es empfiehlt sich, neben einem Autobahnfahrzeug einen zweiten Wagen zu tunen, mit dem ihr geschmeidig um die Kurven driften könnt. Am besten eignet sich dazu ein Modell mit Frontmotor und Heckantrieb. Mit dem tretet ihr zu gewöhnlichen Rennen und Drift-Wettbewerben an, die euch durch die malerische Bergwelt abseits der Metropole führen.

Das Rauschen des Windes

Obwohl auch dort die Hintergründe wenig Abwechslung und keine scharfen Texturen bieten können, wurde die Kulisse atmosphärisch in Szene gesetzt. Bleibt ihr mit dem Wagen stehen, hört ihr das Rauschen des Windes, kleine Wolkenfetzen hängen über der Fahrbahn

Rasen ohne Tempolimit: Auf den langen Geraden über Tokioter Brücken lässt sich euer frisch getunter Wagen bis zum Anschlag ausfahren. 
und ab und zu fliegt eine Passagiermaschine über euren Kopf hinweg. In Sachen Steuerung haben sich die Entwickler für eine Mischung aus Realismus und Simulation entschieden. Mit ein wenig Übung schleudert ihr die Autos geschmeidig um die Kurve. Und sollte es einmal krachen, ist das auch nicht so schlimm. Denn erstens gibt es kein Schadensmodell, zweitens werden die angehäuften Punkte für die vorher ausgeführten Drifts nicht gelöscht wie in PGR 2, sondern wandern stets auf euer Konto. Und drittens könnt ihr zur Not wie beim Hallenfußball mit der Bande spielen, denn all zu sehr wirft euch eine Kollision damit nicht aus der Bahn.

Leider wird es dadurch kinderleicht, die KI-Kontrahenten zu schlagen. Auch bei den Autobahnrennen habe ich in den ersten zehn Stunden beinah jeden Gegner auf Anhieb besiegt. Mit der Zeit taucht auch der eine oder andere härtere Brocken auf, aber insgesamt ist das Spiel viel zu leicht geraten. Wer eine größere Herausforderung sucht, darf sich ein Duell mit einem Freund im Splitscreen oder über die Telefonleitung liefern. Dazu stehen die gleichen Rennmodi zur Auswahl wie in der Karriere. Leider leidet die Grafik hier deutlich stärker unter Bildratenschluckauf als im Solomodus.      

Fazit

Gut kopiert ist besser als schlecht erfunden. Doch The Fast and the Furious wartet sogar mit einigen Spielelementen auf, die das Vorbild Import Tuner Challenge nicht bieten kann: Die Driftrennen entpuppen sich als überaus unterhaltsame Disziplin. Doch andererseits könnt ihr nicht so detailverliebt an euren Vehikeln herumschrauben wie in manch anderem Tuningraser. Auch visuell hinterlässt The Fast and the Furious einen zwiespältigen Eindruck: Einerseits wurde die nächtliche Bergwelt und die glitzernde Metropole stimmungsvoll inszeniert. Auf der anderen Seite sorgen die monoton wirkenden Hochhäuser mit ihren unscharfen Texturen für Langeweile. Auch das häufig auftretende Ruckeln stört den Gesamteindruck. Das größte Problem ist allerdings der viel zu niedrige Schwierigkeitsgrad: Wie im Vorbild Import Tuner Challenge lassen sich auch hier beinah sämtliche Kontrahenten ohne nennenswerte Gegenwehr abziehen. Schade, denn mit etwas anspruchsvolleren KI-Gegnern würden die Duelle deutlich mehr Spaß machen.

Pro

fantastisch umgesetztes Geschwindigkeitsgefühl
ausgetüftelte Driftsteuerung
Anleitung führt euch gut in Tuning und Drifttechniken ein
die Gebirgsstrecken wurden stimmungsvoll in Szene gesetzt
realistisches Motorenbrummen
detaillierte Struktur auf dem Asphalt
die Umgebung spiegelt sich flüssig auf den Lack wieder

Kontra

die meisten KI-Bleifüße sind viel zu einfach zu besiegen
Kontakt mit der Bande hält euch nicht großartig auf
weniger detaillierte Wagenmodelle als in Konkurrenzspielen
Streckenführung am Horizont schlecht zu erkennen
abwechslungsarme Kulissen
ihr dürft immer nur gegen einen Spieler pro Rennen antreten
die Hälfte der Spielzeit verbringt ihr in Lade
und Speicherbildschirmen

Wertung

PlayStation2

Durchschnittlicher Tuning-Raser mit spaßigen Driftrennen, aber viel zu niedrigem Schwierigkeitsgrad.

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