Moto GP 07 (PS2)02.11.2007, Michael Krosta
Moto GP 07 (PS2)

Im Test:

Milestone...das sind doch diese italienischen Racing-Spezialisten, die uns schon den Klassiker Bleifuß und die innovative Alfa Romeo-Raserei S.C.A.R. beschert haben, oder? Genau! Aber die Jungs fühlen sich nicht nur in Autos wohl, sondern haben sich mit EAs alter Superbike-Serie und in jüngster Vergangenheit auch mit SBK 07: Superbike World Championship (Koch Media) auf den Zweirad-Sattel geschwungen. Sieht so aus, als hätte Capcom die richtigen Entwickler für die frisch erworbene Moto GP-Lizenz verpflichtet... Oder doch nicht?

Die Lizenzgeschichte

Immer wenn ein Moto GP-Titel bei uns getestet wird, kann man einen Fuffi verwetten, dass folgendes geschehen wird: Egal, ob im Forum oder per E-Mail wird die Frage kommen, ob Moto GP auf der PS2 nicht eigentlich das gleiche Spiel ist wie Moto GP auf der Xbox 360 und dem PC. Immerhin tragen beiden Spiele ja den gleichen Namen. Wie in den letzten Jahren heißt die Antwort auch diesem Mal nein. Punkt. Während Climax für THQ Rennspiele rund um die Zweirad-Serie für Xbox-Konsolen und den PC bastelt, lag die Lizenz für die Entwicklung von PlayStation-Titeln bisher bei Namco-Bandai, die genau wie die THQ-Serie mit konstant guten Ergebnissen aufwarten konnten, dabei aber zumindest anfangs mehr in die Arcaderichtung tendierten. Die Xbox 360 und den PC bekamen mit Moto GP 07 bereits ihre aktuelle Fortsetzung von Climax serviert, doch auf der PS2 erwartet Biker-Fans in diesem Jahr

Auch Milestone hat es geschafft, bis zu 21 Motorräder auf der PS2 starten zu lassen.
ein Neuanfang: Die Lizenz rund um die Moto GP-WM wanderte von Namco zu Capcom, die mit Milestone einen neuen Entwickler auf die Serie loslassen. Können die Italiener an die erfolgreichen Vorgänger anknüpfen oder sie sogar übertreffen?

Schlechte Vorzeichen

Die Vorzeichen stehen eher schlecht: Zwar hat man mit SBK 07: Superbiker World Championship eine solide Zweirad-Raserei abgeliefert (4P-Wertung: 73%), aber mehr auch nicht. Vor allem der unkontrollierbare Simulationsmodus sowie das Fehlen einer Onlineunterstützung und die detailarmen Kulissen bremsten den Fahrspaß aus. Leider wird schon kurz nach dem unspektakulären Intro klar, dass sich Milestone für die Moto GP-Premiere genau an dieser hauseigenen Vorlage orientiert. Genau wie dort ist die stark flimmernde Grafik eher eine Enttäuschung - hier machte die Namco-Serie mit den letzten Titeln einiges mehr her. Zumindest schaffen es die Entwickler aber, auch hier 21 Fahrer gleichzeitig über die 18 GP-Kurse brettern zu lassen, die meist flott in Szene gesetzt werden und nur in seltenen Fällen durch Slowdowns ausgebremst werden. Beim Sound zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Von den röhrenden Motoren der Namco-Bikes ist bei Capcom nicht mehr viel übrig geblieben, denn die Maschinen klingen hier eher schwachbrüstig und synthetisch. Hinzu kommen künstliche Soundeffekte wie das aufgesetzt wirkende Quietschen der Reifen oder unspektakuläre

Dank der Moto GP-Lizenz findet ihr auch auf der PS2 alle Originalfahrer und Strecken - wie z.B. die Laguna Seca.
Geräusche bei Kollisionen und Unfällen. Nein, liebes Milestone-Team: Hier hätte man sich sehr viel mehr Mühe geben können und müssen!

Weniger Umfang

Auch beim Umfang tritt man bei Capcom auf die Bremse: Während ihr unter der alten Namco-Obhut auch noch die Lenker von 125cc- und 250cc-Maschinen in die Hand nehmen konnte und selbst die THQ-Serie im Extreme-Modus aufgemotzte Straßenmotorräder bietet, findet ihr auf der PS2 einzig die großen MotoGP-Bikes mit einem Hubraum von 800ccm. Selbstverständlich geht ihr dabei nur auf original lizenzierten Maschinen samt den Originalfahrern wie Valentino Rossi, Casy Stoner oder dem Deutschen Alex Hofmann an den Start. Einen Karrieremodus wie bei THQ, bei dem ihr einen eigenen Fahrer anlegt und nach jedem Rennen Skill-Punkte verteilt, findet ihr hier leider nicht. Stattdessen versucht ihr in Einzelrennen ohne Trainings- und Qualifikationssessions vom letzten auf den ersten Platz zu rasen oder messt euch mit Ghosts beim Zeitfahren. In der WM erwarten euch dagegen die 18 Läufe, die ihr wahlweise auch mit einem Training und der Qualifikation einleiten könnt. Habt ihr keine Lust, die gesamte Meisterschaft zu fahren, dürft ihr hier auch eigene Wettbewerbe anlegen und bestimmt die Anzahl und Austragungsorte der Strecken selbst. Beim Drumherum will keine Rennatmosphäre entstehen. Wie denn auch? Zwar werden die Pisten anhand kurzer Videos vorgeführt und nach dem Rennen bekommt ihr eine kurze Reaktion eurer Mechaniker als Bild im Bild, aber es gibt nicht mal eine Siegerehrung, geschweigedenn Kamerafahrten durch die Startaufstellung oder die Boxengasse. Hier hat Climax auf der 360 und dem PC bessere Arbeit geleistet. Auf der PS2 spult ihr dagegen nur ein Rennen nach dem anderen ab, schaut euch danach die Highlights oder die komplette Wiederholung an, erfreut euch anschließend der Punktetabelle und geht dann weiter zum nächsten Kurs. Wer aus dieser Monotonie ausbrechen will, begibt sich in den Modus "Zielvorgabe": Hier erwarten euch 100 Herausforderungen, die von einfachen Beschleunigungs- und Bremsaufgaben bis zu fordernden Fahrerduellen reichen und bei Erfolg Goodies wie Bilder, Fahrer oder Videos freischalten. Kommt euch bekannt vor? Na, dann werft noch mal einen Blick auf SBK 07...

       

Arcade oder Simulation?

Bei all den Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten zum Quasi-Vorgänger ist es keine Überraschung, dass neben den ewigen Ladezeiten auch die Fahrphysik stark an die Ausflüge mit den Superbikes erinnert. Im Klartext heißt das, dass unter Arcade selbst blutige Anfänger dank der Fahrhilfen und dem extrem gutmütigen Verhalten der Geschosse schnell Erfolge einfahren können, während die PS-Monster unter Simulationsbedingungen selbst beim Analogstickeinsatz von Gas und Bremse kaum kontrolliert werden

Bei Regenwetter müsst ihr noch vorsichtiger fahren - vor allem unter Simulationsbedingungen.
können. Die goldene Mitte ist der Fortgeschrittenen-Modus, der zwar fahrerisch schon eine Herausforderung darstellt, aber die Bikes noch kontrollierbar halten und vergleichbar mit dem Niveau der Namco-Titel ist. Die Simulation ist dagegen ein reines Frusterlebnis! Da helfen auch die Einstellungen im Setup wenig, in dem ihr Reifenmischung, Federung, Wendegeschwindigkeit und die Übersetzung abstimmen könnt. Außerdem habt ihr die Möglichkeit, Wettergott zu spielen und die Witterung von sonnig über bewölkt bis hin zu regnerisch festzulegen. Auf der anderen Seite könnt ihr dies wie im echten Leben aber auch dem Zufall überlassen. Entscheiden müsst ihr euch dagegen für einen der vier KI-Schwierigkeitsgrade. Habt ihr auf der leichtesten Stufe den Sieg relativ locker in der Tasche, müsst ihr auf der mittleren Stufe schon ordentlich ranklotzen, auch wenn euch hier zumindest noch ein leichter Gummiband-Effekt die Chance lässt, nach einem Unfall wieder aufzuholen. Auf den beiden höchsten Stufen haben dagegen nur echte Profis eine Chance auf einen Podestplatz. Auch wenn die KI meist sehr hart ist, hat sie gegenüber der gleichnamigen THQ-Serie einen großen Vorteil: Fiese Abschüsse bleiben auf der PS2 aus und es geht trotz einiger Rempeleien in der Regel sehr fair zu. Auch werdet ihr nach einem Unfall nicht mitten im Kiesbett auf die Strecke zurückgebracht, sondern auf den Asphalt - so wie es sich gehört! Ein Schadensmodell gibt es übrigens nicht. Egal, wie heftig ihr gegen die Bande brettert oder euch überschlagt, bleiben Bike und Fahrer unversehrt. Wer sich Stürze oder aufregende Szenen gerne näher anschauen will,
Wer Spaß dran hat, zaubert einen Wheelie auf den Asphalt.
kann über das Pause-Menü in den so genannten Schwenk-Modus wechseln. Dabei bewegt ihr die Kamera frei durch das Standbild wie man es vom Fotomodus anderer Rennspiele kennt. Wer jetzt aber glaubt, auch hier Schnappschüsse machen und diese speichern zu können, der liegt falsch...

Kein Onlinemodus

In Sachen Multiplayer erwartet euch ebenfalls das SBK-Programm: Im Gegensatz zum letztjährigen Namco-Auftritt und den THQ-Spielen gibt es bei Milestone wie üblich keinen Onlinemodus. Hallo?! Wann werden die Italiener endlich lernen, wie man einen solchen Modus entwickelt? So spielt ihr 2007 an der PS2 einzig mit maximal zwei Piloten in Splitscreen - das ist erbärmlich. Zumindest dürft ihr neben Einzelrennen aber auch die ganze WM gemeinsam bestreiten und auch KI-Fahrer dazu schalten, damit es nicht ganz so öde wird.    

Fazit

Im Vergleich zur Namco-Serie der vergangenen Jahren ist das neue Moto GP ein ganz klarer Rückschritt. Es ist zwar dumm für Milestone und Capcom, aber sie müssen sich diesen Vergleich gefallen lassen. Technisch ist die Motorradweltmeisterschaft mit ihren Flimmer-Strecken und der schwachen Soundkulisse eine ganze Klasse schlechter als im letzten Jahr. Auch die langen Ladezeiten sind zusammen mit der katastrophalen Steuerung unter Simulationsbedingungen ein Unding. Dass auch beim Umfang gekürzt wurde und ihr hier weder die niedrigeren Klassen noch einen Onlinemodus vorfindet, setzt dem Ganzen die Krone auf. Ich hatte fast jede Minute das Gefühl, als hätte sich Milestone nur das eigene SBK-Spiel geschnappt, die Motorradmodelle verändert, ein paar Strecken hinzugefügt und in dieser Auftragsarbeit schnell ein Spiel ohne Seele zusammengeschustert, das genau so durchschnittlich ist wie die Ausflüge mit den Superbikes und dabei genau die gleichen Fehler macht. Das klingt zwar hart, aber wenn die Serie auf der PS2 nicht im Mittelfeld stagnieren will, sollte sich Capcom in Zukunft nach Entwicklern umsehen, die mit Herz bei der Sache sind und nicht nur ihre durchschnittliche Technologie von einer Lizenz auf die andere übertragen.

Pro

offizielle MotoGP-Lizenz
viele Herausforderungen
einsteigerfreundlicher Arcade-Modus
flotte Darstellung
verschiedene Witterungsbedingungen
faire, aber fordernde KI

Kontra

sehr schwere Simulationssteuerung
ewige Ladezeiten
kein Onlinemodus
technisch schwächer als im Vorjahr
starkes Kantenflimmern
keine 125cc
und 250cc-Klasse mehr

Wertung

PlayStation2

Geschrumpfter Umfang, kein Onlinemodus und schlechtere Technik lassen die Capcom-Premiere der MotoGP-Serie im Mittelfeld landen. Früher hat es mehr Spaß gemacht!

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