Was ist dran?
Ungeachtet der in meinen Augen unglücklichen Zusammenstellung und der 358/2-Days-Mogelpackung darf man jedoch eines nicht vergessen: Das gemeinsame Auftreten von Disney-Figuren wie Aladdin, Jack Skellington, Puh der Bär, Arielle, Micky, Donald oder Goofy auf der einen und Final-Fantasy-Stars wie Sephiroth, Tidus oder Wakka auf der anderen Seite übt immer noch seinen ganz speziellen starken Reiz aus.Themen wie Freundschaft, Erwachsenwerden oder das Besiegen der inneren Ängste werden sehr sensibel und unprätentiös, mitunter mit spielerischer Leichtigkeit, dann wieder leicht melancholisch behandelt - jedoch in jedem Moment sehr stimmungsvoll. Das Echtzeit-Kampfsystem hatte zwar Probleme mit hektischer Kameraführung oder unglücklicher Ausrichtung der Perspektive, die auch mehr als zehn Jahre später noch Bestand haben. Doch unter dem Strich ist Kingdom Hearts immer noch ein lohnenswertes Erlebnis - auch wenn in der HD-ReMIX-Version auf die deutsche Sprachausgabe verzichtet werden muss. Angesichts der neuen Inhalte, die im Final Mix enthalten sind und die es nie auf Deutsch gab, ist dieser Schnitt nachzuvollziehen. Doch angesichts der beispielhaft hohen Qualität, die die Lokalisierung damals hatte, ist es dennoch sehr schade. Vielleicht wäre man besser beraten gewesen, eine noch umfassendere Sammlung anzubieten, in der z.B. nicht nur der Final Mix (quasi der Director’s Cut), sondern auch die ursprüngliche Version enthalten gewesen wäre, die seinerzeit in unserem
Test eine Wertung von 83% einheimsen konnte.
Doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Denn auf technischer Seite ist die Anpassung an HD-Bildschirme vorbildlich gelungen. In den hochklassigen Videosequenzen gibt es zwar ab und an Artefakte zu sehen, doch das kann den Gesamteindruck nur unwesentlich trüben. Denn mindestens ebenso wichtig ist natürlich die Spielgrafik. Und die kann sich sehen lassen. Im Detail merkt man den Figuren, Umgebungen und Effekten zwar ihren mehr als zehn Jahre alten Ursprung an. Doch der Comicstil mit seinen knalligen Farben, klaren Konturen und festen Strukturen wirkt immer noch sehr zeitgemäß und profitiert enorm von der Anpassung an hohe Auflösungen. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man die Erstveröffentlichung von Kingdom Hearts durchaus in der Anfangsphase der PS3 schätzen. Das spricht zum einen natürlich für die Zeitlosigkeit des Artdesigns, das auch von den Zeichentrickvorlagen aus dem Hause Disney zehrt, zum anderen aber selbstverständlich für die technische Umsetzung.
Nicht mehr ganz so schick
Die Videosequenzen wurden sehr gut an die HD-Ära angepasst.
Bei der Fortsetzung
Re:Chain of Memories, genauer gesagt: der HD-Version der PS2-Umsetzung des GBA-Titels, hat man jedoch nicht so viel Sorgfalt falten lassen. Das gilt weniger für die gut umgesetzte Kampfmechanik, die zusätzlich zum "Echtzeit-Faktor" ein Kartensystem einführt, bei dem man die Wertigkeit seines Angriffs oder Bonuskarten auswählt, bevor man zuschlägt. Doch die Kulisse hinterlässt im Vergleich zum ersten Teil einen weniger homogenen Eindruck. Sie ist zwar weiterhin stimmig und vor allem beim Figurendesign ansehnlich, doch es fallen hier viel häufiger störende Kanten oder unsaubere Texturen auf, die so gar nichts mit der knackscharfen Kulisse des Final Mix in HD gemeinsam haben. Auch die vom DS aufbereiteten Videosequenzen aus 358/2 Days schaffen es nicht, mit der überdurchschnittlich guten visuellen Umsetzung des ersten Teils mitzuhalten.
Fazit
Bevor irgendwann der dritte Teil von Kingdom Hearts auf PS4 und Xbox One erscheint, kann man mit dem HD 1.5 Remix in die erzählerischen Anfänge der Serie abtauchen, deren Teile weltweit fast 20 Millionen Mal verkauft wurden. Doch auch wenn die technische Umsetzung bzw. HD-Anpassung von hervorragend (Kingdom Hearts Final Mix) über gut (Re:Chain of Memories) bis passabel (358/2 Days) reicht, bezweifle ich, dass dieses Paket besonders gut für Neulinge geeignet ist. Die Faszination, die seit dem ersten Teil von der Reihe ausgeht und die durch ein geschicktes Zusammenspiel von bekannten Figuren, Schauplätzen sowie einem ordentlichen Echtzeit-Kampfsystem entsteht, ist immer noch spür- und nachvollziehbar. Doch um das Zeitlinien-Chaos aufzulösen, das im Laufe der letzten zehn Jahre durch die Fortsetzungen, erweiterten Remakes oder parallel laufenden Geschichten auf zig Systemen entstand, ist die Auswahl der Titel denkbar ungünstig. Um kohärentere "Inhalts-Trilogien" anzubieten, wäre es sinnvoller gewissen, das ohnehin nur auf Videosequenzen beschränkte 358/2 Days durch Birth by Sleep zu ersetzen. Der seinerzeit auf PSP erschienene Prolog der Serie, der für den gemutmaßten HD 2.5 Remix eingeplant ist, hätte hier wesentlich besser gepasst, um ein ordentliches Gesamtbild aufzubauen. Doch die Fans, für die diese Sammlung in erster Linie gedacht zu sein scheint, kommen ohnehin nicht umhin, sich die HD-Helden zu besorgen, da man erstmals Re:Chain of Memories sowie den Final Mix des ersten Teiles in Europa genießen darf.
Einschätzung:
gut