Dead Nation07.12.2010, Jörg Luibl
Dead Nation

Im Test:

Die ganze Welt kämpft ums Überleben: Von Südafrika bis Finnland wehren sich die letzten Menschen gegen Horden schlurfender, manchmal aber auch unheimlich schneller oder monströs mutierter Untote. Ob die Seuche zuerst in Amerika besiegt wird? Jedenfalls wurden dort schon 103 Millionen Zombies getötet, das Land hat mit 58% den höchsten Befreiungsstatus im aktuellen Virenzyklus.

Die Welt gegen Zombies

Wer die Alarmanlage eines Autos auslöst, kann Zombies anlocken und es dann detonieren lassen.
In Deutschland sieht es düsterer aus: Laut globalem Online-Status liegen wir auf Rang 10 der weltweiten Heilungsliste mit 6,8 Millionen getöteter Zombies - okay, in Bahrain wurden erst 930 vernichtet. Ist ja auch kein Wunder, dass die Amerikaner so weit vorne liegen, denn erstens dürften wesentlich mehr Leute in Übersee zocken und zweitens ist das Spiel nicht im heimischen PSN erhältlich. Seit dem ersten Dezember kann man sich für 12,99 Euro an der blutigen Befreiung der Welt beteiligen - man muss es sich als erwachsener Deutscher über einen österreichischen, schweizer oder anderen Account runterladen.

Aber der Aufwand lohnt sich: Das Team von Housemarque inszeniert ebenso düstere wie fordernde Zwei-Stick-Action, die gleichzeitiges Laufen in die eine und das Anvisieren einer anderen Richtung ermöglicht. Man kann die Kampagne entweder offline mit einem Kumpel oder online spielen, so dass man mit einem männlichen und weiblichen Charakter zu zweit unterwegs ist. Man bewegt seine Figur(en) über zehn Missionen hinweg durch menschenleere Straßen, Krankenhäuser oder Militäranlagen - überall liegen Trümmer, defekte Leuchtreklame flackert und zwielichtige Musik stimmt auf das kommende Grauen ein.

War das gerade ein Schmatzen? Die Stimmung ist angenehm morbide und bedrohlich: Lediglich das Licht der Taschenlampe erhellt einen Korridor in der Düsternis. Die Kamera wechselt ab und zu zwischen schräger Draufsicht und totaler Vogelperspektive, wenn es die Übersicht in engen Gassen verlangt; man kann allerdings keine Gebäude betreten und erkennt kaum die Einzelheiten der eigenen Rüstung. Die Kulisse sieht sehr gut aus, überall liegen Lumpen, Eimer und Krimskrams herum, es scheppert und Nebel wabert, das Licht der Taschenlampe enthüllt zig farben und Formen, deshalb wünscht man sich fast einen Zoom für noch mehr Durchblick.

Geräusche im Dunkeln

Krawumm: Die Feuer- und Explosionseffekte können sich sehen lassen.
Manchmal hört man die Untoten schon in der Ferne röcheln oder stöhnen, so dass man sich für gezielte Schüsse heranpirschen kann. Sehr praktisch ist hier das Gewehr: Hält man die Feuertaste gedrückt, verbreitert sich der rote Zielstrahl und man kann bei erhöhter Feuerkraft durch mehrere Zombies hindurch schießen - später kann man so ganze Reihen mit einem Schuss fällen. Auch gegen größere Untote ist dieser gezielte Schuss hilfreich. Ansonsten kann auch der effektive Nahkampf über das aufgepflanzte Bayonett helfen, wenn man es nur mit einzelnen Feinden zu tun hat. Sprinten darf man nicht, aber der so genannte Ansturm, der Ausdauer verschlingt, sorgt für einen schnellen Ausbruch in eine Richtung.

Dieser Raumgewinn kann lebenswichtig sein, denn es kann passieren, dass plötzlich Gullideckel in die Luft fliegen oder sich Lastwagentüren öffnen und ganze Horden an Zombies auf einen zustürmen - dann hilft kein Gewehr mehr, dann sollte man zur wild feuernden Maschinenpistole greifen, die ganze Wellen bei breiter Streuung nieder mäht. Richtig brenzlig wird es, wenn eine Horde durch den Zaun im Norden bricht und die andere aus einem Hauseingang im Süden kommt: Man wird des Öfteren von mehreren Seiten überrannt, muss ständig in Bewegung bleiben und clever seine Waffen wechseln - falls die noch Munition haben, denn lediglich das einfache Gewehr schießt endlos.

Umzingelt von Untoten

Langsam schlurfen? Manchmal rasen Zombies aus dem Nichts heran!
In diesen Unterzahlsituationen scheint manchmal alles angesichts der schieren Zahl an Zombies aussichtslos - sie kommen von rechts, links, oben und unten. Wo soll man hin? Was soll man tun? Wer stehen bleibt, ist quasi schon tot. Und genau hier erzeugt das Team von Housemarque ein ähnliches Spielgefühl wie im grandiosen Super Stardust HD : Man kommt für ein paar Sekunden in einen intuitiven Flow, während das Gold der Getöteten in der Dunkelheit leuchtet und in einem funkelnden Schweif aufgesaugt wird, bevor es in einem hellen Stakkato auf dem Konto klimpert. Der Multiplikator schnellt in die Höhe und man fühlt sich fast wie in einem Arcade-Shooter!

Auch wenn man es angesichts der düsteren Farbpalette kaum glauben mag: Die Entwickler nutzen für dieses Abenteuer dieselbe Engine wie für Super Stardust HD, haben sie allerdings um Ragdollphysik, Echtzeitbeleuchtung und natürlich jede Menge Blut und fliegende Köpfe angereichert - das Ergebnis erreicht zwar nicht die brillante Qualität eines Lara Croft and the Guardian of Light, aber ist sehr ansehnlich. Vor allem die Explosions- und Partikeleffekte sind klasse, aber auch das Leveldesign weiß trotz der Düsternis architektonische Akzente zu setzen - vom Nebel verhangenen Park bis zur Chinatowngegend mit bunten Girlanden.

Spinnenzombies und Einbahnstraßen

Sehr effizient ist neben dem Flammenwerfer auch der Molotow-Cocktail, der eine Wand aus Feuer entstehen lässt.
Je weiter man voran kommt, desto mehr Arten von Zombies begegnet man. Es gibt spinnenartige, die sich eng an Wände schmiegen und kaum zu erkennen sind. Es gibt verdammt schnelle, die im Höllentempo sprinten. Es gibt unheimlich fette, die sich fast wie Fleischballone auf einen zu bewegen und dann mit ekelhaftem Bereichsschaden platzen. Hinzu kommen einige große Monstrositäten, die z.B. wie mutierte Gorillas aussehen, die ihre Wut rausbrüllen, bevor sie Riesensprünge machen - da muss man schnell weg. Oder insektenartige Riesen mit Panzer, die sich mit Klauen wie Macheten auf einen stürzen. In diesen Situationen vermisst man eine einfache Seitwärts- oder Ausweichrolle.

Das Ziel innerhalb der Missionen ist immer dasselbe: Komme von A nach B. Obwohl der Weg zum Ziel immer in packenden Gefechten gipfelt, hätte man sich etwas mehr Abwechslung gewünscht. Man kann einen Level zwar mit etwas Glück auch schnell abschließen, indem man sich möglichst direkt zum Ausgang bewegt, aber wesentlich motivierender wären alternative Routen oder auch Spielelemente wie kleine Umgebungsrätsel gewesen, die evtl. das Klettern oder die Vertikale ansprechen - man kann weder auf Autos noch Dächer oder Feuerleitern klettern. Es kommt zu selten vor, dass man mal einen Weg über einen Schalter frei machen muss. Immerhin sorgen die Zwischensequenzen in leicht animierten Standbildern für etwas erzählerische Auflockerung: Die Story um die mysteriöse Seuche und die mögliche Rettung ist zwar banal, aber es tauchen noch einige Charaktere auf und die Erzählung bewegt sich für Arcade-Action auf solidem Comicniveau.

Keine spektakulären Bosse

Wer hat Angst vor dem untoten Mob? Hier braucht man eine verdammt gute Idee.
So gut die Schweden all die Zombie-Varianten animiert haben, so wenig haben sie sich um klassische Bosse bemüht. Es gibt zwar in vielen Missionen eine Art dramatisches Finale, in dem man entweder alle Zombies in einer engen Arena töten oder mehrmals Schalter für eine Plattform oder eine Brücke aktivieren muss, während immer mehr Untote heran rauschen. Überlebt man die quälend lange Zeit? Aber man vermisst auch spektakuläre Bosskämpfe, denn selbst die größeren Zombies hat man später mit einigen Granattreffern relativ leicht erledigt. Die Schwierigkeit des Kampfes besteht eher in der Masse, die aus der Dunkelheit kommt, als der Klasse der Feinde.

Trotzdem kommt die Taktik im Gelände sowie der Waffenwahl nicht zu kurz: Manchmal lohnt es, sich gezielt mit dem Rücken zur Wand in eine Sackgasse zu flüchten - vor allem, wenn man eine voll geladene Schrotflinte oder eine Klingenkanone besitzt, die quasi alles in vorderer Front köpft. Aber was macht man in einem Park? Ähnlich wie in Left4Dead kann man Autos anschießen und beobachten, wie die jaulende Alarmanlage die Zombies anlockt - ideal, um einen großen Pulk zusammen mit der Karre in die Luft zu jagen. Man kann sich quasi eine Route von Auto zu Auto bahnen, um die Zombies ins Verderben zu locken. Und die Explosionen sehen einfach klasse aus! Die Untoten reagieren auch auf Licht: Wer eine Leuchtfackel zündet, wird sie in Scharen dorthin strömen sehen - ideal, um danach eine Granate zu werfen. Ansonsten sollte man auf Heilpakete achten, um die Gesundheit aufzufrischen.

Der kombinierte Tod

Auch im Nahkampf kann man zuschlagen, ansonsten wählt man lieber Schrot, Granaten & Co.
All das kann man mit Minen kombinieren, die bei Kontakt hochgehen und für einen geordneten Rückzug wichtige Zeit inklusive Kollateralschäden bei den Verfolgern einbringen. Natürlich sind sie effektiver, wenn man sie aufrüstet, so dass bis zu drei Sprengladungen detonieren. Oder will man lieber in die Leuchtzeit der Fackeln, die Sprengpower der Granaten, die Durchschlagskraft der MP, die Reichweite des Flammenwerfers oder die Klingenbreite investieren? Man kann alles in mehreren Bereichen vom Schaden über die Feuerrate bis zur Munition aufrüsten, wenn man das Gold der getöteten Zombies in den Shops investiert.

Aber wer sich regelmäßig Nachschub an Granaten und Minen sowie Munition kauft und aufrüstet, hat vielleicht zu wenig Kaufkraft. Mit der Zeit tauchen nämlich immer größere Waffen vom Granatwerfer bis zur Stromkanone auf, die dutzende Zombies in Blitzketten töten kann, aber schonmal 100.000 Gold kostet. Leider kann man seine Rüstung an Kopf, Körper und Beinen nicht selbst verbessern. Hier ist man darauf angewiesen, innerhalb der Level neue Rüstungen mit verbesserten Werten in den Bereichen Kraft, Ausdauer und Agilität zu finden. Das sorgt zwar dafür, dass man die Level genauer abgrast, aber es wäre schöner gewesen, wenn man auch im Waffenladen gepanzerte Kleidung gefunden hätte.

Fazit

Dead Nation ist düster, gnadenlos und macht richtig Laune! Spätestens in den scheinbar aussichtslosen Momenten, die mich an den Spielfluss von Super Stardust HD erinnern, in dem man intuitiv das Richtige machen muss, kommt echtes Arcadeflair auf - jeder Waffenwechsel und jede Richtungsänderung kann lebenswichtig sein. Die Finnen inszenieren verdammt ansehnliche Zwei-Stick-Action zwischen waberndem Nebel und explodierenden Autos, die fast wie der kleine PSN-Bruder von Left4Dead anmutet. Aber sie vergessen zum einen spektakuläre Bosskämpfe und zum anderen mehr Abwechslung innerhalb der zehn Missionen: Man muss quasi immer von A nach B kommen, ohne alternative Routen oder Lösungen über mehr Umgebungsrätsel. So gewöhnt man sich an das immer gleiche Spielprinzip, zumal die Story nur einen leichten erzählerischen Rahmen anbietet und auch die Musik nicht aus dem klanglichen Zwielicht heraus kommt. Diese Kritikpunkte kosten zwar den Gold-Award, aber es bleibt bei überaus spannender Taktik und Feuersalvenwut im Gelände, zumal man sich den schier endlosen Horden auch zu zweit stellen kann - online oder offline.

Pro

spannende Zwei-Stick-Action
fordernder Massenansturm
angenehm düsteres Leveldesign
unterschiedliche Zombie-Arten
Waffen in mehreren Bereichen aufrüsten
Autos & Tanks als Waffe einsetzen
coole Unterstützungswaffen
klasse Explosions- & Partikeleffekte
online & offline kooperativ spielbar
 fünf Schwierigkeitsgrade
viele versteckte Kisten

Kontra

keine Bosskämpfe
keine alternativen Routen
zu wenig Umgebungsrätsel
Rüstungen nicht aufrüstbar
keine Ausweichrolle, kein Klettern

Wertung

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