Last Rebellion15.04.2010, Mathias Oertel
Last Rebellion

Im Test:

War die PS2 noch das Sinnbild schlechthin in punkto Japan-Rollenspiel, mussten die PS3-Besitzer eine Engelsgeduld mitbringen und neidvoll auf die 360-Abenteurer schielen. Abgesehen von sporadischen Veröffentlichungen wie Enchanted Arms war Schicht im Schacht. Bis Anfang dieses Jahres, in dem es Schlag auf Schlag ging: White Knight Chronicles, Final Fantasy XIII, Star Ocean, Resonance of Fate. Und jetzt auch noch Last Rebellion (ab 11,00€ bei kaufen). Doch reicht ein interessantes Kampfsystem, um gegen diese Schwergewichte zu bestehen?

Schwarz. Weiß. Tot.

Die Fantasywelt Junovald steht am Abgrund. Das Gleichgewicht zwischen Formival, dem Gott des Lebens, und Meiktilie, dem Gott des Todes, ist ins Wanken geraten, nachdem ausgerechnet der für das Gute stehende Formival zu viele Seelen wiederbelebt und damit die Welt ins Chaos gestürzt hat.  Nur die für die jeweilige Gottheit ins Gefecht ziehenden "Blades" (Meiktilie) und "Sealer" scheinen den Untergang aufhalten zu können.

Der Königssohn Nine gehört zu den Blades. Doch bevor er überhaupt richtig ins Geschehen eingreifen und seiner kämpferischen Pflicht nachkommen kann, wird er von seinem Vater getötet. Dieser starb erst durch die Hand von Nines Bruder und wurde dann von ihm als willenloser Zombie wiedererweckt.

Die Geschichte wird altmodisch über Standbilder mit englischer Sprachausgabe erzählt...
Auftritt Aisha, ihres Zeichens Kämpferin für den Lebensgott Formival, die Nine rettet - zumindest bis zu einem gewissen Grad. Denn sie konnte ihn zwar ins Leben zurückholen, doch es war ihr nur möglich, ihre Seele mit seiner zu verschmelzen. Was wiederum dazu führt, dass die beiden sich zukünftig ein Leben teilen - oder wenigstens, bis die Gefahr besiegt ist, die Junovald droht.

Eine Nebenwirkung dieser Seelenteilung ist, dass nur einer von ihnen jeweils physisch in der Welt (und den Kämpfen) präsent sein kann, während der (oder die) andere in einem Raum einer Zwischendimension wartet, der auch als Reiseplattform zu allen verfügbaren Gebieten genutzt wird.

Klingt interessant? Ist es prinzipiell auch. Doch die Art und Weise, wie das Team von Hitmaker (Dragoneer's Aria, Blade Dancer, beide PSP) die Geschichte erzählt, ist wenig zeitgemäß und passt so ganz und gar nicht in eine Ära, in der Final Fantasy oder Resonance of Fate mit aufwändigen Zwischensequenzen versuchen, die Fans in den Bann zu ziehen.

Denn hier wird sehr klassisch mit Anime-inspirierten  Standbildern gearbeitet, zu denen passable (englische) Sprachausgabe ertönt. Das Problem ist jedoch nicht nur die Art und Weise, wie die Geschichte transportiert wird, sondern der Plot an sich: Größtenteils vorhersehbar, Klischee beladen und langatmig, klickt man sich eher gelangweilt durch die Dialoge, um zur nächsten Gebietserforschung und damit den Kämpfen zu kommen.

Duales Kampfsystem

Denn die haben es in sich und sind das Aushängeschild von Last Rebellion. Im Kern zwar rundenbasiert, wie man es von einschlägigen J-RPGs kennt, kommt nicht nur durch die nötigen Wechsel zwischen Nine und Aisha und dem gezielten Einsatz ihrer jeweiligen Fähigkeiten Taktik in die Gefechte. Auch der elementare Zusammenhang zwischen Nahkampf-Angriffen und Einsatz von Magie spielt eine große Rolle: Denn bevor die Gegner überhaupt auch nur ansatzweise von magischen Angriffen angekratzt werden, müssen sie markiert werden - und das passiert über den Nahkampf.

Sprich: Nachdem man den rechten Arm, den Torso oder welches Körperteil auch immer mit einem konventionellen Angriff getroffen hat, ist eine Zauberanfälligkeit gegeben. Wie lange diese andauert, hängt davon ab, ob man das entsprechende Körperteil im richtigen Moment getroffen hat.

Keine Angst, das klingt komplizierter als es eigentlich ist. Ein Beispiel: Ein Monster hat insgesamt sechs angreifbare Punkte. Bevor man seinen Nahkampfangriff vom Stapel lässt, kann man festlegen, in welcher Reihenfolge man diese sechs Punkt 

... der Rest der Kulisse ist meist ebenso unspektakulär und erinnert an PS2- bzw. PSP-Titel.
attackieren möchte. Dabei hat jedes Monster eine Anfälligkeit für eine bestimmte Kombination.

Schafft man es, die richtige Reihenfolge zu finden, wird nicht nur der dabei verursachte Schaden massiv erhöht, sondern die Markierung für Zauber bleibt auch länger am Körper "kleben". Dabei muss man sich auch keine Notizen machen; es wird angezeigt, wenn und an welcher Position man die richtige Reihenfolge getroffen hat.

Taktik gefordert

Erschwert und damit taktischer werden die Gefechte durch den Verbrauch der so genannten "Combo-Punkte" (CPs) sowie deren langsames Aufladen. Hat man z.B. nur noch 20 von 30 anfänglich möglichen Punkten zur Verfügung (später wird das Konto massiv aufgestockt), aber vier Gegner mit jeweils zehn angreifbaren Punkten vor sich und nicht einmal ansatzweise die richtige Markierungs-Kombo herausgefunden, muss man vorausschauend planen: Konzentriert man sich auf einen Gegner und hat damit eine größere Chance, die richtige Kombo zu finden oder verteilt man die Punkte auf alle und hält sie damit in Schach?

    

Doch damit nicht genug: Hat man die Lebenspunkte der Feinde auf Null reduziert, sollte man schnellstmöglich den magischen Finisher von Aisha ansetzen. Denn durch die Versiegelung regeneriert man nicht nur ein paar Lebenspunkte, die Monster verschwinden auch endgültig von der Bildfläche. Alternativ kann man auch versuchen, mit Nine Magiepunkte der Gegner zu

Das interessante Kampfsystem ist das herausragende Merkmal von Last Rebellion.
absorbieren, was aber dazu führen kann, dass die Zeit bis zu ihrer Regeneration drastisch verkürzt wird. Auch hier ist Taktik gefragt. Ebenso bei der generellen Entscheidung, mit wem man unterwegs ist. Mit Aisha werden automatisch Lebenspunkte hergestellt, mit Nine kann man Mana zurückgewinnen.

Verschenkte Chancen

So interessant und ungewöhnlich das Kampfsystem prinzipiell auch ist, so sehr bleibt es leider auch an der Oberfläche. Denn wenn ich z.B. bereits die Möglichkeit anbiete, gezielt Körperpartien anzugreifen, wieso hat es dann nicht auch noch weiter führende Auswirkungen? Wäre es nicht logisch, dass wiederholtes erfolgreiches Angreifen des rechten Arms dazu führt, dass der Gegner nicht mehr mit diesem Arm angreifen kann? Hier bleibt zu viel Potenzial auf der Strecke.

Wie auch beim Wegfall der zufälligen Kämpfe, die bis Final Fantasy XII eigentlich das gleichermaßen gehasste wie geliebte Sinnbild japanischer Rollenspiele alter Schule waren. Auch in Junovald sieht man die Monster bereits von Weitem und kann auch versuchen, ihnen mit Zaubern oder purer Geschwindigkeit aus dem Weg zu gehen. Das funktioniert im Wesentlich auch passabel.

Das Problem ist allerdings, dass die Viecher nach erledigtem Kampf nicht einfach bis zum Sanktnimmerleinstag von der Bildfläche verschwunden sind, sondern nach Zeitraum X wieder auftauchen - die Online-Rollenspieler sprechen dabei vom so genannten "Respawn".

Das ist generell zwar auch hier keine schlechte Idee, da auch Last Rebellion sich einer anderen Tugend fernöstlicher Rollenspiele, dem so genannten "Grinden" bedient, also dem quasi sinnlosen Kämpfen, um irgendwann aufsteigen zu können, damit man die späteren Kämpfe einfacher bewältigt. Aber wenn der oben angesprochene Zeitraum X mit der Kampfzeit Y nahezu identisch ist, kann es (und wird es) immer wieder vorkommen, dass man aus dem Kampf kommt und

Die Reihenfolge der Nahkampf-Angriffe ist wichtig und Grundlage für den Einsatz von Magie.
automatisch in den nächsten reingebeamt wird, da just in diesem Moment auch die Gegner das Bedürfnis hatten, wieder aufzutauchen - und das kann spätestens dann in Frustration umschlagen, wenn man bedingt durch eine längere Auseinandersetzung keine CPs mehr hat und quasi wie ein Reh auf offener Landstraße der Dinge harrt, die einen treffen mögen.

Kurz und veraltet

Doch selbst Grinden, nicht abgebrochene Zwischensequenzen und gelegentlich etwas längere Auseinandersetzungen mit einkalkuliert, ist Last Rebellion für ein klassisches Rollenspiel asiatischer Tradition verdammt kurz: Nach gut 15 bis 18 Stunden dürfte bei den meisten der Abspann über den Bildschirm rollen. Verzichtet man auf die Dialoge, könnte es sogar in zwölf bis 14 Stunden zu schaffen sein. Lässt man sich hingegen Zeit, die Gegend zu erforschen und auch ja jede Schatztruhe zu finden, wird es hingegen nicht viel länger. Denn so viel gibt es leider nicht zu entdecken und auch Grinden wird ab etwa der Hälfte des Spieles unnötig, da die Kämpfe an Herausforderung deutlich abnehmen, was auch den mächtigen Zaubern zuzuschreiben ist, die man nach und nach findet.

Doch abgesehen davon hat auch die an PS2- (oder schlimmer: die PSP-Herkunft von Hitmaker) erinnernde Kulisse ihren Anteil daran, dass man nicht unbedingt Lust verspürt, sich die gerade mal zehn Gebiete genauer anzuschauen. Schwache Texturen, die sich darüberhinaus nicht scheuen, gelegentlich unmotiviert zu flimmern, sind wahrlich kein Hingucker. Das farbenfrohe Charakter- und Gegnerdesign hingegen macht neugierig - zumindest, bis die eher schwachen Animationen im Kampf die Vorherrschaft übernehmen.    

Fazit

Nippon Ichi hat sich mit der Veröffentlichung von Hitmakers Last Rebellion keinen Gefallen getan. Denn abgesehen vom interessanten "dualen" Kampfsystem, bei dem sich die Protagonisten die Lebenspunkte teilen und bei ihren Aktionen voneinander abhängig sind, hat das altbackene Rollenspiel nicht viel zu bieten: Eine schwache Story, nur wenige Gebiete, in denen es noch weniger zu entdecken gibt, etwa ab Mitte des gut 15 bis 18 Stunden dauernden Abenteuers größtenteils simple Kämpfe und das alles noch in einer unzeitgemäßen Kulisse - Last Rebellion macht es einem nicht leicht, positive Punkte zu finden. Denn selbst vermeintlich vorteilhafte Elemente wie die Abkehr von Zufallskämpfen werden durch mitunter unfair "spawnende" Gegner  wieder relativiert. Seit Anfang des Jahres wurden die lange Zeit in einer Dürrephase steckenden PS3-Rollenspieler mit Titeln wie Final Fantasy XIII, White Knight Chronicles, Star Ocean oder Resonance of Fate versorgt. Wäre Last Rebellion vor all diesen Titeln erschienen, hätte man beinahe noch eine Verzweiflungs-Empfehlung aussprechen können. So aber gibt es mehr als genug hochwertige Alternativen.

Pro

interessantes Kampfsystem
farbenfrohes Design
keine Zufallskämpfe

Kontra

mit gut 15 bis 18 Stunden vergleichsweise kurz
schwache Story
Kämpfe später nahezu ohne Herausforderung
altbackene Kulisse
teils unfair wiederkehrende Gegner

Wertung

PlayStation3

Das Kampfsystem ist interessant, doch das war es schon. Kulisse, Umfang und Story enttäuschen zu großen Teilen.

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