Test: Tomb Raider (2013) (Action-Adventure)

von Jörg Luibl



Publisher: Square Enix
Release:
05.03.2013
05.03.2013
05.03.2013
31.01.2014
31.01.2014
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Die plötzliche Verwandlung

Als Lara den ersten Mann umbringt, bricht sie schluchzend zusammen, voller Blut und Verzweiflung angesichts der schrecklichen Situation. An dieser emotionalen Szene freut man sich trotzdem: Wie primitiv hat man sie in ihren letzten Auftritten zum Sexsymbol degradiert? Endlich kann man sie als Charakter wieder ernster nehmen. Sie wirkt hier angenehm menschlich und glaubwürdig. Aber was dann passiert, ist sinnbildlich für die oberflächlichen Drehbücher in Videospielen: Sie schaut auf die Pistole, greift zu und kann danach einfach weiter ballern. Was soll das?

Nicht falsch verstehen: Es geht nicht darum, dass Lara gar nicht kämpfen soll, schließlich steckt das als Tochter eines "Croft" in ihr - auch in ihren ersten Abenteuern hat sie geschossen und die Story versucht diese Entwicklung vorzuzeichnen, als Lara an späterer Stelle im Gespräch mit Roth sagt: "Es fällt mir überraschend leicht." Okay, das ist auch nicht das Problem, dass die Lady lieber angreift als einzustecken. Aber es geht darum, dass nach Notwehr oder notwendigen Schießereien nicht sofort Rambo mit Headshotserien und Schrothagel anklopfen muss.

John Rambo lässt grüßen

Lara im Gespräch mit Roth: Die deutsche Lokalisierung ist gelungen.
Lara im Gespräch mit Roth: Die deutsche Lokalisierung ist gelungen.
Gerade hat sie noch mit Pfeilen einen Hirsch gejagt, dann schleppt sie zig Wummen rum? Man hätte Lara stark und wehrhaft darstellen können, ohne nach der ersten glaubwürdigen Reue gleich den Berufskiller aus ihr zu machen. Im Menü steht auch noch plump so etwas wie "Erfahrener Mörder" als Fähigkeit. Leider mutiert die Studentin der Archäologie etwas zu schnell zur Kampfsau, die selbst Green Berets im Dschungelkrieg alt aussehen lässt: Finte, Tritt gegen das Knie, Axt in den Schädel. Was? Klar wird das cool animiert, klar macht das in dem Moment durchaus Laune, aber darum geht's nicht, wenn sich die Spielewelt weiter entwickeln soll.

Hätte man sich bei Crystal Dynamics intensiver mit der Rolle der Lara Croft und den Möglichkeiten des Spieldesigns beschäftigt, hätte man diese Situation eleganter lösen können: Lara schmeißt die Pistole z.B. voller Verachtung in den Dreck oder ignoriert sie angewidert, weil sie damit ihren ersten Mord in Notwehr begangen hat! Dann greift sie entschlossen zum Bogen, kämpft weiter und begegnet im Laufe des Abenteuers vielleicht immer wieder mal einer Pistole oder einer Flinte. Aber dann hätte man als Spieler auch die Wahl, ob man zugreifen und volle Kanne Projektile rausrotzen will oder doch lieber subtil Pfeile verschießt. Wieso bietet man überhaupt ein Skillsystem und subtile Wege an, wenn man letztlich gar nicht unterschiedlich agieren kann? Man hat keine Wahl, Lara muss trotz einiger Schleicheinsätze Rambo werden, muss irgendwann viele Wellen an Schurken
Tomb Raider sieht klasse aus, schleppt aber zu viele überflüssige Rucksäcke mit sich herum, um möglichst vielen Leuten zu gefallen, die cruisen, ballern und sammeln wollen. Würde es davon nur einige abwerfen und sich seiner Tugenden besinnen (Tauchen, große Katakomben, Nervenkitzel vor dem Absprung, weniger Gegner), könnte es Uncharted übertrumpfen.
Tomb Raider sieht klasse aus, schleppt aber zu viele überflüssige Rucksäcke mit sich herum, um möglichst vielen Leuten zu gefallen, die cruisen, ballern und sammeln wollen. Würde es davon nur einige abwerfen und sich seiner Tugenden besinnen (Tauchen, große Katakomben, Nervenkitzel vor dem Absprung, weniger Gegner), könnte es Uncharted übertrumpfen.
niedermähen. Aber zu viel Actionund zu schwache Feinde sind leider im Duett ganz böse Wertungsfeinde.

Dabei liegt das bessere Spieldesign so nahe: Warum konzentriert man sich nicht auf die wertvollen Wurzeln der eigenen Reihe? Warum taucht Lara z.B. nicht? Gerade auf einer tropischen Insel mit all den Grotten und Höhlen? Gerade, wenn man den Survival-Aspekt selbst anbietet? Was waren das früher für spannende Passagen unter Wasser! Stattdessen rutscht Lara wie in einem Vergnügungspark immer wieder irgendwo Wildwasserbahnen runter, während sie ausweichen und Hindernisse mit Schrot weg ballern muss. Stattdessen verliert sie sich in einer unheimlich hübschen anzuschauenden Mischung aus Uncharted, Call of Duty und – festhalten, weil es sich jetzt komisch anhört- Darksiders; mit teilweise unterhaltsamen, teilweise spannenden, aber auch peinlichen Verirrungen. Es gibt viele ansehnliche Stellen, viel Action und Krachbumm, man fließt regelrecht von Lager zu Lager, aber lange Zeit ohne bemerkenswerte Höhepunkte.
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Kommentare

unknown_18 schrieb am
Wackeln ist ja auch nicht gleich wackeln. Bei manchen wackelt es ja auch ganz sanft und nur leicht, bei TR 2013 aber wackelt es stärker und auf eine Art die eben manche Spieler nicht ab können.
Ich hab damals nur den ersten Gears of War Teil gespielt und hatte da null Probleme mit. die TR Entwickler haben es dort einfach übertrieben, ansonsten hätten sie jetzt im neuen Teil keine Option eingebaut mit der man das Kamera Gewackel reduzieren kann, wenn es ein so unwichtiges Problem gewesen wäre.
Wahrscheinlich dachten die Entwickler sich am Ende der Entwicklung, dass das Spiel viel zu wenig Dramatik rüber bringt, also musste man es mit einem starken Kamera Gewackel kaschieren. ;)
Leon-x schrieb am
Dass es uns eher auffällt wenn wir die Sache von Außen betrachten ist normal. Aber unser Sichfeld wackelt schon gut wenn wir schnell rennen.
Aber wie du sagst gleicht es das Gehirn etwas aus und wir nehmen es weniger war als wenn man selber ruhig sitzt.
Manche Games mögen es sicherlich etwas übertreiben.
Dann kommt auch das Gefühl mit Ausrüstung schweren Schrittes zu laufen nicht gut rüber.
sabienchen.banned schrieb am
Leon-x hat geschrieben: ?15.04.2017 12:39 Bei 3P und Ego-Shootern soll es halt eher das Wackeln des normalen Sichtfeldes darstellen. Im echten Leben muss man ja auch damit zurecht kommen.
Also vlt bin ich eine Exotin... aber wenn ich laufe, gehe, springe etc.
dann shaked das Bild nicht wild rum...
Dachte eigentlich es sei normal, dass unser Gehirn das für uns ausgleicht :D
Das Kameragewackel wurde eher aus dem FilmMedium als der tatsächlichen Sehgewohnheit des Menschen übernommen.
Es soll den Zuschauer "stressen", und somit neben dem Sehen, den Betrachter die Szene auch fühlen lassen.
// In VR kann ich mir vorstellen, dass ein "gewisses" shaken sein muss, damit eben hier auch unser Gehirn einspringt und diesen Effekt ausgleicht... aber in nem normalen Spiel ist das gewackel nicht realitätsfördernd.
Leon-x schrieb am
Bei Gears ist es ja eher ein absichtliches Gameplayelement nehme ich mal an. Man soll dadurch etwas eingeschränkt werden und nicht mit Vollgas durch die Level rushen. Da muss man abwägen ob man jetzt den Spurt einlegt oder nicht.
Bei 3P und Ego-Shootern soll es halt eher das Wackeln des normalen Sichtfeldes darstellen. Im echten Leben muss man ja auch damit zurecht kommen.
Kann aber verstehen wenn es einer jetzt nicht in Videogames will.
Ist halt nur schade für Denjenigen wenn es das Game kaputt macht.
Temeter  schrieb am
Leon-x hat geschrieben: ?15.04.2017 09:29Bin wohl durch Gears of War zu sehr abgehärtet.^^
3P Covershooter sind grausam in dem Zusammenhang, da muss ständig mit der Kamera gewackelt werden, damit auch ja alles dramatischer wirkt, als es eigentlich ist. Wundert mich nicht, wenn dich das abgehärtet hat. :Blauesauge:
Wobei mich z.B. das Gewackel beim Laufen in MGS5 nicht gestört hat. Andererseits, das Spiel hatte ansonsten auch sehr kompetente Kameraarbeit in Sequenz und Gameplay.
schrieb am