Test: Max Payne 3 (Shooter)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Rockstar Games
Release:
18.05.2012
01.06.2012
01.06.2012
Erhältlich: Digital (Steam), Einzelhandel
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ab 19,99€

ab 7,00€
Spielinfo Bilder Videos
Filmische Inszenierung

Das grelle Verzerren und Flackern veranschaulicht zwar gut die Abhängigkeit von Max, aber es wird nicht variiert oder mal ins Extreme verstärkt – es wird einfach nur permanent eingestreut, genauso wie manche Wörter aus den Dialogen plötzlich im Bild auftauchen. Auf Schwarzweiß-Comics hat man verzichtet, stattdessen nutzt die Regie eine modernere Art des grafischen Patchworks, wenn Szenen eingefroren und als Bilder à la 24 zu Mosaiken am Bildrand werden, während das Geschehen in der Mitte weiter läuft. Dem Spiel fehlt in der Präsentation ansonsten jegliche Rätselhaftigkeit oder gewollte Düsternis. Man hat auf mythologische Anspielungen bei den Charakteren oder Schauplätzen ebenso verzichtet wie auf ein prägendes Stilmittel wie etwa das Wetter. Nur in wenigen Momenten blitzt
Gerade im letzten Viertel hat man es mit endlosen Gegnerwellen zu tun - leider sind die Rücksetzpunkte manchmal zu weit entfernt.
Gerade im letzten Viertel hat man es mit endlosen Gegnerwellen zu tun - leider sind die Rücksetzpunkte manchmal zu weit entfernt.
eine Skurrilität auf, von der es mehr hätte geben müssen: Wenn in New Jersey plötzlich ein Irrer auf dem Flur auftaucht und Max wie ein Feuerteufel beisteht oder wenn ein fetter amerikanischer Cop auf der Toilette über seine Familie erzählt. Aber ansonsten geht es in Brasilien um den knallharten Alltag ohne doppelten symbolischen Boden, man geht eher Richtung akribisch recherchierte Dokumentation als künstlerisch experimentellen Film oder gar Film noir - schade drum.

Max Payne 3 lässt seine Engine genauso posen wie die vollbusigen Strip-Tänzerinnen: Die Favelas sehen verdammt gut aus, weil man Sao Paulo quasi in Polygone gegossen hat. Max läuft an Fußball spielenden Kids und misstrauischen Bewohnern vorbei, die Armut ist in den engen, aber bunten Gassen genauso greifbar wie die Feindseligkeit gegenüber Gringos, die nicht mal Portugiesisch sprechen. Max schleppt sich wie einer dieser versoffenen Urlauber durch herunter gekommene Hinterhöfe und versiffte Strip-Bars. In diesen Situationen, in denen er als Fremder und Zuschauer durch die Straßen schlurft, fühlt man sich fast an Uncharted 2 erinnert, als der Held staunend durch ein tibetisches Dorf wandert. Vielleicht wird es irgendwann Spiele geben, die aus so einer Stille heraus nicht so plump in die nächste Ballerszene überleiten. Das habe ich nicht von diesem dritten Max Payne erwartet, aber eine bessere Geschichte schon.

Schwache Geschichte

Zu den grafischen Highlights gehören die verwinkelten Favelas in Sao Paulo.
Zu den grafischen Highlights gehören die verwinkelten Favelas in Sao Paulo.
Die Story ist strukturell zwar gut arrangiert, legt einige Köder aus und arbeitet sich mit Rückblicken nach New Jersey oder auch frühere Aufträge langsam an die Aufklärung einiger Fragen heran. Aber inhaltlich sind alle Antworten so plump wie die Geschichte nach dem Abspann enttäuschend ist. Es gelingt dem Drehbuch weder die Entwicklung von Max glaubhaft darzustellen noch das Finale intensiv zu gestalten. Die größte erzählerische Enttäuschung ist der Moment, in dem Max plötzlich sein Leben in den Griff kriegen will und sich die Haare rasiert. Das Motiv der Verantwortung ist zwar da, aber es ist zu diesem Zeitpunkt viel zu schwach, weil absolut keine emotionale Bindung aufgebaut wird. Und mit dieser äußeren Verwandlung geht innerlich und auch spielerisch keine Veränderung einher. Warum hat man die Glatze nicht genutzt, um dem Spiel frische Impulse zu geben?

Erst viel später, nachdem Max ohne Haare genauso wie mit Haaren weiter dutzende Feinde ins Jenseits befördert, taucht ein stärkeres Motiv auf, das Max als Menschen innerlich aufwühlt, richtig sauer macht und für die Verwandlung seines Charakters wesentlich besser geeignet wäre. Warum hat man das nicht genutzt? Rockstar setzt den Spannungsbogen viel zu früh und zu schwach an. Und leider verpasst man auch den Treffer für das Finale: Die letzten zwei der dreizehn Stunden ziehen sich wie Kaugummi, weil man einfach kein Ende findet, immer mehr Spezialeinheiten auflaufen lässt. Und selbiges ist dann auch noch eine komplette Trial&Error-Farce in der Inszenierung - man wird auf freiem Flughafengelände auf ein paar Quadratmeter eingepfercht und muss wie blöde Tabletten einschmeißen und ballern, um überhaupt mal Luft zu bekommen. Wie man eine Unterzahl- und Umzingelungssituation sowohl fordernd als auch fair darstellt, hat schon Resident Evil 4 demonstriert.


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Kommentare

johndoe1197293 schrieb am
Mit dem Lesen der posts kriege wieder Lust auf das Spiel. :D
Als ich es zum ersten mal auf der Xbox gezockt habe, hat es mir nicht wirklich gefallen, eigentlich ist mir nur der geniale Soundtrack im Kopf geblieben. Ich empfand die Story als zu plump, genau wie nahezu alle Figuren bis auf Max und Stimmung kam bei mir kaum auf und wenn, dann nur wegen des scores. Darüberhinaus war die Steuerung grottig und sowohl Grafik als auch performance konnten nicht überzeugen. Später dann habe ich die PC Version gespielt und zumindest die letzten Kritikpunkte sind da wegegefallen. Über Story und Figuren habe ich mir dann keine Gedanken mehr gemacht und einfach das geniale gunplay und die tolle Inszenierung genossen, denn darin steht der letze Max seinen Vorgängern in nichts nach. Ich finde sogar dass die Ballereien noch besser, da stylischer und dynamischer, geworden sind.
Beim nächsten Max dann aber bitte wieder etwas mehr Tiefe. :wink:
DerWaldHerr hat geschrieben:..."Melancholia" Trilogie von Rockstar ...
Die Theorie gefällt mir. :)
DerWaldHerr schrieb am
Auch wenn ich scheinbar eine Minderheiten Meinung vertrete:
Max Payne 3 halte ich für das beste Max Payne und ja, ich habe MP 1 und 2 an ihrem Release Tag gespielt und auch beide für herausragend befunden.
Max Payne 3 hat in meinen Augen die beste Kampagne aller Max Paynes, Max ist endgültig am Boden, gab es auch im 2en Teil einen Hoffnungsschimmer, ist dieser jetzt verflogen, Max ist endgültig das, was sich im ersten Teil angekündigt hat: ein endgültig depressives Frack.
Die Story gehört mit zum besten die man im Action Genre findet, es ist mehr eine Charakterstudie über einen hoffnungslosen Säufer der sich versucht aus dem Sog seiner eigenen Verderbniss zu ziehen und dabei jedoch alle in seiner Umgebung in Gewalt stürzt, trotz bester absichten.
Die Figur Max Payne ist die beste aller bisherigen Spiele, was wohl am Motion Capturing von James McCaffey liegt, der wohl den Charakter des Max Payne über mehrere Jahre soweit verinnerlicht hat, dass er diesen Charakter eine unheimliche Natürlichkeit verleiht.
Das Gameplay ist besser als in MP 1 und 2, klar, man kann über das Deckungssystem schimpfen, es ist jedoch rein optional, ich habs im Schwierigkeitsgrad "normal" nur in 1-2 Situationen genutzt, mit dem Hechtsprung kommt man normalerweise recht weit. Ich empfinde übrigens auch wegen den natürlichen Bewegungen und der Intelligenz der Gegner das Gameplay am besten.
Die Inszenierung der Cut Scenes gehört mit zum besten was ich im Action Bereich je gesehen habe.
Um noch etwas zu dieser Film Noir Diskussion beizutragen:
Max Payne 3 ist 100% Film Noir, wenn man Ahnung von diesem Genre hätte, würde man mir da zustimmen. "Dunkel und Regen" steht kein bisschen für Film Noir, wenn das so wäre, dürfte Casablanca, Die Lady von Shanghai und Im Zeichen des Bösen keine Film Noir sein, dabei sind es Klassiker ebenjenes Genres. Film Noir bezeichnet eine Melancholisch/depressive Stimmung der Umwelt und der Charaktere, in so weit ist Max Payne 3 theoretisch ein Stück weit mehr "Film Noir"...
crewmate schrieb am
Health sind schon eine gute Wahl gewesen.
schrieb am

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