White Knight Chronicles19.02.2010, Jens Bischoff
White Knight Chronicles

Im Test:

Über ein Jahr nach seiner Veröffentlichung in Japan hat es das erste PS3-Rollenspiel von Level 5 nach Europa geschafft. Als Ausgleich für das lange Warten darf man sich über einige erst nachträglich hinzu gefügte Inhalte und Features freuen, die das Original seinerzeit noch nicht zu bieten hatte. Hat der zusätzliche Reifungsprozess gut getan oder wurde das Verfallsdatum bereits überschritten?

Keine Liebe auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick wirkt White Knight Chronicles (ab 14,22€ bei kaufen) nicht besonders attraktiv: Die Charaktere sehen aus wie unfertige Puppen von einem Grabbeltisch für Anime-Ausschussware, Protagonist Leonard ist ein pausbäckiges Milchgesicht, neben dem selbst Barbie-Look-alike Edge Maverick (Star Ocean 4 ) als ausdrucksstarke Persönlichkeit durchgeht. Auch Jugendfreundin Yulie wirkt völlig uninteressant und austauschbar.

Doch die Belanglosigkeit in Person ist jemand anderes: ihr selbst! Da könnt ihr dem durchaus komplexen Charaktereditor noch so markante oder skurrile Fratzen entlocken, ihr seid nicht mehr als ein stummer Mitläufer, der keinerlei Bezug zur Story hat,

Kleine Einführung: Das Video zeigt euch die ersten zehn Spielminuten samt Intro. nie Regung zeigt und in jeder Sequenz wie ein verlorener Statist wirkt, der möglichst unauffällig Sendezeit erhaschen will. In den seltenen Rendersequenzen kommt man logischerweise überhaupt nicht vor.

Mühe solltet ihr euch beim Erstellen dennoch geben, denn auch wenn ihr während des eigentlichen Abenteuers so viel Bedeutung habt wie ein Kochbuch in der Küche der Bundys , schafft ihr hier bereits euer Alter Ego für spätere Online-Einsätze, das sich im Nachhinein nur noch durch kostenpflichtige Download-Tickets aus dem PlayStation Store überarbeiten lässt...

Doch bevor ihr euch im Netz auf die Suche nach Gleichgesinnten begebt, solltet ihr euch zunächst einmal dem eigentlichen Story-Modus widmen, der nur im Alleingang bestritten werden kann und aller Charakterkritik zum Trotz 30-40 Stunden spannende Unterhaltung bietet; auch wenn es eigentlich nur darum geht, eine entführte Prinzessin zu retten. Doch die plumpe Klischeekiste ist aufwändiger gearbeitet als sie zunächst scheint - böser Cliffhanger am Ende inklusive.

Trotz klarer Aufgabe und schnell abgesteckter Fronten bleiben viele Fragen lange offen: Wer steckte in der Rüstung des schwarzen Ritters, der während einer Friedensfeier Prinzessin Cisnas Vater ermordet hat? Wer ist dieser wortkarge Fremdling, der Leonard und Cisna zur Flucht aus dem Thronsaal verhalf? Und warum konnte ausgerechnet Leonard ein uraltes Artefakt aktivieren, das ihn im Kampf in einen gigantischen weißen Ritter verwandelt? Wie auch immer: Die Prinzessin konnte Leonard während des Überfalls auf Schloss Balandor trotz übernatürlicher Rückendeckung nicht retten; die als Zirkustruppe getarnten Invasoren konnten mit Cisna als Geisel in einem Luftschiff entkommen.

Spannung, Humor und eine Frage der Größe

Was folgt ist eine Verfolgungsjagd quer durchs Land, die weitere Feinde und Verbündete auf den Plan ruft sowie solche, deren Absichten und Ziele vorerst unklar bleiben. Die Wege sind zwar vorgegeben, aber man kann jederzeit via Speicherkristall auf die Weltkarte und somit an bereits besuchte Orte zurückkehren. Insgesamt gibt es neben euch fünf spielbare Story-Charaktere sowie einige vorübergehende Gast-Charaktere, die aus der zumindest im Kampf maximal dreiköpfigen Party eine vierköpfige machen, aber vollkommen eigenständig agieren. Es wird gekonnt Spannung aufgebaut, es gibt überraschende Wendungen und auch für Humor ist hin und wieder Zeit. Vor allem der unfreiwillige Besuch eines Dorfes Sprengstoff geiler Flughasen mit indisch klingendem Akzent, die teils so emsig sind, dass sie tagelang nicht schlafen und davon Halluzinationen bekommen, war köstlich.

Schlechte Aufteilung: Links oben belegt der unnötig große Textlog fast ein Viertel des Bildschirms, während die Lebensenergie von Partymitgliedern und Gegnern nur als winzige Kristalle (oben rechts und unten rechts), die man schnell mal aus dem Blick verliert, angezeigt werden.
Gut gefallen haben mir auch die teils sehr weitläufigen und mehrstöckigen Schauplätze, die zu erkunden es sich durchaus lohnt, da in besonders entlegenen Winkeln oft Schätze als Belohnung warten. Wer sich darum nicht schert, kann aber auch einfach nur einem Stern-Symbol auf der jederzeit einblendbaren Landkarte folgen, der das nächste Story-Ziel anzeigt. Dank Auto-Run-Feature kann man seine Party sogar direkt via Kartenansicht durch die Gegend scheuchen, was durchaus praktisch ist und später auch online Sinn macht, um möglichst schnell zu voraus geeilten Kameraden aufzuschließen.

Allerdings hätte man die Anzeige ruhig etwas transparenter gestalten können, um die aktuelle Umgebung samt herum lungernder Gegner besser wahrzunehmen. Das standardmäßig sehr dominante Log-Fenster, das fast ein Viertel des Bildschirms belegt, lässt sich hingegen flexibel an eigene Bedürfnisse anpassen. Ich persönlich hätte mir aber auch größere Lebensenergieanzeigen gewünscht, die dafür verwendeten Kristalle sind jedenfalls recht mickrig und unauffällig, so dass man sie im Kampf kaum wahrnimmt, wenn man seinen Blick gerade auf andere Dinge wie z. B. das Durchschalten der Aktionspalette richtet.

Auch die Lebensgeister anvisierter Feinde werden in Kristallform präsentiert, was elegant wirkt, aber auch ziemlich ungenau ist. Bei größeren Gegnern ist der Kristall oft optisch komplett geleert und trotzdem sind noch ein paar Lebenspunkte vorhanden, die den Feind weiterhin auf den Beinen halten; die passende Wahl eigener Angriffe, fällt dadurch unnötig schwer, da man nie weiß welche Attacke nun als Finisher ausreicht und welche nicht. Das ist natürlich alles andere als ein schwer wiegendes Manko und in Online-Kämpfen eher gleichgültig, aber detailliertere Energieanzeigen wären durchaus wünschenswert gewesen.

Individuelles Schlachten

Die Kämpfe werden ähnlich wie in Final Fantasy XII an Ort und Stelle in Echtzeit ausgetragen - nur ohne optionalen Gambit-Komfort. Es lassen sich mehrere Gegner zusammenrotten, in der Nähe herum streunende Monster können auf euch aufmerksam oder von Kameraden herbei gerufen werden und man kann jederzeit sein Heil in der Flucht suchen bis die Verfolger ablassen. Die Kampfsteuerung ist nicht direkt, sondern menübasiert und man steuert immer nur einen Charakter selbst, den man aber jederzeit wechseln kann. Am unteren Bildschirmrand befindet sich eine mehrstufige Aktionspalette, die individuell mit waffenspezifischen Angriffen, Zaubern und anderen Fertigkeiten belegt werden darf. Auch der Einsatz von Items oder das Verwandeln in den Namen gebenden weißen Ritter wird über entsprechende Aktionsleisten ausgeführt. Anfangs ist der vorhandene Platz für eigene Aktionen mehr als ausreichend, später wird's aber ziemlich eng und man muss sich quasi auf bestimmte Rollen festlegen, um jederzeit Herr der Lage zu bleiben.

Im Story-Modus ist der Schwierigkeitsgrad zwar extrem lasch, die Bossgegner geradezu witzlos, aber spätestens online oder bei schwierigen Quests sollte man schon eine gewisse Effektivität an den Tag legen und die Schwächen seiner Gegner kennen, die teils nicht nur diverse Trefferzonen bieten, sondern auch individuelle Resistenzen gegenüber Elementen wie Feuer, Wind oder Erde haben, gegenüber Statusveränderungen wie Stummheit, 

Als weißer Ritter ist fast jeder Gegner nur noch Kanonenfutter, aber auch sonst hält der Story-Modus im Gegensatz zu den Quests kaum Herausforderungen parat.
Schlaf oder Gift verschieden anfällig sind und auch auf Nahkampfangriffe mit Schlitz-, Stoß- oder Stechwirkung unterschiedlich reagieren.

Zudem gibt es Angriffe, die Gegner in die Luft befördern oder zu Boden schmettern können. Besonders große Kreaturen kann man sogar aus dem Gleichgewicht bringen, wodurch sie entweder kurze Zeit zusammensacken oder komplett zu Boden gehen und dadurch zusätzliche Trefferzonen für Nahkampfangriffe bieten, die besonders empfindlich sind, oder verdeckte Schwachstellen Preis geben, die sonst auch von Schützen oder Magiern nicht anvisiert werden können.

Angriffe und Aktionen können jedoch nicht kontinuierlich ausgeführt werden. Nach jedem vollstreckten Manöver, Zauber oder Item-Einsatz, lädt sich ein Aktionsring auf und erst wenn dieser zur Gänze gefüllt ist, kann man wieder zur Tat schreiten, Bewegungen und Charakterwechsel sind hingegen jederzeit möglich. Die Aufladegeschwindigkeit des Aktionsrings hängt nicht nur vom persönlichen Agilitätswert, sondern auch vom Gewicht der aktuellen Waffe und Rüstung ab. Je dicker die Panzerung und je schwerer die Waffe, umso höher sind meist Schutz und Angriffskraft, aber umso länger muss man auch auf seine nächste Eingriffsmöglichkeit warten.

Leicht bekleidete Schützen oder Dolchträger sind hingegen nicht sehr robust, aber dafür ungemein schnell. Doch wer will, kann selbst einem Magier ein Zweihandschwert in die Hand drücken, einen Bogenschützen hinter dickem Stahl verstecken oder völlig nackt mit massiver Kriegsaxt großen Schaden in kurzen Abständen verursachen, so lange jemand anders die Aufmerksamkeit des Gegners mit provozierenden Hilfsmitteln auf sich lenkt.

Taktisches Ressourcen-Management

Darüber hinaus kosten bestimmte Aktionen auch Mana oder verbrauchen nur begrenzt vorhandene, im Kampf sich langsam wieder regenerierende Aktions-Chips, so dass man besonders verheerende Angriffe mit Bedacht einsetzen muss. Die größten Aktions-Chip-Fresser stellen in der Regel lange Kombos dar, die man selbst kreieren, benennen und auf die Aktionspalette setzen darf. Sogar Kombinationen aus Waffeneinsatz und Angriffsmagie sind möglich. Zwar gibt es diverse Einschränkungen wie keine doppelten Aktionen oder keine unpassenden Schlagfolgen, aber insgesamt hat man ausreichend Freiraum und kann sich immer komplexere Lieblingskombos zusammenstellen. Die Ausführung der Kombos ist allerdings eher enttäuschend: Zwar kommt auch hier der Aktionsring in beschleunigter Form zum Einsatz und die Kombo wird abgebrochen, wenn man bei einer Teilaktion zu spät die Angriffstaste drückt. Aber durch stupides Button-Mashing bekommt man jede Kombo komplett durch, da zu frühes Drücken keine Auswirkungen hat, was natürlich jedes Timing überflüssig macht...

Doch zurück zu den Aktions-Chips: Im Story-Modus dienen diese auch als Voraussetzung sich in einen gigantischen Ritter zu verwandeln. Je mehr Chips man hat, umso mehr Attacken stehen einem als Riesenritter zur Verfügung. Diesen kann man wie alle anderen Charaktere auch mit verschiedenen Waffen und anderen Zusätzen ausrüsten, um das Aktionsrepertoire zu beeinflussen und in der Nähe kämpfenden Partymitgliedern vorübergehende Boni wie Attributssteigerungen, elementare Resistenzen oder regenerative Kräfte zu bescheren.

Bei der Charakterentwicklung habt ihr viele Freiheiten - sowohl optisch per Editor als auch spielerisch durch die individuelle Verteilung von Fertigkeitspunkten und persönliche Kombos.
In manchen Schlüsselkämpfen finden die Verwandlungen sogar automatisch statt, ungeachtet dessen, ob man über ausreichend Chips verfügt oder nicht. Mit der verfügbaren Energie muss man zwar trotzdem haushalten, bis auf eine Ausnahme sind die Kämpfe in Ritterform aber kein bisschen fordernd, auch wenn teils sehr nett anzusehen und befriedigend sein können, wenn man riesigen Gegnern in kürzester Zeit auf Augenhöhe den Garaus macht.

Held nach Maß

Der selbst erstellte Charakter kann jedoch keinen Ritter beschwören, unterliegt im Gegensatz zu seinen Gefährten aber keinerlei Einschränkungen was Magie oder bevorzugte Waffengattung betrifft. Bei jedem Stufenanstieg darf man nach eigenem Ermessen neue Fertigkeiten aus acht unterschiedlichen Kategorien erlernen. Es gibt sechs Bereiche für den Gebrauch von Kleinklingen, Großklingen, Äxten, Lanzen, Stäben und Bögen sowie jeweils einen für Schwarz- und Weißmagie. Man kann sich auf einen beliebigen Bereich konzentrieren, mehrere kombinieren oder von allem ein bisschen beherrschen, wobei Letzteres nicht wirklich empfehlenswert ist, da einem die besonders mächtigen Angriffe, Zauber und Attributsverbesserungen dadurch sehr lange verweht bleiben.

Immerhin kann man seinem Helden ab Stufe 50 eine von mehreren Reinkarnationen verpassen, durch die man zwar einige Stufen einbüßt, aber im Gegenzug alle bisherigen Fertigkeitspunkte und einen zusätzlichen Punktebonus obendrauf frisch verteilen darf. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg. Am Ende des Story-Modus' steht man normalerweise irgendwo zwischen Level 30 und 40 und erhält dort kaum mehr Erfahrungspunkte.

Wer das Maximum aus seinem Charakter heraus holen will, wird jedenfalls sehr lange beschäftigt sein. Es gibt sogar die Möglichkeit den Story-Modus mit aktueller Stufe, Fertigkeiten und Ausrüstung ein zweites Mal zu bestreiten. Das ist allerdings nur bedingt interessant, weil die Story keinerlei Verzweigungen bietet und dadurch keine neuen Erfahrungen bereit hält. Selbst die Gegner bleiben völlig unverändert und werden dadurch noch lächerlicher als schon beim ersten Durchgang. Einziger Grund sich trotzdem mit dem New Game zu beschäftigen, sind neu platzierte Schatzkisten, die u. a. Ausrüstungsgegenstände für höhere Stufen enthalten, die es beim ersten Durchgang noch nicht gab.

Viel interessanter ist hingegen die Möglichkeit von der eigentlichen Story losgelöste Quests zu bestreiten, die einem zum Teil sogar Zutritt zu Orten bescheren, die während des Abenteuers noch blockiert waren. Das Angebot mag anfangs mickrig wirken, wer fleißig Aufträge erfüllt, weitet das Angebot jedoch stetig aus. Im Gegensatz zur japanischen Erstauflage sind bereits 50 Online-Quests, die natürlich auch offline bestritten werden könne, vorinstalliert; weitere dürften vermutlich auch bei uns als DLC folgen. Diese Quests reichen von einfachen Sammel- und Kampfeinsätzen über Such- und Schutzaufträge bis hin zu mehrstufigen Bossfight-Events.

Online kann man alle Quests mit bis zu drei menschlichen Mitstreitern angehen, offline bekommt man hingegen nicht einmal KI-Unterstützung.
Zudem gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade für unterschiedliche Charakterstufen, die im Gegensatz zum Story-Modus bei entsprechendem Level oder Rang-Absichten durchaus eine Herausforderung darstellen. Manche Quests sind auch zeitlich recht aufwändig, man muss in einem Stollen verschollene Kinder bergen und sicher zum Ausgang bringen, Schlüssel finden, Aufzüge und Schalter benutzen, besondere Gegner erlegen, um an bestimmte Beutestücke zu gelangen, die z. B. an einem Schrein als Opfer dargebracht werden müssen, bevor der eigentliche Gegner sich überhaupt blicken lässt usw.

Offline gibt es aber einen unverständlichen Wermutstropfen: Zwar kann man die Quests dort ebenfalls während der Story freischalten und angehen, aber aktuelle Partymitglieder erhalten keinen Zutritt, so dass man in allen Quests komplett auf sich selbst gestellt ist, was je nach Charakterrolle natürlich schnell für Frust sorgen kann. Wer einen Heiler mit wenig Angriffskraft spielt, steht natürlich schnell auf verlorenem Posten, wenn man unter Zeitdruck mächtige Gegner bezwingen muss und wer meint mit Level 20 eine Quest für genau diese Stufe bewältigen zu können, wird schnell eines Besseren belehrt, wenn er keinerlei Unterstützung hat...

Online sieht das hingegen völlig anders aus: Hier ist man mit bis zu drei Teamkameraden unterwegs, mit denen man via Text- und Voice-Chat absprechen und Aufgaben bei Zeitdruck verteilen kann. Hier ist man nicht mehr der stumme Einzelgänger, der im Story-Modus nur ein Statistendasein fristet und sich allein mit hausgemachten Quest-Widrigkeiten herum schlagen muss. Hier ist man Teil eines Teams, mit dem sich austauschen und jede Menge Spaß haben kann. Lediglich die vollautomatische Beuteverteilung und die strikt auf Gebrauchsgegenstände limitierte Tauschfunktion könnte dem ein oder anderen missfallen. Das Matchmaking erlaubt hingegen die Suche nach geeigneten Mitspielern mit ähnlicher Charakter-Stufe oder Quest-Rang, aber man kann sein Glück auch in bis zu zwanzig Spieler fassenden Lobbys versuchen, in denen passende Gruppenausschreibungen angepinnt sind. Alternativ kann man auch einfach auf der Weltkarte eine bevorzugte Quests wählen, wodurch man automatisch einer entsprechenden Gruppe zugeteilt wird, die gerade dasselbe vorhat.

Spiel im Spiel

Eine Besonderheit des Lobbysystems sind die so genannten Georamen - quasi von Spielern erstellte Städte, in denen man sich mit Freunden treffen, Gruppen bilden und zusammen Quests annehmen kann. Die Städte dienen aber nicht nur als individuell designter Treffpunkt, sondern bieten je nach Ausbau auch Geschäfte, in denen man sich mit Medizin, neuer Ausrüstung oder seltenen Materialien eindecken kann. 

In von Spielern errichteten Städten kann man sich nicht nur vor persönlicher Kulisse treffen und bummeln gehen, sondern auch Quests angehen.
Zudem gibt es ein kleines Ökosystem, dass es hin und wieder erlaubt, Feldfrüchte und Pilze zu ernten, Mineralien von Felsen zu kratzen oder Zutaten aus Büschen und Bäumen zu gewinnen. Es lohnt sich sogar, mit den in der Stadt lebenden NPCs zu plaudern, die einem manchmal irgendwelche Sachen schenken, für die sie selbst keine Verwendung haben.

Der Ausbau und die Pflege des eigenen Georamas ist jedenfalls ungemein motivierend. Auch wer nicht online spielen möchte, findet hier viele Aufgaben und Belohnungen. Anfangs hat man nur ein kleines Stück brach liegendes Land, das man mit der Zeit schrittweise erweitern und bebauen kann. Man errichtet verschiedene Häuser und Geschäfte, pflanzt Bäume, legt Felder an und vieles mehr. Manche Dinge sorgen lediglich für ein schöneres Stadtbild, andere beeinflussen aber sogar das Angebot in den Geschäften und damit das Ganze auch lebendig wirkt, kann man in den Städten und Siedlungen des Storymodus zahlreiche NPCs zum Umzug in die eigene Stadt überreden, wo sie dann diversen Professionen nachgehen und das Warenangebot erweitern. Manche Figuren ziehen ohne wenn und aber bei euch ein, andere erst wenn die Stadt eine gewisse Größe hat oder wenn ihr ihnen spezielle Geschenke macht. Im Prinzip ist das Georama fast schon ein Spiel für sich, das in ähnlicher Form zwar schon vor zehn Jahren in Dark Cloud zum Einsatz kam, aber immer weiter gereift ist und auch als Online-Lobby eine sehr gute Figur macht.

Wer sucht, der findet

Auch abseits der Georamen werden Sammelreize groß geschrieben. Neben Schatzkisten gibt es auch zahlreiche Umgebungsobjekte, die abgeerntet werden können: Egal, ob Büsche, Bäume, Blumen, Felsen oder Kisten, überall, wo es glitzert oder Schmetterlinge kreisen, warten mehr oder weniger seltene Rohstoffe auf euch. Manchmal wird man direkt mit der Nase darauf gestoßen, manchmal muss man aber schon sehr genau hinschauen, um einen potentiellen Erntepunkt zu erspähen. Die Beschaffung aller möglichen Materialien ist aber nicht nur Beschäftigungstherapie für notorische Sammler und Krämer, die Rohstoffe werden auch für den Ausbau der Georamen benötigt. Und selbst wenn man keine Lust auf virtuellen Städtebau hat, macht fleißiges Sammeln Sinn, um vorhandene Waffen und Rüstungen zu verstärken oder komplett neue zu schaffen. Selbst Gebrauchsgegenstände können so erstellt werden. Und wer keine Verwendung mehr für bestimmte Objekte hat, kann sie auch zerlegen oder spenden, wodurch man mit der Zeit zusätzliche Blaupausen und Rezepte für weitere Kreationen erhält.

Schön ist zudem, dass jeder Ausrüstungswechsel auch optisch dargestellt wird, egal ob Waffe, Rüstung oder Accessoires wie Umhänge. Es gibt auch eine virtuelle Kamera, mit der man spielintern Fotos von sich und anderen schießen kann. Waffen und Rüstungen nutzen sich mit der Zeit sogar ab, was zwar nicht optisch dargestellt wird, aber ohne Reparatur irgendwann spürbare Auswirkungen auf Angriffs- und Abwehrkraft hat. Insgesamt wirkt die grafische Präsentation von White Knight Chronicles aber recht angestaubt. Die Charaktere sehen recht primitiv aus, die Texturen verwaschen, die Effekte billig und die Sichtweite reicht von nahezu grenzenlos bis hin zu "Hoppla, wem gehören denn die riesigen Beine, die da gerade um mich herum aus dem Nichts erschienen sind?". Und ich rede jetzt nicht davon, dass getötete Gegner irgendwann wieder auftauchen und das natürlich zum ungünstigsten Zeitpunkt geschehen kann, sondern davon, dass man in eine scheinbar menschenleere Einöde rennt und plötzlich direkt vor einem oder um einen herum Gegner ins Bild ploppen, 

Die Grafik-Engine hat so ihre Macken und wirkt technisch nicht gerade zeitgemäß, stimmungsvolle Schauplätze gibt es trotzdem und jeder Ausrüstungswechsel verändert das Erscheinungsbild der Charaktere.
die quasi von Anfang an da waren, aber von der Grafik-Engine erst viel zu spät berücksichtigt wurden. So extrem geschieht das zum Glück eher selten, aber oftmals ist es keine schlechte Idee vorm Betreten mutmaßlich leerer Räume oder Gegenden erst kurz zu verharren bis alle Gegner angezeigt werden als versehentlich ins Verderben zu rennen.

Die Bildrate hätte ebenfalls etwas stabiler sein können. Gravierende Slowdowns sind zwar selten, aber nervige Ruckler gibt es mehr als genug. Dafür sind die Schauplätze aber oft sehr weitläufig, es gibt zahlreiche Umgebungsobjekte, wirklich schöne Ausblicke und die meisten Gegner erkennt man schon von Weitem. Auch die Animationen können sich sehen lassen, auch wenn es mitunter nervt, dass man automatisch seine Waffe einsteckt, wenn man sich zu weit vom Angriffsziel entfernt hat und diese dann erst wieder langwierig ziehen und warten muss, bis man wieder Aktionen ausführen kann. Mit gezogener Waffe durch die Gegend zu marschieren ist nämlich nicht möglich. An und für sich ja kein Problem, aber wenn man als Schütze ohnehin auf Distanz kämpft, dann von einem Flächenangriff von den Beinen geholt wird, infolge dessen aus der Kampfzone geschubst wird, gerade wieder in Reichweite gerannt ist, um seinen Bogen zu ziehen, nur um gleich von der nächsten Flächenattacke umgenietet zu werden usw., ist das ziemlich frustrierend.

Platz für Verbesserungen

Ebenfalls für Ärgernisse sorgt hin und wieder die nur sehr rudimentär anpassbare und insgesamt recht durchwachsene KI eurer Partymitglieder. Da gibt es extra Gegenstände und Fertigkeiten, um Gegner auf elementare Schwächen zu durchleuchten und dann müsst ihr anschließend trotzdem mit ansehen wie euer Magier kälteempfindliche Feuersalamander mit züngelnden Flammen bearbeitet. Zum Glück macht das im Storymodus nicht viel aus, da die meisten Gegner ohnehin keine Bedrohung darstellen. Ärgerlicher ist es da schon wenn wirklich mal Not am Mann ist und sich eure Kollegen an irgendeiner Anhöhe festgelaufen haben, wo sie bis zum Ende des Kampfes passiv verharren. Die durchwachsene Kollisionsabfrage bereitet aber auch euren Gegnern ab und zu Probleme und lässt sie wie paralysiert an Ort und Stelle hin und her zucken oder sie lassen sich einfach ohne jede Gegenwehr von euch abschlachten. Das passiert zwar nicht allzu oft, wirkt aber trotzdem jedes Mal dämlich. Das gilt auch für Nahkampftreffer aus mehreren Metern Entfernung oder Geschosse und Zauber, die mühelos durch Wände gehen. Das mag man von diversen Online-Rollenspielen gewohnt sein, aber mit Ruhm bekleckert man sich dadurch trotzdem nicht.

Kritik muss sich auch die recht überschaubare Gegnervielfalt gefallen lassen. Es gibt zwar ein paar wirklich imposante Widersacher, aber zu oft wird einem ein und dasselbe Exemplar einfach mit anderem Namen und Farbanstrich erneut vorgesetzt. Irgendwann kann man die ganzen Spinnen, Wespen, Skorpione, Wölfe und Eidechsen einfach nicht mehr sehen, egal ob sie nun grün, blau oder rot sind. Die akustische Untermalung ist hingegen recht ordentlich: Die Melodien passen meist gut zu den jeweiligen Schauplätzen und blenden sauber um, wenn ein Kampf vom Zaun gebrochen wird. Auch die Effekte klingen klar und authentisch. Wenn jemand zu einem Heilzauber ansetzt, hört man das sofort und weiß gleich, dass man sich selbst nicht mehr um das angeschlagene Partymitglied kümmern muss, sondern sich weiter auf den Angriff konzentrieren kann. 

Größere Gegner haben unterschiedliche Trefferzonen, von denen manche erst anvisiert werden können, wenn sie zusammensacken oder umfallen, KI-Mitstreiter wissen das aber nur selten effektiv zu nutzen...
Weniger erfreulich ist hingegen die englische Sprachausgabe, deren Sprecher zwar einen ganz passablen Job machen, deren Tonspur aber alles andere als lippensynchron ist. Wenn ein Charakter sekundenlang mit geschlossenem Mund weiter spricht, drückt das einfach auf die Atmosphäre. Wer auf die solide übersetzten deutschen Untertitel angewiesen ist, bekommt davon vermutlich gar nicht viel mit, eine Option auf japanischen Originalton wäre aber wohl trotzdem nicht verkehrt gewesen.

Keine Entscheidungsmöglichkeit hat man auch was den Verbrauch von Speicherplatz auf der Festplatte angeht. Knapp drei Gigabyte müssen Besitzer kleinerer Platten freischaufeln, bevor sie überhaupt spielen können. Und wer gerne oft den Spielstand sichert, braucht bei White Knight Chronicles jede Menge Geduld, da das jedes Mal eine halbe Minute dauert. Klingt nicht viel, aber glaubt mir das zehrt ganz schön und mit der Zeit kommt da einiges an Däumchendrehen zusammen. Und macht nicht den Fehler während des Speichervorgangs aufs Klo zu gehen oder Ähnliches, denn nach dem Speichern geht das Spiel automatisch weiter und auch wenn sich zum Start des Speichervorgangs keine Gegner in der Nähe des aktuellen Speicherkristalls befinden, kann das kurz nach Wiederaufnahme des Spiels schon ganz anders aussehen und aufgrund sich nie selbstständig zur Wehr setzenden Partymitglieder schnell tödlich enden. Na ja, immerhin habt ihr ja dann kurz zuvor gespeichert, aber diesen Spielstand zu laden kostet auch wieder Zeit...

Fazit

Spielerisch und inhaltlich ist White Knight Chronicles im Vergleich zur japanischen Erstauflage spürbar gereift: Das Quest-Angebot ist deutlich größer, man kann online von Anfang an Voice-Chat nutzen und der persönliche Städtebau via Georama stellt eine enorme Zusatzmotivation dar. Das technische Grundgerüst ist hingegen weniger zeitgemäß: Viele Effekte wirken veraltet, den Texturen mangelt es oft an Details, die Bildrate könnte stabiler sein und es nervt, wenn Gegner manchmal erst direkt vor der Nase ins Bild ploppen. Auch sonst gibt es einige Dinge, die störend oder unglücklich wirken - von der uneleganten Kartenfunktion über die alles andere als lippensynchrone englische Sprachausgabe bis hin zum stummen Statistendasein der selbst erstellten Spielfigur. Im Gegenzug bietet White Knight Chronicles aber einen extrem motivierenden Abenteuerspielplatz mit zahlreichen Sammel- und Erkundungsreizen, spannender Story und kurzweiligem Koop-Modus à la Monster Hunter . Es macht jedenfalls eine Menge Spaß, seinen Charakter individuell zu entwickeln, sich in selbst gebauten Städten mit Freunden zu treffen, um auf die Pirsch zu gehen und anschließend mit den Beutestücken neue Waffen, Rüstungen oder Bauwerke herzustellen - und das im Gegensatz zu ähnlich konzipierten Spielen wie Phantasy Star Universe sogar kostenlos. Als reines Offline-Spiel sind einige Elemente natürlich nur halb so reizvoll, aber auch Solisten dürfen eigene Städte errichten und mit NPCs besiedeln, Quests bestreiten oder neue Ausrüstung entwickeln. Der volle Spielspaß entfaltet sich aber erst online und da fallen sogar einige Kritikpunkte wie fehlende Quest-Begleiter, stummes Heldendasein oder nervige KI-Aussetzer weg. Ein Award bleibt dem weißen Ritter aufgrund anderer Mängel zwar verwehrt, aber ich freue mich trotzdem schon auf die bereits angekündigte Fortsetzung.

Pro

spannend inszenierte Story
 langlebiger Koop-Modus (online)
motivierender Städtebau (Georama)
Item-Upgrades & -Verschmelzungen
sehr gute Sammel- & Erkundungsreize
 imposante Verwandlungsfunktion (Knights)
individuelle Kombo- & Charakterentwicklung
große Gegner mit dynamischen Trefferzonen

Kontra

durchwachsene KI
geringe Gegnervielfalt
Partylose Offline-Quests
extrem einfache Story-Kämpfe
angestaubte & überforderte Grafik-Engine
stummer Spielercharakter ohne Storybezug

Wertung

PlayStation3

Trotz Design- und Technik-Macken ein unglaublich motivierender Abenteuerspielplatz, der dank Georama und kooperativem Online-Modus lange bei Laune hält.

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