Resonance of Fate18.01.2010, Jens Bischoff
Resonance of Fate

Vorschau:

Mit Resonance of Fate (ab 12,45€ bei kaufen) haben die Star Ocean -Entwickler scheinbar ein Rollenspiel der anderen Art in der Mache: Ganz ohne Magie, natürlicher Vegetation, üppiger Charakterriege oder typischer Fantasy-Waffen. Wir trafen die Entwickler noch vor dem Japan-Release des Titels, um sie mit Fragen zu löchern (siehe Interview) und uns selbst ein Bild von der Steampunkwelt zu machen: Wir konnten in cineastisch inszenierter Actionmanier ballern. Fallout 3 lässt grüßen? Oder steckt da überhaupt kein Rollenspiel mehr drin?

Turmbau zu Basel

Worum geht es? Man kann in die Haut von drei Söldnern einer privaten Militärfirma schlüpfen, die in der eigentlich als experimentelles Lebenserhaltungssystem errichteten und jetzt als letztes Habitat der Menschheit dienenden Turmstadt Basel Aufträge für Kunden erfüllen.

Video: Der Debüt-Trailer soll mit Rendersequenzen auf das Setting und die Charaktere einstimmen.Nebenbei erfahren sie einiges über die verborgene Wahrheit Basels. Die Welt außerhalb des gigantischen Turms, in dem eine uhrwerkähnliche Maschine das Schicksal zu kontrollieren scheint, liegt in Trümmern, ein Leben ist dort nicht mehr möglich. Daher wird das gesamte Spiel in einer von Menschenhand geschaffenen künstlichen Welt im Steampunk-Stil spielen.

Tri-Ace verzichtet jedoch nicht nur auf jegliche natürliche Vegetation, auch andere typische Rollenspielklischees wie Magie, Partymanagement oder Schwertkampf hat man bewusst ad acta gelegt. Stattdessen verlässt sich das einsame Heldentrio auf konventionelle Handfeuerwaffen wie Revolver oder Maschinenpistolen, mit denen man cineastische Action in bester Hong Kong Kino-Tradition zelebrieren möchte.

Stilistisch scheint die Rechnung auf den ersten Blick durchaus aufzugehen und erinnert damit an Stranglehold oder WET : Die Feuergefechte sehen dank spektakulärer Akrobatikeinlagen in Zeitlupe, jeder Menge Detonationen sowie einer gelungenen Kameraregie wirklich filmreif aus. Zum Glück ist man jedoch nicht nur zum Zuschauen verurteilt, sondern dazu in der Lage die Action-Sequenzen maßgeblich mitzubestimmen. Während die gerade aktive Spielfigur übers Schlachtfeld sprintet, kann man Sprünge initiieren, Ziele wechseln und natürlich den Abzug betätigen. Zudem kann man auf Knopfdruck zwischen verschiedenen Bewaffnungen wechseln, um unterschiedliche Arten von Schaden anzurichten.

Rundenbasierte Balleraction

Während Revolver und Colts direkten Schaden verursachen, erzeugen Schnellfeuerwaffen so genannten "Scratch Damage", der zwar nicht an der feindlichen Lebensenergie nagt, dafür aber die Verteidigung des Ziels schwächt um anschließenden Direktschaden noch verheerender zu machen.

Die rundenbasierten Kämpfe wirken dank akrobatischer Action-Einlagen sehr cineastisch. Mit der Zeit könnte sich die wiederholungsanfällige Inszenierung aber schnell abnutzen.
Darüber hinaus gibt es auch verschiedene Munitionsarten, um Gegner in Brand zu setzen oder mit anderen Zustandsveränderungen zu belegen. Zudem kann man die Spielumgebung zu seinen Gunsten nutzen und z. B. hinter Wänden in Deckung gehen oder explosive Fässer ins Visier nehmen. Manche Gegner haben sogar mehrere Trefferzonen und individuelle Schwachpunkte, die aufs Korn genommen werden können.

Generell laufen die Gefechte rundenbasiert ab, während der Schusssequenzen sind neben Taktik aber auch schnelle Reaktionen gefragt, um die begrenzte Aktionszeit möglichst effektiv zu nutzen. Wildes Tastenhämmern führt jedoch nicht zum Erfolg, denn bevor man den Abzug drücken kann, muss sich erst ein Zielkreis aufladen. Benutzt man eine Waffengattung besonders oft, wird man im Umgang immer versierter, was u. a. das Aufladen mehrerer Zielkreise vor dem eigentlichen Schuss erlaubt, um noch mehr Schaden anzurichten.

Bastelstunde für Revolverhelden

Darüber hinaus darf man seine Schießprügel auch modifizieren, in dem man zusätzliche Zielvorrichtungen, größere Magazine, längere Läufe und ähnliches anbaut, um Feuerkraft, Schussfrequenz, Genauigkeit und andere Parameter zu verbessern. Die Art und Weise wie diese Waffen-Upgrades erfolgen, ist sehr interessant: Auf einer Blaupause kann man diverse Zusätze an unterschiedlich gekennzeichnete Stellen montieren, muss aber darauf achten, dass es nicht zu irgendwelchen Überlappungen oder Gewichtsproblemen kommt - quasi eine Art Baukasten für Waffennarren.         

Neue Waffenteile müssen zum Teil erst aus kleineren Komponenten hergestellt werden, die man sowohl im Kampf als auch durch das Zerlegen von Gegenständen erbeuten kann. Darüber hinaus darf man aus gesammelten Kleinteilen und Rohstoffen auch andere Items wie Schmuck, Molotov-Cocktails oder Heiltränke herstellen, die ebenfalls im Kampf eingesetzt werden können.

Die in Hexfeldform präsentierte Spielwelt muss via Puzzlespiel erst begehbar gemacht werden, was durchaus Laune macht.
Jeder Charakter verfügt pro Runde über eine begrenzte Menge an Aktionspunkten, die abnehmen, wenn man sich frei über das Schlachtfeld bewegt oder spezielle Manöver ausführt. Hat man alle Aktionspunkte verbraten, ist der nächste Charakter bzw. Gegner am Zug. Neben normalen Bewegungen und einzelnen Schüssen kann man seinen Charakter auch eine vorgegebene Lauflinie zuweisen, auf der er sich anschließend selbstständig bewegt, während man selbst zu Sprüngen ansetzt und anvisierte Ziele mit Schüssen eindeckt.

Geht diese Linie zwischen den Positionen der anderen beiden Spielfiguren hindurch, erhält man so genannte Resonanzpunkte mit denen man zu besonders verheerenden Teamattacken ansetzen kann. Gerät man in Bedrängnis, kann man einen der Ausgänge des aktuellen Schlachtfelds ansteuern, um zu fliehen. Im Prinzip bestehen sämtliche Dungeons nur aus aneinander gereihten Sechsecken, durch die man sich ans Ziel kämpfen muss. Hat man alle Gegner eines Abschnitts erledigt, kann man auch in Ruhe nach versteckten Schätzen suchen oder hin und wieder Schalter betätigen; besonders erkundungsfreudig sind die meist sehr kompakten Schauplätze allerdings nicht.

Welterkundung als Puzzlespiel

Auch die Spielwelt abseits der Dungeons präsentiert sich abgesehen von frei begehbaren Städten und Gebäuden im Hexfeld-Stil. Was auf den ersten Blick steril und klobig, ja regelrecht ernüchternd wirkt, hat aber auch seine Reize: Um neue Gebiete zu erreichen, muss man seine Umgebung erst mit erbeuteten Puzzleteilen begehbar machen. Dazu gibt es verschiedene Farben und Formen, mit denen man korrekt platziert nach und nach Zutritt zu weiteren Schauplätzen, Dungeons und Stockwerken des Turms erlangt. 

Bewohnte Gegenden wie die Stadt Abel dürfen frei erkundet werden. In Geschäften kauft und bastelt man sich neue Ausrüstung, während NPCs optionale Aufträge anbieten.
Beim Freipuzzeln des Wegs, bei dem man sogar selbst regenerierende Speicherpunkte setzen darf, entdeckt man gelegentlich auch Schätze, zusätzliche Ereignisse oder spezielle Terminals, die alle angrenzenden Sechsecke derselben Farbe mit bestimmten Boni wie erhöhter Beuterate oder der Unterdrückung von Zufallskämpfen belegen. Letztere gibt es übrigens nur außerhalb der Dungeons, wo man mit einem Marker auf frei geräumten Pfaden zum nächsten Ziel reist.

Optisch wirkt das Puzzeln und Navigieren zwar recht antiquiert, aber spielerisch wussten die ungewöhnlichen Knobelauflockerungen bisher durchaus zu gefallen - vor allem da man von Terminals erhaltene Bonuseffekte durch geschickten Ausbau auch in angrenzenden Dungeons nutzen kann. Die in Form von obligatorischen Missionen voran getriebene Handlung verläuft zwar trotz individuell zusammen gepuzzelter Wege sehr linear, wer will, kann aber auch abseits des Plots zahlreiche Aufträge erledigen, in einem Kolosseum sein Kampftalent unter Beweis stellen oder durch das Manipulieren der Tageszeit bestimmte Ereignisse hervorrufen. Die durchschnittliche Spielzeit wurde von den Entwicklern dabei mit 40 bis 50 Stunden angegeben.

Angestaubte Präsentation

Grafisch sieht Resonance of Fate trotz filmreifer Kampfinszenierung aber leider alles andere als umwerfend aus. Dass das Freipuzzeln der Karten nicht besonders aufwändig wirkt, ist noch verschmerzbar, aber leider sehen auch die Dungeons alles andere als imposant aus.

Die Dungeons sind nicht mehr als aneinander gereihte Einzelräume, die nur wenig Platz für Erkundungen abseits der Kämpfe bieten.
Hinzu kommen teils reichlich hölzerne Animationen, mangelnde Kantenglättung und verwaschene Texturen und das obwohl tri-Ace unlängst erst mit Star Ocean gezeigt hat, was für eindrucksvolle Kulissen sie mit ihrer eigenen Technik auf den Bildschirm zaubern können. Immerhin sehen die Charaktere in Resonance of Fate nicht aus wie eingeölte Barbiepuppen.

Der Stil an sich ist wesentlich düsterer und realistischer als in Star Ocean. Man kann sein Heldentrio sogar individuell einkleiden sowie Haar- und Augenfarbe festlegen. Das besondere daran ist, dass sämtliche Veränderungen auch in den Kämpfen und Sequenzen dargestellt werden und man im Verlauf des Abenteuers immer wieder neue Klamotten und Accessoires erstehen und finden kann - ein paar sogar abhängig davon, ob man auf 360 oder PS3 spielt. Individualisten wird's freuen, ich persönlich hätte mir hingegen lieber mehr Feinschliff bei der allgemeinen grafischen Präsentation oder eine passende Darstellung der selbst gebauten Waffen gewünscht, die trotz aller Modifikationen leider immer gleich aussehen.          

Ausblick

Der Bruch mit vielen klassischen Rollenspielelementen wie einer stetig anwachsenden Party, dem Einsatz übernatürlicher bzw. magischer Fähigkeiten oder einer im klassischen Sinn erkundbare Spielwelt, ist sicherlich riskant und dürfte den einen oder anderen Rollenspieler schon im Vorfeld abschrecken. Die actionreichen Alternativen, die die Star Ocean -Macher anbieten, könnten allerdings wieder versöhnen: Vor allem die akrobatischen Feuergefechte machen auf den ersten Blick einiges her. Ob das auch auf Dauer so sein wird, muss sich allerdings erst zeigen. Den Fokus komplett auf Handfeuerwaffen zu legen, könnte auf lange Sicht langweilen, auch wenn das Aufrüsten der Waffen via Baukastenprinzip viel versprechend wirkt. Optimistisch bin ich hingegen bei der als Puzzlespiel gestalteten Enthüllung der Spielwelt, die mir trotz spröder Präsentation sehr gut gefallen hat. Schade nur, dass auch die Dungeons im Hexfeldstil daher kommen und nur wenig Stimmung erzeugen. Auch sonst wirkt der Titel grafisch, abgesehen von seinen cineastischen Schusswechseln, eher rückständig. Ob die inneren Werte das wieder wett machen, ist leider noch ungewiss. Die spielerischen Ansätze sind teils ganz interessant, von ihrer Langlebigkeit bin ich aber noch nicht überzeugt.

Ersteindruck: befriedigend

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