The Banner Saga12.01.2016, Jörg Luibl
The Banner Saga

Im Test: Schach, Drama & Ärgernisse

Was wird höchstwahrscheinlich geboren, wenn ehemalige BioWare-Entwickler ein Studio gründen? Ein Rollenspiel mit Konsequenzen. The Banner Saga (ab 24,94€ bei kaufen) war aber auch so eigenständig und kreativ, dass es 2014 unseren Gold-Award einheimsen sowie eine Spiel-des-Jahres-Auszeichnung gewinnen konnte. Nach PC und iPad ist das von altnordischer Mythologie inspirierte Abenteuer jetzt auch für PS4 sowie Xbox One für knapp 20 Euro erhältlich.

Ärgerliche Defizite

Warum mich The Banner Saga bereits auf dem PC begeistern konnte, erklärt dieser ausführliche Test. Hier geht es lediglich um die Umsetzung für Konsolen, die komplett inhaltsgleich, aber leider etwas schlampig ist. Sowohl auf der PlayStation 4 als auch der Xbox One kommt es zu unverständlichen Bildratenproblemen in diesem grafisch eher dezenten Abenteuer. Zum einen ganz leicht, wenn man seine Karawane aus der Distanz in der Landschaft betrachtet; zum anderen deutlicher innerhalb der rundenbasierten (!) Kämpfe: Sobald man einem Recken eine Bewegungsroute zuweist, ruckelt es - auf Microsofts Konsole noch etwas stärker. Das hätte ich so nicht erwartet, zumal die überaus elegante Zeichentrick-Kulisse ja alles andere als fordernd ist.

Die Rundengefechte bieten ein interessantes System: Man kann entweder die Rüstung oder die Lebenskraft des Feindes angriefen, wobei Letztere auch seine Schlagkraft darstellt. (PS4)
Noch ärgerlicher sind die Grafik-Bugs, die sogar zum Neustart zwingen. Zwar gab es auch auf dem Rechner zu Beginn mal Abstürze, aber auch von einem kleinen Studio wie Stoic Games erwarte ich auf Konsole sauberen Programmcode. Als die Geschichte zur zweiten Gruppe mit Rook und seiner Tochter Alette wechselt, kann ich an einer Stelle partout keine Rast mehr einlegen - die Karawane hielt mitten in der Landschaft an, die Texturen verschwanden an einigen Stellen erst in kleinen Bereichen, dann sogar über die Hälfte des Bildschirms und ich musste das Spiel neu starten; siehe dazu auch die letzten Aufnahmen unsere Bildergalerie. Nach dem Laden lief dann alles vernünftig, das Dorf wurde endlich sicht- und anklickbar; es ist ist also kein Gamebreaker und es kommt nicht ständig vor, sonst hätte es hier ein "Mangelhaft" gegeben. Aber das darf natürlich nicht sein und kostet unseren Award.

Nicht so intuitiv wie am PC, aber ein gutes Abenteuer

Was ist denn da los? Leider kann es zu Grafikbugs kommen, die zum Neustart zwingen. Gut, dass diese krassen Fehler nur sporadisch auftauchen. (PS4)
Den hätte es trotz anderer Kleinigkeiten durchaus noch geben können: Hinzu kommen neben häufigen, aber immerhin nicht all zu langen Ladephasen einige Tücken in der Steuerung. Es hat etwas Zeit und so manche Fehlklicks gebraucht, bis ich mit der Gamepad-Belegung warm wurde, die beim Anwählen von Positionen, Fähigkeiten oder dem Anzeigen von Statistiken z.B. sehr strikt zwischen Steuerungskreuz sowie Analogstick trennt und nahezu alle Knöpfe belegt. Manchmal überlappen sich auch kleinteilige Infos, so dass man etwas herumfummeln muss. Außerdem hätte man die erklärenden Texte zu Fähigkeiten bei einem Zoom mit vergrößern sollen - so muss man sich beim Lesen von der Couch aus manchmal unnötig anstrengen.

Ihr könnt eure Helden in verschiedenen Bereichen aufrüsten.
So intutiv wie am PC oder dem iPad bewegt man seine Helden also nicht durch die bedrohte Welt, aber man kann sich daran gewöhnen. Und hat man das erstmal getan, entfaltet The Banner Saga auch auf den Konsolen unwiderstehliche Reize. Es ist vor allem der bedächte Stil, der an Zeichentrickserien der 80er Jahre erinnert und diese Mischung aus Dialogen mit Entscheidungen, Kampf sowie etwas Versorgungsmanagement. Stoic Games inszeniert sein Taktik-Rollenspiel auf eine Art, die immer noch angenehm frisch und kreativ wirkt. Man führt zwei unterschiedliche Reisegruppen in einer interessanten Fantasywelt mit altnordischen Motiven, wird bei drei (jederzeit wechselbaren) Schwierigkeitsgraden schon auf normal gefordert, kann seine Charaktere entwickeln und ausrüsten, grübelt über Entscheidungen als Anführer und flucht lautstark über den Verlust eines lieb gewonnen Charakters. Für Details verweise ich auf den ausführlichen Test der PC-Version; inhaltlich bekommt ihr auf PS4 und Xbox One dasselbe Spiel. Und die Reise lohnt sich auch deshalb, weil ihr mit euren Spielständen bald in The Banner Saga 2 weiterziehen könnt.

Fazit

Nach knapp zwei Jahren präsentiert sich The Banner Saga zwar immer noch erzählerisch, taktisch sowie hinsichtlich des Artdesigns von einer sehr guten, weil angenehm kreativen Seite. Aber die Umsetzung für PlayStation 4 und Xbox One ist leider alles andere als sauber: Dass es viele Ladezeiten sowie eine etwas fummeligere Steuerung gibt, die nicht so intuitiv flutscht wie auf PC oder iOS, ist nicht mal das Problem. Hinzu kommen allerdings Ruckler außerhalb sowie innerhalb der Rundengefechte sowie ärgerliche Grafikbugs, die tatsächlich zum neuen Laden zwingen, weil irgendwann nichts mehr geht - das sehr ärgerlich, aber nur sporadisch sichtbar und kein Gamebreaker. Trotzdem kostet diese Schlampigkeit unseren Gold-Award. Die inneren Werte sorgen immer noch für gute Unterhaltung: Das Erhabene und Edle des Altnordischen wird gekonnt mit fiktiven Elementen verknüpft, so dass abseits von Kitsch und Klischees eine glaubwürdige Welt mit inneren Konflikten entsteht. Das ist sehr elegant inszenierte und innovative Rundentaktik, in der man seine Gefährten clever positionieren und entwickeln muss. Es gibt auch klare Defizite, was die fehlende Routenwahl oder die immer gleichen Arenen mit ihrer Statik betrifft. Aber hier bekommt ihr Schach und Drama, Kampf und Konsequenzen. Schön, dass man die Version für PS Vita doch noch stemmt. Und The Banner Saga 2 soll ja auch bald erscheinen - ich freu mich darauf, zumal man dort mit seinen Spielständen inkl. Charaktere sowie Entscheidungen fortfahren kann.

Pro

eleganter Zeichentrickstil
interessante altnordische Fantasywelt
taktisch vielfältige Rundengefechte
innovatives Kampf- und Entwicklungssystem
gute erzählerische Dramaturgie mit zwei Perspektiven
innovatives Reise- & Karawanen-System
ständiges Grübeln über Einsatz von Ruhmpunkten
viele Entscheidungen mit fatalen Konsequenzen
man wird für Kämpfe und Entscheidungen belohnt
Verletzte übernehmen Schaden
sehr gut geschriebene offene Dialoge
sieben Klassen mit Spezialmanövern
einige sehr gute KI-Manöver
eindringlicher Soundtrack
drei Schwierigkeitsgrade
Spielstände für The Banner Saga 2 relevant (PC, PS4, One)

Kontra

Bildratenprobleme (PS4, One)
gewöhnungsbedürftige Steuerung (PS4, One)
Grafikbug zwingt zum Neuladen (PS4, One)
viele Ladephasen (PS4, One)
etwas verwirrender Einstieg
keine freie Routenwahl (bis auf wenige Entscheidungen)
kein Blick auf Fähigkeiten in Heldenauswahl
Feinde lassen sich nicht in Abgründe schubsen
Höhe & Gelände spielen keine Rolle in Kämpfen
kein freies Speichern, nur automatisches
kein Tagebuch, keine erzählerische Übersicht

Wertung

PlayStation4

The Banner Saga präsentiert sich immer noch erzählerisch, taktisch sowie hinsichtlich des Artdesigns sehr gut. Aber die Umsetzung für PS4 und Xbox One ist nicht sauber - Ruckler und Grafikbugs trüben den Spaß.

XboxOne

The Banner Saga präsentiert sich immer noch erzählerisch, taktisch sowie hinsichtlich des Artdesigns sehr gut. Aber die Umsetzung für PS4 und Xbox One ist nicht sauber - Ruckler und Grafikbugs trüben den Spaß.

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