Rainbow Skies29.06.2018, Jens Bischoff

Im Test: Gefallene Helden

Mehr als fünf Jahre ist es her, dass die SideQuest Studios und eastasiasoft eine Fortsetzung ihres Taktik-Rollenspiels Rainbow Moon angekündigt hatten. Nach mehreren Verschiebungen ist Rainbow Skies nun endlich erschienen. Ob sich das Warten gelohnt hat, verrät der Test.

Chaotisches Trio

Rainbow Skies erzählt die Geschichte dreier Antihelden, die das Schicksal auf recht unorthodoxe Weise zusammenbringt: Zunächst schlüpft man in die Rolle von Damion, dem im Luftinselreich Arca die Prüfung zum Monsterbändiger ins Haus steht.
Statt sich auf die Prüfung vorzubereiten, gibt sich Protagonist Damion lieber die Kante...
Allerdings ist Damion nach durchzechter Nacht übelst verkatert und vergeigt nicht nur die Prüfung, sondern zerstört auch noch das Monstergehege. Doch als er und sein Prüfer Layne das Schlamassel bereinigen wollen, wird es nur noch schlimmer und am Ende stürzen beide in die Tiefe und landen weich, aber verdutzt auf dem verbotenen Mond Lunah.

Dort treffen sie auf Zauberchaotin Ashly, die sie gleich für ein magisches Experiment einspannt, das jedoch gewaltig schief geht und alle drei fortan aneinandergekettet. Um wieder voneinander loszukommen, beschließen sie den Rat eines Fachmanns einzuholen. Doch der wohnt weit weg und so beginnt eine Odyssee durch eine zumindest für Damion und Layne völlig fremde Welt, die man selbst bisher nur als Mülldeponie für Arcas Abfälle genutzt hat, was die darüber erboste Ashly aber zum Glück nicht weiß...

Deutsche Reiseleitung

Die trotz kurzer Renderfilmchen eher schlichte Inszenierung ist durchaus amüsant und humorvoll - vor allem die zänkischen Spielerklärungen wissen zu gefallen. Die dieses Mal sogar deutschen Dialoge wirken allerdings oft sehr kindisch, das Charakterdesign klischeebeladen. Sprachausgabe gibt’s so gut wie keine und die Handlung rückt auch immer mehr in den Hintergrund.
Nicht nur die humorvoll eingebetteten Spielerklärungen gibt's dieses Mal auch auf Deutsch.
Die Reise durch die isometrische Spielwelt weiß allerdings zu gefallen und versetzt einen gekonnt in Entdeckerlaune: Hier ein Geldbeutel im Gebüsch, da eine Schatztruhe jenseits des Abgrunds und dort eine Höhle hinter schroffen Felsen. Viele Orte erreicht man erst mit entsprechender Ausrüstung, viele Kostbarkeiten nur mit ausgiebigem Stöbern.

Zudem versperren oft auch mächtige Widersacher den Weg, während andere umherstreunen und umgangen werden können. Praktisch ist, dass man Gegnerstufe und -anzahl vorab angezeigt bekommt und so abwägen kann, ob man eine Auseinandersetzung eingehen will oder nicht. Obendrein gibt es auch noch klassische Zufallskämpfe, zu denen man aber auch dieses Mal nicht gezwungen wird. Wer's gerade eilig hat, kann unbehelligt weiterziehen, wer dringend Erfahrungspunkte braucht, nimmt die Herausforderung an und wer auf der Suche nach bestimmten Monstern bzw. deren Hinterlassenschaften ist, wartet auf die passenden Kandidaten, wodurch selbst lästige Beute-Quests erträglich werden.

Wer sucht, der findet

Neben den handlungsorientierten Hauptaufgaben, kann man sich nämlich auch wieder zahlreichen Nebenmissionen widmen, die man je nach Aufenthaltsort und Spielfortschritt von den Einheimischen erhält. Die meisten Einsätze sind zwar klassische Such-, Bring- oder Jagddienste, halten aber manchmal trotzdem gelungene Überraschungen oder Hindernisbewältigungen parat.
Wer die Augen offenhält, kann an vielen Orten versteckte Wege oder Beute finden.
Das Leveldesign richtet sich auch unter Tage an engagierte Entdecker, die sich jede Abzweigung merken, jeden Winkel im Fackelschein durchstöbern und keine Interaktionsmöglichkeit auslassen. Dank automatischer Kartenfunktion wird selbst das Erforschen größerer Areale nie zur Last, auch wenn man sich hier und da eine mehrstufige Zoom-Funktion gewünscht hätte.

Die nicht nur zu Fuß erkundbare Spielwelt ist erneut groß und verwinkelt, der Spielumfang immens. Allein bis zum Abschluss der Hauptgeschichte vergehen Dutzende Stunden. Selbst hundert Spielstunden sind kein Problem. Allerdings gestalten sich manche Abschnitte auch wieder unnötig zäh - vor allem, wenn Schlüsselereignisse mit Sammelaufgaben verknüpft werden. Die Hege und Pflege der eigenen Truppe ist hingegen motivierender denn je. Neben den drei Protagonisten kann man neuerdings sogar Monster in die Kampfgruppe aufnehmen.

Dazu muss man aber erst ein passendes Ei erbeuten und es anschließend ausbrüten. Einmal geschlüpft kann man es aber wie ein vollwertiges Gruppenmitglied aufleveln, ausrüsten und es sogar zum Anführer machen. Gerade nicht benötigte Begleiter kann man beim örtlichen Monsterbändiger auch gegen einen geringen Obolus eigenständig trainieren lassen, so dass sie nicht wie im Vorgänger immer weiter zurückfallen.
Aus Eiern geschlüpfte Monster kann man als aktive Mitstreiter in die eigene Gruppe aufnehmen.
Auch die Vergabe der Fertigkeitspunkte, mit denen sich Charakterwerte nach persönlichen Vorlieben zusätzlich steigern lassen, wurde sinnvoll angepasst, um unfaire Klassenunterschiede zu vermeiden.

Facettenreiches Taktieren

Die Auseinandersetzungen finden wie gehabt auf rasterförmigen Schlachtfeldern statt, auf denen sich beide Seiten gemäß eingeblendeter und dieses Mal auch verlängerbarer Zugfolgenleiste attackieren, bis eine Seite vernichtend geschlagen ist. Wer an der Reihe ist, kann seine verfügbaren Züge für Bewegungen, Angriffe, den Einsatz von Gegenständen oder Fertigkeiten, das Wechseln der Ausrüstung und zum Verteidigen verwenden. Auch fliehen ist jederzeit möglich. Zwar gibt es keine sonst oft üblichen Höhen-, Terrain- oder Stellungsvorteile, aber dafür als Blockaden einsetzbare Beute sowie von Waffen- und Figurenkonstellationen abhängige Schadensboni und Kombos. Manche Gegner können einem sogar Rüstungsteile ausziehen.

Taktisch interessant ist auch der begrenzte, aber stufenweise erweiterbare Stauraum für Tränke, Nahrung und Ausrüstung. Ist die passende Tasche voll, kann man überschüssige Gegenstände dieses Mal jedoch auch direkt benutzen oder verhökern. Auch der Schwierigkeitsgrad lässt sich nun nachträglich anpassen, wenn man sich durch entsprechende Leistungen dafür qualifiziert hat.
Die animierten Spezialangriffe sind oft skurril, lassen sich aber leider nicht abbrechen.
So kann man sich je nach Spielstil und Aufenthaltsort stets die passende Herausforderung setzen. Auch Speichern kann man abseits der Kämpfe jederzeit. Aufgrund der nicht jedem liegenden isometrischen Laufsteuerung hätte ich mir nach wie vor auch eine Undo-Funktion gewünscht, um versehentliche Falschbewegungen rückgängig machen zu können.

Licht und Schatten

In der Spielwelt selbst wirkt die Charaktersteuerung teils auch sperrig und ungenau. Zudem wird es mit zunehmender Spieldauer immer lästiger, dass sich längere Angriffsanimationen zwar hier und da etwas beschleunigen, aber nicht abbrechen lassen. Auf der Vita kommen auch noch kleinere Lese- und Bedienungseinschränkungen hinzu. Wirklich gravierende Nachteile oder Systemunterschiede gibt’s allerdings keine. Zudem unterstützt Rainbow Skies vorbildlicher Weise sowohl Cross-Buy als auch Cross-Save.

Auch in punkto Skills und Ausrüstung wird Flexibilität groß geschrieben: Neue Waffen und Rüstungen verändern nicht nur Charakterwerte und Erscheinungsbild, sondern lassen sich mit passenden Materialien auch individuell aufrüsten und modifizieren.
Schiff ahoi: Auch dieses Mal erkundet man die isometrische Spielwelt nicht nur zu Fuß.
Zauber- und Spezialangriffe lassen sich ebenfalls anpassen und werden stärker, je öfter man sie benutzt. Zudem gibt es auch wieder alternative Startaufstellungen, die man mit zunehmendem Spielfortschritt finden oder erwerben kann.

Nebenbei sollte man sich auch ums leibliche Wohl seiner Truppe kümmern, Tages- und Wochenverläufe beachten, Schatzkarten studieren und den immer besser sortierten Geschäften regelmäßige Besuche abstatten. Schiffsverleiher und Warp-Portale sorgen für schnelles Reisen, in Tavernen kann man sich auch mal ausschlafen, an Lagerfeuern die Zeit vorspulen, in der Arena Herausforderungen meistern oder sich beim Angeln vergnügen. Es gibt jedenfalls immer wieder was zu entdecken und das wochenlang.

Fazit

Auch wenn Rainbow Skies in punkto Inszenierung, Bedienung und Spielfluss spürbar angestaubt wirkt, hat es mich wie schon seinerzeit Rainbow Moon ausgesprochen gut unterhalten. Fans von Taktik-Rollenspielen alter Schule dürfen sich einmal mehr auf das Ergründen einer isometrischen, mit versteckten Schätzen gespickten Spielwelt, das Bestreiten immer facettenreicherer Rundenkämpfe sowie die motivierende Hege und Pflege einer aus Monstern und Antihelden bestehenden Abenteurertruppe freuen. Es gibt sogar neue Features wie das Ausbrüten und Trainieren monströser Gefährten oder ein rundenbasiertes Angelspiel. Zudem wurden einige Kritikpunkte am Vorgänger wie die begrenzte Zugfolgenanzeige, die problematische Erfahrungspunkteverteilung oder die fehlende deutsche Lokalisierung konsequent angegangen. Wer auf liebevoll gestaltete und lange motivierende Rundentaktik à la Disgaea und Konsorten steht, kann auch dieses Mal zuschlagen und das Abenteuer dank Cross-Buy sowie Cross-Play sowohl zu Hause auf Konsole als auch unterwegs mit dem Handheld genießen.

Pro

facettenreiche Rundentaktik
individuelle Charakterentwicklung
erkundungsfreudige Spielwelt

Kontra

durchwachsene Inszenierung
mitunter umständliche Bedienung
keine abbrechbaren Kampfsequenzen

Wertung

PS_Vita

Der Rainbow-Moon-Nachfolger bietet richtig gute, wenn auch etwas angestaubte Unterhaltung für Taktik-Rollenspiel-Fans.

PlayStation4

Der Rainbow-Moon-Nachfolger bietet richtig gute, wenn auch etwas angestaubte Unterhaltung für Taktik-Rollenspiel-Fans.

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