Die Erfindung des...Scharfschützengewehrs?
Ein Beispiel für verschenktes Potenzial ist auch das Labor von Nicola Tesla, wo es vor Elektrizität knistert, riesige kupferne Spulen sowie seltsame Apparate locken. Hier habe ich mit kuriosen Experimenten oder exotischen Waffen und magnetischen Werkzeugen in kleinen Vorführungen gerechnet, aber letztlich probiere ich neben einem kleinen Apparat zum Kurzschließen nur ein schnödes Scharfschützengewehr am Schießstand aus – Leute, das kann ich auch in Call of Duty haben! Überhaupt: Warum wird Tesla als Erfinder so verschenkt? Ich kann ihn nicht selbst besuchen, damit er etwas bastelt. Ich kann ihm zwischen den Kapiteln nichts Sinnvolles in eine Art Lager bringen, damit er vielleicht experimentiert.
Die Level sind sehr klein, nur selten belebt und man vermisst echtes Steampunk-Flair. Seltsam: Es gibt keine Spiegelungen.
Hinzu kommen bei all dem Lob über die Technik auch Brüche in der famosen Kulisse. Ich hatte z.B. trotz Patch 1.01 einen schweren Bug, als Sir Galahad plötzlich durch alle Hindernisse gehen konnte, bis nur noch Schwarz zu sehen war - selbst nach neuem Laden des Quicksaves; hier half nur der komplette Neustart des Kapitels. Hinzu kommen Kleinigkeiten: Warum spiegelt sich der Ritter z.B. weder im Wasser noch in Spiegeln? Warum zerbirst Glas, Keramik oder Holz nur an ganz wenigen Stellen? Vor allem hinsichtlich der physikalischen Auswirkungen in den Gefechten wird man im Zeitalter von PlayStation 4 mit viel Texturstatik enttäuscht, denn da platzt und splittert kaum etwas. Selbst Brandspuren sind nicht an Oberflächen zu sehen, obwohl man direkt draufhält. Und das, obwohl man gefühlt so viele Projektile ausspuckt wie in Max Payne.
Schießen im Namen ihrer Majestät
Es geht linear von A nach B – man kann kaum mal etwas frei erkunden wie hier den Saal der Tafelrunde, darf nur an vorgegebenen Stellen Knöpfchen drücken.
Die Schussgefechte aus Schultersicht stehen im Mittelpunkt der Action: Man kann auf Knopfdruck in die volle Deckung gehen und dann blind oder gezielt feuern, während man geduckt weiter nach links oder rechts pirscht. Verharrt man in Deckung, heilt man sich automatisch; wird man niedergeschossen, kann man bei vernebelter Sicht noch etwas auf dem Boden liegend kriechen und mit etwas Glück einen Heiltrank nehmen. Leider flutscht die Steuerung nicht immer, vor allem der Übergang zum Sprint hakt. Shooterkenner sollten die Zielhilfe in den Optionen ausschalten und gleich den höchsten der drei Schwierigkeitsgrade angehen, wenn sie wirklich gefordert werden wollen.
All das hat inszeniert Ready at Dawn zwar auf einem soliden Niveau, aber ohne besondere Stärken hinsichtlich der KI, ohne kreative Impulse oder coole Gadgets. Es gibt Situationen, in denen man einen Meter vor dem Feind mit seiner Schrotflinte hinter einer Kiste in Sicherheit ist, weil der einfach nicht seitlich umrundet, um einen voll ins Visier zu nehmen – er hält stoisch aus schlechter Position drauf. Zu selten wird man clever flankiert, zu oft darf man einfach gemütlich in seiner Stellung verharren und weiter ballern. Um es kurz zu machen: Die KI bewegt sich deutlich unter dem Niveau eines Killzone oder The Last of Us.