Samurai Warriors 424.10.2014, Mathias Oertel

Im Test: Samurai schlagen Dynastiekämpfer

Warriors und kein Ende. Mit Samurai Warriors 4 (ab 50,46€ bei kaufen) steht allein in diesem Jahr bereits der fünfte Ableger der Massen-Keilereien parat, davon nach Warriors Orochi 3 Ultimate sowie der Complete Edition von Dynasty Warriors 8 der dritte für die PlayStation 4. Kann Tecmo Koei den Schlachten eine neue Facette abgewinnen oder bleibt abseits des Schauplatz-Wechsels nach Japan alles beim Alten? Der Test gibt die Antwort.

Im Osten nichts Neues

Zwei-Knopf-Kombos. Effektlastige Spezialangriffe. Große Gegnergruppen, die hinsichtlich ihrer Angriffsfähigkeiten oder taktischer Koordination an kollektivem Blackout leiden. Diese Elemente sind seit Jahren die Hauptbestandteile von Tecmo Koeis Warriors-Spielen. Und das ungeachtet des Schauplatzes. Sowohl die in China angesiedelte Dynasty-Hauptserie als auch die Dämonenjagden der Orochi-Reihe, die Gundam’schen Robo-Schlachten oder die nintendoisierten Prügeleien in Hyrule zeigen diese Merkmale überdeutlich. Und doch sorgen diese nur selten fordernden Gefechte, bei denen ein strahlender Held mitunter tausende Gegner in den Tod reißt, für nicht zu unterschätzende Unterhaltung. Dabei ist der Spaßgrad aber deutlich abhängig von den frischen Ideen, die das meist verantwortliche Team von Omega Force einfließen lässt.

Im offenen Chronik-Modus reist man nicht nur mit einer individuellen Figur durch Japan. Es warten abwechslungsreiche Aufgaben und überraschende Dialoge samt Entscheidungen sowie Konsequenzen.
Bei Orochi z.B. waren es die Dreierteams, die trotz redundanten Kampfsystems und grenzdebiler KI die Dynamik auf den Schlachtfeldern erweiterten. Mit den Gundams wiederum wurden Gebietseroberungen eingeführt, die zuletzt auch in Hyrule das Erlebnis unterstützten. Andere Elemente, die in den letzten Jahren auftauchten, mitunter aber auch wieder wegrationalisiert wurden, sind Waffen-Upgrades oder vom Spieler gesteuerte Figurenentwicklung. Und hier? Hier gibt es inhaltlich natürlich keine revolutionäre Umwälzung der Prinzipien. In Samurai Warriors 4 setzt man weiterhin vorrangig auf zwei Knöpfe. Man kann aber nicht nur auf ein breiteres Kombo-Repertoire und den Gruppen ins Verderben ziehenden Musou-Angriff zurückgreifen, sondern auch mit auf Timing basierenden Zusatzaktionen die Feinde malträtieren. Das grundsätzliche Spielgefühl wird dadurch zwar nicht verändert, zumal die neuen Aktionen nicht zwingend eingesetzt werden müssen. Dennoch werden sich Veteranen über die neuen (wenngleich geringen) Möglichkeiten freuen, ihre Angriffs-Optionen erweitern zu können.

Besser zu zwein als allein

An den Klonmassen hat sich zwar nichts geändert, doch unter dem Strich hat die Kulisse einen ansehnlichen Schritt nach vorne gemacht.
Ähnlich der Orochi-Serie ist man im feudalen Japan auch als Team unterwegs. Allerdings schnetzelt man sich hier nur zu zweit durch die Massen. Dabei fällt erfreulich auf, dass die Partner-KI einem nicht nur an den Hacken klebt oder immer wieder aus einer Bredouille gerettet werden muss. Sie sucht ihre eigenen Wege, kümmert sich ab und an sogar selbstständig um die Erledigung von Nebenmissionen und erweist sich als ordentliche Unterstützung, der man nicht ständig als Gouvernante hinterher laufen muss. Ganz im Gegenteil. Während man noch mit einer Gruppe beschäftigt ist, läuft sie schon weiter zum Hauptziel. Da man jederzeit zwischen den Figuren wechseln kann, werden lange Wege oder Leerlauf in Form von leer geräumten Gebieten, die man durchqueren muss minimiert. Überhaupt ist die Dynamik ähnlich hoch wie in der Ultimate Edition von Warriors Orochi 3, während die maximale Anzahl an gleichzeitig angezeigter Gegner auf der PS4 nach oben geschraubt wurde. Man hat meistens immer etwas zu tun. Natürlich kann man die zweite Figur auch von einem menschlichen Partner spielen lassen. Und das sowohl online als auch offline am Splitscreen.

Mit zwölf kleinen, erzählerisch interessanten Kampagnen, deren Umfang schwankt und die jeweils zwischen drei und zehn Stunden dauern, hat man sowohl solo als auch mit Unterstützung viel zu tun. Mit über 50 Figuren, die man dabei im Laufe der Zeit übernehmen kann und die sich im Rahmen der Warriors-Mechanik mitunter schön unterschiedlich spielen, werden einige Mankos der Kampagne wett gemacht. Damit meine ich jetzt allerdings nicht die Entscheidung Koeis, das Spiel mit japanischer Sprachausgabe und englischen Untertiteln auszuliefern. Denn die Atmosphäre wird dadurch auf jeden Fall gestärkt. Allerdings muss man dafür in Kauf nehmen, dass man entweder von den eingeblendeten Untertiteln in den hektischen Gefechten abgelenkt wird oder aber so beschäftigt ist, dass einem Story-Elemente entgehen. Es ist vielmehr die Reduktion auf das Wesentliche, die in entscheidenden Momenten die Samurai-Krieger zum Stolpern bringt. Es gibt zwar immer wieder eingestreute Nebenmissionen, doch auch die drehen sich meist um das Erreichen und Ausschalten der gegnerischen Offiziere. Abweichungen davon gibt es in den Kampagnen so gut wie keine. Da zusätzlich auch die "Nebenkriegsschauplätze" wie einzunehmende Festungen etc. weggefallen sind, spielt sich dieses Warriors größtenteils sehr puristisch - wohlgemerkt in den vorgegebenen Kampagnen.

Meine Japan-Chroniken

Im potenten Editor lassen sich sogar verschiedenfarbige Augen einstellen.
Denn im Chronik-Modus bietet sich ein anderes Bild. Hier verzichtet man zwar weiterhin auf Eroberungen und ähnlichen Schnickschnack. Doch die Aufgabenstellungen, denen man hier mit seiner Figur begegnet, sind deutlich facettenreicher. Mitunter muss man nur die feindlichen Linien durchbrechen und entkommen. Dann muss man nur eine bestimmte Gruppe ausschalten. Oder aber man muss die Fragen eines Lehrmeisters dadurch beantworten, dass ähnlich wie in bestimmten Abschnitten des Abenteuer-Modus von Zelda  nur ein bestimmter Offizier getötet werden darf. Doof, wenn man entweder aus Versehen oder weil man die Antwort schlichtweg nicht weiß, einen der anderen erledigt, die auf dem kleinen Schlachtfeld auf einen zustürmen und damit die Prüfung nicht schafft. Letztlich sind es nur kleine Variationen der Mechanik, doch in ihrer Summe reichen aus, um zumindest die Kampfseite dieses Modus interessanter zu gestalten. Zudem kann man mit seiner in einem durchaus mächtigen Editor erstellten Figur auf seinem weitgehend freien Weg durch Japan zahlreiche Gespräche führen, Entscheidungen treffen, Allianzen schließen und Freundschaften pflegen. Das alles mit dem Ziel, sich und seine Armee so weit zu stärken, dass man einen Angriff um die Vormachtstellung unternehmen kann, während man andererseits seinen persönlichen Zielen wie Ruhm, Reichtum oder militärische Stärke nacheifern kann. Tiefgang und Auswirkungen der Gespräche sind zwar bei Weitem nicht so intensiv wie in Bioware-Epen. Aber sie sind stark genug, um einen zu überraschen und immer tiefer in die Welt eintauchen zu lassen, die man als Spieler zumindest politisch mitzugestalten versucht und für die man mitunter auch Opfer bringen muss.

Dank neuer Kampfoptionen gestalten sich die Gefechte sehr dynamisch.
Mittlerweile darf auch ein Warriors-Spiel nicht auf Beute verzichten. Samurai Warriors 4 ist da keine Ausnahme, bietet aber auch hier wieder ein in diesem Fall angenehm reduziertes Erlebnis. Man findet als Belohnungen Waffen, Edelsteine, Bonusgegenstände und Gold. Die Waffen kann man entweder ausrüsten oder einschmelzen, wobei man hier sogar umschmieden darf, um ein Schwert z.B. in einen Hammer oder einen Speer zu verwandeln. So können Funddefizite bei anderen Figuren unproblematisch ausgeglichen werden. Und Edelsteine wiederum kann man nutzen, um die je nach Waffe unterschiedlichen Halterungen zu füllen und damit zusätzliche Attribute freizusetzen. Die Bonusgegenstände schließlich geben einem im Kampf aktivierbare Funktionen wie temporären Elementarschaden, Heilung, Füllen der Musou-Leiste usw. Zusammen mit dem unterhaltenden Fundament hat das Jagen und Sammeln bei mir dafür gesorgt, dass ich mich sogar noch häufiger und langfristiger mit dem Chronik-Modus beschäftigt habe als mit dem Abenteuer-Modus der Hyrule Warriors. Zumindest in dieser Hinsicht tritt Koei nicht auf der Stelle.

Fazit

Koei schafft es immer noch nicht, Konstanz in seine Warriors-Spiele zu bringen. Immerhin: Nach der ordentlichen Umsetzung von Warriors Orochi 3 und dem ebenfalls gelungenen Zelda-Ableger Hyrule Warriors zeigt die Formkurve auch bei Samurai Warriors 3 nach oben. Auch wenn die Kampfmechanik trotz einiger sinnvoller Verfeinerungen redundant bleibt. Auch wenn die linearen und nur selten abwechselnden Missionen in den zwölf Mini-Kampagnen trotz interessanter Rahmen-Erzählungen maximal Durchschnittswerte erreichen. Doch der Chronik-Modus kann für viele Mankos entschädigen: Man streift mit einem individuellen Charakter durch das Land der aufgehenden Sonne, führt Gespräche, trifft Entscheidungen, muss mit Konsequenzen leben, Freundschaften schließen, seine Armee aufbauen und Japan einen - es gibt viel zu tun. Zudem sind die Aufgaben hier vielfältiger als der Offiziers-Kampf-Marathon innerhalb der Geschichten. Dies ist genau der Modus, auf den die Warriors-Spiele gewartet haben, um wieder einen Schritt nach vorne zu machen. Dass im Gegenzug die Basis-Mechaniken reduziert wurden und es z.B. keine Festungs-Eroberungen mehr gibt, ist schade und sollte überdacht werden. Die Dämonen und Samurais haben der Stamm-Serie rund um die Dynasty Warriors endgültig den Rang abgelaufen und sich zu den Vorzeigetiteln der Massenschlachten entwickelt.

Pro

erweitertes Kampfsystem
ordentlicher Umfang
offener Chronik-Modus mit individueller Figur und Entscheidungen
zwölf erzählerisch interessante Mini-Kampagnen...
abwechslungsreiche Aufgaben im Chronik-Modus
gute Steuerung
zwei Figuren kontrollierbar
potenter Figureneditor
Koop-Modus (on und offline)
über 50 spielbare Figuren

Kontra

maue KI
Klongegner
Mechaniken auf das Wesentliche reduziert
... die jedoch alle linear verlaufen
redundantes Missionsdesign in den Mini-Kampagnen

Wertung

PlayStation4

Mechanisch wurden die Massenschlachten nur verfeinert. Aber vor allem der vielschichtige Chronik-Modus sorgt dafür, dass die Samurai ihren Dynasty-Kollegen den Rang ablaufen.

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