Test: Get Even (Action)

von Michael Krosta



Get Even (Action) von Bandai Namco Entertainment
Die etwas andere Therapie
Entwickler:
Release:
23.06.2017
23.06.2017
23.06.2017
Erhältlich: Digital, Einzelhandel
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Die Sekunden des Timers ticken unerbittlich runter. „Der Code lautet 3001, ich bin mir sicher“, wimmert das Mädchen vor mir, das an den Stuhl gefesselt ist. Vier Zahlen später geht die Bombe hoch, doch viele Fragen bleiben. Bandai Namco und The Farm 51 wollen das dramatische Ereignis in ihrem ungewöhnlichen Hightech-Thriller Get Even mit Hilfe einer verstörenden Therapie aufarbeiten und Antworten liefern. Ob sie greift, analysieren wir im Test…



Keine typische Schablone

Allerdings ist es gar nicht so leicht, dieses Spielerlebnis in Worte zu fassen. Denn die Entwickler folgen keiner der sonst so gerne verwendeten Schablonen, sondern vermengen Genres und Konzepte zu einem Gesamtwerk, das sicher zu den bisher außergewöhnlichsten Erfahrungen in diesem Jahr gehören dürfte. Es gibt Momente, in denen sich Get Even anfühlt wie ein Shooter, wenn man mit Pistolen, Gewehren oder der futuristischen Corner Gun sogar um Ecken herum seine Gegner ins Visier nimmt. Wer Konflikten lieber aus dem Weg gehen möchte, entdeckt dagegen die Schleichkomponente, wenn man die Laufwege der Patrouillen einstudiert und alles versucht, sich nicht erwischen zu lassen. Gar nicht so einfach, denn hat man erst die Aufmerksamkeit einer Wache erregt, lässt sich der Alarmzustand kaum noch durch anschließendes Verstecken wieder rückgängig machen und man wird regelrecht dazu gezwungen, das Feuer zu erwidern und damit den Actionweg

Was ist hier los? Wo bin ich? Was soll das alles? Fragen über Fragen...
Was ist hier los? Wo bin ich? Was soll das alles? Fragen über Fragen...
einzuschlagen – schade. Denn dabei wird man auch feststellen, dass die KI-Schergen nicht unbedingt zur cleveren Sorte gehören, denn teilweise rennen sie an einem vorbei oder bleiben hängen und schießen dabei stupide in die Wand.

Die meiste Zeit wird man allerdings damit verbringen, die Umgebung nach Hinweisen abzusuchen, die Licht ins Dunkel der verworrenen Geschichte bringen. Als wichtigstes Werkzeug erweist sich dabei ein Handy, das nicht nur mit den üblichen Telefon-Funktionen für Anrufe und SMS, sondern auch mit einer Wärme-Sicht, einer UV-Lampe und einem hilfreichen Analyse-Tool für Beweisstücke ausgestattet ist. So sammelt man nicht nur fleißig Dokumente oder lauscht Audio-Logs, sondern sichert u.a. Fingerabdrücke, folgt Blutspuren und Fußabdrücken oder orientiert sich auf der Suche nach dem Sicherungskasten an den Stromleitungen, die immer noch eine Restwärme abgeben. Praktisch: Befindet sich ein Beweisstück in der Nähe, leuchten bis zu vier grüne Dioden am Gehäuse des Handys auf – je nachdem, wie nah man sich bereits befindet. Und auch die Rumble-Motoren des Controllers geben entsprechendes Feedback. Außerdem verfügt das gute Stück über eine Kartenfunktion, auf der nicht nur Gegner, sondern auch deren Sichtfeld markiert wird. Hallo Soliton Radar System, hallo Metal Gear Solid.

Das gewisse Extra

Okay, das klingt bisher nach einem recht gewöhnlichen Krimi, der in klassische Stealth-Action eingebettet wurde. Aber weit gefehlt: Denn schnell stellt sich heraus, dass man in der Rolle des Söldners Cole Black ein futuristisches Headset auf dem Kopf trägt und Teil einer abgefahrenen Therapie ist. Sie soll es erlauben, frühere Erinnerungsfetzen erneut und so realistisch wie möglich zu erleben, um dadurch die Wahrheit der Ereignisse Schritt für Schritt zu enthüllen. Da werden schnell Erinnerungen an Kinofilme wie Inception oder Die Matrix wach! Gleichzeitig öffnet der Kniff den Entwicklern Tür und Tor für...nennen wir es mal vorsichtig experimentelle Situationen. Dort verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen der gefühlten Realität und dem Wahnsinn  oder man verliert sich sogar völlig in skurrilen Traumsequenzen. Wie in Layers of Fear wird man auch hier Zeuge, wie sich die Umgebung von jetzt auch gleich verändert: Der Computer, der eben noch auf dem Tisch stand, ist

Die Traumsequenzen sind nur die Spitze des Eisbergs.
Die Traumsequenzen sind nur die Spitze des Eisbergs.
mit dem Kameraschwenk zurück plötzlich verschwunden. Oder die Tür, aus der man gerade gekommen ist, führt plötzlich in ein ganz anderes Zimmer oder man landet gar in einer Schleife aus ewig gleichen Räumen.

Get Even ist voll von diesen Mindfucks, die dem Thriller stellenweise nicht nur ein übernatürliches, sondern sogar ein bedrohliches Horror-Flair verleihen. Und nicht nur das: Auch mechanisch löst man sich durch die Virtual-Reality-Therapie von den Fesseln der Konventionen und lässt den Spieler im späteren Verlauf in manchen Abschnitten u.a. durch die Gegend „warpen“ oder erlaubt das Hinzufügen oder Entfernen von  Objekten wie Kisten, Gittern oder Wänden an vorgegebenen Stellen, die sich oft als zusätzliche Deckung verwenden lassen oder den weiteren Weg ebnen. Auf jeden Fall halten diese durchaus abgedrehten Elemente den Spielverlauf angenehm frisch. Für Abwechslung sorgen zudem die eingestreuten Rätsel, bei denen man z.B. elektronische Türschlösser auf kreative Weise knacken oder eine Erinnerung mit der richtigen Anordnung von Fakten aktiv rekonstruieren muss.
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Kommentare

SpookyNooky schrieb am
Super geschriebener Test. Alle wichtigen Elemente des Spiels werden beleuchtet und eigentlich wurde alles wichtige schon gesagt, aber eine Sache kann man nicht oft genug betonen:
Tatsächlich habe ich selten ein Spiel erlebt, bei dem dem die Klangkulisse so hervorragend und oft mit fließenden Übergängen auf das Geschehen am Bildschirm abgestimmt wurde. Damit ist Get Even für mich bisher ein heißer Anwärter auf das beste Sound-Design des Jahres ? Hut ab, Lautstärke rauf!
Für das Sound-Design hat Get Even zurecht Preise abgeheimst. Dazu muss man sagen, dass man das Spiel unbedingt mit Kopfhörern spielen sollte, um diese grandiose Produktion und Abmischung zu genießen. Diese schichtenartige Nutzen von Musik, Sounds und Sprache (Stichworte "The Party" oder "Puppet Master") habe ich so in wirklich noch keinem Spiel erlebt.
Im Indie-Bereich ein kleines Meisterwerk.
James Dean schrieb am
Ich habe es damals zu Release gekauft, aber erst gestern endlich durchgespielt, da ich immer auf die richtige Stimmung gewartet habe, um möglichst alles in vollen Zügen zu genießen.
Meine Güte. Was für ein Spiel. Das beste Indiespiel seit Jahren. Und leider auch vollkommen einzigartig, denn die meisten vielversprechenden 3D-1st-Person-Games mit guter Story, aus der man viel rausholen könnte, sind reine Walking-Simulatoren, bei denen es für gutes Gameplay nicht mehr gereicht hat. Hier trifft zu, was ich damals schon bei Stardew Valley gesagt habe: Das Spiel wird deutlich unter Preis verkauft. Hat mich wirklich sehr stark an Condemned erinnert, nur ist das hier ein Genremix mit weniger aggressivem Horror.
Habe letzten Endes ca. 13 Stunden für das Spiel benötigt, einige Erinnerungen mehrmals durchlebt, um die Zusammenhänge zu erfahren. Die Spannungskurve kann ich so beschreiben: Zu Beginn ist sie recht hoch, flaut dann im zweiten Fünftel etwas ab und geht dann langsam wieder stark nach oben, sobald man die Zusammenhänge realisiert.
Wusste bis gerade nicht einmal, dass es irgendein deutschsprachiges Magazin getestet hat. Ist so untergegangen wie das Spiel auf Steam selbst, dass trotz seiner Qualität nur echt wenige Bewertungen hat. Dürfte zusammen mit dem bald erscheinenden Pathologic mein Lieblings-1st-Person-Action-Abenteuer der letzten Jahre sein. Und es ist wirklich schade, dass es sich offenbar für die Entwickler nicht gelohnt hat. Denn jetzt arbeiten sie an einem generischen Multiplayer-Shooter im WW3-Setting.
Also Leute, wer auf eine großartige Erzählung mit einigen inhaltlichen und spielerischen Wendungen steht und gerne das Gefühl hat, nicht zu wissen, was gerade abgeht, der ist hier genau richtig. Dass es natürlich nicht jedermanns Sache ist, ist natürlich klar, vor allem wenn man sich den Thread hier durchliest. Man kann halt nicht jeden zufriedenstellen. Aber jedem, der auch nur ansatzweise auf sowas steht, empfehle ich, die ersten paar Minuten auf...
DerSnake schrieb am
Hab das Spiel jetzt auch so um die 3 Stunden ca gespielt und....will nicht mehr :D Die ersten 15-20 Min waren noch gut irgendwie. Aber danach wird mir das Game zu nervig. Dauernd fuchtelt man mit den Handy rum. Scann hier was, schalte hier auf UV Licht um ect. Allgemein starrt man dauernd auf das Handy was mir persönlich auch nicht so gefällt. Dann die Story...ok nach 3 Stunden kann ich nicht so viel sagen. Aber eine Motivation diese weiter zu erleben habe ich nicht weil mir einfach kein Spaß macht.
Zumal ist die Steuerung mit Tastatur ziemlich fummlig irgendwie.
Ich weiß nicht ob ich es weiter Spielen werde aber mir geht es wie Umar_der_Eskapist & Skynet1982. :?
Mazikeen schrieb am
Skynet1982 hat geschrieben: ?26.06.2017 06:35 Habs mir auch mal gegönnt, nach 2 Stunden Spielzeit habe ich allerdings überhaupt keine Motivation mehr, weiter zu spielen. Irgendwie langweilt das Spiel mich, keine Ahnung, warum.....
Puh...zum Glück bin ich damit nicht aleine. Bin gerade aus dem Waffenkonzern raus und bin einfach nur von allem genervt und hatte bisher keine Sekunde Spaß mit dem Spiel. Vor allem die Sounduntermalung is zum davon rennen...weird ohne Ende, aber auf eine "schlechte Laune machende Art"
vienna.tanzbaer schrieb am
ich kann dem fazit voll und ganz zustimmen, trotz gewisser kleineren schwächen bzw. mängel im spiel.
auszug aus dem fazit:
Man stelle sich vor, The Matrix, Inception und Total Recall würden zusammen mit Layers of Fear, Metal Gear Solid und Alan Wake eine ziemlich verrückte Party feiern. Dabei will man bis zum bitteren Ende die Wahrheit entschlüsseln ? und wird dabei nicht nur hinsichtlich der verworrenen Geschichte, sondern auch der Spielmechanik einige gelungene Überraschungen erleben.
der satz beschreibt für mich sehr treffend meine spielerfahrung! wer auch ab und dann ein "bisschen andere" spiele schätzt, kann mit diesem titel eine interessante spielerfahrung machen...
schrieb am

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