Onechanbara Z2: Chaos25.08.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Action-Porno

Dreistellige Stundenzahlen habe ich in manchen Actionspielen versenkt - nicht nur, aber auch weil das Effektgewitter nach erfolgreichen Angriffsketten oft berauschend ist. Geschickt muss man sein, um solche Kombinationen im Eifer des Gefechts abzurufen, üben, bis die Fingerspitzen glühen und das Timing sitzt. Doch warum eigentlich? Wofür die Mühe machen, wenn Onechanbara Z2: Chaos (ab 34,90€ bei kaufen) schon für Laien ein ganz ähnliches Feuerwerk entfacht?

Der Action-Porno

Das erste Onechanbara der aktuellen Konsolengeneration ist ein purer Action-Porno! Wenn sich vier Kämpferinnen gleichzeitig über einen Pulk Zombies hermachen, damit ihre Schwerter, Fäuste und Motorsägen in farbenfrohen Explosionen aufgehen, dann reihen sie einen Höhepunkt an den anderen. In derselben Sekunde, in der eine der Damen eine Kombination beendet, springt die nächste schon an ihre Stelle, setzt dem Gegner mit einem mächtigen Finisher zu und führt den heißen Tanz mit einem Spezialangriff fort. Dann wirbelt sie fünf, zehn, zwanzig Zombies in die Luft, wo das Spektakel nahtlos weitergeht. Größere Widersacher schnippeln die Ladys schließlich in einem Reaktionsspiel entzwei - Striche übers Touchfeld des Gamepads leiten die verlangten Schnitte ein.

Ehrlich zweite Klasse

Nein, dieses Onechanbara ist kein Porno im klassischen Sinne. Natürlich zielen die halbnackten Frauen, ihre anzüglichen Sprüche und Wasserbeutel-Brüste auf die Triebe männlicher Spieler. Z2: Chaos ist plumper, profaner Trash. Es versteckt sich aber nicht dahinter, es zelebriert die maskuline Sensationslust – ich habe meinen Spaß an dem ehrlichen "B-Game".

Dabei ist es nicht die Lust am Gaffen, die mich bei Laune hält. Es ist die knallbunte Action, die das Spiel so hemmungslos feiert. Tatsächlich kenne ich kein Spiel, von Dynasty Warriors bis Devil May Cry, das so großzügig am

Farbenfrohes Spektakel: Die vier Mädels lassen es ununterbrochen krachen.
Dopaminregler dreht. Nicht einmal Lollipop Chainsaw kann hier mithalten. Das Spektakel läuft ständig auf Hochtouren: Grüne, gelbe, rote Effekte blitzen übers gesamte Bild, Untote fallen in zwei Hälften auseinander. Mindestens. Pornographie im Sinne des Waffenpornos, das ist Onechanbara.

Viel dran

Und der ist zunächst sogar spielerisch interessant, denn als Spieler inszeniere ich den Dauer-Showdown ganz nach meinem Geschmack. Sollen die vier Mädels lange Kombos aufs Parkett legen, mächtige Einzelschläge austeilen, zu noch stärkeren Versionen ihrer selbst mutieren oder mit magischen Geschossen schmeißen? Drücke ich die Tasten für Angriffsketten im richtigen Rhythmus – jedes Fräulein beherrscht mindestens vier davon –, richten sie zudem mehr Schaden an. Nicht zuletzt ermöglicht das starke Folgeattacken.

Ich kann im richtigen Moment für eine Zeitlupe ausweichen, alle vier Damen zu einem gemeinsamen Haudrauf in den Kampf rufen oder durch ständigen Wechsel der Angreiferin einen starken Gegner gefühlt ewig in der Luft halten. Diese rasante Dynamik ist das hervorstechende Merkmal der überbordenden Inszenierung...

Wenig drin

… und der wichtigste Grund, weshalb das Spiel wenigstens noch einen befriedigenden Eindruck hinterlässt.

Zum einen lässt die Kulisse nämlich, gelinde formuliert, zu wünschen übrig. In ihren besten Momenten erinnert sie an PlayStation-3-Schauplätze – in ihren schlechtesten wirkt sie glatt noch eine Generation älter. Nicht, dass Z2: Chaos in aufwändigen weitläufigen Szenarien spielen würde! Im Gegenteil: Das Abenteuer führt durch hässliche Gräben, die an allen Ecken nahezu gleich aussehen. Viele sind zudem aus dem nie in Europa veröffentlichten Vorgänger bekannt; Glück im Unglück haben alle, die den nicht importierten.

Viel schwerer wiegt jedoch der lächerliche Anspruch. Die vielen Techniken, Kombos, Spezialmanöver? Toll. Und völlig sinnlos! Es reicht ja meistens aus, Dutzende Untote in die Luft zu wirbeln – der nahtlose Wechsel zwischen den Kämpferinnen macht das zum Kinderspiel. Schlimmer noch: Eine gute Wertung erhält man nicht durch gelungene

Spielerisch steckt nur wenig hinter den bunten Farben.
Angriffsketten, sondern hauptsächlich den ständigen Figurentausch. Ich hatte einige Kombinationen lange geübt, nur um dann festzustellen, dass ich absurd wenige Punkte für geschicktes Kämpfen erhalte und zu allem Überfluss weniger effektiv zum Ziel damit komme. Für ein Spiel dieser Art ist das ein Armutszeugnis!

"Lang" wie "Langeweile"

Zudem sind es stets dieselben Zombies, Lehmsoldaten und weitere Kreaturen, die mir Onechanbara auf den Hals hetzt. Und die sind weder clever noch gefährlich. Manchen Angriffen sollte ich ausweichen, klar, im Grunde dienen die Feinde aber nur als Feuersteine für die Klingen der Mädels. Und nur weil diese Steine mitunter mächtig viel aushalten, dauern manche Scharmützel so lange, dass sie bald langweilen.

Es ist auch stets dasselbe Muster: Von einem, zwei oder drei dicken Gegnern geht so etwas wie Gefahr aus, der Großteil der Meute verzögert wie Pylonen auf dem ADAC-Übungsgelände lediglich das Vorankommen. Nur turmhohe Bosse verlangen so etwas wie geschicktes Taktieren, wenn sie mit schnellen Vorstößen oder Geschossen rechtzeitiges Ausweichen und gut abgepasste Angriffe verlangen.

Wer eine Herausforderung sucht, findet die vor allem in höheren Schwierigkeitsgraden nach dem Abspann oder er besiegt in separaten Missionen eine geforderte Anzahl Gegner, die nur mit vorgegebenen Techniken verwundbar sind. Das ist durchaus unterhaltsam. Ein gutes Spiel wird aus Onechanbara Z2: Chaos dadurch nicht.

Fazit

Es ist potthässlich – dann ergießt sich ein überwältigender Farbrausch. Sein Repertoire an Angriffsarten ist enorm – inhaltlich ist es überflüssig. Das erste Onechanbara für PlayStation 4 ist ein Spektakel für Action-Fetischisten. Spielerisch werden sie allerdings kaum gefordert. Der einzige Zweck stilvoller Angriffsketten und brachialer Spezialattacken ist das Anzünden des Effektfeuerwerks, gebraucht werden sie praktisch nie. Wichtig ist nur der anspruchslose Wechsel zwischen den Kämpferinnen; für eine gute Punktzahl muss man ihn ständig nutzen. Gutes Timing und clevere Kombinationen erfüllen fast ausschließlich einen visuellen Zweck – so ist die heiße Luft schnell raus. Die winzigen Levelgräben tun ihr Übriges. Vielleicht passt es ja, dass dieser Action-Porno gerade noch befriedigend ist. Mehr steckt jedenfalls nicht drin.

Pro

 farbenfrohes, teilweise überborderndes Effektgewitter 
 schnelles Kombinieren etlicher Angriffe, Waffen Spezialattacken 
perfektes Timing ermöglicht besondere Kombinationen 
 halbwegs anspruchsvolle Kämpfe gegen große Bosse 
separate Missionen fordern ganz bestimmtes Vorgehen

Kontra

Timing und Art des Angriffs spielen fast keine Rolle 
Kämpfe dauern oft viel zu lange 
teilweise hässliche und winzige Areale 
ständiges Wiederauftauchen immer gleicher Gegner 
Kamera zeigt mitunter heilloses Durcheinander 
knappe Einführung erschwert Einsteigern den Anfang 
 gelungene Kombos zählen kaum in Wertung

Wertung

PlayStation4

Effektreicher Action-Porno - spielerisch so mager wie ein Supermodel.

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