Hatsune Miku: Project Diva - Future Tone13.01.2017, Mathias Oertel
Hatsune Miku: Project Diva - Future Tone

Im Test: Mit Dreieck und Quadrat in den Pop-Olymp

Mittlerweile ist das japanische Vocaloid-Popsternchen Hatsune Miku auch in westlichen Gefilden bekannt. Nicht nur, weil sie für Lady Gaga die Artpop-Tour als Support eröffnete. Sondern auch, da Sega mittlerweile ein gutes Dutzend Rhythmus-Spiele veröffentlicht hat – mit dem jüngsten Streich Project Diva Future Tone bereits das dritte in dem knappen Zeitraum von etwa einem halben Jahr. Wir schauen im Test, was die für PlayStation 4 aufbereitete Umsetzung der Spielhallen-Titel auf dem musikalischen Kerbholz hat.

Vocaloides Inhaltsmonster

Hatte der letzte, im August 2016 erschienene Ableger Project Diva X nicht nur eine optionale VR-Unterstützung, sondern auch noch eine überschaubare Kampagnenstruktur, ist Future Tone komplett auf enormen Umfang und superschnellen Zugang getrimmt. Das kommt nicht von ungefähr, denn Project Diva Future ist eine Reihe von Spielhallen-Automaten, die jetzt für PlayStation 4 umgesetzt wurde. Und das bedeutet, dass auf so etwas wie Story, aber auch auf soziale Interaktion mit dem virtuellen Popstar und ihren Freunden verzichtet wird. Stattdessen wird der Fokus auf das Rhythmus-Spiel an sich gelegt. Verwirrung wird es angesichts der im PlayStation-Store angebotenen Kostenstruktur dennoch geben. Das Prelude-Pack ist kostenlos und beinhaltet zwei Songs und eine Hand voll Module, sprich: Kostüme bzw. freischaltbare visuelle Anpassungen.  

Der japanische Vocaloid-Popstar Hatsuna Miku hat über 220 Songs im Gepäck.
Hat man Spaß an den J-Pop-Melodien, kann man sich die beiden Packs "Colorful Tone" sowie "Future Sound" für je etwa 30 Euro bzw. das Komplettpaket für etwa 55 Euro sichern. Dann nämlich hat man alle freischaltbaren Inhalte und vor allem alle Songs für Project Diva Future Tone. Und das ist eine ganze Menge: Es warten über 220 Lieder (!) auf Rhythmus-Spieler, von denen beinahe 130 aus der bekannten Project-Diva-Serie stammen (Future Sound), während fast 100 aus den Project-Mirai-Spielen für 3DS sowie den Spielhallen-Automaten entliehen und hier gebündelt wurden (Colorful Tone). Dazu gibt es hunderte von Versatzstücken, mit denen man Hatsune Miku und ihre Kollegen einkleiden oder sonstwie aufhübschen kann. Sprich: Eine Menge J-Pop für laue Winterabende. Zumal man sich auch spielend einfach Favoriten-Listen basteln und sich sogar nur auf das Konsumieren der auch im Spiel laufenden Musikvideos konzentrieren kann – die man aber selbstverständlich durch Personalisierung der Kostüme, Frisuren etc. individualisieren darf. Wer nicht die Zeit aufwenden will, um alles zur Verfügung haben, kann für weitere etwa 13 Euro alle Kostüme etc. sofort freischalten.

X und Kreis – das kann doch nicht schwer sein

Man kann hunderte Kostüme, Frisuren und Accessoires freischalten.
Am simplen Knopfdrückprinzip hat Sega nichts geändert: Passend zum Rhythmus der Musik müssen die Tasten X, Kreis, Dreieck und Quadrat bzw. das Digipad gedrückt werden. Dabei gilt weiterhin, dass es unter dem Strich egal ist, ob man nun links oder rechts als Haupt-Input nutzt. Neu sind die Eingaben, die entweder über die Analogsticks bzw. die Schultertasten erreicht werden und eine weitere Facette des leicht zugänglichen, aber schwer zu meisternden Konzepts ausmachen. Die Dual-Kontrolle über Pad und Knöpfe wird allerdings spätestens dann wichtig, wenn z.B. X gehalten werden muss, während andere Tasten gefordert sind oder diverse gleichzeitige Drückereien abgefragt werden. Mit multiplen Haltevorgängen wird der Schwierigkeitsgrad zusätzlich zu den ohnehin happigen Rhythmus-Anforderungen angehoben. Je nach Song stehen zusätzliche Stufen zur Verfügung, wobei sowohl Extrem als auch Extra Extrem erst individuell pro Lied freigespielt werden müssen – aber nicht für alle Tracks zur Verfügung stehen. Doch selbst bei der Standardeinstellung "Normal" wird man bereits angenehm gefordert.

Dabei ist es gar nicht so schwer, den Song zu "schaffen" – dafür sind je nach Kombo auf der Standardstufe etwa 60% der Noten erforderlich, die wie gehabt aus allen möglichen Richtungen auf ihre Position zufliegen, anstatt wie z.B. bei Guitar Hero oder Rock Band auf einer stringenten Bahn aufzutauchen. Doch will man bei den weltweiten Höchstpunktzahlen eine Rolle spielen oder hat den Ehrgeiz, das jeweilige Lied zu 100 Prozent zu bewältigen, sieht die Sache schon anders aus. Dann benötigt man ein Höchstmaß an Konzentration, ein gutes Rhythmusgefühl und einen exzellent abgestimmten Fernseher. Denn bei den relativ kleinen Toleranzspielräumen wirkt sich Lag verheerend aus. Um dem entgegen zu wirken, kann man nicht nur komfortabel eine globale Einstellung treffen, um sicherzustellen, dass Bild und Ton synchronisiert werden, sondern im Zweifel jedes Lied einzeln in dieser Hinsicht modifizieren. Es gibt keinen Raum für Entschuldigungen. Und wer zusätzliche Herausforderung benötigt, kann sich z.B. entscheiden, dass die Symbole für den geforderten Knopf gar nicht bzw. spät erscheinen oder sie rasend schnell über den Bildschirm zu ihrer Position jagen. Im Gegenzug kann man die Tasten abseits der Analogsticks frei belegen und z.B. auf den Schultertasten Kombos wie "X, Kreis, Dreieck" speichern.

Videoplayer á la Hatsune

Die Inszenierung der auch ohne Rhythmusspiel zugänglichen Videos ist abwechslungsreich.
Während des gewohnt rassigen, fordernden sowie wie eh und je motivierenden Rhythmus-Spiels ist die Konzentration derart auf die reinfliegenden Symbole sowie den Beat des jeweiligen Tracks fokussiert, dass man die Qualität der im Hintergrund ablaufenden Videos kaum registriert. Nimmt man sich hingegen die Zeit und betrachtet sie im Video-Modus, wird die enorme Bandbreite der Inszenierungen deutlich – die in etwa der Vielfalt der Trackliste entspricht und von getragenen Stücken bis hin zu schnellen Tanznummern oder J-Rock einiges bietet. Im Detail könnten manche Kulissen zwar mit hübscheren Texturen versehen sein, doch was die Hauptdarsteller betrifft, gibt es kaum etwas auszusetzen. Die Animationen sind sauber, die Choreografien aufwändig, die Kameraarbeit ist größtenteils gelungen. Und von Anime-Filmen über diverse Bühnen-Szenarien bis hin zu fantasievollen Unterwasserwelten oder Städten, in denen eine riesige Hatsune Miku mit Godzilla kämpft, wird inhaltlicher Langeweile der Kampf angesagt.

J-Pop trifft auf ein leicht zu erlernendes, aber schwer zu meisterndes Rhythmus-Konzept.
Akustisch kann man ebenfalls ein paar Einstellungen treffen und so nicht nur das Aussetzen der Träller-Spur bei Eingabefehlern aktivieren. Zusätzlich kann man die Samples modifizieren, die beim Tastendruck ertönen und so im Zweifel die Songs sogar hinsichtlich der vom Spieler initiierten Perkussion verändern. Einen Mehrspielermodus, in dem man gemeinsam (evtl. mit abwechselndem Einsatz)oder gegeneinander um Punkte oder den perfekten Lauf kämpft, sucht man allerdings vergeblich. Doch abgesehen von diesem kleinen Manko bekommt man ein prall gefülltes Rhythmus-Paket.

Fazit

Über 220 Songs sowie hunderte von Kostümen, Frisuren und sonstigem Schnickschnack, mit dem man Hatsune Miku und die anderen Vocaloid-Sternchen ausstatten kann – inkl. einem Ulala-Anzug aus Space Channel 5: Project Diva Future Tone ist ein wahr gewordener Traum für Fans von Rhythmus-Spielen. Wer allerdings bei J-Pop mit seinen Varianten das kalte Grausen kriegt, wird sich auch nicht von dem einfach zu erlernenden, aber schnell fordernden Konzept umstimmen lassen und sollte lieber bei Amplitude, Guitar Hero oder Rock Band bleiben. Alle anderen können sich auf ein einnehmendes Musikerlebnis freuen, bei dem ich weder eine Kampagne wie in Project Diva X noch irgendwelche Interaktionsmöglichkeiten mit den virtuellen Stars vermisse. Ganz im Gegensatz zu einem Mehrspielermodus, bei dem man ggf. im Wechsel miteinander die beste Kombo  erspielt oder gegeneinander um Punkte für das beste Rhythmusgefühl antritt und der das Konzept vervollkommnen würde. Doch ungeachtet dessen ist Project Diva Future Tone mit seiner Reduktion auf das Wesentliche sowie der schieren Inhaltsfülle der bislang beste Teil der Serie.

Pro

über 220 Songs (mit beiden Inhaltspaketen)
diverse Schwierigkeitsgrade
optionale Modifikationen zur zusätzlichen Herausforderung
hunderte von Kostümen, Frisuren und Accessoires freischaltbar
einfach zu erlernendes Konzept
Musikvideos auch ohne Rhythmus-Spiel möglich
abwechslungsreiche Inszenierungen der Musikvideos
Lag-Justierung auf allgemeiner sowie Song-spezifischer Ebene

Kontra

kein Mehrspieler-Modus
sehr geringe Toleranz-Spielräume
gelegentlich schwache Texturen bei den Kulissen der Musikvideos
nicht alle Tracks stehen in allen Schwierigkeitsgraden zur Verfügung
reinfliegende Symbole mitunter ablenkend

Wertung

PlayStation4

Mit über 220 Songs prall gefülltes Paket für Fans des Vocaloid-Stars und Anhänger von Rhythmus-Spielen, die auch vor einem "etwas anderen" Erlebnis nicht zurückschrecken.

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