Sword Art Online: Hollow Realization30.11.2016, Jens Bischoff

Im Test: Neuer Anlauf für das VRMMORPG

Mit Sword Art Online: Hollow Realization (ab 24,99€ bei kaufen) laden Bandai Namco und Aquria zur Beta ihres neuen VRMMORPGs Sword Art: Origin. Rein fiktiv natürlich, denn wie zuvor schon Aincrad und Alfheim ist auch das neue Ainground nicht Schauplatz eines echten Online-Rollenspiels, sondern lediglich mit künstlichen Spielern und Charakteren bevölkert. Wie viel Spaß man mit diesen haben kann, verrät der Test.

Virtuelle Online-Welt

Wie .hack oder Log Horizon versetzt einen auch Sword Art Online in die Welt eines fiktiven Online-Rollenspiels. Bei Hollow Realization wird mit Sword Art: Origin sogar der geschlossene Betatest eines neuen Titels inszeniert, was Kirito, Asuna und Co. wieder ganz von vorn beginnen lässt und Neulingen den Einstieg trotz Verknüpfungen zu den Vorgängern entsprechend erleichtert. Man darf sich sogar einen Charakter basteln und so über Aussehen, Name und Geschlecht des Protagonisten entscheiden - selbst nachträgliche Anpassungen sind über die eigene Unterkunft im Spiel jederzeit möglich.

Im Nachhinein würde ich davon aber eher abraten, da es sonst zu unschönen Diskrepanzen mit den vorgefertigten Anime-Sequenzen kommt, die zwar selten, aber einmal mehr sehr sehenswert sind. Und auch sonst werden via Editor festgelegte Veränderungen vom Spiel selbst oft völlig ignoriert, so dass man mehrfach mit falschen Namen angesprochen wird oder als Frau weiterhin mit einer Männerstimme redet und Bruder o. ä. genannt wird.

Die Anime-Inszenierung ist trotz voyeuristischer Einschläge gut gelungen.
Zwar kann man die eigene Stimme notfalls auch deaktivieren, aber während der umfangreichen Dialoge als einziger keinen Mucks von sich zu geben, wirkt nicht weniger befremdlich.

Gelungenes Anime-Flair

Die japanischen Sprecher leisten jedenfalls gute Arbeit, während die Lippenbewegungen der ansehnlichen Charakter-Portraits angenehm synchron sind und für gelungenes Anime-Flair sorgen. Anderssprachige Tonspuren sind hingegen nicht verfügbar. Dafür gibt es deutsche Untertitel, auch wenn deren Qualität oft zu wünschen übrig lässt oder gar Lücken aufweist. Dass man gelegentlich Schwierigkeiten hat, die trotz Getratsche und Voyeurismus durchaus interessante Rahmenhandlung fortzusetzen, dürfte hingegen eher am teils unklaren Missionsdesign als an der manchmal schludrig anmutenden Lokalisierung liegen.

Neben der linearen Haupthandlung mit ihren spannenden Recherchen über rätselhafte NPCs, drogenabhängige Cheater und versteckte Programmzeilen, gibt es auch ein paar nett gemachte Nebenquest-Reihen zu den wichtigsten Charakteren. Die vielen optionalen Kill- und Sammelaufträge vom Schwarzen Brett sind hingegen rein zur Geld- und Item-Beschaffung bzw. dem Festigen von Freundschaften da.

Nicht nur in der Stadt, auch in der Wildnis trifft man auf andere Spieler, mit denen man interagieren und sich im Kampf sogar verbünden kann.
Wie in echten Online-Rollenspielen läuft man nämlich auch hier anderen Spielern über den Weg, mit denen man kommunizieren, sich im Kampf verbünden oder sich gegenseitig mit Objektbesorgungen oder Schmiedearbeiten für Ausrüstungs-Upgrades helfen kann.

Alles nur Fassade

Die Möglichkeiten sind zwar überschaubar und sehr schematisch, aber die autonom in den Städten und Dungeons umherziehenden KI-Charaktere sorgen für durchaus passables MMO-Ambiente. Trifft man unterwegs auf Bekannte, halten die sogar kurz an und winken einem zu. Die meiste Zeit ist man mit drei Gefährten aus dem virtuellen Bekanntenkreis unterwegs, zu denen neben Freundin Asuna und Schwester Leafa auch andere vertraute Seriengrößen wie Lisbeth, Silica, Agil oder Klein zählen. Bei anstehenden Bosskämpfen können sich sogar bis zu 16 Teilnehmer zu einer Raid-Gruppe zusammenschließen.

Wer will, kann nach Bewältigung des ersten Bossgegners sogar mit Spielern aus Fleisch und Blut gemeinsame Sache machen. Da kann man sich zwar mit oder ohne KI-Unterstützung beim Bezwingen schwieriger Gegner oder Sammeln seltener Beute helfen sowie Tauschbörsen veranstalten, spezielle Missionen oder ein kooperatives Angehen der Story-Kampagne sind aber leider nicht möglich. Auch die Kommunikationsmöglichkeiten sind sehr eingeschränkt, viele Partien entsprechend chaotisch. Immerhin kann man bei der Mitspielersuche nach Sprache, Region oder Charakterstufe filtern sowie passwortgeschützte Lobbys für ungestörtes Spielen mit Freunden einrichten. Im Hinblick auf die MMO-Strukturen ist die gebotene Mehrspielerfunktionalität aber natürlich ein Witz.

Auf ins Abenteuer

Dafür wird neben Remote-Play auch Cross-Play und Cross-Save unterstützt. Und wer noch über Speicherdaten der Vorgänger wie Lost Song oder Hollow Fragment verfügt, kann diese sogar importieren und entsprechende Boni freischalten. Die über Portale erreichbaren Schauplätze reichen von idyllischen Wiesen und Wäldern über weitläufige Sumpf- und Höhlenlandschaften bis hin zu schroffen Wüsten und Ruinen, die durch variable Witterungen und Tageszeiten sehr unterschiedliche Stimmungen verbreiten -

Die Schauplätze lassen sich zu verschiedenen Witterungen und Tageszeiten besuchen.
dynamische Zeit- und Wetterwechsel gibt es allerdings nicht. Dafür werden Waffen- und Rüstungswechsel optisch berücksichtigt.

Das Waffenarsenal deckt zwar nur Nahkampfwaffen ab, reicht aber von Ein- und Zweihandschwertern über Speere und Äxte bis hin zu Dolchen und Knüppeln. Insgesamt stehen neun Waffengattungen zur Auswahl, deren Fertigkeiten man nach und nach freischalten und verbinden kann. Kampfhandlungen finden direkt vor Ort in Echtzeit statt, wobei man immer nur den Protagonisten direkt steuert, während man den KI-kontrollierten Gefährten gelegentlich Anweisungen gibt, um Angriffe zu koordinieren, die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich zu lenken oder in Deckung zu gehen. Mit dem richtigen Timing kann man nämlich nicht nur Angriffen ausweichen, sondern Gegner auch kurzzeitig betäuben und so immensen Schaden anrichten - verheerende Teamattacken inklusive.

Lob und Tadel

Durch das Loben von Aktionen kann man sogar Einfluss auf Charakterzüge und -fähigkeiten seiner Mitstreiter ausüben. Ab einem bestimmten Freundschaftsgrad kann man zudem über Ausrüstung und Charakterklasse seiner Gefährten entscheiden. Wer mehr will, kann auch Flirtversuche unternehmen und seinem Gegenüber in Gesprächen zulächeln, durch Nicken oder Kopfschütteln dessen Meinungen unterstreichen und Händchen haltend durch die Stadt spazieren.

Zu Beginn kann man lediglich seine eigene Ausrüstung bestimmen. Wächst die Zuneigung, nehmen aber auch Freunde immer mehr Vorschläge an.
Bei besonders enger Bindung ist sogar laszives Bettgeflüster möglich. Der Unterhaltungswert ist aufgrund sich ständig wiederholender und dadurch rasch nervender Dialoge allerdings eher bescheiden, die Inszenierung durchwachsen.

Auch der technische Unterbau wirkt oft holprig. Neben Rucklern und Pop-Ups fallen vor allem die mangelnde Kantenglättung sowie die fehlerhafte Kollisionsabfrage negativ auf. Letztere kann sogar verursachen, dass die eigene Spielfigur mit der Umgebung verschmilzt und nur noch durch Teleportation in ein anderes Gebiet befreit werden kann. Ärgerlich ist auch, dass man auf der Karte nie alle Details wie Gegner, Event-Bereiche, Rohstoffvorkommen und Schatzkisten gleichzeitig anzeigen lassen kann, egal für welche Größe man sich entscheidet. Die Steuerung klappt hingegen ganz gut, auch wenn man bei KI-Anweisungen und Sonderaktionen über die per Touchpad aufrufbare Skill-Palette während laufender Auseinandersetzungen schon mal ins Schwitzen kommen kann.

Fazit

In Sword Art Online: Hollow Realization nehmen Kirito, Asuna und Co. am Betatest eines neuen VR-Online-Rollenspiels teil, der gewaltig aus dem Ruder zu laufen droht. Statt um Verbindungsprobleme, Spielabstürze und andere technische Schwierigkeiten geht es hier jedoch um Charaktere mit rätselhaftem Eigenleben, digitalen Drogenmissbrauch und das drohende Ende der gesamten VR-Technologie aufgrund gravierender Sicherheitsmängel. Während man die Anime-Truppe durch ein turbulentes Abenteuer innerhalb eines fiktiven Online-Spiels begleitet, gilt es nicht nur Kämpfe und Quests zu bestreiten sowie echte und virtuelle Freundschaften zu pflegen, sondern auch brisante Geheimnisse zu lüften und eine drohende Katastrophe zu verhindern. Die Technik mag etwas holprig, der Mehrspielermodus dürftig, der Charaktereditor sinnlos sein, aber das vorgegaukelte MMO-Ambiente ist stimmig, das Szenario interessant und das Anime-Flair gelungen. Wer Online-Rollenspiele an sich mag, aber den damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand scheut, kann hier in aller Ruhe Held, Teamkamerad und Herzensbrecher sein, ohne irgendwelche Verpflichtungen einzugehen.

Pro

interessantes Szenario
gelungenes Anime-Flair
dynamische Echtzeitkämpfe
stimmungsvolle Schauplätze
interaktives Gruppenmanagement

Kontra

holprige Technik
sinnloser Charaktereditor
dürftiger Mehrspielermodus
durchwachsene Lokalisierung
meist ödes & teils unklares Questdesign

Wertung

PlayStation4

Interessant konzipiertes virtuelles Online-Rollenspiel für scheue Anime-Fans.

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