Table Top Racing: World Tour13.05.2016, Michael Krosta

Im Test: Micro Kart

Hach, was war das immer schön, wenn man sich mit ein paar Kumpels auf die Couch gepflanzt und mit Spielen wie Micro Machines, Supersonic Racers oder dem Klassiker Mario Kart seine Schadenfreude ausgelebt hat. Hat Table Top Racing das Zeug dazu, um das amüsante Partyflair mit bewaffneten Spielzeug-Flitzern auf der PS4 wiederzubeleben?

Vom Käfer bis zum Ferrari

Och, was sieht das putzig aus: Beim Fahrzeug-Design hat das Team von Playrise Digital mit seinen ehemaligen WipEout-Entwicklern auf jeden Fall mal ein glückliches Händchen bewiesen, obwohl oder gerade weil man sich bei den zwölf kleinen Boliden ganz offenkundig an realen Vorbildern orientiert. So findet man in den drei Leistungsklassen u.a. Zwillingsbrüder vom VW Käfer über den Porsche 911 und 73er BMW Alpine bis hin zum „Bumblebee-Camaro“ sowie roten Flitzern aus Maranello, die mangels Lizenz hier selbstverständlich andere Namen wie Bug Rat, Widow Maker oder Fauxrari tragen und sich auch mit ihren großen Reifen von den realen Pendants unterscheiden. Selbst mit Anlehnungen an TV-Serien wird nicht gespart und so landet ein Wohnmobil hier unter dem Namen „Braking's Bad“ in der Auswahl.  

Die Wagen mit ihren verschiedenen Lackierungen erinnern an putzige Geschwister realer Vorbilder.
Neben diversen Lackierungen lassen sich sogar Tuning-Teile freischalten, wenn man die Münzen aus den Siegprämien investiert. So lassen sich in mehreren Stufen u.a. Tempo, Beschleunigung, Fahrverhalten und auch die Panzerung der Karossen verbessern. Letztere benötigt man vor allem deshalb, weil auf den Pisten mit harten Bandagen um Positionen gekämpft wird – und das nicht nur durch Rempler, sondern auch mit Waffengewalt. Wie bei Mario Kart & Co sammelt man die  fantasielos gestalteten und zufällig ausgelosten Gagdets wie zielsuchende Raketen, Eis-Strahler, Turbo-Boost, Bombe oder Säurebad durch das Überfahren von Blöcken auf. Die geringe Auswahl kompensiert man immerhin dadurch, dass sich die Waffen später aufrüsten lassen, indem man mehrere Blöcke einsammelt, bevor man sie abfeuert. Ärgerlich: Die Zielrichtung lässt sich nicht beeinflussen. Bomben werden folglich immer nur nach hinten gelegt, Raketen dagegen ausschließlich nach vorne gefeuert.   

Durchwachsenes Fahrgefühl

Zack, und wieder einen Gegner in einen Eisblock verwandelt.
Darüber hinaus fällt das Fahrverhalten innerhalb des Fuhrparks etwas zu undifferenziert aus und es fällt generell schwer, ein Gefühl für den Wagen zu entwickeln und in einen richtigen Arcade-Flow zu kommen. Etwas besser wird es, wenn man die Drift-Reifen aufzieht und durch die engen Kurven schlittert, die mit einer normalen Bereifung den Schwung teilweise komplett vernichten. Von der gelungenen Steuerung eines Mario Kart, Sonic & All-Stars Racing oder sogar dem betagten Micro Machines ist man hier selbst dann noch meilenweit entfernt, wenn man das Fahrverhalten durch Tuningmaßnahmen maximal pimpt.

Kurze Weltreise

Wenig überzeugend fällt das Steckenangebot aus: Die „World Tour“ erstreckt sich über gerade mal fünf Szenarien, darunter eine Reise über den gut gedeckten Tisch einer Yacht, der Besuch eines Sushi Restaurants oder der Abstecher in ein Kinderzimmer der Achtziger mit Zauberwürfel, Legosteinen & Co. Immerhin bietet jeder Schauplatz vier Variationen beim Streckenlayout, doch zum einen fallen die Runden recht kurz aus und zum anderen sind die Pisten nicht besonders fantasievoll gestaltet. Es mag zwar ganz nett sein, dass man Objekte wie Obst, Brot, Billardkugeln, Dosen oder Besteck bei Kollisionen bewegen kann, aber was die Streckenführung und die kreative Einbettung der realen Kulissen aus Sicht der Spielzeugautos angeht, war Codemasters mit seinem Micro Machines schon Anfang der Neunziger weiter. Zieht man gar Funracer vom Kaliber eines Mario Kart als Vergleich heran, wirken die Pisten sogar nur noch fad, kurz und langweilig – selbst die wenigen Abkürzungen oder alternativen Routen können nicht mehr viel retten. Hinzu kommt die schwache Technik: Obwohl schon nicht sonderlich viel fürs Auge geboten wird und die mobilen Wurzeln des Titels zutage treten, geht die Bildrate zwischendurch immer wieder spürbar in den Keller und es kommt zu fiesen Rucklern.  

Keine lokalen Duelle

In den wenigen Szenarien rast man u.a. über den gut gedeckten Tisch eines Luxus-Yacht.
Den größten Bock schießt das Team aber durch den Verzicht auf lokale Mehrspielerpartien ab! Richtig gelesen: Bei Table Top Racing darf man weder an einem geteilten Bildschirm noch mit einer Zoom-Kamera gegeneinander antreten, wenn man gemeinsam auf dem Sofa sitzt. Dabei schreit das Konzept doch regelrecht nach einer solchen Funktion! So bleibt nur die Alternative, sich mit bis zu acht Spielern über das PSN zu messen, wobei die Online-Rennen nach unseren Test-Erfahrungen meist von üblen Lags geplagt werden. Zumindest gibt es ein Lobbysystem, mit dem man sowohl nach bestimmten Spielen suchen als auch eigene Partien mit individuellen Regeln anlegen darf – private Sitzungen per Einladung inklusive.

Für Solisten werden pro Klasse zwei Meisterschaften angeboten, die aus mehreren Veranstaltungen und einer abschließenden Serie mit mehreren Rennen bestehen. Abgesehen davon, dass der Kampf gegen die KI deutlich weniger Spaß bereitet als gegen menschliche Kontrahenten, fährt man immerhin viele Modi auf, um für Abwechslung zu sorgen. Neben den bewaffneten Auseinandersetzungen gilt es auch Vorgaben beim Zeitfahren zu meistern,

Mit Rammattacken kommt man zur Not auch weiter.
Eliminierungsrennen zu überstehen, in einem Duell den Vorsprung des Führenden innerhalb des Zeitlimits aufzuholen oder nur mit fahrerischem Können die Konkurrenten zu bestehen. Dazu gesellen sich knapp über 20 Spezial-Events mit eingeschränkten Power-ups und vorgegebenen Wagen. Trotzdem täuscht das nicht darüber hinweg, dass sich die Strecken recht schnell wiederholen, die Runden sehr kurz ausfallen und sich der Umfang trotz vieler Veranstaltungen in Grenzen hält. Schade in diesem Zusammenhang, dass man kein Einzelrennen nach eigenen Wünschen aufsetzen darf. Ich hätte mir gerne selbst Strecken und Modi zusammengestellt, anstatt das Angebot bei Meisterschaften und Spezial-Events durchwühlen zu müssen. Nervig zudem, dass der Schwierigkeitsgrad teilweise stark schwankt oder zu sehr vom Glück bei der Waffenauslosung abhängt.

Fazit

Table Top Racing: World Tour entpuppt sich wieder als einer dieser Vertreter, die auf den ersten Blick spaßige Funracer-Duelle im Stil von Micro Machines oder Mario Kart suggerieren, aber schon beim zweiten Hinsehen ernüchtern. Sowohl beim Waffensortiment als auch den Schauplätzen regiert eine fantasielose Langeweile, ein tolles Fahrgefühl mag sich auch nach dem Kauf von Verbesserungen nicht einstellen und angesichts der regelmäßigen Ruckeleinlagen stellt man sich zwangsläufig die Frage, warum auf der PS4 bei einer Grafik auf Handyspiel-Niveau keine flüssige Darstellung möglich ist. Die größte Enttäuschung liegt aber im Fehlen eines lokalen Mehrspielermodus und der laganfälligen Online-Alternative als Notlösung. So bleiben am Ende lediglich die putzigen Boliden mit ihren netten Lackierungen und Tuning-Optionen in Erinnerung, während man den Rest schnell vergessen sollte. 

Pro

putzig designte Boliden nach realen Vorbildern
viele verschiedene Renntypen (Modi)
drei Geschwindigkeitsklassen
Upgrades für Fahrzeuge und Waffen
Mehrspielermodus mit Lobbysystem

Kontra

instabile Bildrate
kein lokaler Mehrspielermodus
kein ansprechendes Fahrgefühl
keine Möglichkeit für Einzel-Events nach Wahl
wackelige Online-Performance (Lags)
langweilige Auswahl an Gadgets / Waffen
Schwierigkeitsgrad schwankt teilweise sehr stark
wenige Strecken / Schauplätze

Wertung

PlayStation4

Table Top Racing präsentiert sich als erschreckend schwache Mischung aus Micro Machines und Mario Kart, die qualitativ unendlich weit von der Vorbildern entfernt ist.

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