NACON Revolution Pro Controller13.03.2017, Michael Krosta

Im Test: Der Elite Controller für die PS4?

PS4-Besitzer haben eigentlich nicht viele Gründe, um neidisch auf die Xbox zu blicken. Der Xbox Elite Controller dürfte aber dazu gehören: Die noble Peripherie zählt aufgrund der hervorragenden Verarbeitung und vielen Anpassungsmöglichkeiten systemübergreifend zu den besten Controllern überhaupt. Da Sony selbst keine Luxus-Variante seines DualShock 4 anbietet, springt Big Ben mit seinem offiziell lizenzierten NACON Revolution Pro Controller (ab 99,90€ bei kaufen) in die Bresche und will in erster Linie eSportler ansprechen. Ob sich die zum Preis von knapp 110 Euro nicht gerade günstige Anschaffung lohnt, klären wir im Test...

Mehr Xbox als PlayStation

Schon kurz nach dem Öffnen der schicken Verpackung fällt man in ein Wechselbad der Gefühle: Hält man den NACON Controller zum ersten Mal in der Hand, fällt zunächst die matte und griffige Oberfläche des Geräts positiv auf. Der weiche Kunststoff fühlt sich nicht nur gut an, sondern hinterlässt auch deutlich weniger hässliche Fingerabdrücke als bei Sonys Standard-Controller. Zwar vermisst man gummierte Unterseiten bei den Griffen, wie sie etwa der Elite Controller bietet, doch auch ohne dieses zusätzliche Hilfsmittel liegt die potenzielle PS4-Alternative rutschfest in den Händen.

Für PlayStation-Spieler ungewohnt: Die asymmetrische Anordnung der Analogsticks, wie man sie von Xbox-Controllern kennt.

Hinsichtlich der Stick-Anordnung werden sich PlayStation-Fetischisten allerdings umgewöhnen müssen, denn mit der asymmetrischen Positionierung der beiden Analogsticks orientiert man sich hier an Xbox-Controllern. Ich komme zwar mit beiden Varianten zurecht, bevorzuge aber tatsächlich diese Anordnung. Andere Spieler könnten sich dagegen daran stören. Einigkeit dürfte aber bei den Knöpfen herrschen: X, Kreis, Quadrat und Dreieck liegen zwar dichter zusammen, fallen dafür aber etwas größer aus und liegen hinsichtlich Verarbeitung und Druckpunkten etwa auf dem gleichen Niveau wie Sonys Standard-Controller. Die oberen Schultertasten sprechen im direkten Vergleich dagegen schneller an und lassen sich am Nacon auch einfacher drücken. Die jeweils darunter liegenden Trigger überzeugenden dagegen durch ihren angenehmen Widerstand und den guten „Federweg“. Voraussetzung dafür ist allerdings eine richtige Haltung des Controllers: Wer ihn zu lässig neigt oder vorne zu sehr umgreift, landet mit seinen Zeigefingern zwangsläufig auf den harten Kanten der beiden Trigger, was sich vor allem auf Dauer unangenehm anfühlt. Keinen großen Fortschritt zum Standard-Controller wird man dagegen bei dem Acht-Wege-Steuerkreuz feststellen – das mehrflächige Pendant des Elite Controllers hinterließ da einen besseren Eindruck, von dem auch die Präzision in Fighting Games profitierte. Selbstverständlich dürfen auch beim NACON die übrigen Elemente des PlayStation-Controller-Layouts nicht fehlen, also die mittige Home-Taste sowie die beiden Knöpfe für Options und Share, die wie beim Standard-Controller rechts und links neben dem leicht angehobenen Touchpad zu finden sind. Die asymmetrische Stick-Anordnung sorgt allerdings dafür, dass sich die Share-Taste hier nicht so komfortabel erreichen und drücken lässt – die etwas geringere Größe der Taste im Vergleich zum Original trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei.

Die Sticks der Macht

Leuchtet der rote Ring, befindet sich der Controller im fortgeschrittenen Modus mit anpassbaren Reaktionskurven für den rechten Stick sowie Unterstützung der Makro-Knöpfe.

Mit das Wichtigste sind jedoch die beiden Analogsticks. Ganz unabhängig davon, ob einem die Anordnung zusagt oder nicht, hinterlassen sie auf der einen Seite dank des Metallschafts einen herrlich robusten Eindruck und verfügen gleichzeitig über einen hohen Bewegungsspielraum sowie eine verlässliche Zentrierung mit einer stabilen Nullposition. Eine fragwürdige Entscheidung hat man bei der Oberfläche der Sticks getroffen: Während der linke über eine konkave Kappe und damit eine kleine Einbuchtung verfügt, hat man den rechten Stick mit einem konvexen Aufsatz ausgestattet, mit dem die Kappe entsprechend nach außen gewölbt ist. Ausgerechnet dort wurde zudem auch das Nacon-Logo auf der Oberseite platziert – hätte man dafür keinen anderen Platz auf dem Controller finden können? Es hat mich zwar jetzt nicht sonderlich gestört, aber eine normal angeraute Oberfläche im Stil des PS3-Controllers hätte ich trotzdem bevorzugt.

Aber warum überhaupt konvexe und konkave Varianten zwanghaft kombinieren? Microsofts Elite Controller gestattet durch austauschbare Kappen mehr Freiheiten. Das gilt auch für die Höhe der Sticks: Während man sich beim Nacon mit der etwas höheren Position der Sticks arrangieren muss, stehen beim Luxus-Modell aus Redmond auch diesbezüglich mehrere Schaft-Varianten zur Auswahl, die sich im Handumdrehen austauschen lassen. Trotz dieser Kritikpunkte würde ich die präzisen und leichtgängigen Nacon-Sticks dennoch jederzeit denen des normalen DualShock vorziehen.

Anpassungen mit PC-Software

Hinzu kommen nämlich noch die zahlreichen Feineinstellungen, die man mit Hilfe der kostenlosen PC-Software vornehmen kann. Neben einer individuellen Anpassung sämtlicher Knopfbelegungen oder getrennten Stärkewerten für die beiden verbauten Vibrationsmotoren, bietet das Programm auch die Möglichkeit, die toten Zonen der Trigger und das Ansprechverhalten des rechten Analogsticks den eigenen Wünschen anzupassen. Dabei ist die Wegstrecke des Sticks in drei Sektionen unterteilt, die jeweils editiert werden können und zusammen die Ansprechkurve bilden. Spielt man ein wenig mit den Einstellungen herum, wird man die Auswirkungen beim Testen je nach Ausmaß ziemlich deutlich spüren. Selbst Gimmicks wie die Beleuchtung des Rings, der den besagten Stick am Gehäuse des Controllers umschließt, lassen sich gestalten. Von selbst gestalteten Profilen lassen sich bis zu vier auf das Gerät übertragen, wo man durch einen Knopfdruck an der Unterseite zwischen ihnen umschalten kann. Schon die vorgefertigten Profile zeigen das Potenzial und die spürbaren Unterschiede im Ansprechverhalten, doch dürften sich vornehmlich Profi-Spieler mit den Feineinstellungen befassen, die übrigens nur dann greifen, wenn man den Nacon

Mit der Software lassen sich zahlreiche Einstellungen vornehmen. Leider gibt es keine App direkt auf der Konsole und auch am Mac ist das Programm nicht lauffähig.

mit einem Schieberegler auf der Unterseite in den Advanced-Modus umschaltet. Otto-Normal-Spielern sollte dagegen der Standardmodus in den meisten Spielen völlig ausreichen.

Vorteile durch Makros

Allerdings haben sie damit auch keinen Zugriff auf die vier zusätzlichen Tasten auf der Unterseite. Diese lassen sich nicht nur mit Funktionen der Standardknöpfe belegen, sondern sogar mit Makros programmieren. Gerade in Fighting Games kann man sich dadurch Vorteile verschaffen – etwa, indem man schlagkräftige Kombos mit nur einem Tastendruck auslöst. Ein Grund, warum die Verwendung von Makros bei Online-Spielern meist verpönt und im Rahmen von Turnieren sogar verboten ist! Die Programmierung der Makros innerhalb der Software erweist sich als relativ umständlich: Anstatt die Abfolgen in Echtzeit aufzunehmen, muss das zeitliche Intervall zwischen den einzelnen Eingaben manuell mit einer Auswahl zwischen fünf vorgefertigten Stufen festgelegt werden. Selbst wenn man sich all die Arbeit macht, ist es längst nicht garantiert, dass komplexere Tastenfolgen nach der Programmierung

Die vier Knöpfe an der Unterseite lassen sich mit Funktionen belegen oder sogar mit Makros programmieren.

auch tatsächlich erfolgreich umgesetzt werden. Entsprechend muss man viel rumprobieren und dabei für die Testläufe ständig zwischen dem Anschluss des Controllers an Software und Konsole wechseln. Überhaupt ist es nervig, dass es nicht wie auf der Xbox One direkt eine passende App gibt, mit der man die Einstellungen am Controller direkt an der Konsole vornehmen könnte. Ohne PC und die entsprechenden Software bekommt man mit dem NACON im Prinzip nur einen hochwertigeren, besser verarbeiteten und deutlich teureren Standard-Controller. Mac-Besitzer schauen zudem in die Röhre, denn bisher gibt es die Revolution Software nur für Windows-Systeme.

Immerhin: Der recht harte Druckpunkt bzw. Widerstand der vier Makro-Tasten ist eine gute Sache. Beim Elite Controller kam ich zumindest am Anfang noch recht häufig aus Versehen an die empfindlichen Paddles und habe unbeabsichtigt die entsprechenden Aktionen ausgelöst.   

Kabel statt Funkverbindung

Wer gehofft hat, den NACON wie gewohnt kabellos betreiben zu können, wird enttäuscht sein zu hören, dass er nur per Kabel an die Konsole angeschlossen werden kann. Zu allem Überfluss setzt Big Ben dabei nicht auf das übliche Mini-USB-Format, sondern einen eigenen Anschluss mit fünf Pins, die Ähnlichkeiten mit einem alten SVHS-Kabel aufweisen. Sollte es also mal zu einem Kabelbruch oder anderen Beschädigungen kommen, wird man sich an den Hersteller wenden müssen – das ist ärgerlich und unnötig. Immerhin bietet das Kabel mit drei Metern eine ordentliche Länge und verfügt zudem über eine Stoffummantelung. Aber warum überhaupt der auferlegte Kabelzwang? Big Ben dürfte sicher das Thema Latenz noch vor steigenden Produktionskosten anführen, doch ist dieser Faktor vor allem für eSportler relevant. Von daher wäre es wünschenswert gewesen, wenn man Käufern die Wahl selbst überlässt, ob sie lieber mit oder ohne Kabel zocken wollen. Bizarr: Selbst wenn der Controller über die USB-Ports der PS4 mit Strom versorgt wird, ist es weder möglich, die Konsole mit der PS-Taste des Controllers einzuschalten noch sie wieder aus dem Ruhemodus zu wecken.

Big Ben setzt auf ein spezielles Kabel - eine drahtlose Verbindung zur Konsole ist nicht möglich.

Aber sehen wir mal das Positive: Durch die nötige Kabelverbindung muss man sich hier keine Sorgen um einen leeren Akku oder Batterien machen. Wobei es im Gegensatz zum Standard-Controller hier keine Lichtleiste als Energiefresser geben würde, was den NACON im Zusammenspiel mit manchen VR-Anwendungen aber gleichzeitig unbrauchbar macht. Weiterhin hat man auch beim integrierten Lautsprecher den Rotstift angesetzt. Diese Funktion wird zwar nur recht selten unterstützt, trotzdem ist der stinknormale DualShock dem teuren Luxus-Bruder in dieser Hinsicht überlegen. Und nicht nur dort: Während Sonys Standard-Controller mittlerweile problemlos von manchen PC-Spielen wie Battleborn von Haus aus unterstützt wird, verweigert der NACON selbst im normalen PS4-Modus eine Kompatibilität zum PC. Über Umwege kann man ihn zwar trotzdem irgendwie zum Laufen bringen, aber es ist trotzdem schwach vom Hersteller, nicht einen offiziellen PC-Treiber anzubieten – zumal man den Controller ohnehin ständig mit dem Rechner verbinden muss, wenn man die Softwareeinstellungen nutzen will. Und auch hier lohnt sich zum Vergleich wieder ein Blick auf den Xbox One Elite Controller, der sowohl an der Konsole als auch am PC funktioniert.   

Suche nach der perfekten Balance

Im Lieferumfang sind kleine Gewichte enthalten, die man in den Griffen des Controllers platzieren kann.

Wem der Controller direkt nach dem Auspacken zu leicht erscheint, darf selbst für die optimale Balance nachhelfen: In der Verpackung befinden sich neben einem Stoffbeutel, einem kleinen Putztuch, der fast überflüssigen Mini-Anleitung und einem NACON-Aufkleberset auch sechs Gewichte mit jeweils zehn, 14 oder 17 Gramm. Bis zu zwei von ihnen lassen sich jeweils in einem Griff des Controllers verstauen. Dazu muss man lediglich die Klappe an der Unterseite mit dem mitgelieferten Schlüssel öffnen, die kleine Schublade herausziehen und die Gewichte nach Wunsch einsetzen bzw. kombinieren – eine feine Sache.

Fazit

Ohne Zweifel bringt der NACON Revolution Pro Controller seine Vorteile gegenüber dem DualShock 4 mit: Die Verarbeitung wirkt wertiger, er liegt verdammt gut und in der Hand und mir persönlich sagt die asymmetrische Anordnung der Analogsticks ebenfalls zu. Ärgerlich dagegen, dass man für individuelle Anpassungen erst den Umweg über die Software am PC machen muss und man das gute Stück nur per speziellem Kabel an die Konsole anschließen darf. Das mag für den eSport sinnvoll sein, wo man die Latenz so niedrig wie möglich halten möchte. Doch als verwöhnter Couch-Spieler will und erwartet man einfach eine kabellose Verbindung – vor allem, wenn man sich den Anschaffungspreis jenseits von 100 Euro vor Augen hält. Stattdessen wird sogar an Standard-Features wie der Leuchtleiste und dem Lautsprecher gespart und sowohl die Knöpfe als auch das Acht-Wege-Steuerkreuz übertreffen qualitativ kaum das Niveau des Standard-Controllers. Angesichts des hohen Preises muss man sich fragen, ob bei all den Abstrichen tatsächlich noch ein Mehrwert für Otto-Normal-Spieler übrig bleibt. So hebt sich der Pro Controller in erster Linie durch seine hervorragenden Sticks, die besseren Trigger sowie die programmierbaren Makrotasten vom DualShock ab. Allerdings vermisst man dabei erneut Funktionen, die Microsofts Luxus-Pendant auszeichnet: Dort kann man die Sticks komplett austauschen, während sie hier fest verbaut sind und seltsamerweise keine einheitliche Kappenform (konvex / konkav) aufweisen. Obwohl der NACON ein richtig gut verarbeitetes Stück Hardware darstellt und ein paar coole Möglichkeiten bietet, bleibt am Ende der Eindruck, dass man als Spieler ohne eSport-Ambitionen zu viele Kompromisse vom Kabelzwang über Kompatibilitätseinschränkungen bis zum Umweg über die PC-Software eingehen und daher in mehrfacher Hinsicht einen etwas zu hohen Preis für diesen Pro Controller zahlen muss.

Einschätzung: befriedigend

Wertung

PlayStation4

Vor allem die Verarbeitung der Analogsticks ist klasse, doch angesichts des hohen Preises erfordert der NACON Revolution Pro Controller zu viele schmerzhafte Kompromisse für Otto-Normalspieler mit hohen Qualitätsansprüchen.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.