The Seven Deadly Sins: Knights of Britannia09.02.2018, Mathias Oertel

Im Test: Arme Sau zwischen allen Prügel-Stühlen

Die ersten Videos zu Seven Deadly Sins: Knights of Britannia haben neugierig gemacht. Denn es wurde ein Abenteuer mit flotten Kämpfen, einer nichtlinearen Geschichte und absurden Situationen suggeriert.  Ob dieser Eindruck sich auch in der finalen Version hält und die ungewöhnlichen Ritter auch Spieler anspricht, die die Mangas nicht kennen, klären wir im Test.

Absurd, abgefahren und merkwürdig

Ich muss zugeben, dass ich vor diesem Spiel nichts von dem Manga oder der Anime-Serie von Seven Deadly Sins kannte. Und ich muss auch zugeben, dass weder die erzählerischen Inhalte noch der Grafikstil mich davon überzeugen konnten, mich länger mit der Materie zu befassen, als es für den Test nötig ist. Absurd genug, um mich bei der Stange zu halten, wäre das Fundament auf jeden Fall – auch wenn es entgegen meiner Erwartung nicht eine abgefahrene Variante der britischen Artussage und den Rittern der Tafelrunde bietet. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, dass sich Lanzelot mit einer riesigen grünen Sau herumschlagen musste, die ein portables Gasthaus auf dem Rücken trägt. Oder dass dieses Gasthaus von ihrem Sohn Hawk gereinigt wird, indem er die Essensreste etc. einfach vertilgt. Die Ritter selbst, die nicht nur herausragende Kämpfer sind, sondern auch jeder für eine der Todsünden stehen, lassen ebenfalls sämtliche Klischees hinter sich.

Es dürfte das erste Mal sein, dass man mit einem weitgehend gewöhnlichen Hausschwein als einer der Protagonisten in einem Prügelspiel unterwegs ist.
Der jungenhafte Meliodas z.B., mit dem man häufig in die Kämpfe abtaucht, ist nicht nur der Inhaber der wandernden Bar, sondern personifiziert Zorn. Die Riesin Diane, die auf den Ergebnisbildschirmen vor dem Gasthaus mitunter in „Fanservice“-Posen wartet und dem Spieler beim Blick in die Kneipe ggf. ihren Hintern entgegenreckt, steht für Neid. Auch Gier, Trägheit, Wollust oder Stolz werden mit Figuren abgedeckt, die Erwartungen und Konventionen widersprechen. Doch irgendwie holt mich Seven Deadly Sins erzählerisch trotz dieser interessant wirkenden Personen-Konstellation nicht ab. Das liegt allerdings nicht daran, dass man hier nur japanische Sprachausgabe mit deutschen oder englischen Untertiteln bekommt, die zu den an Visual Novels erinnernden Zwischensequenzen aus den Lautsprechern tönt – dies stört mich überhaupt nicht. Doch viele der Probleme, mit denen sich die Ritter/Todsünden herumschlagen müssen, werden nur oberflächlich angepackt, bevor sie durch irgendeinen Gag oder einen platten Dialog wieder abgehakt werden. Und simple Gut-gegen-Böse-Erzählungen kann man auch in Dynasty Warriors erleben. Letztlich wirken die Gespräche nur wie Lückenfüller auf dem Weg zum nächsten der zahlreichen Kämpfe.

Eintönige Unterhaltung

In seiner "Freizeit" ist Hawk für die Reinigung des mobilen Gasthauses verantwortlich.
Diese zeigen sich zumeist sehr solide. Im Detail könnten die Kombos gegen die automatisch aufgeschalteten Gegner zwar etwas filigraner ausfallen und nicht ganz so träge ablaufen. Doch mit teilweise zerstörbarer Umgebung sowie einer überschaubaren, aber effektiv einzusetzenden Mechanik werden die Auseinandersetzungen sauber inszeniert. Mit Block, Ausweichschritt, Sprung, einer Fernattacke sowie der Option, sich mit gutem Timing zum Fortsetzen der Kombo hinter den Gegner zu teleportieren, kommt eine interessante Dynamik in die Gefechte. Diese wäre allerdings noch höher, wenn die angesprochene Trägheit u.a. beim Beenden von Kombos nicht wäre und man die Sonderattacken über R1 besser mit den Standardangriffen verknüpfen könnte. Da die Kämpfe jedoch wie bei klassischen Prüglern mit einem teilweise knappen Zeitlimit versehen sind und nur selten mehr als drei bis fünf Minuten in Anspruch nehmen, kommt es trotz aller inhaltlichen sowie mechanischen Defizite zu einem passablen Spielfluss. Die Wanderung durch Britannien wird abgelöst von einem Kampf, dem wiederum eine kleine Erzählsequenz folgt, bevor es mit der nächsten Auseinandersetzung weitergeht.

Abwechslung gibt es nicht nur durch die meist von der Mission vorgegebene Verwendung der unterschiedlichen Ritter. Ab und an warten Nebenaufgaben, während derer man z.B. (natürlich unter Zeitlimit) mit der unbewaffneten sowie im Gefecht unbrauchbaren Elisabeth Zutaten für die Gasthausküche sammeln muss. Beschützt wird sie nur von dem Kampfschwein Hawk, dem man einen Angriffsbefehl geben kann, damit er einem die angreifenden Soldaten vom knapp bekleideten Leib hält. Schade ist allerdings, dass sehr viele Kampfsituation ähnlich ablaufen. Es gibt unter dem Strich zu wenig Unterscheidungsmerkmale zwischen den einzelnen Rittern. Eine Ausnahme ist die Riesin Diane, die keine filigranen Ausweich- oder Teleportmanöver nutzen kann, sondern mit ihrer Größe und purer Gewalt die Feinde ausschaltet. Doch selbst der vornehmlich Magie nutzende King zeigt hinsichtlich des Spielgefühls zu wenige Unterschiede zu den auf klassischen Nahkampf ausgelegten Figuren Meliodas oder Ban. Einzig die Aufladephase, die seinem Magieeinsatz folgt und in der man feindlichen Angriffen tunlichst aus dem Weg gehen sollte, sorgt für eine minimale Abweichung innerhalb der Kampfaction.

Verschenkte Chancen

Die Gefechte werden solide inszeniert, erreichen aber nicht die Intensität von Titeln wie DragonBall FighterZ oder Musou-Prüglern.
Vieles in Seven Deadly Sins wirkt, als ob man nicht genau wusste, wohin man inhaltlich, erzählerisch sowie mechanisch mit den ungewöhnlichen Manga-Helden wollte. Manchmal fühlt es sich an wie ein Musou-Spiel, wenn man sich dutzenden Gegnern  gegenübersieht – ohne jedoch die Intensität der Massenprügler von Omega Force zu erreichen. Dann wiederum könnte es ein Light-Ableger von DragonBall Z sein, wenn sich Ritter und Bosse im knallharten Zweikampf begegnen, dessen Kombos bei Sprüngen auch in luftiger Höhe weitergeführt werden können oder sich gegenseitig herausfordern. Aber auch hier erreicht man nicht die Intensität der Mangas rund um Son Goku & Co, die sich erst vor kurzem mit DragonBall FighterZ zu neuen Wertungshöhen aufschwingen konnten. Dementsprechend zeigt sich auch das Upgrade-System mit Licht und ebenso viel Schatten. Insgesamt fast 130 Verbesserungen lassen sich in einem übersichtlichen Rastersystem freischalten. Dabei bedingen die meisten jedoch, dass vor Freischaltung die anliegenden Felder bereits aktiviert sind. Dafür wiederum sind nicht nur bestimmte Gegenstände, sondern auch Kristalle notwendig. Die nötigen Objekte bekommt man durch das Erledigen bestimmter Haupt- und Nebenaufgaben, während man die Kristalle durch die Zerstörung von Kisten, Gebäuden etc. in den Kampfsequenzen bzw. als allgemeine Missionsbelohnung erhält oder beim Wandern durch Britannia zufällig begleitet von einem kleinen "Pling" findet.

Die Umgebung ist teilweise zerstörbar.
Einige dieser Verbesserungen oder "Buffs" sind nur passiv, exklusiv für einzelne Charaktere und reichen von mehr Trefferpunkten bis hin zu einer erhöhten Reisegeschwindigkeit für die Wanderkneipe. Andere wiederum sind für alle gültig und lassen sich auch in die vier Ausrüstungs-Positionen verschieben, die jeder Figur zur Verfügung stehen. Dadurch kann man versuchen, gezielt bestimmte Fähigkeiten aufzuwerten und z.B. bei King die Kosten für Magie zu senken, so dass die Aufladephase verzögert wird. Doch im Zweifelsfall konzentriert man sich nicht auf Feintuning, sondern ersetzt bei Bedarf einen Gegenstand durch die nächststärkere Version. Sprich: Auch hier wird viel Potenzial verschenkt. Und das führt unter dem Strich dazu, dass man sich als Anhänger von unkomplizierter Prügelaction höchstens solide unterhalten führt. Obwohl gelungene Ansätze vorhanden sind, stellt sich The Seven Deadly Sins durch seine Redundanz selbst ein Bein. Und daran kann auch der Duell-Modus nichts ändern, in dem man zusammen oder mit einem Freund on- oder offline Gefechte in acht Arenen austragen darf.

Fazit

Um The Seven Deadly Sins: Knights of Britannia in seiner ganzen Breite genießen zu können, sollte man tunlichst Fan der ungewöhnlichen Ritter sein. Oder zumindest ungefähr wissen, was einen erwartet. Wer hier nur mal reinschaut, weil er genug von One Piece oder Dragonball hat, könnte schnell die Lust verlieren. Die Kampfaction mit Manga-/Animedesign  wird zwar solide inszeniert und sorgt mit ihrer eingängigen Steuerung für einen unkomplizierten Einstieg. Die nichtlineare Erzähl- bzw. Missionsstruktur, innerhalb derer man mit den von Todsünden zu Helden aufgestiegenen Rittern durch ein ungewöhnliches Britannien wandert, ist eigentlich eine gute Grundlage für ein spannendes Abenteuer. Doch es fehlt ein strukturelles Konzept, das die zumeist guten Ideen zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügt. Mit dem dauernden Wechsel von kurzen Gesprächen im Stile einer Visual Novel und Kämpfen, die selten länger als drei bis fünf Minuten dauern, entsteht ein durchaus angenehmer Spielfluss. Doch im Detail bleibt es sowohl bei den Kämpfen als auch dem Upgradesystem und vor allem der Story zu häufig oberflächlich. Und dadurch wird das Abenteuer mit den surrealen Rittern zu schnell redundant und mechanisch vorhersehbar. The Seven Deadly Sins ist ein gelungener Absacker nach einem ausgedehnten Spieleabend oder wenn man zwischendurch Zeit für unkomplizierte Action hat. Doch sobald man länger als 45 oder 60 Minuten am Stück in Britannien verbringt, geht die Motivation trotz teils absurder Dialoge nach unten.

Pro

kurzweilige Gefechte mit Anleihen bei Musou- und Standard-Prüglern
gut 130 Upgrades
Artdesign spiegelt Manga-Vorlage akkurat wieder
nichtlinearer Missionsaufbau
skurrile Figuren
teilweise zerstörbare Umgebung
eingängige Steuerung

Kontra

Geschichte wird konfus und oberflächlich erzählt
zu wenig Variation zwischen den meisten Kämpfern
zu wenig Abwechslung bei den Missionen
Ausrüstungspotenzial wird nur angekratzt
leichte Trägheit bei Kombos

Wertung

PlayStation4

Konzeptionell interessante, aber bei der mechanischen und technischen Umsetzung oberflächliche Kampf-Action zu dem hierzulande eher unbekannten Manga "The Deadly Seven Sins".

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.
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